VII, Verschiedenes 11, 1906–1909, Seite 26

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an
1. Miscellansous
denn das Lachen eines Kranken ist nicht ein Zeichen seiner besser mit Sokrates gehalten: Ueber Flötenspiel haben anderes als die sogenannten
wissenschaften und wenn die Phil
Musiker zu entscheiden, über Dichtwerke die Dichter.
Gesundheit. Die niedrigen Zwecke, wozu man die Poesie
der Ergebnisse der Sprachwisseusch
Wenn Geheimer Rat Ostwald sagt, daß „die geistigen
anwandte, machten sie verächtlich, zuletzt abscheulich.“ Diese
Führer der Menschheit in überwiegender Mehrzahl die den Geist des klassischen Altertun
strafenden aber gerechten Worte schreibt kein „Dunkelmann“,
Verständnis der vorausgegangen
geistige Speise zurückgewiesen haben, die ihnen von der
kein „Reaktivnär“, sondern Herder hat sie zürnend einst gesagt,
führt und uns geschichtlich schauc
Schule geboten wurde“, so hat er einerseits nur Chemiker
und
und die Rede des großen Kritikers hat heute noch volle Geltung.
geht
noch weiter
und Physiker unter dem Namen „geistige Führer“ im
Licht
Sprachforschung
Darf es uns da Wunder nehmen, wenn man die Werke
Auge, wie er es ja selbst sagt, anderseuts ist die Tat¬
menschlichen Geschichte bringt, vor
unserer ganz Großen nur mehr als Ausstattungsstücke
sache offenbar damit zu erklären, daß die Schule zufolge
kein Heldenbuch meldet“, so erö
ihrer Eigenschaft als Bildungsstätte für eine große
oder als Objekte für Parademätzchen eines Stars sehen
die uns in Ehrfurcht erschauern
Anzahl sehr verschieden begibler Menschen eine gewisse
will, wenn der tiefe Hebbel, der formenschöne Grillparzer
also einer jeuer großen Philologen
vermittelnde, nivellierende Tendenz nicht verleugnen
die Menge kalt lassen? Dürfen wir erstaunt sein, wenn
die Menschheit nichts geleistet h
kann. Das Genie jedoch überspringt diese Grenzen und
tüchtige Talente wie Martin Greiff und mehr andere
Menschen „bloße Worte“ nennen,
wehrt von sich ab, was mit seiner eigenartigen Denk¬
überhaupt verfehmt sind und wenn sicherlich viele Caesaren
die Denkmale der heftigsten E
richtung nicht im Einklang steht. Deshalb beschäftigt sich
hinter den Pflug unbekannt weiter wandern müssen?
bogen für die größten Siege d
Helmholtz in den philologischen Stunden unter der Bank
Nein und abermals nein! Gesundung kann nur kommen,
Menschen gewonnen sind. Erst
mit geometrischen und optischen Konstruktionen, was in
wenn wahrhafte Nationaltheater erstehen, mit unerschrockenen
Namen für Leib und Seele,
unseren Schulen ja auch heute noch vorkommen soll.
gebildet hatte, begann der erste
Männern an ihrer Spite, die keine Clique von Rezensenten,
Aber die philologischen Gegenstände können doch nichts
Menschengeschlechtes. Nicht eher
dafür. Ostwald glaubt nun in der mangelnden
keinen Klüngel von Antoren, keinen Ring von Agenren be¬
Recht und Unrecht, für Gott
[Logik der Sprache den Grund für ihr
rücksichtigen, die auch nicht den gemeinen Instinkten der
konnte es etwas geben, wa
Unvermögen, die Anlagen großer
Hörer huldigen, sondern die edlen in ihnen erwecken wollen.
menschlichen Gesellschaft Verdiente.
finden. Bei
Männer auszubilden,
Finden sich solche Männer, so sollen Staat und Kommune
neue Entdeckung und diese Ent
seiner Beschäftigung mit dem Problem einer Weltsprache
eine
das ist
fördern und unterstützen,
sie
wichtiger als die größten Er
sei ihm ein Verdacht zur Gewißheit geworden, nämlich
Kulturmission, die sie zu erfüllen haben. Keiner Partei¬
der der außerordentlichen Willkür und Ziellosigkeit Aegyptens und Babyloniens. Ni
keiner Richtung soll die Bühne angehören, jede ernsthafte
des Mangels an Logik bei der Bil= Forschern hat prächtigere Paläste
und
Elymologe. Jedes Wort ist
Weltanschauung, von einem Talent vertreten, mag auf ihr zur
dung natürlichr Sprachen. Dieser Verdacht“ ist
lichen Gedankens und in der wi
Anschauung gebracht werden, jeder gesunden Fröhlichkeit, auch
auch völlig richtig und Ostwald ist nicht der
gie besitzen wir ein Zaubermittel,
Derbheit soll sie offen stehen, aber der Protektionswirtschaft,
erste, dem er zur Gewißheit geworden ist; es sei hier nur
wieder lebendig zu machen.“
auf Steinthals diesbezügliche Arbeiten verwiesen. Die
den literarischen Börsenmenschen und der gemeinen Zote
Sammlung „Leben und Religion
Sprache ist eben nicht logisch, sondern psychologisch wie
verschlossen werden und immer bleiben.
