VII, Verschiedenes 11, 1920–1926, Seite 20




Dichtungen Trostes, weiche als Anlagewerte gegen Gassenen gegen denen ge¬
bald erscheint Rochard¬
sten Tanten. Und wirklich
hätte es wohl noch weit
die Cavallini, diesen
Westkulturen entstanden, fanden in Japan lebhafte Verbreitung
Geliebte. Er beschwört
malige
Gegend, wo sich heute der
sofortige Abreise
Sie bereiteten den Weg für Gerhart Hauptmann, dessen sozial¬
ihre
zu ernsten Abenteuer durch
ausdehnt, wo ungezählte Rauchfänge
Dramen gleichzeitig mit den Schöpfungen Ibsens an allen Theatern
in Ende zu machen. Sie verspricht es, schon gebrochen durch den
abends ein gewaltiges Lied der Mens¬
gedanken an die Trennung. Armstrong stürmt herein. Da er die
Japans zur Aufführung gelangten.
war um das Jahr 1830 noch unend
avallini als seine Braut betrachtet — bittet er Rochard ihn
Und das eine bleibt bemerkenswert: als Japan in künst¬
die Felder und Wiesen. Von der Spi
ne Weile mit der Freundin allein zu lassen. Ein Liebes=Du¬
lerischer Beziehung seine Ansichten änderte, waren es hauptsächlich
germanische Dichter, die den größten Einfluß auf die neue einen herrlichen Rundblick, denn kein
gt, märchenhaft geführt und gesteigert. Der junge Pastor versuch
emporsprießende japanische Literatur ausübten und wahllos gebäude störte die Fernsicht. Wenn
r Cavallini ihr Ja=Wort zu entreißen. Aber dem seliger
klaren Abend Auslug hielt, dann sah
lauben des Jünglings — daß er nur die Frau, die seiner
Neben den bereits Erwähnten, den
nachgeahmt wurden.
Lichtschein, der von einer hohen, höl¬
dert ist, heimführen wird, kann sie nicht in Lüge gegenüberstehen. Nordländer
dem Deutschen Gerhart Hauptmann
Ibsen,
ausging. Dort
alten Landgut"
und mit der heroischen Geste einer Verzweifelten, die sich der
begegneten auch die englischen Romane der Tagesmode einen
Kaffeesieder Leander Prasch das
gelischen Tod gibt — bricht das Geständnis ihres Lebens ver
uns geradezu unglaublichen Interesse. Auch sie dienten unzählige
gestellt und mit zahllosen, b
erend hervor. Armstrong blickt stumm, betäubt, vernichtet, de
Male als Vorbilder, stets neu ausgeschrieben, wurden sie ger¬
Dieser Leander Prasch war überha¬
frau nach, die er für immer verloren.
nen gelesen. Wenig Erfolg dagegen war der französischen Literatur
beschieden. Während die germanischen Literaturen selbständig von Der bekannte altwienerische Dialek
Der dritte Akt spielt im Palacehotel. Im Zimmer der
den Japanern ausgerissen wurde, was es bei den Franzosen ein Großonkel von mir, dürfte ihn
avallini, die von der begeisterten Menge nach ihrer Abschieds
nicht der Fall. Erst nach dem Weltkrieg, seit Paul Claudel, der er hat oft von jenem erfindungsreich
rstellung akklamiert wird. Eine Auskleideszene, während der di
und wann im Sommer machten an¬
avallini mit echt italienischem Temperament ihre geliebte
berühmte französische Dichter, als Gesandter der gallischen Republi
am Hofe der kaiserlichen Majestät in Japan weilte, ändern sich Beamtenleut einmal einen Aussi
Duenna beinahe durchprügelt, bringt eine heitere Note in das
dem alten Landgut. Einst ward
istere Gemälde. Endlich bleibt sie allein. Und während si¬
die Verhältnisse. Frankreich, besorgt, als ideeller Einflußfaktor in
Ziegelei und die Gegend hieß
r einem kleinen Hausaltar vor ihrem Gott die Kraft der
Japan gänzlich auszuscheiden, griff in letzter Stunde zu einen
Einmal machte auch Leander Pra¬
Trennung erfleht, schleicht Armstrong herein. Von Fieber geschüttelt
kühnen Plan. Die Franzosen gründeten selber unter der zielsicheren
von Schnee bedeckt. Er ist die ganze Nacht herumgeirrt. Er hat Zeitung Paul Clandels einen Verlag in Japan, ausschließlich zu und besah sich das zum B.
dem Zweck, französische Autoren dem japanischen Publikum in Es war ein weitausgedehntes,
dlich zu sich selbst gefunden. Er — dessen Aufgabe es ist
Räume. Große Säle. Aber alles war
Franken zu helfen —, wie (so klagt er sich an) konnte er die
guten Uebersetzungen zu vermitteln.
