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1. Miscellane
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Seite 15.
29. Juli 1906.
Wien, Sonntag Fremden-Slatt.
Nr. 207.
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Werkes usw., spontan mil einem Glückwunsch ein, den er dann
meist auf eine Ansichtskarte schrieb. Er selbst freute sich herzlichst
Feuilleton.
jedes Gedenkens, und ließ nie in seinem Leben einen Gruß oder
eine Zeile unerwidert.
Für künstlerische Anerkennung war Saar unendlich dankbar.
Erinnerungen an Ferdinand v. Saar.
Ein Feuilleton aus meiner Feder, das ich „Wiens Elegiker“ betitelte,
Von Paul Wilhelm.
und in dem ich, einem Herzenswunsch des Meisters entgegen¬
. .. noch immer behauptet sich Altes inmitten des Neuen
kommend, die spezielle Aufmerksamkeit auf sein Lieblingswerk, die
Und Vergangenheit träumt still in die Zukunft hinein.“
„Wiener Elegien“ lenkte, diesem vielleicht klassischen Werke, das wie
(Wiener Elegien.)
kaum ein anderes den poetisch süßen Duft des alten Wien, seiner
In der tiefen Stille der Sommerfrische, vergraben in neue
Hänge und Weinberge, den wehmütigen Zauber seiner hinsterbenden
Arbeit, erhielt ich die Kunde von dem tragischen Schicksal, das den
hat er mir nie vergessen. Seitdem unter¬
Schonheit ausstrahlt
größten österreichischen Dichter, den letzten, der echtes Wienertum und
zeichnete er sich in allen Briefen und Karten nie anders als „der
altösterreichische Vornehmheit in sich vereinte, ereilt hatte. Der Drei¬
alte Wiener Elegiker Saar“.
undsiebzigjährige griff nach dem Revolver, um ein Dasein zu enden,
Aber nicht allein mit dem Herzen, auch in seiner Kunst hatte
das ihm mehr Bitterkeit als Freuden, mehr Enttäuschung als volle
Saar mit der Jugend mehr Zusammenhang, als man gewußt und
Befriedigung, und am Abend des Lebens, da die Sonne des
gewürdigt hat. Wer die Literatur, speziell in der Lyrik, genau ver¬
Ruhmes warmer, wohliger um ihn zu strahlen begann, die Qual
folgt, dem wird es nicht entgehen, daß gerade Saar ein Bindeglied
eines unerträglichen physischen Leidens beschert hatte. Kein glückliches
bildet von dem romantischen Schönheitszauber älterer Dichtung
Los — wenn Saar es auch trug, mit dem aufrechten Gang des
zum herben Lebensinhalt der Moderne mit ihrem lebensunmittel¬
Soldaten, äußerlich fest und markig, innerlich durchbebt und durch¬
baren realistischen Einschlag. Saar betonte es selbst oft und gerne,
zittert von einer unsäglichen Melancholie! Das hat seiner Lyrik
daß er eigentlich Bahn gebrochen habe, und die stille Sehnsucht seines
ihren großen Reiz gegeben, diese Mischung von Herbheit und Süße,
Ehrgeizes ging stets dahin, von den Modernen nicht als überlebt
von Kraft, die seine Sprache meißelte, und Milde, die seinen Worten
beisette geschoben zu werden. Trotz aller Ehrungen, mit denen
den schwermütig melodischen Klang lieh.
sich Unaufrichtigkeit, Eitelkeit und Wichtigtuerei um den greisen
Still und abgeschieden, mit der Vornehmheit seines Wesens
Dichter drängten, ist viel Unrecht an ihm getan worden.
allem Lärm des Tages abgewandt, ist Saar seine Wege gegangen.
