OBSERVER OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
No. 16014 No. 16014
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
A. ALLOLMEINI ZEI A. ALLOLMEINI ZEI
23. 2T. 1931 23. 2T. 1931
vom: vom:
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
und die Zukunft und die Zukunft
Wien, 22. Oktober Wien, 22. Oktober
Vielleicht wird man jetzt entdecken, wie Vielleicht wird man jetzt entdecken, wie
weit uns Arthur Schnitzler, wie weit er weit uns Arthur Schnitzler, wie weit er
seiner ganzen Zeit voraus war. Dem allge seiner ganzen Zeit voraus war. Dem allge
meinen, nicht nur literarischen Vorurteil meinen, nicht nur literarischen Vorurteil
nach, stellte er noch lebend nur mehr einen nach, stellte er noch lebend nur mehr einen
Vergangenheitswert dar, eine erlesene, aber Vergangenheitswert dar, eine erlesene, aber
morbide Köstlichkeit jenes Geistes, der dem morbide Köstlichkeit jenes Geistes, der dem
jetzt langsam untergehenden Wien Mode jetzt langsam untergehenden Wien Mode
und Schlagwort war. Auch dies hat natür¬ und Schlagwort war. Auch dies hat natür¬
lich seine Richtigkeit. Es hat seine Richtig¬ lich seine Richtigkeit. Es hat seine Richtig¬
keit, daß Arthur Schnitzler die leichtfertig keit, daß Arthur Schnitzler die leichtfertig
aslancholische Erotik jener Tage wie kein aslancholische Erotik jener Tage wie kein
anderer besungen, und daß er die kokette anderer besungen, und daß er die kokette
Selbstironie und die lebensmüde Lebens¬ Selbstironie und die lebensmüde Lebens¬
kunst jener Gesellschaft wie kein anderer kunst jener Gesellschaft wie kein anderer
durchschaut hat. durchschaut hat.
Dennoch stimmt das nicht ganz, wie ja Dennoch stimmt das nicht ganz, wie ja
auch die lebenslängliche Etikette des auch die lebenslängliche Etikette des
„Juden“ Schnitzler niemals ganz stimmte. „Juden“ Schnitzler niemals ganz stimmte.
Arthur Schnitzlers jüdisches Blut hat ihn Arthur Schnitzlers jüdisches Blut hat ihn
nicht gehindert, der kultivierteste Oester¬ nicht gehindert, der kultivierteste Oester¬
reicher, der beste, weil leidenschaftlichste reicher, der beste, weil leidenschaftlichste
Wiener und ein führender und vollendeter Wiener und ein führender und vollendeter
Typ des deutschen Geistes zu werden Typ des deutschen Geistes zu werden
Gerhart Hauptmann war es, der seine Gerhart Hauptmann war es, der seine
Grazie eine deutsche Grazie nannte und Grazie eine deutsche Grazie nannte und
wer etwa nach hundert Jahren nach der wer etwa nach hundert Jahren nach der
besonderen Wiener Atmosphäre der Vor¬ besonderen Wiener Atmosphäre der Vor¬
kriegszeit suchen wollte, er wird sie viel kriegszeit suchen wollte, er wird sie viel
leicht nur in den anmutig tragischen Liebes¬ leicht nur in den anmutig tragischen Liebes¬
dramen Schnitzlers finden. Man wird aber dramen Schnitzlers finden. Man wird aber
zu jener Zeit dann auch feststellen, daß zu jener Zeit dann auch feststellen, daß
Schnitzler ganz und gar nicht, wie er oft Schnitzler ganz und gar nicht, wie er oft
zu hören bekam, nur das Bürgertum dieser zu hören bekam, nur das Bürgertum dieser
Zeit, nur dessen liebenswürdig überlebte Zeit, nur dessen liebenswürdig überlebte
Erotik und selbstgefällig willensschwachen Erotik und selbstgefällig willensschwachen
Lebensstil geschildert hat. Lebensstil geschildert hat.
