11. Miscellansens
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dann ist er ja auch schon
hafter Kerl, denn er lat sich nicht mit jedermann abgegeben. Der
Schnitzler leht war noch, #l#r da Schleuthei ihn im liebsten nicht
so kann ei doch, sägt der dumme Kerl von Wien, kein
aufführen läßt
Dichter sein. Nut so nebenbei: Der Schnitzter ist ja auch Arzt, allo
ein Jude, meint der dumme Kerl von Wien Auch sind viele seiner
Sachen viel zu hoch. Der J. J. David war zwar ein wirklicher
Dichter, aber er war ein weltschmerzlerischer Dichter, und den mögen
die Herren Snobs nicht. Auch ließ sich der J. J. David keinen Cham¬
pagner (Schampus) von ihnen zahlen, sondern robotete liober als
Leitartikler in einer Zeitungsplantage — also war er ein hochnasiger
Kerl, der sein Schicksal vollauf verdiente. Der Altekberg jedoch ist
ein patenter Bursche, er speist mit den Snobs, trinkt mit ihnen und
läßt sich von ihnen die Zeche bezahlen; also ist er ein echter Dichter.
Wenn der Snob und sein Herr Vetter, der dumme Kerl von Wien,
die gesammelten Wahnsinnsszenen Peter Altenbergs oder in einer
hiesigen Zeitung, zu deren Leibdichter Peter gehört, eine seiner ge¬
fährlichen Zusammenrottungen von Gedankenstrichen oder Ausrufungs¬
zeichen lesen, dann wirft sich der Snob stolz in die Brust, zündet
selbstgefällig ein Virginierzigarrl an und denkt sich: „Dieser Peter
Altenberg ist halt mein Dichter, denn so blöd wie er, kann ich auch
schreiben.“
Das ist es. Darum hat er „seinen“ Dichter so viel gern, weil es
seiner Eitelkeit wohltut, daß er das auch kann, was der Peter Alten¬
berg kann, der allgemein als ein großer Dichter gilt. Uebrigens hat
Peter in früherer Zeit etliche ganz nette Stimmungsbilder ge¬
schrieben, doch was er in den letzten Jahren den Musen an poetischen
Opfern dargebracht, gehört sozusagen zu seinem Handwerkszeug, um
sich bei seiner ausgebreiteten Kunoschaft in guter Erinnerung zu er¬
halten. Auch treibt er das kraufeste Zeug, um sich den Anstrich eines
genialen Sonderlings zu geben, was ihm übrigens ganz besonders
gelingt. Letzthin kam — die kleine Geschichte ist buchstäblich wahr —
der Schriftsteller Herr F. zu Peter Altenberg, der etliche Stunden
des Tages im Case Kiosk auf dem Graben thront und Audienzen er¬
teilt. Als der Schriftsteller F. um eine Unterredung bat meinte
AAltenberg lauernd: Also Sie wollen eine seelische Konsul¬
ktation — mein Lieber, ich mache Sie aufmerksam die kostet jünf
Culden.“ — „Fünf Gulden!“ jammerte der andere, „ich bitte Sie, fünf
Gulden ist ja ein Vermögen!. Sagen Sie mir, lieber Peter, könnten
„Fällt mir nicht ein,“ erwiderte
Sie mir es nicht billiger machen?“ —
grimmig Peter Altenberg und nannte den Herrn einen Mörder, der
einen armen Mann einen Dichter, um seinen Verdienst bringen
wolle. Herr Altenberg liebt es nämlich, seine Mitmenschen mit dem
Kosenamen „Mörder“ taxfrei zu belehnen. „Fällt mir nicht ein.“
sagte Altenberg voll Kummer, „da kann man sehen, was Sie für ein
Mörder sind, denn für das Wohl Ihres Bauches und sündigen Leibes
können Sie nicht genug ausgeben, wenn es aber gült, etwas für Ihre
„Aber Peter,“
seelische Entlastung zu tun, da knausern Sie.“
schluchzte der andere, „bodenken Sie, ich kann nicht mehr als drei
Gulden geben.“
Indes Peter ist im Grunde genommen ein guter Kerl und e
lerklöxte sich schließlich mit drei Gulden zufrieden. Nun beichten Sie!“
Und der andere beichtete, daß er der Weiber yöllig. überdrüssig sei
und von ihnen nichts mehr wissen wolle. Denn es sei ein treuloses!
