1. Miscellancous
box 41/5
Ausschnitt ausWe
vom: 31 44.1315
Theater, Kunst, Musik.
„Nathan der Weise“ im Burgtheater.
Das große Geschehen des Weltkrieges, das Ringen,
unserer Monarchie um Sein und Nichtsein, das tägliche
Blutopfer Tausender, die tägliche Not und Entbehrung
Hunderttausender, die Charitas des Volkes, die Trauer der
Witwen und Waisen — stehen gegenwärtig so sehr im
Mittelpunkt unseres Denkens und Sorgens, daß alle
unsere Interessen und Werturteile davon bedingt sind.
Was sich angelichts der Schlachtfelder nicht erprobt, ist für
uns abgetan; was uns angesichts der Heldengräber nicht
zu trösten weiß, ist uns gleichgültig; und wir verfluchen
alles, was dem Zeichen, in dem unser Krieg von den
Besten geführt wird, widerspricht. Wer heute nicht in
irgend einer Form Mitstreiter für das Vaterland und
seine echte Kultur ist, ist dieses Vaterlandes unwürdig.
Wer heute nicht Mitfühlender mit den ungezählten
Opferern ist, hat die Verbannung verdient. Mitfühlender
wir meinen es im Sinne einer Erzählung Roseggers:
da klagte eine Mutter, die zwei Söhne im Felde hat, die
Leute verständen so ger nicht, sie zu tösten, Diese Mutter
hatte von allen schönen Reden nichts, aber sie war ge
tröstet, als des Dichters Gattin mit ihr weinte. So müssen
heute alle Mitfühlende Mitstreitende, Mitfreudige, Mit¬
weinende sein. Und nicht zuletzt in der Kunst, auf dem
Theater muß das Ausdruck finden. Das Theater solchen
Mitgefühls ist zeitgemöß — das andere verdient unsere
Verachtung.
Es wurde hier bereits gesagt, daß eine Reihe Stücke,
die in letzter Zeit über die Burgtheaterbühne gingen,
höchst unzeitgemäß waren, so „Klein Cyolf“, „Die fünf
Frankfurter", „Der einsame Weg“, „Schirin und Ger¬
traude“ usw. Unzeitgemäß, dem Wollen und Sian der
Gegenwart widersprechend, ist auch das nach fünf Jahren
wieder ausgegrabene Lessingsche Drama „Nathan der
Weise“, das heute über die Bretter ging. „Nathan der#
Woise“
ist eine zeitgeschichtlich bedingte theologisch=philo¬
sophische Polemik, welche bei veränderten Verhältnissen
ihre Mission verloren. Braucht es heute nöch einen Kambf
gegen allzu buchstabenfeste Panoren, nachvam dir prote¬
stantische Bibelauslegung so frei gewonden? Brauch. en
heute Spott über die Heuchler, deren Praktizieren hinter
dem Glauben zurückbleibt, heute, wo im Holdenmut der
Soldaten, im Opfersinn der Mütter, in der lfsbereit¬
schaft der Massen so viel echteste Religion sich uswirkt?
Lessings „Nathan der Weise“ wachst heraus aus einem
blassen Deismus, der den Menschen in der Hauptsache auf
den Menschen stellt, den Begriff der göttlichen Offen¬
barung verwirft, beziehungsweise alle Offenbarungen:
Judentum, Islam, Christentum, einander gleichsetzt.
Braucht es ein solches ins Lichtstellen des Deismus in
Tagen, da das Christentum eine Wiedergeburt in weiten
in
Kreisen erlebt? Lessings „Nathan der Weise“
Stück zugunsten der Juden auf Kosten der Christen. Ein
ungerechtes, unduldsames Stück; denn während als Ver¬
treter des Judentums eine Heldengestalt, eine Idealfigur:
Nathan, gewählt ist, sind die Vertreter des Christentums:
der Patriuirch, Dajo, der Tempelherr. der Klosterbruder,
mit den Attributen böswilliger Lieblosigkeit, noiver, aber¬
gläubischer Gutmütigkeit und Einfalt, der ins Allzumensch¬
liche stürzenden Prinzipienschwäche bedacht. Lessing mochte
mit einem Verteidigungsstück für die Juden begreiflich
sein in einer Zeit jüdischer Rechtsbeschränkung, in einer
Zeit, wo Heine angesichts gewisser Kämpfe sagte: „Das
Judentum ist keine Religion, sondern ein Unglück.“ Aber
braucht es heute und bei uns Toleranzpredigten zugunsten
der Israeliten? Haute und bei uns, wo die Toleranz er¬
möglichte, daß Israeliten in der Volkswirtschaft des
Staates bestimmenden Einfluß haben, daß Israeliten
zu vier Fünfteln, wenn nicht zu neun Zehnteln auf der
Bühne und in der Presse den Ton angeben, daß Israe¬
liten an den Stätten der Wissenschaft, in der Rechtsan¬
waltschaft und Medizin, in einer den Prozentsatz des Be¬
völkerungsanteils fünf= und zehnfach überschreitenden Zahl
vertreten sind?
Wir sind nicht unduldsam. Leuten, denen Schnit
Kadelburg, Trebitsch, Blumenthal. L'Arronge, W###nd
Siese. Geistigkeit. Erhebung bieten, sei der Genuß und
die Erbauung unbenommen. Nur entspricht der Geist
solche. Autoren nicht dem Sinn des größten Teils der
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Ausschnitt ausWe
vom: 31 44.1315
Theater, Kunst, Musik.