Das stimmt nämlich wieder nicht. Wer Das stimmt nämlich wieder nicht. Wer
sich genau erinnert, erinnert sich auch an sich genau erinnert, erinnert sich auch an
Leutnant Gustls damals so gefährliche Leutnant Gustls damals so gefährliche
Worte: „Warum bin ich Offizier geworden Worte: „Warum bin ich Offizier geworden
... weil man mich aus dem Gymnasium ... weil man mich aus dem Gymnasium
hinausgeschmissen hat." Hier und etwa noch hinausgeschmissen hat." Hier und etwa noch
im „Freiwild“ oder im „Gemeinen“ blitzt im „Freiwild“ oder im „Gemeinen“ blitzt
ein souveräner und zugleich sehr sachlicher ein souveräner und zugleich sehr sachlicher
Hohn auf, vor dem sich das üppigste Hohn auf, vor dem sich das üppigste
Pathos sämtlicher nachfahrenden Pazifisten Pathos sämtlicher nachfahrenden Pazifisten
verkriechen kann. Dieser Antimilitarist verkriechen kann. Dieser Antimilitarist
Schnitzler war der Welt um drei Jahr¬ Schnitzler war der Welt um drei Jahr¬
zehnte voraus und er hat auch die höchste zehnte voraus und er hat auch die höchste
Auszeichnung empfangen, die sich ein Auszeichnung empfangen, die sich ein
Kriegsgegner damals wünschen konnte, er Kriegsgegner damals wünschen konnte, er
wurde seines Reserveoffiziersranges ver¬ wurde seines Reserveoffiziersranges ver¬
lustia erklärt. lustia erklärt.
Aber auch der Erotiker Schnitzler ist Aber auch der Erotiker Schnitzler ist
keineswegs nur der schwärmerische Causeur keineswegs nur der schwärmerische Causeur
gewesen, als den man ihn ins Bürgerhaus gewesen, als den man ihn ins Bürgerhaus
schmuggelte. Es klingt heute grotesk und schmuggelte. Es klingt heute grotesk und
dennoch ist es Geschichte. Geschichte des dennoch ist es Geschichte. Geschichte des
Geistes und der Kultur, daß Arthur Schnitz¬ Geistes und der Kultur, daß Arthur Schnitz¬
ker die illegitime Liebe sozusagen gesell¬ ker die illegitime Liebe sozusagen gesell¬
schaftsfähig gemacht, daß er sie, und hier :st schaftsfähig gemacht, daß er sie, und hier :st
ja das Wort wirklich zuständig, eingebür¬ ja das Wort wirklich zuständig, eingebür¬
gert hat, eine Revolution der Sexualmoral, gert hat, eine Revolution der Sexualmoral,
die man sich heute kaum vorstellen kann. die man sich heute kaum vorstellen kann.
Ohne Schnitzler hätte es keinen Wedekind Ohne Schnitzler hätte es keinen Wedekind
gegeben, ja Schnitzler selbst greift über die¬ gegeben, ja Schnitzler selbst greift über die¬
sen manchmal und wiederum blitzartig weit sen manchmal und wiederum blitzartig weit
hinaus bis in die Gefilde der neuesten hinaus bis in die Gefilde der neuesten
Sachlichkeit. Er tut das namentlich dort, wo Sachlichkeit. Er tut das namentlich dort, wo
er wie im „Reigen“ die intimsten und dar¬ er wie im „Reigen“ die intimsten und dar¬
um oft ergreifendsten Wahrheiten gewagt um oft ergreifendsten Wahrheiten gewagt
hat, die freilich von der verblüfften Mitwelt hat, die freilich von der verblüfften Mitwelt
sofort als Pornographie verleumdet wur¬ sofort als Pornographie verleumdet wur¬
den. den.
Auch mit dem Bürgerdichter stimmt es Auch mit dem Bürgerdichter stimmt es
nicht. Arthur Schnitzler hat nicht nur Dir¬ nicht. Arthur Schnitzler hat nicht nur Dir¬
nen und Soldaten schärfer, lebendiger, über¬ nen und Soldaten schärfer, lebendiger, über¬
zeugender geschildert als irgend ein be¬ zeugender geschildert als irgend ein be¬
rufener Volksdichter, er hat, als er jenes rufener Volksdichter, er hat, als er jenes
„süße" Mädchen aus dem Volke schuf, die „süße" Mädchen aus dem Volke schuf, die
sanfte liebesselige Christine etwa, sich mit sanfte liebesselige Christine etwa, sich mit
einem Glanz und einer Wehmut ohne¬ einem Glanz und einer Wehmut ohne¬
gleichen zu der großen Demokratie des Her¬ gleichen zu der großen Demokratie des Her¬
zens bekannt. zens bekannt.