Niemals laut, und niemals mit offenem Mute. Aber mit jenem
Enge, in sich geschlossene und dennoch tragische Schicksale ersah er
„stummen feigen Lobverschlucken“, wie es Saar selbst in einem seiner
mit dem tiefen Auge des Verstehenden, und sie gestaltete er in
schönsten Gedichte (an seine Mutter) nennt, mit jenem „Schweigen,
seinen Novellen mit der feinsten Kunst. In diesem vielleicht engen,
wenn man nicht mehr kann verneinen, aufs neue stets bereit
und doch geschmeidigen Rahmen war Saar ein Großer! Einer, der
zum Wurf mit Steinen“ Und Saars von Bitterkeit ge¬
Persönlichkeit hatte und sie ausstrahlte. Originalitätsucht war ihm
nicht! Die späten Ehrungen
schärftem Auge entging das
fremd, er haßte sie und fand oft im Gespräche bittere Worte gegen
die ihm widerfuhren, die Berufung ins Herrenhaus, die Verleihung
sie. Die lauten Erfolge der Modegrößen imponierten ihm nicht, er hatte
hoher Auszeichnungen erschienen ihm wie goldene Pflaster, offizielle
sein festes eigenwilliges Urteil, das nicht leicht fehlgriff. Weit mehr als
Entschädigungen, für das weit sehnsüchtiger erstrebte Glück des
der Succes des Tages, den er mit Wehmut, oft mit Bitterkeit ver¬
frischen, lebendigen Ruhmes, jenes lauten, vollen Erfolges, der
folgte, imponierte ihm die Arbeitskraft an sich. Darüber staunte er:
berauscht, wie edler feuriger Wein. Saar hat sich in seinem langen
„Was diese jungen Leute alles schreiben können, es ist fast un¬
Leben, das reich war an stillen, aber tiefen Erfolgen und so arm an
glaublich. Und auf allen Gebieten sind sie tätig, und es ist so viel
dem, „der in alle Welt klingt — viel zu lange nach dem Glück vollen
Talent in ihnen!“ Dann wurde er nachdenklich, vielleicht innerlich
Ruhmes gesehnt, er hat künstlerisch viel zu ernst und zu ehrlich
traurig, denn diese echte und edle Dichternatur war stets geneigt,
nach ihm gestrebt, als daß er ihn nicht mehr als reichlich ver¬
sich selbstquälerisch zu unterschätzen. Mehr als einmal hat er mir,
dient hätte!
dem es seit Jahren gegönnt war, ihm freundschaftlich nahezustehen,
Und überblickt man seine Werke, seine prächtige lebenssatte
geklagt: „Lieber Freund, da — er zeigte auf die Stirne — ist alles leer,
Lyrik, seine feinen psychologisch meisterlichen Novellen, die den un¬
kurz nachher kam dann wieder ein
mir fällt nichts mehr ein“ —
sagbaren Duft echtester Künstlerschaft ausströmen, seine Wiener
neuer Band, oder eine prächtige Novelle heraus, so daß ich ihm das
Elegien, die tiefste und edelste Poesie bedeuten, dann muß man
letzte Mal, etwa vor anderthalb Jahren, auf dieselbe Klage ant¬
erstaunt und fast selbst verbittert fragen, warum er ihm nie ge¬
wortete: „Das freut mich, denn wenn Ihnen nichts einfällt, lieber
worden? Fast möchte man jene Literaturepoche dafür verantwort¬
Meister Saar, dann gibt es immer ein prächtiges neues Buch.“
lich machen, die, indeß sie falschen Säulenheiligen schuf, an Allem
Und Saar lächelte in sich hinein. Er fühlte sich wieder beruhigt,
mit ironischem Achselzucken vorüberging, das noch einen Hauch
die pessimistische Anwandlung war verscheucht.
schlichter Eigenheit und natürlicher gefühlstieser Poesie in sich trug.
osehr aber der Dichter innerlich mit sich und seinem Lose
Saar schwieg, duldete und ging seinen Weg weiter.