Wenn Professor Ostwald
ein Forscher treffend bemerkt hat. Ein hervorrag endes
Gelingt es, dann erst kann eine nationale Kunst eine
Panegyrikus widmet — was ist
Mittel, den Gedanken selhst mit Klarheit zu erfassen, ist
Heimstätte in unsern Theatern finden, können Talente liebe¬
dürfte dafür ohnedies nicht viel
die Vergleichung verschiedener Ausdrucksweisen für den¬
voll geschult und gepflegt werden, kann die dramatische
müssen ja doch darnach streben, die
selben Gegenstand in den verschiedenen Sprachen und die
Kunst dem hohem Ziel sich nähern, das ihr Friedrich
Menschen zu erziehen, die in
dadurch erfolgende Emanzivation eben der mißlichen Eigen¬
Schiller einst mahnend gewiesen.
umgebende Welt von einer
schaft der Sprache, die Ostwald meint, wenn er sagt, die
Warte zu überschauen. Das G
Es hieße ein hoffnungsloser Optimist sein, wenn man
heutigen Wortformen seien „fossile Bänke“ von An¬
alledem Bahn und übersor
annehmen wollte, daß die Zeit der Verwirklichung dieser
schauungsweisen und Sprachbildungen vergangener Ge¬
die für die übrige Menschheit ein
schlechter. Eben durch Vergleichung dieser „fossilen Bänke“
Forderung bald herankommen werde; sie ist noch fern und
wir heute einen Teil der Jugen
wird man von „fetischistischer Verehrung“ derselben bewahrt.
schwerer Kämpfe und mutiger Männer bedarf es, um sie
klaisischen Sprachen unterweisen,
— Ostwald sagt aber auch, die Beschäftigung mit Sprachen
der Erfüllung näher zu bringen. Aussichtslos ist trotzdem
bloß ein Akt der Dankbarkeit
ertöte das Kausalitätsgefühl, das Bewußtsein, daß
der Blick in die Zukunft nicht, denn der innerste Wesens¬
Ahnen, sondern wir dienen dami
aus richtigen Voraussetzungen sich richtige Folgerungen
kern des Empfindens unseres Volkes ist abhold und fremd
Sprache Roms zur formalen
ergeben, was eben die Unlogik der Sprache sei. Als
den bösen Geistern, die heute das Theater regieren und daher
während die Sprache von Hellas
Antwort darauf sei die Frage aufgeworfen, weiches
wird der Tag kommen, wo nicht die stolze Ilias — aber
zum Verständnis der tausend
Gesetz, welche Regel aus dem Gebiete anderer Wissen¬
die Afterkunst auf unserer Bühne zu Schanden wird. Möge
deren Organ die griechische Sprch
schaften läßt sich, Mathematik ausgenommen, wirklich
ist aber, wie Wilamowitz sagt,
sein Erscheinen nicht allzufern sein!
ohne Modifikatieneu oder Ausnahmen darstellen? Sollen
danken, sondern deren lebendiger
wir überall Kansalität schnüffeln, etwa wie Weber in
setzung erschließt uns die unverg#
„Dreizehnlinden“ sagt:
Der Wert des Sprachunterrichtes.
Werke, sondern lediglich das St#
„Nur das Einmaleins soll gelten,
Ein Wort zur bevorstehenden Mittelschulenquete.
Hebel, Walze, Rad, und Hammer;
Alles andere, oder Plunder,
Aus Fachkreisen.
Flackre in der Feuerkammer.“
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Politische Kul
Nächste Woche b.ginnt die Mittelschulenquete, auf
Den Vogel hat Ostwald mit seiner Behauptung ab¬
der eine Klärung in dem Widerstreit der Meinungen fur
Oesterreich-Il
geschossen indem er der Sprachwissenscheaft überhaupt den
und gegen den Sprachunterricht an unseren Mittelschulen
Namen Wissenschaft abspricht. Vor der Frage nach dem
versucht werden soll. Universitätsprofessor Wilhelm
Kennzeichen einer Wissenschaft ausgebend, gelangt er auf
Die beiden Minister
Ouwald hat kürzlich im Verein für Schulreform zu
diesem Thema Ideen ausgesprochen, die möglicherweise einem seltsamen Wege zu dem Ergebnis, daß ein Mensch, zeichnet. Der Kaiser hat den be
auf den Gang der Enquete hinüberwirken werden, zumal der eine Wissenschaft beherrscht, ungefähr die Rolle Dr. Freiherrn von Beck und
er sich durch die Erwidernna, die er nan dem Norei# hat 8ie #.— #