box 41/4
11. Miscellaneons
—Sleeien sein
schlagend, weil er ja auch, wenn er's sein will und die Dich¬
Ihres zart angehauchten Schnurrbartes, und genießen Sie mit
künstlerischer Befriedigung die Anerkennung warm fühlender
tung es erfordert, sehr realistisch sein kann; allerdings nicht in
Menschen, als deren aufrichtiger Dolmetsch Sie von ganzen¬
Eurem Sinne — gemein ist er nie gewesen und wird es nie
Herzen umarmt
sein aus dem einfachen Grunde, weil er es eben nicht sein
kann, weil seine edle Künstlernatur sich dagegen auflehnen
Ihr treu ergebener
eswechsel.
würde.
A. Sonnenthal.
apest, 3. Oktober.
Und nun, lieber Arthur, verzeihen Sie mir die etwas lange
Daß Sonnenthal kein Freund des „Modernen“ war,
der nächsten Zeit
und etwas harte Epistel, aber ich mußte mich einmal los¬
ist bekannt. Von besonderem Interesse ist darum der
erk erscheint, dem
sprechen. Und daß ich es gerade Ihnen sage? weil es schade
nachstehende Briefwechsel des großen Künstlers mit Arthur
freunde sicher ist:
um Ihr wirklich reizendes, schönes Talent wäre und — weil
Schnitzler:
Efwechsel“ mit
Sie schließlich der Sohn meines Freundes sind.
Herzliche Grüße von Ihrem treu ergebenen
n. Die Liebens¬
Sonnenthal an Arthur Schnitzler.
n
lt in Stuttgart¬
A. Sonnenthal.
Wien, 16. Dezember 1892.
n Aushängebogen
Arthur Schnitzler an Sonnenthal.
Mein lieber junger Freund!
iefe die folgenden
Wien, 19. Dezember 1892.
Die unfreiwillige Muße, die mir eine heftige Angina auf¬
erlegte, benützte ich, um Ihren „Anatol“ durchzulesen. Ich habe
Verehrter Herr v. Sonnenthal!
ihn auch von der ersten bis zur letzten Zeile durchgelesen und
da.
Wie unendlich wertvoll mir jedes Wort von einem Manne
ich habe mich durchgeärgert durch alle Leidensstationen dieses
8. Februar 1891.
ist, der mir, seit ich überhaupt für Kunst zu empfinden ver¬
Kalvarienbergs, auf dem Sie Ihr heiliges, Ihnen von Gott
mag, als einer der größten und tiefsten Künstler erschienen
gegebenes Talent selbst ans Kreuz schlugen! Pfui Judas! —
ist
brauche ich Ihnen das noch zu sagen? Und so nehme
d den begleitenden
Es sind sehr harte Worte, die ich Ihnen da sage, aber
ich Ihr Lob mit stolzem und innigem Dank entgegen und will
reitet und ich beeile
fürs erste berechtigt mich meine langjährige Freundschaft zu
Ihren Tadel mit Ernst erwägen.
sende Ihnen mein
Ihrem Hause dazu, und dann weil Sie wirklich ein begabter
vorgegangenes Bild,
Was ich schon heute sagen darf, ist, daß ich in manchen
talentierter Mensch sind und weil ich selbst unter dem schmutzigen,
Sie bestimmt war,
prinzipiellen Fragen weniger weit von Ihnen, hochverehrter
glimmernden, gleißenden Quarz das Edelmetall Ihres Talents
ist. — Es freut
Herr, entfernt bin, als Sie nach dem Buch, das Ihnen so viel
strahlend hervorleuchten sah. — Ich spreche nicht mehr von
Stimmung unsere
Unmut erregt hat, anzunehmen scheinen; doch will ich Sie
ich habe mir
Eurer sogenannten „realistischen“ Richtung
Recht dazu, war es
hier mit meinen theoretischen Anschauungen nicht ermüden.
einmal darüber in Berlin das Maul verbrannt und die Horde
mit Ihrer neuesten
Ich bitte Sie jedoch, mir zu glauben, daß jenes Buch (es mag
fiel wie wahnsinnig über mich her. Ich ließ sie bellen — die
Fungen. Der Dichter
ein mißlungenes, vielleicht ein widerwärtiges sein) ganz be¬
Sache hat sich überlebt oder, wie Sie selbst es pathologisch
Anregung, um mit
stimmt ein ehrliches Buch ist, in welchem keine Zeile steht, die
viel prägnanter bezeichnen würden, sie liegt in der Agonie,
n, und Sie werden
irgendeiner Tendenz oder irgendeiner „Richtung“ zuliebe anders
und darum täte es mir weh, wenn Sie in der letzten Stunde
das deutsche Theater
niedergeschrieben als empfunden und entworfen wurde. Ich
noch von dem Leichengift infiziert würden.
