VII, Verschiedenes 11, 1912–1913, Seite 9

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1. Miscellaneous
15, Stocknonn, St. P eters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus Deutsches Volksblatt, Wien
11.3281972

vom:
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wichtigsten Befähigungsnachweis seinen erst einige Monate Kunst und Literatur anzumaßen sucht.
alten Tausschein gehalten zu haben scheint, ist wohl als recht. Wir sind keineswegs Gegner der
Wer wird Direktor des Hofburg¬
abgeran zu betrachten. Ebenso tann man wohl beruhigt langen nicht, daß das Burgtheater sein
theaters?
darüber sein, daß Herr Reinyardt, dem für seine Aus= schließlich aus den Werken der §
wir verlangen sogar ausdrücklich,
stellungskünste die Bühne zu enge geworden ist und der daher
Stit nbei Wochen Keckt 'un die Erde den heim¬
Tirektor des Burgtheaters ein durchau#
die Zirkusmanege an ihre Stelle treten läßt, niemals Ge¬
Ogegaygepey Leites der Wiegler (Hofbühne. Schon an seine¬
sei, der seine Zeit versteht und der ein
legenheit haben wird, am Burgtheater seine „reformatorische
Bahre (hättd des Frage= und Antwortspiel: „Wer wird
für jede wirkliche Begabung, mag sie sich
Tätigkeit“ zu entfalten. Man hat in den letzten Tagen
nun Direktor des Hofburgth6aters?“ begonnen. Das Haus
literarischem oder auf darstellerischem G
überhaupt aufgehört, Namen zu nennen. Man läßt keine
auf dem Franzensringe ist da noch immer das Ziel sehn¬
suchtsvoller Wünsche allot, die mit dem Theater in irgend= Versuchballons mehr aufsteigen, sondern verlegt sich aufs kann aber ein durchaus moderner Mensch
welchem Zusammenhangé stehen. Der Schauspieler sieht sich in Warten und aufs Intrigieren hinter den Kulissen, sein, ohne deshalb etwas nur deshalb,
seinen kühnsten Träumen als Darsteller auf den Brettern der Wir können deshalb die Frage: „Wer wird Burgtheater auch schon für künstlerisch vollkommen
„ersten deutschen Bühne“, Autoren, denen der Sinn eigentlich direktor?“ vorläufig nur ganz unpersönlich auffassen, und oa aber der springende Punkt. Die Clique
müssen wir von dem neuen Direttor — wer immer es wir wollen leben und die Theater sin
nur nach fetten Tantiemen steht, würden gerne etwas
darum geben, wenn eines ihrer Werke burgtheater= sei — verlangen, daß das klassische Repertoire wieder= dramatischen Schöpfungen zu finanzie
darauf, ob sie inneren Wert haben oder
denn das be¬ hergestellt wird, das heute nur noch in einzelnen Trümmern
der Leiter der Hofbühne die Energie be
fähig befunden werden, sollte,
sonst für den vorhanden ist. Was in den letzten Jahren unter den früheren
gehaltenen Revolver resolut beiseite zu
viel, wie
deutei ungefähr
Tirektoren in dieser Beziehung geschehen ist, ist längst schon
der Adelsbrief. Und
das Gefühl dafür haben, daß es nicht al
gewöhnlichen Sterblichen
wieder abgebröckelt und zerfallen. Allzu viel war es ja nicht.
gewissermaßen zum Hausdichter des
wer gar an dieser für alle Zeit geweihten Stätte als Erster,
Im wesentlichen hatte man sich darauf besch inkt, mit
zu lassen. Er muß es fertig bringen, #
als Führer wirken könnte!
Zuhilfenahme frischer Dekorationen und der Drehbül#eeinige
Stücks zurückzusenden, wenn sie so we
Wer es nur einigermaßen für möglich hielt, in die
neue Bühnenbilder zu schaffen. Was die Hauptsache wvesen
letzten. Und er wird es schließlich auch n
Liste der Startenden ausgenommen zu werden, der bemüht
wäre, der innere Wiederaufbau der Klassiteraufführungen
Blumenthal zu verstehen zu geben,
sich, seinen Namen von einem der Tagesblätter lancieren zu
durch gute Neubesetzungen, durch wirkliche künstlerische Ver¬
hafte „Muse“ auf der Wiener Hofbüh
lassen. Favorit gab es eigentlich keinen, es war also nicht
tiefung und Herstellung eines wohlausgeglichenen Zusammen¬
ist. Es kommt nur auf den Versuch an
so schwer, als einer von den vielen genannt zu werden,
spieles, das läßt noch heute auf sich warten. Ein möglichst
ja doch der Anfang damit gemacht i
die bei der Neubesetzung des verwaisten Postens eventuell
rasches Ausfüllen der Lücken im Ensemble wird deshalb die
zu brechen, die das Literaturkartell ü
in Betracht kommen konnten. Die den Hoftheatern vorge¬
unumgängliche Voraussetzung eines erfolgreichen Wirkens der
ausübt. Wer aber fott in dieser Bezieh
setzte Behörde hat in der richtigen Erkenntnis, daß auf die
spiele vorangehen, wenn nicht der Leiter
neuen Direktion sein.
unter den Bewerbern zu treffende Auswahl das Wort:
Wir haben keinen Kandidaten in
„Gut Ding braucht Weile“ Anwendung findet, vorerst ein
Aber der neue Mann wird das Burgtheater nur dann
maßgebenden Stellen empfehlen, wir
Provisorium geschaffen. Die Gefahr, daß durch einen über¬
einer besseren Zeit entgegenführen, wenn er die Kraft hat,
unsere Pflicht, es offen auszusprechen
eilten Entschluß das Burgtheater und seine Traditionen
sich seine Freiheit und Unabhängigkeit vor den Cinflüssen
einer Persönlichkeit überantwortet werden könnten, die
nicht weiß, was diese dem Wiener Publikum bedeuten, ist jener Clique zu bewahren, die ohne eine Spur innerer Be= Bevölkerung von dem Manne, der das
also fürs erste vermieden. Herr Dr. Brahm, der für den rechtigung sich das entscheidende Wort in allen Fragen der antreten wird, erwartet.