VII, Verschiedenes 11, 1913–1915, Seite 26

1. Niscellancols
usschnitt aus:
Oesterreichische Vollseoweg
0/19•4
m
Wen.

Ein Anzengrubergevendtäge& Am 20. No¬
ber 1839 hat unser bedeutendster Volksdichter Ludwig
zengruber in Wien das Licht erblickt; er wäre
heute Sonntag 75 Jahre alt geworden. Leider war
chen die Gunst der Götter versagt geblieben. Die
schönsten Jünglings= und Mannesjahre hatte er als
hungernder Schmierenkomödiant in Not und Elend
verbracht, und als er nach dem „Pfarrer von Kirchfeld“,
wie er selber sich dessen freudig berühmt hatte „mit
einem Schlag oben war“, konnte er sich seines ruhm¬
reichen Lebens und Wirkens nicht mehr so recht er¬
freien: es drang ihm kein Sonnenstrahl mehr ins Herz,
das verdüstert geworden und so lebte er vergrämt. ver¬
drossen dahin, bis er am 10. Dezember 1889 die
Augen schloß. In einigen Tagen wird es sich zum
fünfzehntenmal jähren, seit Anzengruber gestorben ist.
Als Volksdichter hat der Verfasser des „Pfarrer von
Kirchfeld“ noch heute keinen gleichwertigen Nachfolger
gefunden. Wir behaupten dies ohne die Bedeutung
Sch### und Schönberrs zu verkennen,
ohne den hohen Wert ihrer herrlichen Dichtungen sowohl
im Rahmen der Erzählung als des Bühnenwerkes ver¬
ringern zu wollen. Anzengruber war eben eine ganz
neue mächtig frappierende Erscheinung, zu der man
bewundernd und verehrend emporschauen mußte. Ebenso
wie es vor Goethe und Schiller keine Gleichwertigen
gegeben hate, ebensowenig hatte die deutsche Volks¬
mute in Oesterreich vor Anzengruber einen Dichter zu
verzeichnen, dem jener bloß als würdiger Nachahmender
gelten konnte. Wie ein Meleor lauchte sein Name auf
ls man die Schönheit, den Tiefsinn und
die edle Tendenz des Volksstückes „Der Pfarrer
von Kirchseld“ erkannte und würdigte. Poetisch
besten Sinne des Wortes fand hier (der
Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen
versöhnender Toleranz und verhetzender Unduldsamkeit
seine künstlerische Darstellung. Tiefe Blicke in das Seelen¬
lehen ihrer Helden zu versenken, ermöglichen uns die
Volksstücke: „Der Meineidbauer", „Die Kreuzelschreiber“.
„Der G’wissenswurm“, „Der ledige Hof“, „Das vierte
Gebot“ und andere seiner dramatischen Dichtungen. Auch
seine Erzählungen, seine Stadt= und Landgeschichten
gehören zu den erfreulichsten Hervorbringungen dieser
Art. Ausengruber hat vor 15 Jahren „Heimg'sunden“
aberr lebt noch heute unter uns seine Schöpfungen
haßen an Wirksamkeit nichts eingebüßt, behaupten sogar
bei unserer Jugend, die doch gierig nach dem Aller¬
cneuesten greist, ihren Wert, ihre Geltung.
box 41/5
—.—
Ausschnitt aus:
Dresdner Nachrightes
vomltZ 1914
* Ein Protest Artur Schnitzlers. In einer Zuschrift
an das „Journal de Genéve“ pkotestiert Artur Schnitzler¬
gegen die unwahren Behauptungen russischer Blätter, die
ihm erlogene Aeußerungen über Anatole France, Tolstoi,
Macterlinck und Shakespeare zugeschrieben haben. Der
Brief Schnitzlers wird eingeleitet durch ein Vorwort Ro¬
main Rollands, der trotz des Kriegswütens die über¬
dauernde Einigkeit der Wissenschaft und Kunst, sowie den
Zusammenschluß der Wahrer, Führer und Vertreter der¬
selben verkündet. Schnitzler sagt, er würde in ruhiger
Zeit nicht den Geschmacksfehler begehen, sich selbst zu kom¬
mentieren, aber die setzige Went.—
i verwirrt durch das
Uebermaß des Hasses und der Lügen. Hinter der Fron
der loyal kämpfenden Armeen betreiben Marodeure des
Patriotismus, betreibt ein großer Teil der unverantwort
tichen Preffe das Geschäft der Aufreizung, Schnitzler zoll
den genannten Dichtern den schuldigen Tribut der Ehr¬
surcht. Der Krieg dürfe die Dankbarkeit, Gerechtigkeit.
und Urteilskraft nicht vernichten.
Ein Musenm für B
Aussenz
iigerneine Zeitung. Wien
von. AMr
/Eine Erklärung Arkhur Schnißlers.
Berlin, 21. Dezember. (Tel. der „Wiener Allg.
Ztg.“.) Dem „Lokalanzeiger“ wird aus Genf
gemeldet: Arthur Schnitzler protestiert hier gegen
die ihm zugeschriebenen abfälligen Aeußerungen über eng¬
lische, französische und russische Schriftsteller.
chnitt ans ½
n##te Nachrichten
Z2 OEIEHBEu 4-Bücnehetreien¬
am miontag seinen
If. Artur Schnitzler protestiert nach einem uns
Zugehenden Prianttelegramm im Journal de
Genebe gegen die russische Presse, die ihm er¬
slogene Aenzerungen über Tolstoi, Macterliuck,
Anatole France und Shakespeare zuschrieb. Der
Brief Schnitzlers wird eingeleitet von Romain
Rolland, der auch im Wüten des Krieges den
Zusammenschluß der wahren Führer der Wissen¬
schaft und Kunst fordert. Schnitzler zollt den ge¬
nannten Dichtern Bewunderung und sagt, die
heutige Welt sei zu verwirrt durch das Uebermaß
des Hasses und der wahnsinnigen Lüge hinter der
Frontreihe. Bei allem schuldigen Patriotismus
dürfe der Krieg die Urteilskraft, Dankbarkeit und
die Gerechtigkeit nicht vernichten. (Z.)
Tuschhltt aus:
Vossische Zeitung, Dei
vom:
B
Ein Protest Artur Schnitzterer Das „Genfer Journal“
bringt, wie uns unser Korrespondent drahtet, heute einen Protest
Arthur Schnitzlers zum Abdruck, in welchem dieser kraftvoll Ein¬
spruch erhebt gegen angebliche abfällige Aeußerungen über Meister
der russischen, englischen, französischen und belgischen Literatur, die
ihm russische Zeitungen in böswilliger Absicht unterschieben. Der
Protest Schnitzlers gelangt mit einleitenden Worten von Romain!
Rolland zur Veröffentlichung, der hervorhebt, daß es kollegigter
Pflicht sei, dies zu tun, wie überhaupt immer einzutreten, wenn
es sich darum handelt, inmitten des Wahnsinns der kämpfenden
Nationen die bestehende Einheit des menschlichen Gedankens und
die geheime Verbindung seiner besten Geister zu. betonen.