wer von uns se die tafsige, schemge Grazte empnn wer von uns se die tafsige, schemge Grazte empnn
hat, die noch immer über den Straßen und Plätzen dieser hat, die noch immer über den Straßen und Plätzen dieser
Stadt, über den silbergrauen Nadeln ihrer Türme ruht, Stadt, über den silbergrauen Nadeln ihrer Türme ruht,
über ihren blauschimmernden Hügelketten, wer Ahnen über ihren blauschimmernden Hügelketten, wer Ahnen
und Beschwingtheit ihres Frühlings und den glühenden und Beschwingtheit ihres Frühlings und den glühenden
Farbenrausch ihres Herbstes kennt, weiß, wieviel unlösbare Farbenrausch ihres Herbstes kennt, weiß, wieviel unlösbare
Fäden uns mit der Vergangenheit verknüpfen, deren be¬ Fäden uns mit der Vergangenheit verknüpfen, deren be¬
rufenster Mittler uns Arthur Schnitzler war. Des¬ rufenster Mittler uns Arthur Schnitzler war. Des¬
halb ehren wir ihn. halb ehren wir ihn.
Aber es ist mehr als der sanft betäubende und ein Aber es ist mehr als der sanft betäubende und ein
wenig modrige Hauch des Gestern, der uns aus seinem Werk wenig modrige Hauch des Gestern, der uns aus seinem Werk
entgegenweht. Das Leben, an das wir Jungen uns suchend entgegenweht. Das Leben, an das wir Jungen uns suchend
und zögernd herantasten, hier pocht, atmet, fiebert es, viel¬ und zögernd herantasten, hier pocht, atmet, fiebert es, viel¬
gestaltig, reich und heiß. Sein Geheimnis, seine seltsame gestaltig, reich und heiß. Sein Geheimnis, seine seltsame
Süße, seine Schatten rühren uns an, immer wieder fesselt Süße, seine Schatten rühren uns an, immer wieder fesselt
uns sein Spiel von Lüge und Leid, von Liebe und Tod. Ver¬ uns sein Spiel von Lüge und Leid, von Liebe und Tod. Ver¬
borgene Gänge öffnen sich, Wege in unbekannte Weite tun borgene Gänge öffnen sich, Wege in unbekannte Weite tun
sich auf. Wie nie sonst, fühlten wir, wenn wir Schnitzler sich auf. Wie nie sonst, fühlten wir, wenn wir Schnitzler
lasen, ein sehnsüchtiges Brennen, ein dunkles Fragen. Unsere lasen, ein sehnsüchtiges Brennen, ein dunkles Fragen. Unsere
ersten, unsere versunkensten Träume gehören diesem Magier ersten, unsere versunkensten Träume gehören diesem Magier
der Seele. Deshalb lieben wir ihn. der Seele. Deshalb lieben wir ihn.
Nie wurde er von wohlfeiler Volkstümlichkeit, von Nie wurde er von wohlfeiler Volkstümlichkeit, von
billiger Massenzuneigung getragen. Um so einsamer war er billiger Massenzuneigung getragen. Um so einsamer war er
in dieser entgötterten und verstörten Zeit. Aber trotzdem in dieser entgötterten und verstörten Zeit. Aber trotzdem
ging er seinen Weg unbeirrt, ohne das geringste Zugeständ¬ ging er seinen Weg unbeirrt, ohne das geringste Zugeständ¬
nis. Gerade in seinen letzten Werken, dem „Spiel der nis. Gerade in seinen letzten Werken, dem „Spiel der
Sommerlüfte" und dem „Gang zum Weiher", die erfüllt sind Sommerlüfte" und dem „Gang zum Weiher", die erfüllt sind
von wehmütiger und verzeihender Güte, zeigt sich sein tiefes von wehmütiger und verzeihender Güte, zeigt sich sein tiefes
Wissen um seine Sendung. Und die schönsten und er¬ Wissen um seine Sendung. Und die schönsten und er¬
greifendsten Stellen dieses seines Abschiedes sind an die greifendsten Stellen dieses seines Abschiedes sind an die
Jugend gerichtet. Das wollen wir nicht vergessen. Jugend gerichtet. Das wollen wir nicht vergessen.