zerfallen schien, war er doch weit davon entfernt, mürrisch, vergrämt,
Als es dann besser wurde und an seinem sielzigsten Geburts¬
oder gar neidisch zu sein. In ihm war die wahre Poetennatur, die
tage sich Jung und Alt um ihn scharte, um ihn zu feiern, da war
das eigene Schicksal nicht anderen entgelten läßt. Und vor allem
der Dichter ein siecher, kranker Mann geworden, und diese letzte
die fast naive Kunstfreude am Schönen! Wir Junge, Nachstrebende
Tücke des Schicksals, das ihm die Schale des Ruhmes
hatten an ihm einen warmen und ehrlichen Freund. Wenn er von
reichte, zu einer Zeit, da die Hand zu müde geworden, sie zu greifen,
Einem etwas hielt, dann war er von seiner Meinung nicht leicht abzu¬
der Körper zu schwach, um den Feuertrank zu ertragen, dieser letzte
bringen. Dann verfolgte er ihn mit Aufmerksamkeit, ja fast mit liebe¬
Zwiespalt zwischen einem Herzen, das sich noch jung fühlen mochte,
voller Zärtlichkeit. Es sind nun fast zwölf Jahre, daß ich mit Saar
einer Lebenssehnsucht, die noch im Lichte armen wollte, und einem
zuerst in Berührung trat, und er hat mir in dieser langen
gebrechlichen Leib, der den Dichter von aller Geselligkeit, die er so
Zeit mehr als einen Beweis seiner zunehmenden Anteilnahme,
sehr liebte, aller Lebensfreude fernehielt, mag dem am Rande des
ja seiner Freundschaft geschenkt. Mit tiefer Rührung denke
Grabes Stehenden noch die Waffe in die Hand gedrückt haben.
ich jenes ersten Briefes, den ich aus seiner Hand empfing,
Wahrhaft wenig paßt der laute Abgang des Stillen, in sich
Saar hatte
und der mir damals ein Heiligtum schien.
Geschlossenen zu seinem Wesen, das alles Brutale haßte, und das
meine ersten Gedichte im Manuskript geprüft und mir den Rat ge¬
Saufte, Elegische so sehr liebe. Saar hätte verscheiden müssen, wie
geben, mit ihrer Herausgabe noch ein Jahr zu warten, dann könnte
das erbleichende Rot über den Gipfeln des Kahlenberges, wie der
das Buch „etwas Bedeutendes werden“. Ich folgte seinem Rat und
verklingende Hauch eines Liedes, das junge Mädchen, die vom
als ein Jahr später mein erster Gedichtband erschien, da war es
Weine heimziehen, in die Sommernacht singen, wie das letzte ver¬
allen voran Saar, der ihn aufs herzlichste begrüßte.
hauchende Flüstern des Abendwindes in den dunklen Wipfeln des
Er vergaß auch nicht leicht etwas. Er merkte sich die kleinste
Wienerwaldes
Kleinigkeit. Ich hatte ihm einmal einige Seiten eines geplanten
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29. Juli 1906.
Wien, Sonntag Fremden-Slatt.
Nr. 207.
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Werkes usw., spontan mil einem Glückwunsch ein, den er dann
meist auf eine Ansichtskarte schrieb. Er selbst freute sich herzlichst
Feuilleton.
jedes Gedenkens, und ließ nie in seinem Leben einen Gruß oder
eine Zeile unerwidert.
Für künstlerische Anerkennung war Saar unendlich dankbar.
Erinnerungen an Ferdinand v. Saar.
Ein Feuilleton aus meiner Feder, das ich „Wiens Elegiker“ betitelte,
Von Paul Wilhelm.
und in dem ich, einem Herzenswunsch des Meisters entgegen¬
. .. noch immer behauptet sich Altes inmitten des Neuen
kommend, die spezielle Aufmerksamkeit auf sein Lieblingswerk, die
Und Vergangenheit träumt still in die Zukunft hinein.“
„Wiener Elegien“ lenkte, diesem vielleicht klassischen Werke, das wie
(Wiener Elegien.)
kaum ein anderes den poetisch süßen Duft des alten Wien, seiner
In der tiefen Stille der Sommerfrische, vergraben in neue
Hänge und Weinberge, den wehmütigen Zauber seiner hinsterbenden
Arbeit, erhielt ich die Kunde von dem tragischen Schicksal, das den
hat er mir nie vergessen. Seitdem unter¬
Schonheit ausstrahlt
größten österreichischen Dichter, den letzten, der echtes Wienertum und
zeichnete er sich in allen Briefen und Karten nie anders als „der
altösterreichische Vornehmheit in sich vereinte, ereilt hatte. Der Drei¬
alte Wiener Elegiker Saar“.
