VII, Verschiedenes 11, 1915–1917, Seite 58

1.
box 41/6
Miscella
s



Ausschnitt auf
8 MA
vom
Der Tag, Berlin
allerhand
Theater in der Königgrätzer Straße.
Aus Friedlichen, verschollenen Zeiten
Ragt wie ein dämmerndes Symbol
Die Eleganz der Innigkeiten
Des sucherischen Anatol.
Man wollte damals nicht zergliedern,
Der holde Leichtsinn tat so gut;
Man tauchte mit geschlossenen Lidern
In jene witzig-süße Flut;
Ist dann am Ufer still geschlendert
Welt, wie hast du dir verändert
Doch trotz der Not umtoster Tage,
Die nichts von Dämmerstimmung weiß,
Wirkt wie mit lindem Zauberschlage
Der alte schmerzlich blasse Kreis;
Der Innenraum birgt weniger Gutes
Jedoch der liebe Umriß tut es.
III.
Die Leute fanden viel Ergötzung,
Man hörte sie vor Lachen schrein.
Es konnte freilich die Besetzung
In manchen Punkten anders sein....
Herr Burg (als Künstler sonst ein Segen)
War hier zu deutlich, fast zu grob
Nicht melancholisch überlegen.
Ein Hausbesitzer — statt ein Snob.
Der Held ist wählerischer, zarter
Beim Artur
Die Triesch gehört zu andren Zielen¬
Sie soll schon lieber Strindberg spielen.
Herr Ekert wirkte köstlich-wacker,
Ein immer gern gesehner Gast;
Jedoch er hatte was vom Fiaker,
Das nicht zu dieser Stimmung paßt.
In Artur Welt, vom Stil betant,
Lacht man nicht so erfrischend laut.
(Doch wird Herrn Ekert niemand grollen
Er gab hier einen wundervollen
Ausblick auf schiere Bürgerrollen.)
So bleibt noch von der Mimenschar
Die Orska — die bezaubernd war.
Zuerst die Haare dirnenzottig,
Die Kleidung ungenügend schlicht
Als „Cora" war sie zu kokottig,
Das „süße Mädel“ war sie nicht!
Im zweiten Stück ging sie aufs Ganze,
Als ausgetragne, dufte Pflanze.
Sie trank, was trinkbar: aß, was eßbar,
Sie unkte, wenn der Kellner kam.
Dem Hörer bleibt es unvergeßbar,
Wie sie als „Annie Abschied nahm...
Da schwanden düstre Horizonte;
Man lachte — bis man nicht mehr konnte.
Alfred Kern