eben.
möchte nicht Anatol sein — aber ich kann durchaus nicht be¬
Reißen Sie sich kräftig heraus, wie es Fulda getan —
en Paradieses“ habe
dauern, einige Plaudereien geschrieben zu haben, in welchen
auch er glaubte dem Moloch „Realismus“ sein Opfer bringen
dieser Herr vorkommt. Wenn die Grenzen meines Wesens mit
cht getäuscht. Es ist
zu müssen und schrieb die „Stlavin“, die seinen Dichternamen
ne diese angenehme
den inneren Erlebnissen und Resultaten jenes Buches um¬
beinahe geopfert hätte; da stürzte er sich kopfüber in das heil¬
ffliches Stück halten.
schrieben wären, so täte mir das selber leid, aber ich hoffe,
bringende Bad der Poesie und schuf ein reizendes hochpoetisches
den Beweis weiterer Grenzen erbringen zu können, und werde
hegen und pflegen,
Werk, „Der Talisman“, der ihm selbst hoffentlich auch ferner
sehr glücklich sein, wenn dann Sie selbst, hochverehrter Herr, diesen
zufällig so liebens¬
ein Talisman bleiben wird, und Euch Jüngeren Allen ein
Beweis nicht für fehlgeschlagen erklären sollten.
kräftiger Sporn. Eure Lorbeeren nur in dem keuschen Tempel
Ich will gleich hier die herzlichsten Glückwünsche anläßlich
der Poesie zu suchen. Und ist Wilbrandt mit seinem „Meister
unter Ihrem Mo¬
it der rechten Eckel von Palmyra“ nicht der schlagendste Beweis? und doppelt! Ihres Geburtsfestes beifügen. Sie, verehrtester Herr, gehören
11. Miscellaneons
—Sleeien sein
schlagend, weil er ja auch, wenn er's sein will und die Dich¬
Ihres zart angehauchten Schnurrbartes, und genießen Sie mit
künstlerischer Befriedigung die Anerkennung warm fühlender
tung es erfordert, sehr realistisch sein kann; allerdings nicht in
Menschen, als deren aufrichtiger Dolmetsch Sie von ganzen¬
Eurem Sinne — gemein ist er nie gewesen und wird es nie
Herzen umarmt
sein aus dem einfachen Grunde, weil er es eben nicht sein
kann, weil seine edle Künstlernatur sich dagegen auflehnen
Ihr treu ergebener
eswechsel.
würde.
A. Sonnenthal.
apest, 3. Oktober.
Und nun, lieber Arthur, verzeihen Sie mir die etwas lange
Daß Sonnenthal kein Freund des „Modernen“ war,
der nächsten Zeit
und etwas harte Epistel, aber ich mußte mich einmal los¬
ist bekannt. Von besonderem Interesse ist darum der
erk erscheint, dem
sprechen. Und daß ich es gerade Ihnen sage? weil es schade
nachstehende Briefwechsel des großen Künstlers mit Arthur
freunde sicher ist:
um Ihr wirklich reizendes, schönes Talent wäre und — weil
Schnitzler:
Efwechsel“ mit
Sie schließlich der Sohn meines Freundes sind.
Herzliche Grüße von Ihrem treu ergebenen
n. Die Liebens¬
Sonnenthal an Arthur Schnitzler.
n
lt in Stuttgart¬
A. Sonnenthal.
Wien, 16. Dezember 1892.
n Aushängebogen
Arthur Schnitzler an Sonnenthal.
Mein lieber junger Freund!
iefe die folgenden
Wien, 19. Dezember 1892.
Die unfreiwillige Muße, die mir eine heftige Angina auf¬
erlegte, benützte ich, um Ihren „Anatol“ durchzulesen. Ich habe
Verehrter Herr v. Sonnenthal!
ihn auch von der ersten bis zur letzten Zeile durchgelesen und
da.