undsiebzigjährige griff nach dem Revolver, um ein Dasein zu enden,
Aber nicht allein mit dem Herzen, auch in seiner Kunst hatte
das ihm mehr Bitterkeit als Freuden, mehr Enttäuschung als volle
Saar mit der Jugend mehr Zusammenhang, als man gewußt und
Befriedigung, und am Abend des Lebens, da die Sonne des
gewürdigt hat. Wer die Literatur, speziell in der Lyrik, genau ver¬
Ruhmes warmer, wohliger um ihn zu strahlen begann, die Qual
folgt, dem wird es nicht entgehen, daß gerade Saar ein Bindeglied
eines unerträglichen physischen Leidens beschert hatte. Kein glückliches
bildet von dem romantischen Schönheitszauber älterer Dichtung
Los — wenn Saar es auch trug, mit dem aufrechten Gang des
zum herben Lebensinhalt der Moderne mit ihrem lebensunmittel¬
Soldaten, äußerlich fest und markig, innerlich durchbebt und durch¬
baren realistischen Einschlag. Saar betonte es selbst oft und gerne,
zittert von einer unsäglichen Melancholie! Das hat seiner Lyrik
daß er eigentlich Bahn gebrochen habe, und die stille Sehnsucht seines
ihren großen Reiz gegeben, diese Mischung von Herbheit und Süße,
Ehrgeizes ging stets dahin, von den Modernen nicht als überlebt
von Kraft, die seine Sprache meißelte, und Milde, die seinen Worten
beisette geschoben zu werden. Trotz aller Ehrungen, mit denen
den schwermütig melodischen Klang lieh.
sich Unaufrichtigkeit, Eitelkeit und Wichtigtuerei um den greisen
Still und abgeschieden, mit der Vornehmheit seines Wesens
Dichter drängten, ist viel Unrecht an ihm getan worden.
allem Lärm des Tages abgewandt, ist Saar seine Wege gegangen.
Niemals laut, und niemals mit offenem Mute. Aber mit jenem
Enge, in sich geschlossene und dennoch tragische Schicksale ersah er
„stummen feigen Lobverschlucken“, wie es Saar selbst in einem seiner
mit dem tiefen Auge des Verstehenden, und sie gestaltete er in
schönsten Gedichte (an seine Mutter) nennt, mit jenem „Schweigen,
seinen Novellen mit der feinsten Kunst. In diesem vielleicht engen,
wenn man nicht mehr kann verneinen, aufs neue stets bereit
und doch geschmeidigen Rahmen war Saar ein Großer! Einer, der
zum Wurf mit Steinen“ Und Saars von Bitterkeit ge¬
Persönlichkeit hatte und sie ausstrahlte. Originalitätsucht war ihm
nicht! Die späten Ehrungen
schärftem Auge entging das
fremd, er haßte sie und fand oft im Gespräche bittere Worte gegen
die ihm widerfuhren, die Berufung ins Herrenhaus, die Verleihung
sie. Die lauten Erfolge der Modegrößen imponierten ihm nicht, er hatte
hoher Auszeichnungen erschienen ihm wie goldene Pflaster, offizielle
sein festes eigenwilliges Urteil, das nicht leicht fehlgriff. Weit mehr als
Entschädigungen, für das weit sehnsüchtiger erstrebte Glück des
der Succes des Tages, den er mit Wehmut, oft mit Bitterkeit ver¬
frischen, lebendigen Ruhmes, jenes lauten, vollen Erfolges, der
folgte, imponierte ihm die Arbeitskraft an sich. Darüber staunte er:
berauscht, wie edler feuriger Wein. Saar hat sich in seinem langen
„Was diese jungen Leute alles schreiben können, es ist fast un¬
Leben, das reich war an stillen, aber tiefen Erfolgen und so arm an
glaublich. Und auf allen Gebieten sind sie tätig, und es ist so viel
dem, „der in alle Welt klingt — viel zu lange nach dem Glück vollen
Talent in ihnen!“ Dann wurde er nachdenklich, vielleicht innerlich
Ruhmes gesehnt, er hat künstlerisch viel zu ernst und zu ehrlich
traurig, denn diese echte und edle Dichternatur war stets geneigt,
nach ihm gestrebt, als daß er ihn nicht mehr als reichlich ver¬
sich selbstquälerisch zu unterschätzen. Mehr als einmal hat er mir,
dient hätte!