Arthur Schnitzler ist auch einer der Arthur Schnitzler ist auch einer der
„verbotensten“, österreichischen Dichter ge¬ „verbotensten“, österreichischen Dichter ge¬
wesen. Immer wieder erregte er Anstoß, wesen. Immer wieder erregte er Anstoß,
Zensurbedenken, ja sogar öffentliche Ma߬ Zensurbedenken, ja sogar öffentliche Ma߬
regelung. Immer wieder bewies sein Werk, regelung. Immer wieder bewies sein Werk,
daß es sich ihm in jedem einzelnen dieser daß es sich ihm in jedem einzelnen dieser
Fälle nur um reine Menschlichkeit und nur Fälle nur um reine Menschlichkeit und nur
um deren höchste und freieste Moral gehan¬ um deren höchste und freieste Moral gehan¬
delt hat. Vielleicht wird man erst wirklich delt hat. Vielleicht wird man erst wirklich
viel, viel später diesen „Tendenzdichter" viel, viel später diesen „Tendenzdichter"
Arthur Schnitzler erkennen, wie man auch Arthur Schnitzler erkennen, wie man auch
erst lange nach Friedrich Schillers Tod die erst lange nach Friedrich Schillers Tod die
sittliche und politische Sprengkraft etwa sittliche und politische Sprengkraft etwa
seiner „Kabale und Liebe“ erkannt hat. seiner „Kabale und Liebe“ erkannt hat.
Arthur Schnitzler, der angeblich zeit¬ Arthur Schnitzler, der angeblich zeit¬
lebens Weltabge lebens Weltabge
Konventionen, Konventionen,
grandseigneurale grandseigneurale
dem Uniformwal dem Uniformwal
Sexualheuchelei, Sexualheuchelei,
leicht dünkte sich leicht dünkte sich
schreiben mußte, schreiben mußte,
diese Ketzereien diese Ketzereien
Gesellschaft ist d Gesellschaft ist d
sind geblieben. sind geblieben.
über den Tod des über den Tod des
zeichen auf einen zeichen auf einen
gewissen und vo gewissen und vo
gangenheit bedro gangenheit bedro
samer Weg, wie samer Weg, wie
Dichter und V. Dichter und V.
Schnitzler seinerz Schnitzler seinerz
Aber wie ges Aber wie ges
Weg um ein gew Weg um ein gew
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
No. 16014 No. 16014
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
A. ALLOLMEINI ZEI A. ALLOLMEINI ZEI
23. 2T. 1931 23. 2T. 1931
vom: vom:
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
und die Zukunft und die Zukunft
Wien, 22. Oktober Wien, 22. Oktober
Vielleicht wird man jetzt entdecken, wie Vielleicht wird man jetzt entdecken, wie
weit uns Arthur Schnitzler, wie weit er weit uns Arthur Schnitzler, wie weit er
seiner ganzen Zeit voraus war. Dem allge seiner ganzen Zeit voraus war. Dem allge
meinen, nicht nur literarischen Vorurteil meinen, nicht nur literarischen Vorurteil
nach, stellte er noch lebend nur mehr einen nach, stellte er noch lebend nur mehr einen
Vergangenheitswert dar, eine erlesene, aber Vergangenheitswert dar, eine erlesene, aber
morbide Köstlichkeit jenes Geistes, der dem morbide Köstlichkeit jenes Geistes, der dem
jetzt langsam untergehenden Wien Mode jetzt langsam untergehenden Wien Mode
und Schlagwort war. Auch dies hat natür¬ und Schlagwort war. Auch dies hat natür¬
lich seine Richtigkeit. Es hat seine Richtig¬ lich seine Richtigkeit. Es hat seine Richtig¬
keit, daß Arthur Schnitzler die leichtfertig keit, daß Arthur Schnitzler die leichtfertig
aslancholische Erotik jener Tage wie kein aslancholische Erotik jener Tage wie kein
anderer besungen, und daß er die kokette anderer besungen, und daß er die kokette
Selbstironie und die lebensmüde Lebens¬ Selbstironie und die lebensmüde Lebens¬
kunst jener Gesellschaft wie kein anderer kunst jener Gesellschaft wie kein anderer
durchschaut hat. durchschaut hat.
Dennoch stimmt das nicht ganz, wie ja Dennoch stimmt das nicht ganz, wie ja
auch die lebenslängliche Etikette des auch die lebenslängliche Etikette des
„Juden“ Schnitzler niemals ganz stimmte. „Juden“ Schnitzler niemals ganz stimmte.