Wie unendlich wertvoll mir jedes Wort von einem Manne
ich habe mich durchgeärgert durch alle Leidensstationen dieses
8. Februar 1891.
ist, der mir, seit ich überhaupt für Kunst zu empfinden ver¬
Kalvarienbergs, auf dem Sie Ihr heiliges, Ihnen von Gott
mag, als einer der größten und tiefsten Künstler erschienen
gegebenes Talent selbst ans Kreuz schlugen! Pfui Judas! —
ist
brauche ich Ihnen das noch zu sagen? Und so nehme
d den begleitenden
Es sind sehr harte Worte, die ich Ihnen da sage, aber
ich Ihr Lob mit stolzem und innigem Dank entgegen und will
reitet und ich beeile
fürs erste berechtigt mich meine langjährige Freundschaft zu
Ihren Tadel mit Ernst erwägen.
sende Ihnen mein
Ihrem Hause dazu, und dann weil Sie wirklich ein begabter
vorgegangenes Bild,
Was ich schon heute sagen darf, ist, daß ich in manchen
talentierter Mensch sind und weil ich selbst unter dem schmutzigen,
Sie bestimmt war,
prinzipiellen Fragen weniger weit von Ihnen, hochverehrter
glimmernden, gleißenden Quarz das Edelmetall Ihres Talents
ist. — Es freut
Herr, entfernt bin, als Sie nach dem Buch, das Ihnen so viel
strahlend hervorleuchten sah. — Ich spreche nicht mehr von
Stimmung unsere
Unmut erregt hat, anzunehmen scheinen; doch will ich Sie
ich habe mir
Eurer sogenannten „realistischen“ Richtung
Recht dazu, war es
hier mit meinen theoretischen Anschauungen nicht ermüden.
einmal darüber in Berlin das Maul verbrannt und die Horde
mit Ihrer neuesten
Ich bitte Sie jedoch, mir zu glauben, daß jenes Buch (es mag
fiel wie wahnsinnig über mich her. Ich ließ sie bellen — die
Fungen. Der Dichter
ein mißlungenes, vielleicht ein widerwärtiges sein) ganz be¬
Sache hat sich überlebt oder, wie Sie selbst es pathologisch
Anregung, um mit
stimmt ein ehrliches Buch ist, in welchem keine Zeile steht, die
viel prägnanter bezeichnen würden, sie liegt in der Agonie,
n, und Sie werden
irgendeiner Tendenz oder irgendeiner „Richtung“ zuliebe anders
und darum täte es mir weh, wenn Sie in der letzten Stunde
das deutsche Theater
niedergeschrieben als empfunden und entworfen wurde. Ich
noch von dem Leichengift infiziert würden.
eben.
möchte nicht Anatol sein — aber ich kann durchaus nicht be¬
Reißen Sie sich kräftig heraus, wie es Fulda getan —
en Paradieses“ habe
dauern, einige Plaudereien geschrieben zu haben, in welchen
auch er glaubte dem Moloch „Realismus“ sein Opfer bringen
dieser Herr vorkommt. Wenn die Grenzen meines Wesens mit
cht getäuscht. Es ist
zu müssen und schrieb die „Stlavin“, die seinen Dichternamen
ne diese angenehme
den inneren Erlebnissen und Resultaten jenes Buches um¬
beinahe geopfert hätte; da stürzte er sich kopfüber in das heil¬
ffliches Stück halten.
schrieben wären, so täte mir das selber leid, aber ich hoffe,
bringende Bad der Poesie und schuf ein reizendes hochpoetisches
den Beweis weiterer Grenzen erbringen zu können, und werde
hegen und pflegen,
Werk, „Der Talisman“, der ihm selbst hoffentlich auch ferner
sehr glücklich sein, wenn dann Sie selbst, hochverehrter Herr, diesen
zufällig so liebens¬
ein Talisman bleiben wird, und Euch Jüngeren Allen ein
Beweis nicht für fehlgeschlagen erklären sollten.
kräftiger Sporn. Eure Lorbeeren nur in dem keuschen Tempel
Ich will gleich hier die herzlichsten Glückwünsche anläßlich
der Poesie zu suchen. Und ist Wilbrandt mit seinem „Meister
unter Ihrem Mo¬
it der rechten Eckel von Palmyra“ nicht der schlagendste Beweis? und doppelt! Ihres Geburtsfestes beifügen. Sie, verehrtester Herr, gehören