Garten rauschten die mächtigen Lind
beliebte von sich stoßen? Gerade, da sie sich doch durch ihre
Ob dieses Bestreben von Erfolg begleitet sein wird, steh
haftes Lied; ganze Scharen von Vög
Beichte entfühnt hatte? Nein! Er kommt, um ihr sein Leben
dahin. Bisher blieben als die letzten großen europäischen Vorbilder
wildwucherndem Rosengebüsch und
zu weihen. Er entsagt dem Seelensorgertum. Und ein neue
für Japan doch wieder Vertreter der germanischen Literaturen
länzende Schmetterlinge. Kein Uhr
Dasein soll in Demut beide Sünder vereinen.
nämlich Wedelind, Strindberg und — Artur Schnitzler. Schnitzler
diese Stille. Weithin ragten die Fel
Doch die arme, große Künstlerin hat ein Gelübde geleistet
gilt von den dreien als der populärte. Er soll, nach Angaben
Und wenn man auf dem erhöhten
Daß sie ihr früheres Leben durch das Opfer ihrer Liebe ent¬
verlässiger Zeugen, geradezu wie ein heimischer Dichter gefühl
dann sah man die ganze Stadt liegt
ihnen wolle. Der junge Pastor wird seinen Weg der Pflich
werden. Viel zu seiner Bekanntheit mag wohl die unermüdlich
ah die weißen Häuser blinken und
wiederfinden. Die Liebenden sagen sich ein letzes Lebewohl.
Dolmetscharbeit seines ehemaligen Studienkollegen Rustaco Mir
sich schließen zu einem blauen Kranz
Wieder hebt sich der Vorhang. Und am Kaminfeuer sitzt — der
beigetragen haben, der bis zu seinem Tode im Herbst 1922 selbst
„Herrgott. Da is über schön!
- seinem Enkel gegenüber.
te Bischof
los sich der Propagierung Schnitzlers widmete. Dazu kam noch
sich hin. Aber er war kein Mann
Man sieht; eine sentimentale Angelegenheit. Sie ist abe
daß die von Rustaco Mori in Japanische umgedichteten Werk¬
Naturmensch. Kurz darauf kaufte er
it so viel echtem Humor, Herzenstalt und dramatischer Ver¬
Schnitzlers den japanischen Lesern selber nicht fremd vorkamen
auszugestalten. Fabelhaft war seine
daß man sich gern diesem guten Theater gefangen
behandelt,
Die süßen Wiener Mädels des letzten Jahrzehnts de¬
schen den einfachen Wienern von
gibt. Was dem Stück seinen eigentlichen Wert verleiht, ist die
XIX Jahrhunderts, die ganze absterbende Wiener sentimentale
Eiste halbrunde, offene Säulenhalle
Rolle der Cavallina. Eine der wirkungsvollsten Frauenrollen
ein bißchen weinerliche Kultur, die in seinen Dramen un
nannte man „Zur schönen Aussicht
Die Soria hat auch damit einen sensationellen Erfol¬
Novellen festgehalten zu haben, ja Schnitzlers unvergängliche
saßen gern dahier und tranken ein
rungen.
Verdienst beinhaltet, klangen leise an die Traurigkeit des asiatische
prachtvollen Kaffees, welchen
Rückkehr zum romantischen Theater aus der Epoche
Buddhismus an und schufen Brücken zwischen den Hängen Wien
nicht erreichte Weise brauen
Kameliendame". Auch das Publikum hat diese „Romanze
und den blühenden Gärten Japans, von denen die Wiener gewiß hat und das süße „Geschlagen
Annodazumal liebgewonnen
keine Ahnung hatten.
Aus den Tiefen des Gartens
Von Wedelinds sexualpsychologischer Einstellung und Strind
Da ummelte sich „das Volk". P.
bergs immer erneuten Erörterung des Mann=Weib=Problem¬
lassen und eine Kegelbahn gebaut
Japanische Literaturprobleme,
führte der Weg zum Expressionismus. Allerdings bei dieser,
zum „größten Kaffeehaus der Welt
Von
in jeder Beziehung völlig subjektivistischen Kunst versagte bald ihr
die Klassenunterschiede sich ein weni¬
Fähigkeit des Mitkommenkönnen. Was uns Europäern selben
vorgekommen sein, daß sich im Si¬
Dr. Erwin Stranik.