Geschlecht, wetterwendisch und voll Lavoen, auch verschwenden sie
ein wahnsinniges Geld auf Totletten. Und ein Mensch, der kein
Geld hat, ist infolgedessen recht übel dran, denn er kunn dem Werb
keine Tolletten kaufen und dann ist der Teufel los. „So traurig is
des auch mir gegengen“, schloß der arme Narr seine Beichte, „da ich
aber nicht allein sein will, so möchte ich aus Ihrem weisen Munde,
lieber Peter, erfahren, was ich tun soll.“ Sinnend saß Peter Alten
berg auf dem Dreifuß, dachte lange nach und orakelte dann bedächt
Sehr einfache Geschichte das. Sie hassen die Frauen? Alle.Mö
hassen die Frauen. Aber da läßt sich nichts machen. Wissen Sie
was, nehmen Sie sich ein nettes, liebes Tier ins Haus. etwa eine
Katze. Sehen Sie, die Katze, das wär' was für Sie. So eine Katz'
Lumschmeichelt Sie und i#t eigentlich so falsch wie ein Meih Ak-1
die Hauptsache ist: ihre Toilette kostet nichts. Also nehmen Sie
„eine Katze ins Haus, sie ist der beste Ersatz für das gefallsüchtige,
Fülose Weib.“ — Ganz gerührt erwiderte der Andere: „Also Sie
and dafür, daß ich mir eine Katze ins Haus nehme — ich werde
Ihren bewährten Rat befolgen. Bevor er wegging, konnte der
Schriftsteller es nicht unterlassen, seinem weisen Ratgeber noch unter
[Lächeln zu sagen: „Sehen Sie. Herr Altenberg, habe ich es nicht ganz
sgut getroffen, daß ich Ihnen für Ihren wirklich guten Rat bloß drei
Gulden bezahle; wäre es nicht dasselbe gewesen, wenn ich Ihnen
fünf Gulden gezahlt hätte?" „Wieso?“ brauste Peter Altenberg, der .
Erfinder der seelischen Konsultationen, wild auf. „Woher können
Sie wissen, daß ich Ihnen für fünf Gulden nicht besser geraten
hätte? Für fünf Eulden hätte ich Ihnen einen Hund geraten!“
Noch andere lustige Anekdoten werden erzählt, aus denen un¬
zweifelhaft hervorgeht, daß Peter Altenberg sein Geschäft als Dichter
und Rentier ganz gut versteht. In den Café=Kiosk kommt ein sati¬
ischer Schriftsieller, mit dem Peter Altenberg auf einem sehr ver¬
Sächtigen Schmollfuß lebt. Peter behauptet nämlich. alle Menschen
seien leibhafti#e Engel, während die Satiriker die leibhaftigen Teufel
sind, die nichts anderes tun, als die Menschen, die sich doch gegen¬
seitig geradezu brüderlich und scwesterlich lieben, gegen einander
zu verhetzen. Peter apestrophiert den Mann mit den Worten: Sie
sind mir in die Seeie hinein verhaßt. Sie Satan, Sie Antichrist!
Sie vergisten die braven Menschen mit dem Hauch Ihres unreinen
Mundes: Sie hasse ich nicht nur objektio, sondern auch subjektiv,
Sie Satan!“ Er schimpft so lange, bis sich endlich ein Dritter ins
Mittel legt und dem entrütteten Peter Altenberg beschwichtigend zu¬
Fruft: „Schimpf doch nicht## diel. Peter, der Mann hat Dir in
Früheren Jahren schon viel Geld geborgt und kann Dir vielleicht noch
leinmal hundert Gulden leihen.“ Worauf Peter Altenberg schlagsertig
serwidert: „Nu, leihler mir sie denn?
Peter Altenberg. der Dichter, hat aus dem erfreulichen Anlaß
sseines fünfzigsten Lebensjahres ein so gutes Geschüft gemacht, daß
er diesen feierlichen Abschnitt seines Lebens vielleicht noch öfters in
Caliban.
jfestlicher Weise begehen wird.