Arthur Schnitzlers jüdisches Blut hat ihn Arthur Schnitzlers jüdisches Blut hat ihn
nicht gehindert, der kultivierteste Oester¬ nicht gehindert, der kultivierteste Oester¬
reicher, der beste, weil leidenschaftlichste reicher, der beste, weil leidenschaftlichste
Wiener und ein führender und vollendeter Wiener und ein führender und vollendeter
Typ des deutschen Geistes zu werden Typ des deutschen Geistes zu werden
Gerhart Hauptmann war es, der seine Gerhart Hauptmann war es, der seine
Grazie eine deutsche Grazie nannte und Grazie eine deutsche Grazie nannte und
wer etwa nach hundert Jahren nach der wer etwa nach hundert Jahren nach der
besonderen Wiener Atmosphäre der Vor¬ besonderen Wiener Atmosphäre der Vor¬
kriegszeit suchen wollte, er wird sie viel kriegszeit suchen wollte, er wird sie viel
leicht nur in den anmutig tragischen Liebes¬ leicht nur in den anmutig tragischen Liebes¬
dramen Schnitzlers finden. Man wird aber dramen Schnitzlers finden. Man wird aber
zu jener Zeit dann auch feststellen, daß zu jener Zeit dann auch feststellen, daß
Schnitzler ganz und gar nicht, wie er oft Schnitzler ganz und gar nicht, wie er oft
zu hören bekam, nur das Bürgertum dieser zu hören bekam, nur das Bürgertum dieser
Zeit, nur dessen liebenswürdig überlebte Zeit, nur dessen liebenswürdig überlebte
Erotik und selbstgefällig willensschwachen Erotik und selbstgefällig willensschwachen
Lebensstil geschildert hat. Lebensstil geschildert hat.
Das stimmt nämlich wieder nicht. Wer Das stimmt nämlich wieder nicht. Wer
sich genau erinnert, erinnert sich auch an sich genau erinnert, erinnert sich auch an
Leutnant Gustls damals so gefährliche Leutnant Gustls damals so gefährliche
Worte: „Warum bin ich Offizier geworden Worte: „Warum bin ich Offizier geworden
... weil man mich aus dem Gymnasium ... weil man mich aus dem Gymnasium
hinausgeschmissen hat." Hier und etwa noch hinausgeschmissen hat." Hier und etwa noch
im „Freiwild“ oder im „Gemeinen“ blitzt im „Freiwild“ oder im „Gemeinen“ blitzt
ein souveräner und zugleich sehr sachlicher ein souveräner und zugleich sehr sachlicher
Hohn auf, vor dem sich das üppigste Hohn auf, vor dem sich das üppigste
Pathos sämtlicher nachfahrenden Pazifisten Pathos sämtlicher nachfahrenden Pazifisten
verkriechen kann. Dieser Antimilitarist verkriechen kann. Dieser Antimilitarist
Schnitzler war der Welt um drei Jahr¬ Schnitzler war der Welt um drei Jahr¬
zehnte voraus und er hat auch die höchste zehnte voraus und er hat auch die höchste
Auszeichnung empfangen, die sich ein Auszeichnung empfangen, die sich ein
Kriegsgegner damals wünschen konnte, er Kriegsgegner damals wünschen konnte, er
wurde seines Reserveoffiziersranges ver¬ wurde seines Reserveoffiziersranges ver¬
lustia erklärt. lustia erklärt.
Aber auch der Erotiker Schnitzler ist Aber auch der Erotiker Schnitzler ist
keineswegs nur der schwärmerische Causeur keineswegs nur der schwärmerische Causeur
gewesen, als den man ihn ins Bürgerhaus gewesen, als den man ihn ins Bürgerhaus
schmuggelte. Es klingt heute grotesk und schmuggelte. Es klingt heute grotesk und
dennoch ist es Geschichte. Geschichte des dennoch ist es Geschichte. Geschichte des
Geistes und der Kultur, daß Arthur Schnitz¬ Geistes und der Kultur, daß Arthur Schnitz¬
ker die illegitime Liebe sozusagen gesell¬ ker die illegitime Liebe sozusagen gesell¬
schaftsfähig gemacht, daß er sie, und hier :st schaftsfähig gemacht, daß er sie, und hier :st
ja das Wort wirklich zuständig, eingebür¬ ja das Wort wirklich zuständig, eingebür¬
gert hat, eine Revolution der Sexualmoral, gert hat, eine Revolution der Sexualmoral,
die man sich heute kaum vorstellen kann. die man sich heute kaum vorstellen kann.