In einer Epoche, in der Flachheit und betriebsamer In einer Epoche, in der Flachheit und betriebsamer
Lärm des Tages herrschen, hat er uns ein großes Beispiel Lärm des Tages herrschen, hat er uns ein großes Beispiel
gegeben, durch seine unbedingte Hingabe an die Kunst, durch gegeben, durch seine unbedingte Hingabe an die Kunst, durch
seinen heiligen Ernst, durch den unantastbaren Adel seiner seinen heiligen Ernst, durch den unantastbaren Adel seiner
Gesinnung. Gegenüber frisch fröhlicher Geschäftigkeit und Gesinnung. Gegenüber frisch fröhlicher Geschäftigkeit und
mutloser Kompromißbereitschaft hat er uns den Weg wahrer mutloser Kompromißbereitschaft hat er uns den Weg wahrer
Dichtung gewiesen: Immer wieder das weite Land der Dichtung gewiesen: Immer wieder das weite Land der
Seele zu durchwandern, ihrem Dunkel, ihren verlorenen, Seele zu durchwandern, ihrem Dunkel, ihren verlorenen,
umdämmerten, abwegigen Gegenden das gestaltende Wort umdämmerten, abwegigen Gegenden das gestaltende Wort
werden zu lassen, immer ein Suchender zu sein, ein Diener werden zu lassen, immer ein Suchender zu sein, ein Diener
schöpferischer Sehnsucht. Deshalb gehört ihm schöpferischer Sehnsucht. Deshalb gehört ihm
unsere Gefolgschaft. unsere Gefolgschaft.
Arthur Schnitzler ist nicht mehr. Aber die Flamme Arthur Schnitzler ist nicht mehr. Aber die Flamme
seines Werkes leuchtet vor uns, Nacht und Schweigen seines Werkes leuchtet vor uns, Nacht und Schweigen
besiegend. besiegend.
Sie wird nie erlöschen. Sie wird nie erlöschen.
Georg Beer. Georg Beer.
Dank an Schnitzler. Dank an Schnitzler.
Gerade weil Schnitzler so mit allen Fasern seiner Per¬ Gerade weil Schnitzler so mit allen Fasern seiner Per¬
sönlichkeit im österreichischen Boden wurzelt, gerade weil sönlichkeit im österreichischen Boden wurzelt, gerade weil
er so organisch der österreichischen Landschaft entwachsen er so organisch der österreichischen Landschaft entwachsen
ist, bleibt uns sein jähes Ableben doppelt unfaßbar. Un¬ ist, bleibt uns sein jähes Ableben doppelt unfaßbar. Un¬
faßbar, weil dieser Dichter eine große, glanzreiche Epoche faßbar, weil dieser Dichter eine große, glanzreiche Epoche
österreichischen Geisteslebens repräsentiert; österreichischen Geisteslebens repräsentiert;
weil seine weil seine
Dichtungen, dieses wunderbar gegliederte, weltanschauliche Dichtungen, dieses wunderbar gegliederte, weltanschauliche
Lebenswerk, gleichsam formgewordenes Oesterreichertum Lebenswerk, gleichsam formgewordenes Oesterreichertum
sind. Schnitzlers Menschenwelt, diese meisterhaft modellierte, sind. Schnitzlers Menschenwelt, diese meisterhaft modellierte,
bunte Gestaltenfülle, sie ist nur aus der geistigen Atmo¬ bunte Gestaltenfülle, sie ist nur aus der geistigen Atmo¬
sphäre des Donaudeutschtums heraus verständlich, aus der sphäre des Donaudeutschtums heraus verständlich, aus der
linienschöngeformten und gebuchteten Landschaft des linienschöngeformten und gebuchteten Landschaft des
deutschen Südens, die auch Grillparzer, Lenau und die deutschen Südens, die auch Grillparzer, Lenau und die
Ebner=Eschenbach inspiriert hat. Oesterreich heißt die natür¬ Ebner=Eschenbach inspiriert hat. Oesterreich heißt die natür¬
liche Bühne, auf der Arthur Schnitzlers Gestalten umher¬ liche Bühne, auf der Arthur Schnitzlers Gestalten umher¬
gehen und agieren. gehen und agieren.
Von seinen zahlreichen Werken hat auf mich immer der Von seinen zahlreichen Werken hat auf mich immer der
Anatol=Zyklus den größten Eindruck gemacht. Diese Dich¬ Anatol=Zyklus den größten Eindruck gemacht. Diese Dich¬
tung ist ein entzückendes, hauchzartes Luftgespenst, von einem tung ist ein entzückendes, hauchzartes Luftgespenst, von einem
Anflug von Schwermut und Melancholie leicht überschattet. Anflug von Schwermut und Melancholie leicht überschattet.
