VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 22

1. Miscellaneens
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sich von dieser Gesellschaft freizumachen Wir sürchten
für das Burgtheater, daß es leider nicht der Fall sein
wird!
Die ideale Belätigung eines Intendanten
wäre nicht so ohne weiteres ohne Nutzen und Zweck
Eine idesle Belätigrng ihnte gepiß Eutes schaffen:
es wäre demit eine diplomatische Pusferstellung vor¬
handen, die den Direktoren mancherlei abnehmen
könnte, sie mancher Sorge entheben würde; den Direk¬
toren freies Feld für rein künstlerische Arbeit zu schaffen
hätte. Sieht Herr 9. Anbrlun varinseine Tängten,
dann ist er wärmstens zu begrüßen und zu unterstützen;
bleibt er der Geist, der über den Wassern schwebt, wird
er als vornehmer Gleichgewichtshalter wirken, so wird
man seiner Tätigkeit die wärmste Anerkennung zollen
müssen — ober aber darin die Befriedi¬
gung seines Ehrgeizes sieht? Wieder der
bange Zweifel?
Rund herausgesagt: Um etwa in die künstlerische Lei¬
tung der beiden Hofbühnen einzugreifen, fehlt Frei¬
herrn v. Andrian aber auch die leiseste Beru¬
fung und Befähigung. Wir halten eine direk¬
torale Einflußnahme sowohl in der Oper als auch in der
Burg für ausgeschlossen. Wir müssen uns nicht immer
vor aller Welt lächerlich machen! Freiherr v. Andrian
bleibe in schöner, vollendeter Haltung der Enkel Jakob
Meyerbeers, der Dichter der infantilen, zartbeseelten
Geschichte von „Härten der Erkenntnis“, eine ganz gute
Figur für das Bureau der Intendanz, für die beiden
Intendantenlogen! Aber ja nicht mehr! Ein
Mann, der sich naturgemäß jahrelang von Wien fern¬
hielt, der noch ein so feiner Geist und erleferfer Ge¬
schmack sein mag, aber sonst nie das Theater zu spüren
bekam, ist nicht imstande und berufen, plötzlich in die
Werkstätte der heißdampfenden Theaterarbeit hinab¬
Zzusteigen. Ja, hinabzusteigen, im Sinne der Bedeutung
eines Intendanten. Wäre irgendein Prinz, Graf, oder
sagar auch „nur“ ein Freiherr ernannt worden, der je¬
doch nicht dichtet, vor allem aber nicht so bedenkliche
Beziehungen unterhält, wäre man hinsichtlich der Ob¬
gjektivität und Richtung, die nun eingeschlagen werden
wird, nicht so peinlich beunruhigt.
Nun — Freiherr v. Andrian wird sehr bald Ge¬
flegenheit haben, zu beweisen, wie er denkt, fühlt und
handelt. Der neue Direktor des Burgtheaters wird
nun wohl zum großen Teile seinem Einflusse die Be¬
rufung verdanken. Es braucht wohl nicht gesagt zu
werden, daß wir unsererseits und wohl die ganze nicht
iy der jüdischen Clique steckende Kritik und Oeffent¬
lichkeit schärfstens gegen Hofmannsthal¬
Stellung nehmen würden. Das fehlte noch!
Das Burgtheater eine Pflanzstätte der literarischen
Rachitis! Ein Hort der unduldsamsten, hochmütigsten
Armen im Geiste und an Natur! Herr v. Andrian ver¬
wechselt hoffentlich seinen privaten literarischen Ge¬
schmack nicht mit den Forderungen eines National¬
theaters und das muß das Burgtheater — groß und
stark! — wieder werden. Aus dem nämlichen Grunde
würden wir heute energischer als unter
einem anderen Intendanten Thaddäus
Rittner den französisch=slavischen Romantiker
ablehnen! Man betrachte die Hoftheater nicht als Ab¬
lagerungsstätte schöngeistiger Ministerialbeamter! Die
Wege der Dramaturgie gehen nicht durch Ministerial¬
bureaus! Man betrachte schon endlich den Fall Burk¬
bard als ein Elementarereignis und versuche den
Status, namentlich des Unterrichtsministeriums,
durch Hinauslobungen nicht avancementreicher zu
gestalten!
Gerade des Intendanten passive künstlerische Natur,
die als Betrachter und als oberster Genießer ja
Nutzen bringen könnte, entspräche und verlangt als
Direktor eine starke Vitalität, einen Arbeitsmenschen
zür Seite zu haben. Unbedingt verlangen wir aber
nach wie vor einen wirklichen, echten, bodenständigen
Oesterreicher, einen Theatermenschen, nicht einen Ge¬
schmöckler, sondern einen Mann mit kräftigen, unver¬
bildeten Instinkten; wir fordern aber auch einen Di¬
rektor mit wirklicher heimatlich österreichischer Ge¬
finnung, mit Begeisterung für das kaiserliche Haus
und österreichische Kulturideale. Bei aller polilischen
Gesinnungsverschiedenheit zwischen Herrn Bahr und
uns — stehen wir nicht an, beispielsweise in ihm, gar
wenn er noch um etliches jünger wäre, einen öster¬
reichischen Burgtheaterdirestor zu erblicken, aber im
übrigen wende Herr v. Andrian von seinem Kreise
ganz energisch den Blick bei der Suche ab! Ein Mann,
ein Mensch soll unser Buratheater leiten! Kein Geck,
Spekulant, Agitator, Dunkelmann oder Brunnen¬
vergifter. Und natürlich kein noch so verschämter, ver¬
dünnter Jude, denn die Art schlägt doch durch.
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