VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 11

Miscellaneons
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SG
Inschriften von Karl Kraus
Arthur Schnitzler
Sein Wort vom Sterben wog nicht schwer.
Doch wo viel Feinde, ist viel Ehr:
er hat in Schlachten und Siegen
geschwiegen.
Auszeichnung eines Ueberlebenden
Er hat den Graben mit kühnem handstreich genommen,
doch zerfetzt ist er auf dem Platze geblieben.
Der Siegfried, der es gehört und geschrieben,
hat dafür das Verdienstkreuz bekommen.
Meinem Franz Grüner (getötet am neunzehnten Juni 1917)
Wo bleibst du denn? Andacht und Wissenschaft
will ich von deiner reinen Stirne lesen.
Welch öder Zufall hat dich mir entrafft?
Was triebst du dort, wo du zuletzt gewesen?
Lebhafter Hörer — sprachst du mir vom Geist,
wie ward dem unruhvollen Herzen stille.
Du frommer Forscher. Sprich, da du es weißt:
Wohin wies dich der unerforschte Wille?
Dorräte
Wir hoffen doch, es wird erklecken,
wenn wir das Mehl und den Zucker strecken.
Noch weniger Müh' aber würde es schaffen,
mit weiser Doraussicht zu strecken die Waffen.
Expansion
'nen Platz an der Sonne erlangen?
Nicht leicht.
Denn wenn er erreicht,
ist sie untergegangen.
Meinem Franz Janowitz (getötet am vierten November 1917)
Ein Landsknecht du? Dier Jahre deines Seins
hast du dein frühlinghaftes Herz getragen
durch Blut und Kot und alle Pein und Plagen
und wurdest der Millionen Opfer eins?
Und durftest, was du mußtest, uns nicht sagen
und fühltest Dogelsang des grünen Rains
und lebtest stumm am Rande dieses Scheins
und fromm genug, um ferner nicht zu fragen.
Und da dein reines Herz erstickt in Rot.
das Mitgefühl der Zeit mußt du entbehren.
Ein treuer Bursch nur stand bei deinem Tod.
Doch seine Tränen wird die Welt vermehren,
färbst einst nicht Blut mehr, färbt die Scham sie rot.
Bis dahin mag sie ihre Henker ehren!
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