„Nathan der Weise“ im Burgtheater.
Das große Geschehen des Weltkrieges, das Ringen,
unserer Monarchie um Sein und Nichtsein, das tägliche
Blutopfer Tausender, die tägliche Not und Entbehrung
Hunderttausender, die Charitas des Volkes, die Trauer der
Witwen und Waisen — stehen gegenwärtig so sehr im
Mittelpunkt unseres Denkens und Sorgens, daß alle
unsere Interessen und Werturteile davon bedingt sind.
Was sich angelichts der Schlachtfelder nicht erprobt, ist für
uns abgetan; was uns angesichts der Heldengräber nicht
zu trösten weiß, ist uns gleichgültig; und wir verfluchen
alles, was dem Zeichen, in dem unser Krieg von den
Besten geführt wird, widerspricht. Wer heute nicht in
irgend einer Form Mitstreiter für das Vaterland und
seine echte Kultur ist, ist dieses Vaterlandes unwürdig.
Wer heute nicht Mitfühlender mit den ungezählten
Opferern ist, hat die Verbannung verdient. Mitfühlender
wir meinen es im Sinne einer Erzählung Roseggers:
da klagte eine Mutter, die zwei Söhne im Felde hat, die
Leute verständen so ger nicht, sie zu tösten, Diese Mutter
hatte von allen schönen Reden nichts, aber sie war ge
tröstet, als des Dichters Gattin mit ihr weinte. So müssen
heute alle Mitfühlende Mitstreitende, Mitfreudige, Mit¬
weinende sein. Und nicht zuletzt in der Kunst, auf dem
Theater muß das Ausdruck finden. Das Theater solchen
Mitgefühls ist zeitgemöß — das andere verdient unsere
Verachtung.
Es wurde hier bereits gesagt, daß eine Reihe Stücke,
die in letzter Zeit über die Burgtheaterbühne gingen,
höchst unzeitgemäß waren, so „Klein Cyolf“, „Die fünf
Frankfurter", „Der einsame Weg“, „Schirin und Ger¬
traude“ usw. Unzeitgemäß, dem Wollen und Sian der
Gegenwart widersprechend, ist auch das nach fünf Jahren
wieder ausgegrabene Lessingsche Drama „Nathan der
Weise“, das heute über die Bretter ging. „Nathan der#
Woise“
ist eine zeitgeschichtlich bedingte theologisch=philo¬
sophische Polemik, welche bei veränderten Verhältnissen
ihre Mission verloren. Braucht es heute nöch einen Kambf
gegen allzu buchstabenfeste Panoren, nachvam dir prote¬
stantische Bibelauslegung so frei gewonden? Brauch. en
heute Spott über die Heuchler, deren Praktizieren hinter
dem Glauben zurückbleibt, heute, wo im Holdenmut der
Soldaten, im Opfersinn der Mütter, in der lfsbereit¬
schaft der Massen so viel echteste Religion sich uswirkt?
Lessings „Nathan der Weise“ wachst heraus aus einem
blassen Deismus, der den Menschen in der Hauptsache auf
den Menschen stellt, den Begriff der göttlichen Offen¬
barung verwirft, beziehungsweise alle Offenbarungen:
Judentum, Islam, Christentum, einander gleichsetzt.
Braucht es ein solches ins Lichtstellen des Deismus in
Tagen, da das Christentum eine Wiedergeburt in weiten
in
Kreisen erlebt? Lessings „Nathan der Weise“
Stück zugunsten der Juden auf Kosten der Christen. Ein
ungerechtes, unduldsames Stück; denn während als Ver¬
treter des Judentums eine Heldengestalt, eine Idealfigur:
Nathan, gewählt ist, sind die Vertreter des Christentums:
der Patriuirch, Dajo, der Tempelherr. der Klosterbruder,
mit den Attributen böswilliger Lieblosigkeit, noiver, aber¬
gläubischer Gutmütigkeit und Einfalt, der ins Allzumensch¬
liche stürzenden Prinzipienschwäche bedacht. Lessing mochte
mit einem Verteidigungsstück für die Juden begreiflich
sein in einer Zeit jüdischer Rechtsbeschränkung, in einer
Zeit, wo Heine angesichts gewisser Kämpfe sagte: „Das
Judentum ist keine Religion, sondern ein Unglück.“ Aber
braucht es heute und bei uns Toleranzpredigten zugunsten
der Israeliten? Haute und bei uns, wo die Toleranz er¬
möglichte, daß Israeliten in der Volkswirtschaft des
Staates bestimmenden Einfluß haben, daß Israeliten
zu vier Fünfteln, wenn nicht zu neun Zehnteln auf der
Bühne und in der Presse den Ton angeben, daß Israe¬
liten an den Stätten der Wissenschaft, in der Rechtsan¬
waltschaft und Medizin, in einer den Prozentsatz des Be¬
völkerungsanteils fünf= und zehnfach überschreitenden Zahl
vertreten sind?
Wir sind nicht unduldsam. Leuten, denen Schnit
Kadelburg, Trebitsch, Blumenthal. L'Arronge, W###nd
Siese. Geistigkeit. Erhebung bieten, sei der Genuß und
die Erbauung unbenommen. Nur entspricht der Geist
solche. Autoren nicht dem Sinn des größten Teils der