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dann ist er ja auch schon
hafter Kerl, denn er lat sich nicht mit jedermann abgegeben. Der
Schnitzler leht war noch, #l#r da Schleuthei ihn im liebsten nicht
so kann ei doch, sägt der dumme Kerl von Wien, kein
aufführen läßt
Dichter sein. Nut so nebenbei: Der Schnitzter ist ja auch Arzt, allo
ein Jude, meint der dumme Kerl von Wien Auch sind viele seiner
Sachen viel zu hoch. Der J. J. David war zwar ein wirklicher
Dichter, aber er war ein weltschmerzlerischer Dichter, und den mögen
die Herren Snobs nicht. Auch ließ sich der J. J. David keinen Cham¬
pagner (Schampus) von ihnen zahlen, sondern robotete liober als
Leitartikler in einer Zeitungsplantage — also war er ein hochnasiger
Kerl, der sein Schicksal vollauf verdiente. Der Altekberg jedoch ist
ein patenter Bursche, er speist mit den Snobs, trinkt mit ihnen und
läßt sich von ihnen die Zeche bezahlen; also ist er ein echter Dichter.
Wenn der Snob und sein Herr Vetter, der dumme Kerl von Wien,
die gesammelten Wahnsinnsszenen Peter Altenbergs oder in einer
hiesigen Zeitung, zu deren Leibdichter Peter gehört, eine seiner ge¬
fährlichen Zusammenrottungen von Gedankenstrichen oder Ausrufungs¬
zeichen lesen, dann wirft sich der Snob stolz in die Brust, zündet
selbstgefällig ein Virginierzigarrl an und denkt sich: „Dieser Peter
Altenberg ist halt mein Dichter, denn so blöd wie er, kann ich auch
schreiben.“
Das ist es. Darum hat er „seinen“ Dichter so viel gern, weil es
seiner Eitelkeit wohltut, daß er das auch kann, was der Peter Alten¬
berg kann, der allgemein als ein großer Dichter gilt. Uebrigens hat
Peter in früherer Zeit etliche ganz nette Stimmungsbilder ge¬
schrieben, doch was er in den letzten Jahren den Musen an poetischen
Opfern dargebracht, gehört sozusagen zu seinem Handwerkszeug, um
sich bei seiner ausgebreiteten Kunoschaft in guter Erinnerung zu er¬
halten. Auch treibt er das kraufeste Zeug, um sich den Anstrich eines
genialen Sonderlings zu geben, was ihm übrigens ganz besonders
gelingt. Letzthin kam — die kleine Geschichte ist buchstäblich wahr —
der Schriftsteller Herr F. zu Peter Altenberg, der etliche Stunden
des Tages im Case Kiosk auf dem Graben thront und Audienzen er¬
teilt. Als der Schriftsteller F. um eine Unterredung bat meinte
AAltenberg lauernd: Also Sie wollen eine seelische Konsul¬
ktation — mein Lieber, ich mache Sie aufmerksam die kostet jünf
Culden.“ — „Fünf Gulden!“ jammerte der andere, „ich bitte Sie, fünf
Gulden ist ja ein Vermögen!. Sagen Sie mir, lieber Peter, könnten
„Fällt mir nicht ein,“ erwiderte
Sie mir es nicht billiger machen?“ —
grimmig Peter Altenberg und nannte den Herrn einen Mörder, der
einen armen Mann einen Dichter, um seinen Verdienst bringen
wolle. Herr Altenberg liebt es nämlich, seine Mitmenschen mit dem
Kosenamen „Mörder“ taxfrei zu belehnen. „Fällt mir nicht ein.“
sagte Altenberg voll Kummer, „da kann man sehen, was Sie für ein
Mörder sind, denn für das Wohl Ihres Bauches und sündigen Leibes
können Sie nicht genug ausgeben, wenn es aber gült, etwas für Ihre
„Aber Peter,“
seelische Entlastung zu tun, da knausern Sie.“
schluchzte der andere, „bodenken Sie, ich kann nicht mehr als drei
Gulden geben.“
Indes Peter ist im Grunde genommen ein guter Kerl und e
lerklöxte sich schließlich mit drei Gulden zufrieden. Nun beichten Sie!“
Und der andere beichtete, daß er der Weiber yöllig. überdrüssig sei
und von ihnen nichts mehr wissen wolle. Denn es sei ein treuloses!