vielfach verschlossene Pforte blieb, blieb es den Japanern in noch
ausspielten, auch hie und da ein zu
Asiatische Kunst, wie sie sich in den Schöpfungen China
erhöhtem Maße. Ja, es bestand sogar bereits nicht mehr
ein Ratstöchterlein heranwagte. Ne¬
und Japans bisher verkörperte, trug stets den Ausdruck der
unbedingte Verlangen, in diese neueste Kunstrichtung Europas
Nebenräume, die nicht alle gar so
Beruhigtheit an sich. Die zarte Stimmungsmalerei, das Ein
„verzog sich manchesmal ein Paar
fangen des flüchtigsten, verhauchendsten Eindruckes, die reine vertiefen zu müssen. Der Weltkrieg hatte die Japaner das
leicht über den Boden; ein blauer
Impression" ward ja schon seit langem als Resultat der Ge¬ gebracht, sich wieder auf sich selber energischer zu besinnen.
Wunsch, eine dem japanischen Wesen, wenn auch der modernen
mit einem weißen Spitzensicht. Le
sättigtheit, der hohen Kultur erkannt. Die reiche Melodie der
Zeit gemäße, aber doch nationale Literatur zu schaffen, breitete sich
herüber, in den tiefen Fensternischen
Impressionistischen Schöpfungen barg immer wieder fesselnd
rasch aus.
„Lustig, lustig, Kinder! Man
Schönheiten in sich, jedoch auch die Gefahr, in dem erreichten
sagte Papa Prasch schmunzelnd in
Und sonderbar, die neueste, nun wieder dem Heimatliche
Aesthetizismus zu erstarren, die bewegliche Lebendigkeit ertöten
dachte er schon wieder an eine neue
sich verbunden fühlende Literatur wird nach der scheinbar wahl
um einer pagodenhaften Ruhe willen. China verlor sein Leben
der Jugend gehört bestimmt eben
losen, rastlos nur auf raschestes Erraffen und Ausbeuten gerichteter
ein „reiches, buntes, künstlerisches Wesen" — so schrieb ich
alles andere. Denn er kannte sein
bereits einmal — „verging. Die Vergangenheit empfanden Entlehnperiode bei den europäischen Literaturen, wieder beruhigt
schenkte den
konservativ, ästhetisch. Insular — trotz des Einzuges der draht
was Neues
schließlich auch die Chinesen selber, die, einst schöpferische Künstler
Karneval mit nie dagewesenen
losen Telephonie und des Luftschiffes.
heute fast ausschließlich Wissenschaftler geworden sind. Das Alt¬
Und nun hören wir auch bereits von zwei modernen japani- leuchtung". Er brachte einen „Ro¬
reu zu bewahren, stets neu zu deuten, neue Philosophien daran
schen Dichtern, einem Mann und einem Mädchen, deren wesent¬ Nacht
zu knüpfen, das wurde ihnen Zweck und Erfüllung des heutigen
Weithin klangen die süßen,
liche Bedeutung nach dem, was bisher an Proben ihrer Kunst un
Daseins.
Wiesenland, das sich ringsum brei
Aehnlich erging es den Japanern, ehe sie mit den Europäern vermittelt wurde, wieder die soeben besprochene Einstellung an
die Aesthetik der Beruhigtheit erweise. Minako und Tomon noch schöner als im Fasching. „
in nähere Beziehung traten. Immer schon schwach am Schaffen oder
allen Sterndern die Engerln munizi¬
Festhalten einer Grundidee, hatten mit der Zeit ihre Dichter völlig Wadacki nennen sich die Geschwister, Mitako, aus den mittlere
Wiener ins seine Ohr.
Die Erfassung starken realen Geschehens verloren. Stimmungs=Teilen Japans stammend, ganz ihrer Heimat verwurzelt
Aber es hat alles seine Zeit.
ein körperlich mißgebildetes Geschöpf, aber von unendlich
malerei beherrschte sie beinahe ausschließlich, buddhistische Ideen
sein Ende. In Alt=Wien war's nie
zarter Feinfühligkeit. Sehnsucht ist ihr stets wiederkehrendes Motiv
die in ihre religiösen und künstlerischen Ansichten eindrangen, der
Nichteten bloß ihr Phlegma, ließen die Nichtigkeit alles irdischen und Resignation die stets wiederkehrende Schlußpointe. Akiko Man schwärmte eine Weile heftig
Daseins immer wieder aufleuchten, und alle Abhandlungen und Kosano, Japans gefeiertste geistige Führerin, selber auch der man's gewohnt und schließlich ver¬