VII, Verschiedenes 11, 1912–1913, Seite 21

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11. Miscellaneens
0 Vellertel seint —
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schlagend, weil er ja auch, wenn er's sein w
Ihres zart angehauchten Schnurrbartes, und genießen Sie mit
tung es erfordert, sehr realistisch sein kann; a
künstlerischer Befriedigung die Anerkennung warm fühlender
Eurem Sinne — gemein ist er nie gewesen
Menschen, als deren aufrichtiger Dolmetsch Sie von ganzem
Feuilleton.
sein aus dem einfachen Grunde, weil er es
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Herzen umarmt
kann, weil seine edle Künstlernatur sich de
Ihr treu ergebener
würde.
Adolf v. Sonnenthals Briefwechsel.
A. Sonnenthal.
Und nun, lieber Arthur, verzeihen Siem
Budapest, 3. Oktober.
Daß Sonnenthal kein Freund des „Modernen“ war,
und etwas harte Epistel, aber ich mußte
Unsere Leser wissen bereits, daß in der nächsten Zeit
sprechen. Und daß ich es gerade Ihnen sag
ist bekannt. Von besonderem Interesse ist darum der
auf dem deutschen Büchermarkte ein Werk erscheint, dem
um Ihr wirklich reizendes, schönes Talent n
nachstehende Briefwechsel des großen Künstlers mit Arthur
die intensive Teilnahme aller Theaterfreunde sicher ist:
Sie schließlich der Sohn meines Freundes si
Schnitzler:
Herzliche Grüße von Ihrem treu ergeben
„Adolf v. Sonnenthals Briefwechsel“ mit
Sonnenthal an Arthur Schnitzler.
A. S
seiner Reihe interessanter Persönlichkeiten. Die Liebens¬
ERSEEERTE
— Wies, 16. Dezember 1892.
würdigkeit der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart¬
Arthur Schnitzler an Sonnenth
Berlin ermöglicht uns, heute aus den Aushängebogen
Mein lieber junger Freund!
Wien, 19.
des zweiten Bandes der Sonnenthal=Briefe die folgenden
Die unfreiwillige Muße, die mir eine heftige Angina auf¬
Verehrter Herr v. Sonnenthal!
erlegte, benützte ich, um Ihren „Anatol“ durchzulesen. Ich habe
auszuwählen:
ihn auch von der ersten bis zur letzten Zeile durchgelesen und
Wie unendlich wertvoll mir jedes Wort
Sonnenthal an Dr. Ludwig Fulda.
ich habe mich durchgeärgert durch alle Leidensstationen dieses
ist, der mir, seit ich überhaupt für Kunst z
Wien, 8. Februar 1891.
Kalvarienbergs, auf dem Sie Ihr heiliges, Ihnen von Gott¬
mag, als einer der größten und tiefsten K
gegebenes Talent selbst ans Kreuz schlugen! Pfui Judas! ——
brauche ich Ihnen das noch zu sagen
Teuerster Freund!
Es sind sehr harte Worte, die ich Ihnen da sage, aber
ich Ihr Lob mit stolzem und innigem Dank
Sie haben mir mit Ihrem Bilde und den begleitenden
fürs erste berechtigt mich meine langjährige Freundschaft zu
Ihren Tadel mit Ernst erwägen.
freundlichen Worten eine riesige Freude bereitet und ich beeile
Ihrem Hause dazu, und dann, weil Sie wirklich ein begabter
Was ich schon heute sagen darf, ist, da
mich, Ihrem Winsche nachzukommen und sende Ihnen mein
talentierter Mensch sind und weil ich selbst unter dem schmutzigen,
neuestes eben aus der Dunkelkammer hervorgegangenes Bild,
prinzipiellen Fragen weniger weit von Ih
glimmernden, gleißenden Quarz das Edelmetall Ihres Talents
das schon bei Ihrer Anwesenheit hier für Sie bestimmt war,
Herr, entfernt bin, als Sie nach dem Buch,
strahlend hervorleuchten sah. — Ich spreche nicht mehr von
Es freut
Unmut erregt hat, anzunehmen scheinen;
aber leider nicht rechtzeitig fertig geworden ist.
Eurer sogenannten realistischen“ Richtung — ich habe mir
mich von Herzen, daß Sie in so gehobener Stimmung unsere
hier mit meinen theoretischen Anschauungen
einmal darüber in Berlin das Maul verbrannt und die Horde
Stadt verließen und Sie hatten auch ein Recht dazu, war es
Ich bitte Sie jedoch, mir zu glauben, daß jen
fiel wie wahnsinnig über mich her. Ich ließ sie bellen — die
ein mißlungenes, vielleicht ein widerwärtigesn
doch ein voller ehrlicher Erfolg, den Sie mit Ihrer neuesten
Sache hat sich überlebt oder, wie Sie selbst es pathologisch
Schöpfung, wie überall, auch bei uns errungen. Der Dichter
stimmt ein ehrliches Buch ist, in welchem kei
viel prägnanter bezeichnen würden, sie liegt in der Agonie,
irgendeiner Tendenz oder irgendeiner „Richtun
wie der Künstler bedarf zeitweise solcher Anregung, um mit
und darum täte es mir weh, wenn Sie in der letzten Stunde
erneuten Kräften weiter schaffen zu können, und Sie werden
niedergeschrieben als empfunden und entw#
noch von dem Leichengift infiziert würden.
möchte nicht Anatol sein — aber ich kann d
weiter schaffen und noch viel Gutes, und das deutsche Theater
Reißen Sie sich kräftig heraus, wie es Fulda getan .
dauern, einige Plaudereien geschrieben zu h
wird noch oft große Freude an Ihnen erleben.
auch er glaubte dem Moloch „Realismus“ sein Opfer bringen
dieser Herr vorkommt. Wenn die Grenzen m
Hinsichtlich der Zugkraft des „Verlorenen Paradieses“ habe
zu müssen und schrieb die „Sklavin“, die seinen Dichternamen
ich mich — bereits nach der Lektüre — nicht getäuscht. Es ist
den inneren Erlebnissen und Resultaten
beinahe geopfert hätte; da stürzte er sich kopfüber in das heil¬
ein Zugstück ersten Ranges, aber auch ohne diese angenehme
schrieben wären, so täte mir das selber lei
bringende Bad der Poesie und schuf ein reizendes hochpoetisches
den Beweis weiterer Grenzen erbringen zu
Zutat würde ich es für ein eminent vortreffliches Stück halten.
Werk „Der Talisman“, der ihm selbst hoffentlich auch ferner
sehr glücklich sein, wenn dann Sie selbst, hochve
Dichter, die das zuwege bringen, muß man hegen und pflegen,
ein Talisman bleiben wird, und Euch Jüngeren Allen ein
Beweis nicht für fehlgeschlagen erklären soll
man muß sie lieben, wenn sie nebstbei auch zufällig so liebens¬
kräftiger Sporn. Eure Lorbeeren nur in dem keuschen Tempel
würdige Kerle sind wie Sie.
Ich will gleich hier die herzlichsten Glü
der Poesie zu suchen. Und ist Wilbrandt mit seinem „Meister
So, und jetzt zwinkern Sie beschämt unter Ihrem Mo¬
nocle, zucken Sie spitzbübisch vergnügt mit der rechten Ecke) von Palmyra“ nicht der schlagendste Beweis? und doppelt Ihres Geburtsfestes beifügen. Sie, verehrte