VII, Verschiedenes 11, 1917–1920, Seite 51

1 Miscellaneens
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remeshe
war, sich aber alte Bebenten snei n
stolzesten. Augenblicken aus dem Tunkel des Glücks in das
strahlende Licht der Offenheit treien wollte. Die Frau ent¬
flieht und überläßt die Leiche ihrem Schicksal. Soweit die
Geschichte, die einmal passierte und in der Welt, die
sich Cottage neni, lebhaft erörtert wurde: denn schließlich
vertät sich die Frau ja doch irgendwie. Diese Welt hat ihren
Dichter und der heißt Arthur Schuiuler. Eine enge Welt
mit ihren auf Geld, gute Gesellschaft, Inzucht der Menschen
und Gedanken eingeschränkten Voraussetzungen; gleichwohl ein
Dichter, just darum, weil er aus den Besonderheiten einer
schmalen Wirklichkeit doch immer die gültige Form einer
lebendigen Wahrheit zu ziehen sucht und sie oft genug findet.
#beiter Zeitung, Wien
6. Februar 1920
Nr 56
Auch aus jener Begebenheit wurde das Kunstwerk einer
kleinen Rovelle.
Dem Schanspiel, das uns derselbe bebauerliche Vorfall
in „Frau Gittas Sühne“ bietet, ist alles Leoen ausgetrieben
Leben im höheren Sinne einer künstlerischen Wahrheit, ja
Leben auch im Sinne der gemeinen Wirklichkeit. Um so gründ¬
licher, je mehr für das eine mühselige Realistik, für
das andere mystische Psychologie aufgebeten wird. Derr
Trebitsch läßt Mann und Frau im Absteigquartier — hör
es, vornehmes Cottage! — zusammenkommen, und hier
führt den schuldigen Ehebrecher der Schlag. Sehr, sehr
peinlich für die Frau, für die Famille, fürs Kottage:
die Welt immerhin hat andere Sorgen, andere Sorgen auch
gerabe in den Problemen der geschlechtlichen Beziehung. Dex
Boden, dem diese eine Voraussetzung entwachsen ist.
durchaus echt, wie ja schon der Rame „Gitta“ echtestes-Cottage
ist; aber darauf allein bleibt selbst die Wirklichkeit,
Wahrheit des Stückes beschränkt. Frau Gitta muß ihre Feigheit
sühnen; gut. Aber wie, das ist so erklügelt, so über= und du chi¬
einandermotiviert, daß alle die vielen guten Absichten des Ver¬
fassers, die man ohneweiters anerkennen muß, sein qualvollet
Mühen um Problemne, die nur deshalb sind, weil er sie aus¬
heckt, und nur so lange, wie er sie braucht, ihn nur um so weiter
und um so gewisser von dem Ziel der dramatischen Kunst
entfernen. Menschlichkeit wird hier nicht zu künstlerischer Wahr¬
heit erhöht, ja aus der Wirklichkeit wird nicht einmal Theater,
sondern ein Gedachtes, Gespinst und Gespenst zugleich, wlse
Kern, ohne Leben, ohne Blut. Eine Gestalt möchte ich gern
ausnehmen. Das ist die der Tochter des Toten, die ohne
Schwanken eine inbrünstige Liebe der noch unbekarnten
Geliebten des Vaters entgegenträgt; die Frau, die er gelebt.
muß dieser Liebe durchaus würdig gewesen sein. Dies ist eine
wahrhaft poetische Idee, und Herr Trebitsch mag stolz darauf
sein, daß ihm diese Idee sichtbar wurde. Doch wie er dieses
Licht nützt, verdient wahrhaftig weit meniger Lob. Die tragische
Wendung, daß ja gerade die Liebe des Kindes die Erbärmlich¬
keit jener Todesstunde der Frau als Schuld auf die Seele
wälzt, wird zu einer theatralisch zwar nicht unwirksamen.
menschlich und künstlerisch doch ganz unmöglichen
Rührszene verfälscht. Nicht zuletzt darum, weil auch diese Gestalt
Objekt einer psychologisierenden Methode wird, die zuerst jede
Psyche, das heißt Seele austreibt, dann den toten Körper wit
Seelenfleckchen aus Theorien und fremden Dichtungen wieder
in Gang setzen will. Hier wie in anderen Gestalten, ja sogar
in der äußeren Handlung; aber zusammengekehrte Schlack,
heizt keinen Ofen.
So muß auch Herr Paulsen als betrogener Ehegatte
einen Zürgen Tesman spielen, der keiner ist; sogar die Geschichte mit
dem einzigen Mannskript spukt hier herum. Doch Herr Paulsen spielt
diese vertrackte Figur ganz ausgezeichnet. Wie denn überhaupt
die sozusagen unbedeutenden Nebenmenschen in der Darstellung.
im Grunde wohl schon in der Dichtung selber, am besten weg¬
kommen. Frau Mayer verleiht der betrogenen, ja sich ent¬
ehrt fühlenden Gattin die Weihe wahrer Menschlichleit. In der
Mitte steht Fräulein Mayen als Tochter. Sie hat sehr schöne
Augenblicke; Unmögliches in Möglichkeit zu ver wandeln ist ihr
nicht gegeben. Die Sünder erden von Frau Marberg
und Deren Trebler gespielt, vorzülglich heste bürgerlahe
Gesellschaft. Der junge Reimers hat das Pech in diesem
B. R
Stück Doltor Feßler zu heißen.