Geschlecht, wetterwendisch und voll Lavoen, auch verschwenden sie
ein wahnsinniges Geld auf Totletten. Und ein Mensch, der kein
Geld hat, ist infolgedessen recht übel dran, denn er kunn dem Werb
keine Tolletten kaufen und dann ist der Teufel los. „So traurig is
des auch mir gegengen“, schloß der arme Narr seine Beichte, „da ich
aber nicht allein sein will, so möchte ich aus Ihrem weisen Munde,
lieber Peter, erfahren, was ich tun soll.“ Sinnend saß Peter Alten
berg auf dem Dreifuß, dachte lange nach und orakelte dann bedächt
Sehr einfache Geschichte das. Sie hassen die Frauen? Alle.Mö
hassen die Frauen. Aber da läßt sich nichts machen. Wissen Sie
was, nehmen Sie sich ein nettes, liebes Tier ins Haus. etwa eine
Katze. Sehen Sie, die Katze, das wär' was für Sie. So eine Katz'
Lumschmeichelt Sie und i#t eigentlich so falsch wie ein Meih Ak-1
die Hauptsache ist: ihre Toilette kostet nichts. Also nehmen Sie
„eine Katze ins Haus, sie ist der beste Ersatz für das gefallsüchtige,
Fülose Weib.“ — Ganz gerührt erwiderte der Andere: „Also Sie
and dafür, daß ich mir eine Katze ins Haus nehme — ich werde
Ihren bewährten Rat befolgen. Bevor er wegging, konnte der
Schriftsteller es nicht unterlassen, seinem weisen Ratgeber noch unter
[Lächeln zu sagen: „Sehen Sie. Herr Altenberg, habe ich es nicht ganz
sgut getroffen, daß ich Ihnen für Ihren wirklich guten Rat bloß drei
Gulden bezahle; wäre es nicht dasselbe gewesen, wenn ich Ihnen
fünf Gulden gezahlt hätte?" „Wieso?“ brauste Peter Altenberg, der .
Erfinder der seelischen Konsultationen, wild auf. „Woher können
Sie wissen, daß ich Ihnen für fünf Gulden nicht besser geraten
hätte? Für fünf Eulden hätte ich Ihnen einen Hund geraten!“
Noch andere lustige Anekdoten werden erzählt, aus denen un¬
zweifelhaft hervorgeht, daß Peter Altenberg sein Geschäft als Dichter
und Rentier ganz gut versteht. In den Café=Kiosk kommt ein sati¬
ischer Schriftsieller, mit dem Peter Altenberg auf einem sehr ver¬
Sächtigen Schmollfuß lebt. Peter behauptet nämlich. alle Menschen
seien leibhafti#e Engel, während die Satiriker die leibhaftigen Teufel
sind, die nichts anderes tun, als die Menschen, die sich doch gegen¬
seitig geradezu brüderlich und scwesterlich lieben, gegen einander
zu verhetzen. Peter apestrophiert den Mann mit den Worten: Sie
sind mir in die Seeie hinein verhaßt. Sie Satan, Sie Antichrist!
Sie vergisten die braven Menschen mit dem Hauch Ihres unreinen
Mundes: Sie hasse ich nicht nur objektio, sondern auch subjektiv,
Sie Satan!“ Er schimpft so lange, bis sich endlich ein Dritter ins
Mittel legt und dem entrütteten Peter Altenberg beschwichtigend zu¬
Fruft: „Schimpf doch nicht## diel. Peter, der Mann hat Dir in
Früheren Jahren schon viel Geld geborgt und kann Dir vielleicht noch
leinmal hundert Gulden leihen.“ Worauf Peter Altenberg schlagsertig
serwidert: „Nu, leihler mir sie denn?
Peter Altenberg. der Dichter, hat aus dem erfreulichen Anlaß
sseines fünfzigsten Lebensjahres ein so gutes Geschüft gemacht, daß
er diesen feierlichen Abschnitt seines Lebens vielleicht noch öfters in
Caliban.
jfestlicher Weise begehen wird.