Größere als ich, weltberühmte Schriftsteller, wie Wild¬ Größere als ich, weltberühmte Schriftsteller, wie Wild¬
gans, Werfel und Stefan Zweig, haben in diesen Blättern gans, Werfel und Stefan Zweig, haben in diesen Blättern
Arthur Schnitzlers Verdienste gewürdigt. Trotzdem glaube Arthur Schnitzlers Verdienste gewürdigt. Trotzdem glaube
auch ich, ein unbekannter, junger Hochschüler, das Recht zu auch ich, ein unbekannter, junger Hochschüler, das Recht zu
haben, ihm diese Worte ins Grab zu senden. Eine Pflicht der haben, ihm diese Worte ins Grab zu senden. Eine Pflicht der
Dankbarkeit gegenüber einem Mann, der Millionen von Dankbarkeit gegenüber einem Mann, der Millionen von
Menschen genußreiche Stunden geschenkt hat. Menschen genußreiche Stunden geschenkt hat.
Felix Straub. Felix Straub.
kriege bestand und aus dem kriege bestand und aus dem
a de Tan a de Tan
gefallen — die heutige Stadt erwuchs. gefallen — die heutige Stadt erwuchs.
Und in der Folge erfährst du dann alles, was mit Und in der Folge erfährst du dann alles, was mit
Wien im Zusammenhang steht. Wien im Zusammenhang steht.
Alles, was sehenswürdig, was der Fremde immer be¬ Alles, was sehenswürdig, was der Fremde immer be¬
sichtigt und der Einheimische meistens nicht kennt, ist sichtigt und der Einheimische meistens nicht kennt, ist
säuberlich angeführt und mit mehrfachen Sternchen versehen. säuberlich angeführt und mit mehrfachen Sternchen versehen.
Ein Uebersichtsplan sowie einige Karten im Text er¬ Ein Uebersichtsplan sowie einige Karten im Text er¬
höhen die Vollständigkeit deiner Kenntnis von Wien. höhen die Vollständigkeit deiner Kenntnis von Wien.
Von Wien..? Von Wien..?
Nein! Nein!! Nein!!! Nein! Nein!! Nein!!!
Denn das sind nur Namen und Zahlen. Denn das sind nur Namen und Zahlen.
Es gibt noch ein anderes Wien als dieses systematisch Es gibt noch ein anderes Wien als dieses systematisch
erfaßte, erfaßte,
ein Wien, das sich nicht jedem öffnet, der hier polizeilich ein Wien, das sich nicht jedem öffnet, der hier polizeilich
gemeldet, sondern bloß dem, der zu schauen und fühlen gemeldet, sondern bloß dem, der zu schauen und fühlen
versteht! versteht!
O Leser, O Leser,
falls du nicht als Weichensteller, Untersuchungshäftling falls du nicht als Weichensteller, Untersuchungshäftling
oder Schalterbeamter an chronischem Zeitmangel leidest oder Schalterbeamter an chronischem Zeitmangel leidest
oder dein Asthma daran dich hindert, oder dein Asthma daran dich hindert,
dann ersteig eines beliebigen Vormittags im Herbst des dann ersteig eines beliebigen Vormittags im Herbst des
Kahlenbergs Gipfel und blick hinab auf den Dunstkreis der Kahlenbergs Gipfel und blick hinab auf den Dunstkreis der
Stadt Stadt
fahr hinaus nach Schönbrunn und wandle durch Taxus¬ fahr hinaus nach Schönbrunn und wandle durch Taxus¬
hechen, die, schnurgerad geschnitten, so vornehm sind, als hechen, die, schnurgerad geschnitten, so vornehm sind, als
wollten sie sagen: sieh her! hier wurde Europas Geschick wollten sie sagen: sieh her! hier wurde Europas Geschick
einst bestimmt einst bestimmt
oder such dir im Prater ein Plätzchen zwischen hundert¬ oder such dir im Prater ein Plätzchen zwischen hundert¬
jährigen Bäumen, schließe die Augen und atme die Luft von jährigen Bäumen, schließe die Augen und atme die Luft von
Wien, die einen ganz eigenen Duft hat, wie Veilchen im Wien, die einen ganz eigenen Duft hat, wie Veilchen im
März oder wie das Haar der Geliebten März oder wie das Haar der Geliebten
Möglicherweise wirst du dann plötzlich zu fühlen be¬ Möglicherweise wirst du dann plötzlich zu fühlen be¬
ginnen, daß Namen und Zahlen ginnen, daß Namen und Zahlen
Wien nicht erschöpfen ... Wien nicht erschöpfen ...
