VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 40

nnhnemnceeeene
wort, aber, „da kann man halt nix machen“, er ist vorsagen sollen. Sicherlich das Repertoire gehört
wirklich der litcharische Pate der neunziger Jahre des schon zu den Kindern, aber es gehört nicht zu ihnen,
daß sie nur zu dem Zwecke vor fremde Leute bemüht
vorigen Jahr#nderts, und auch Felix Salten kommt
werden, um es herzusagen. Pathetik und Welt¬
aus dieser Gegend, die in den besagten neunziger
Jahren so sehr mit Kahlenhergluft vollgepumpt
anschauung, anekdotische Schlankheit und artistische
wurde, daß Generationen daran zu tragen hatten,
Kompression, ein Herumschlendern um einen starken
dieses etwas parfümierte Ozon aufzuatmen. Salten
Sanquinismus, das gibt diesen Einaktern, den
ist sicher robuster als sein Pate, weniger intim we¬
„Kindern der Freude" und Vom anderen User“
niger seidig, weniger in die Untergründe und Hinter¬
Farben, Rhythmus, Ton, Haltung. Der Dialog
gründe, mehr in die Menschen selbst, die seiner Feder
knistert, die Typen springen scharf und lebendig aus
zulaufen, verliebt. Seine Psychologie hat härteren
den Szenen, Lösungen, die alle tragischen Ansätze
Griff, sie offenbart sich rascher, schäumt von der Ober¬
mit einem heiteren und liebenswürdigen Aktschlu߬
fläche mehr glitzerndes Blasenspiel ab als Schnitzlers Kompromiß prellen, machen sie bekömmlich, schmack¬
sanftes Leuchten aus der tiefsten Tiefe heraufholt. haft. Aber die Kraft der Anschauung die ausge¬
Und Saltens Ironie ist die streitbarere, sie bleibt, in schöpfte Gestaltung wird doch erst den Menschen, den
sehr viele weiche Liebenswürdigkeiten gewickelt, mit wahrhaften Menschen seiner Epik zuteil. Seine „Ge¬
dem Peluche heiterer und dämpfender Worte zuge¬
denktafel der Prinzessin Anna“ wird bleiben; die
deckt, noch immer scharf, schneidend, spitz.
Dafür
er Geschichte von der
herbstlich aufglühende Sü
trägt er aber auch keine Stirnlocke, sondern struppig
„Kleinen Veronika“ ist Meisterschaft; und „Der
aufgezwirbeltes Haar. Man dichtet schließlich so, wie
Schrei der Liebe“ hallt frech und jauchzend aus Ur¬
trieben.
man frisiert ist; wenigstens in Wien.
Das Wien, dessen Leute man Phäaken nannte,
Dann ist da noch eines zu beachten: Arthur
gibt sich in Saltens dokumentarischen Büchern „Das!
Schnitzler macht einen großen Vogen um alles, was
österreichische Antlitz“
und „Das Wirtshaus von
Journa#ismus heißt; er faßt die Zeitung mit zwei
Oesterreich“ ein letztes Stelldichein vor dem Sterben.
langstlich gespreizten Fingern an, am liebsten mit
Dieses Wien ist jetzt tot, und seine Geigen sind vom
Handschuhen, und auch dann noch mit der hein##kchen
(Assoziation: Seife!
Himmel gefallen; aber in zwei Büchern die wie zwei
Felix Salten aber faßt den
Museen sind, ist es in Bild und Ton für alle Ewig¬
Journalismus erst gar nicht an, er umarmt ihn; er
ringt dieser Umarmung ab, was sie hergibt; wenn
keit festgehalten von Felix Salten, geboren zu Buda¬
man von den dichterischsten Arbeiten Saltens eine
pest, mit Leib und Seele aber zuständig nach Wien
ldeale Linie zu ihren letzten Ausgangspunkten zöge,
man könnte daran, wie auf der Rutschbahn im vor¬
mals k. k. Prater, sanst, jäh und sehr direkt in die
bunte Ebene des Tagesschrifttums zurückrutschen.
Einal wollte er sich vom Journalismus irgendwie
frei machen, sozusagen das Herumstreichen aufgeben,
sich von den vielen Liebesnächten des journalistischen
Zufalls trennen und ein gottwohlgefälliges, tugend¬
haftes Dichterleben beginnen. Da hat ihm ein k. k.
Hofrat sein Jugendwerk „Der Gemeine“ verboten,
alten ging weiter auf die Straße; die
und
bu
in der die Aktualitäten einen an¬
sprei
u Feuilletons verführen. Er wurde in
der
lötzlichkeit eingestellten Wiener Feuille¬
ton
niste Aktualist.
es brannte, ob
d
in“ Metternich ein frisches Faß Wohl¬
mzapfte, ob weiter oben, wo Wappen und
oldene Vließe glänzten, ein bißchen Staub aufge¬
elt wurde, ob der Kaiser Franz Joseph über die
iahilferstraße nach Schönbrunn fuhr, oder eine
e Kriminalaffäre die Wiener zum Anhalten des
mns verpflichtete — Felix Salten stand schon parat.
Wie ein fleißiger Imker zog er den Honig der Stim¬
mung aus den Waben der Begebnisse; und die
Pointen, denen andere ächzend nachliefen, die dräng¬
ten sich an ihn heran, schmiegten sich sauft und freund¬
lich an ihn. Seine Feuilletons wurden dann immer
das, was man brillant nennt: sie waren ja auch
wirklich wie Brillanten geschliffen, und das Zeitungs¬
blatt trug sie zum Schmuck, so wie man eben aus
luxuriöser Laune und höchst überflüssig Schmuck
trägt, nur um aufzufallen und zu gefallen. Aber
diese Feuilketons wurden doch mehr als Schmuck,
mehr als Schaustück: sie wurden schon in raffinierte
Goldschmiedearbeit gefaßte Juwelen einer kultivierten
Wiener Kleinkunst: Wiener Sehenswürdigkeit, Kah¬
lenberg=Pendant Prater Inkarnation, Donauperle.
Industriöse versuchten Nachahmungen, die sie als
Wiener Exportartikel vertrieben.
Dieser Felix Salten blieb immer leidenschaft¬
licher Journalist, als Tagesschriftsteller war er ehr¬
lich dem Metier ergeben, wie er es in seinen dichte¬
risch ausmündenden Werken nicht immer so ehrlich
war. Er (ein wenig eitel) hatte das Verstehen und
Sichbescheiden mit dem „ruhmlosen Heldentum“ des
in die Menge
einen Tages, der ein Feuilleton
schwemmt um es ein paar Stunden später an dem
Charonhaken der Vergessenheit festrennen zu lassen.
Er läutete nacheinander bei den größten Wiener
Tageszeitungen die literarische Sonntagsglocke im
Feuilleton; immer aber hatte er in rascher Anpas¬
sungsfähigkeit das heraußen was man in Oesterreich
Blattgefühl“ nennt, den Patriotismus des Journa¬
listen. Wenn er ein Burgtheaterreferat schreibt, ist
es mehr journalistisch mehr auf den Willen zur
Pointe auf die Selbstherrlichkeit eines eigengebauter
Lustschlosses von Wort und Spiel mit dem Wort zu¬
geschnitten, als kritisch; und doch weitaus kritischen
als alles professorale Referententum.
Daneben durchaus nicht nebenbei, ist er Novellis
und Dramatiker. Als Novellist sagen wir als Epiker
denn manche Novelle macht sich ökonomisch klug aus
gewertet zum Roman breit, hat er die größere Lieb
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