dem es seit Jahren gegönnt war, ihm freundschaftlich nahezustehen,
Und überblickt man seine Werke, seine prächtige lebenssatte
geklagt: „Lieber Freund, da — er zeigte auf die Stirne — ist alles leer,
Lyrik, seine feinen psychologisch meisterlichen Novellen, die den un¬
kurz nachher kam dann wieder ein
mir fällt nichts mehr ein“ —
sagbaren Duft echtester Künstlerschaft ausströmen, seine Wiener
neuer Band, oder eine prächtige Novelle heraus, so daß ich ihm das
Elegien, die tiefste und edelste Poesie bedeuten, dann muß man
letzte Mal, etwa vor anderthalb Jahren, auf dieselbe Klage ant¬
erstaunt und fast selbst verbittert fragen, warum er ihm nie ge¬
wortete: „Das freut mich, denn wenn Ihnen nichts einfällt, lieber
worden? Fast möchte man jene Literaturepoche dafür verantwort¬
Meister Saar, dann gibt es immer ein prächtiges neues Buch.“
lich machen, die, indeß sie falschen Säulenheiligen schuf, an Allem
Und Saar lächelte in sich hinein. Er fühlte sich wieder beruhigt,
mit ironischem Achselzucken vorüberging, das noch einen Hauch
die pessimistische Anwandlung war verscheucht.
schlichter Eigenheit und natürlicher gefühlstieser Poesie in sich trug.
osehr aber der Dichter innerlich mit sich und seinem Lose
Saar schwieg, duldete und ging seinen Weg weiter.
zerfallen schien, war er doch weit davon entfernt, mürrisch, vergrämt,
Als es dann besser wurde und an seinem sielzigsten Geburts¬
oder gar neidisch zu sein. In ihm war die wahre Poetennatur, die
tage sich Jung und Alt um ihn scharte, um ihn zu feiern, da war
das eigene Schicksal nicht anderen entgelten läßt. Und vor allem
der Dichter ein siecher, kranker Mann geworden, und diese letzte
die fast naive Kunstfreude am Schönen! Wir Junge, Nachstrebende
Tücke des Schicksals, das ihm die Schale des Ruhmes
hatten an ihm einen warmen und ehrlichen Freund. Wenn er von
reichte, zu einer Zeit, da die Hand zu müde geworden, sie zu greifen,
Einem etwas hielt, dann war er von seiner Meinung nicht leicht abzu¬
der Körper zu schwach, um den Feuertrank zu ertragen, dieser letzte
bringen. Dann verfolgte er ihn mit Aufmerksamkeit, ja fast mit liebe¬
Zwiespalt zwischen einem Herzen, das sich noch jung fühlen mochte,
voller Zärtlichkeit. Es sind nun fast zwölf Jahre, daß ich mit Saar
einer Lebenssehnsucht, die noch im Lichte armen wollte, und einem
zuerst in Berührung trat, und er hat mir in dieser langen
gebrechlichen Leib, der den Dichter von aller Geselligkeit, die er so
Zeit mehr als einen Beweis seiner zunehmenden Anteilnahme,
sehr liebte, aller Lebensfreude fernehielt, mag dem am Rande des
ja seiner Freundschaft geschenkt. Mit tiefer Rührung denke
Grabes Stehenden noch die Waffe in die Hand gedrückt haben.
ich jenes ersten Briefes, den ich aus seiner Hand empfing,
Wahrhaft wenig paßt der laute Abgang des Stillen, in sich
Saar hatte
und der mir damals ein Heiligtum schien.
Geschlossenen zu seinem Wesen, das alles Brutale haßte, und das
meine ersten Gedichte im Manuskript geprüft und mir den Rat ge¬
Saufte, Elegische so sehr liebe. Saar hätte verscheiden müssen, wie
geben, mit ihrer Herausgabe noch ein Jahr zu warten, dann könnte
das erbleichende Rot über den Gipfeln des Kahlenberges, wie der
das Buch „etwas Bedeutendes werden“. Ich folgte seinem Rat und
verklingende Hauch eines Liedes, das junge Mädchen, die vom
als ein Jahr später mein erster Gedichtband erschien, da war es
Weine heimziehen, in die Sommernacht singen, wie das letzte ver¬
allen voran Saar, der ihn aufs herzlichste begrüßte.
hauchende Flüstern des Abendwindes in den dunklen Wipfeln des
Er vergaß auch nicht leicht etwas. Er merkte sich die kleinste
Wienerwaldes
Kleinigkeit. Ich hatte ihm einmal einige Seiten eines geplanten
##t#