VII, Verschiedenes 11, 1906–1909, Seite 49

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11. Miscellaneeus
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2
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(uellenangabe ohne Oewahr.)
Ausschnitt
Fankfurter Zeitors

24. DE Z. 1908
= Arthur Schninler über Kunt und Pornographic,1
Der Generalsel
Mreichischen Gesellschaft zur Me¬
kämpfung der Geschlechtskrankheiten, Pros. Dr. S. Ehr¬
mann (Wien), hat in einem jetzt erschienenen Buche die Er¬
gebnisse einer Enquête zusammengestellt, die kürzlich von der
Gesellschaft veranstaitet worden ist. Das Wiener Extrablatt
gibt aus dem Bande die Ausführungen wieder, die Artbur
Schnitzler über das Verhältnis zwischen Kunst und
[Pornographie gemacht hat. Der österreichische Dichler
SAPA
ist der Ansicht, „daß prozentual die sexuell irritierenden Bild¬
werke und Druckschriften, sowohl künstlerischer als unkünst¬
lerischer Natur den vielfachen Verlockungen des täglichen Le¬
bens und dem steten physiologischen Wirken der Geschlechtlich¬
keit gegenüber gar nicht in Anschlag zu bringen sind. „Die
Frage aber, inwiefern die sexuelle Wirkung von Kunstwerken
berechtigt sei.“ se schreibt er, „scheint mir so müßig,
als es die Frage wäre, ob sexuelle Erregung durch den An¬
blick einer schönen, lebendigen Gestalt des gleichen oder an¬
dern Geschlochtfrechtigt ist. Die Kunst ist hinsichtlich der
Wirkungen, die sie erzielt, so unbekümmert wie die Natur.
Und ich finde, wenn einmal ein großes Kunstwerk geschaffen
würde von so ungeheurer sexueller Reizkraft, daß eine Flut¬
welle von Sinnlichkeit sich über die gesamte Menschheit ergösse,
so wäre das ebensowenig Anlaß, die Ausstellung, Weiterver¬
breitung. Vervielfältigung dieses Kunstwerks zu verbieten,
als die Lehörden bisher den Versuch gemacht haben, die körper¬
liche Schönheit zu untersagen. Meine Bedenken gegen die
Pornographie sind ausschließlich ästhetischer Natur.
Das heißt, meine Abneigung gegen pornographische Produkte
beruht nicht darauf, daß manchen die Eigenschaft innewohnt,
sexuelle Erregungen auszulösen, was sie bekanntlich mit man¬
chen wirklichen Kunstwerken gemeinsam haben, sondern
darauf, daß pornographische Produkte immer etwas verlogenes
oder talentverlassenes, manchmal beides zugleich vorstellen.
Ich glaube nicht, daß die Grenze zwischen Pornographie und
Kunstwerk schwer festzustellen ist. Der Kenner wird diese
Grenze gerade so gut festzustellen imstande sein wie jede an¬
dere zwischen Kunst und Nichtkunst. Das mißliche ist nur,
daß dieser Grenzfrage gegenüber nicht nur diejenigen Leute
versagen, denen von Geburt aus die Fähigkeit mangelt.
Kunstwerke zu beurteilen, also die große Mehrzahl der ge¬
samten Menschheit, sondern auch manche, denen wohl diese
Fähigkeit gegeben wäre, die aber durch falsche Erziehung,
kranihaft gesteigerte Erregbarkeit oder aus Gründen berufs¬
und gewerbsmäßiger Heuchelei geneigt sind,“ jedes Kunst¬
werk, vor allem auf seinen sexuellen Irritations=Koeffizienten
hin anzusehen.

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ig Ausschnitt aus: 30. 1Z. 1905

Feitung, Ber
vom:
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Der Generalsekretär der österreichischen Gesell¬
schäft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten,
Prof. Dr. S. Ehrmann (Wien), hat in einem jetzt
erschienenen Buche die Ergebnisse einer Enquete zu¬
sammengestellt, die kürzlich von der Gesellschaft ver¬
anstaltet worden ist. Das „Wiener Extrablatt“
gibt aus dem Bande die Ausführungen wieder,
die Arthur Schnitzler über das Verhältnis
zwischen Kn####e==Po##ioraphie gemacht
hat. Der österreichische Dichter ist
der An¬
sicht, „daß prozentual die sexuell irritieren¬
den Bildwerke und Druckschriften, sowohl künstlerischer;
als unkünstlerischer Natur, den vielsachen Verlockungen
des täglichen Lebens und dem steten physiologischen
Wirken der Geschlechtlichkeit gegenüber gar nicht in
Auschlag zu bringen sind. „Die Frage aber, in
wiesern die sexuelle Wirkung von Kunstwerken be¬
rechtigt sei.“ so schreibt er, „scheint mir so müßig,
als es die Frage wäre, ob sexuelle Erregung durch
den Anblick einer schönen, lebendigen Gestalt des
gleichen oder anderen Geschlechts berechtigt ist. Die
kunst ist hinsichtlich der Wirtungen, die sie erzielt, so
unbekümmert wie die Natur. Und ich finde, wenn
einmal ein großes Kunstwerk geschaffen würde von so
ungeheurer sexueller Reizkraft, daß eine Flutwelle von
Sinnlichkeit sich über die gesamte Menschheit ergösse,
so wäre das ebensowenig Anlaß, die Ausstellung,
Weiterverbreitung, Vervielfältigung dieses ##swerks
zu verbieten, als die Behörden bisher. Ver¬
such gemacht haben, die körperliche Schönheit
zu
untersogen. Meine Bedenken gegen
Pornographie sind ausschließlich
ästhetischer
Natur. Das heißt, meine Abneigung gegen
pornographische Produkte beruht nicht darauf,
daß manchen die Eigenschaft innewohnt, sexuelle
(Erregungen auszulösen, was sie bekanntlich mit
manchen wirklichen Kunstwerken gemeinsam haben,
sondern darauf, daß pornographische Produkte immer
#etwas Verlogenes oder Tulentverlassenes, manchmal
beides
eich vorstellen. Ich glaube nicht, daß
die G.
####e zwischen Pornographie und Kunst¬
Der Kenner
werk
Der festzustellen ist.
wird diese Grenze gerade so gut festzu¬
stellen imstande sein, wie jed; andere zwischen
Kunst und Nichtkunst. Das mißliche ist nur, daß
dieser Grenzfrage gegenüber nicht nur diejenigen
Deute versagen, denen von Geburt aus die Fähigreit;
mangelt, Kunstwerke zu beurteilen, also die große ##
Mehrzahl der gesamten Menschheit, sondern auch
manche, denen wohl diese Fähigkeit gegeben wäre,
die aber durch salsche Erziehung, krankhaft gesteigerte
Erregbarkeit oder aus Gründen berufs= und gewerbs¬
mäßiger Heuchelei geneigt sind, jedes Kunstwerk vor
adem auf seinen sexuellen Irrilations=Koeffizienten 5
hin anzusehen.“