Ohne Schnitzler hätte es keinen Wedekind Ohne Schnitzler hätte es keinen Wedekind
gegeben, ja Schnitzler selbst greift über die¬ gegeben, ja Schnitzler selbst greift über die¬
sen manchmal und wiederum blitzartig weit sen manchmal und wiederum blitzartig weit
hinaus bis in die Gefilde der neuesten hinaus bis in die Gefilde der neuesten
Sachlichkeit. Er tut das namentlich dort, wo Sachlichkeit. Er tut das namentlich dort, wo
er wie im „Reigen“ die intimsten und dar¬ er wie im „Reigen“ die intimsten und dar¬
um oft ergreifendsten Wahrheiten gewagt um oft ergreifendsten Wahrheiten gewagt
hat, die freilich von der verblüfften Mitwelt hat, die freilich von der verblüfften Mitwelt
sofort als Pornographie verleumdet wur¬ sofort als Pornographie verleumdet wur¬
den. den.
Auch mit dem Bürgerdichter stimmt es Auch mit dem Bürgerdichter stimmt es
nicht. Arthur Schnitzler hat nicht nur Dir¬ nicht. Arthur Schnitzler hat nicht nur Dir¬
nen und Soldaten schärfer, lebendiger, über¬ nen und Soldaten schärfer, lebendiger, über¬
zeugender geschildert als irgend ein be¬ zeugender geschildert als irgend ein be¬
rufener Volksdichter, er hat, als er jenes rufener Volksdichter, er hat, als er jenes
„süße" Mädchen aus dem Volke schuf, die „süße" Mädchen aus dem Volke schuf, die
sanfte liebesselige Christine etwa, sich mit sanfte liebesselige Christine etwa, sich mit
einem Glanz und einer Wehmut ohne¬ einem Glanz und einer Wehmut ohne¬
gleichen zu der großen Demokratie des Her¬ gleichen zu der großen Demokratie des Her¬
zens bekannt. zens bekannt.
Arthur Schnitzler ist auch einer der Arthur Schnitzler ist auch einer der
„verbotensten“, österreichischen Dichter ge¬ „verbotensten“, österreichischen Dichter ge¬
wesen. Immer wieder erregte er Anstoß, wesen. Immer wieder erregte er Anstoß,
Zensurbedenken, ja sogar öffentliche Ma߬ Zensurbedenken, ja sogar öffentliche Ma߬
regelung. Immer wieder bewies sein Werk, regelung. Immer wieder bewies sein Werk,
daß es sich ihm in jedem einzelnen dieser daß es sich ihm in jedem einzelnen dieser
Fälle nur um reine Menschlichkeit und nur Fälle nur um reine Menschlichkeit und nur
um deren höchste und freieste Moral gehan¬ um deren höchste und freieste Moral gehan¬
delt hat. Vielleicht wird man erst wirklich delt hat. Vielleicht wird man erst wirklich
viel, viel später diesen „Tendenzdichter" viel, viel später diesen „Tendenzdichter"
Arthur Schnitzler erkennen, wie man auch Arthur Schnitzler erkennen, wie man auch
erst lange nach Friedrich Schillers Tod die erst lange nach Friedrich Schillers Tod die
sittliche und politische Sprengkraft etwa sittliche und politische Sprengkraft etwa
seiner „Kabale und Liebe“ erkannt hat. seiner „Kabale und Liebe“ erkannt hat.
Arthur Schnitzler, der angeblich zeit¬ Arthur Schnitzler, der angeblich zeit¬
lebens Weltabge lebens Weltabge
Konventionen, Konventionen,
grandseigneurale grandseigneurale
dem Uniformwal dem Uniformwal
Sexualheuchelei, Sexualheuchelei,
leicht dünkte sich leicht dünkte sich
schreiben mußte, schreiben mußte,
diese Ketzereien diese Ketzereien
Gesellschaft ist d Gesellschaft ist d
sind geblieben. sind geblieben.
über den Tod des über den Tod des
zeichen auf einen zeichen auf einen
gewissen und vo gewissen und vo
gangenheit bedro gangenheit bedro
samer Weg, wie samer Weg, wie
Dichter und V. Dichter und V.
Schnitzler seinerz Schnitzler seinerz
Aber wie ges Aber wie ges
Weg um ein gew Weg um ein gew