Paul Kriser. Paul Kriser.
Abschied von unserem Dichter. Abschied von unserem Dichter.
Verregnete Augusttage im reizend gelegenen Städtchen Verregnete Augusttage im reizend gelegenen Städtchen
Gmunden. Auf der Kurpromenade ist es trüb und kalt und Gmunden. Auf der Kurpromenade ist es trüb und kalt und
einsam und man hört nur das monotone Rauschen und einsam und man hört nur das monotone Rauschen und
Glucksen des unruhigen Sees. Doch einer geht trotz Wind Glucksen des unruhigen Sees. Doch einer geht trotz Wind
und Wetter unbehümmert um Sturm und Regen, den Wetter¬ und Wetter unbehümmert um Sturm und Regen, den Wetter¬
mantel nur lose übergeworfen, spazieren — Arthur Schnitzler. mantel nur lose übergeworfen, spazieren — Arthur Schnitzler.
Er sammelte in der Sommerfrische immer einen Kreis Er sammelte in der Sommerfrische immer einen Kreis
junger Menschen um sich, ließ uns junge Leute seine Freund¬ junger Menschen um sich, ließ uns junge Leute seine Freund¬
schaft fühlen und erwarb sich im Nu die unsere. Er nahm schaft fühlen und erwarb sich im Nu die unsere. Er nahm
Anteil an unserem Leben, führte mit uns und hatte für jeden Anteil an unserem Leben, führte mit uns und hatte für jeden
einen Rat und ein gutes, von Herzen kommendes Wort. Tage einen Rat und ein gutes, von Herzen kommendes Wort. Tage
wurden zu Stunden, Stunden zu Minuten — so rasch ver¬ wurden zu Stunden, Stunden zu Minuten — so rasch ver¬
ging die Zeit. Am Vormittag eines der letzten Augusttage ging die Zeit. Am Vormittag eines der letzten Augusttage
nahm er Abschied von uns und seinem geliebten Gmunden, nahm er Abschied von uns und seinem geliebten Gmunden,
und keiner ahnte, daß er seinen letzten Sommer hier ver¬ und keiner ahnte, daß er seinen letzten Sommer hier ver¬
bracht und uns zum letztenmal die Hand gedrückt hatte. Erst bracht und uns zum letztenmal die Hand gedrückt hatte. Erst
als wir von seinem Tode lasen, stieg die Abschiedsszene vor als wir von seinem Tode lasen, stieg die Abschiedsszene vor
unser geistiges Auge und wir fühlten noch einmal seinen unser geistiges Auge und wir fühlten noch einmal seinen
Händedruck. Händedruck.
Wir jungen Menschen haben einen geoßen Verlust er¬ Wir jungen Menschen haben einen geoßen Verlust er¬
litten, denn wir haben einen Freund verleren. litten, denn wir haben einen Freund verleren.
Hanspurges. Hanspurges.
Zu Arthur Schnitzlers Tod. Zu Arthur Schnitzlers Tod.
Ein großer Dichter ist nicht mehr Ein großer Dichter ist nicht mehr
Sonnenlicht ist ausgelöscht. Sonnenlicht ist ausgelöscht.
Angstvoll fragen die Menschen: Angstvoll fragen die Menschen:
Was wurde uns genommen? Was wurde uns genommen?
Menschenseele fand ihre Freiheit, Menschenseele fand ihre Freiheit,
Ging ein ins Reich des reinen Geistes. Ging ein ins Reich des reinen Geistes.
Auf Erden stehen wir verlassen, Auf Erden stehen wir verlassen,
Irren mutlosen Blicks. Irren mutlosen Blicks.
Zum Führer warst du ersehen, Zum Führer warst du ersehen,
Dein war das hohe Gotteszeichen, Dein war das hohe Gotteszeichen,
Die Allmacht Kunst war dir zu eigen, Die Allmacht Kunst war dir zu eigen,
Und viele lauschten deinem Wort. - Und viele lauschten deinem Wort. -
Du streutest Saat in großen Mengen Du streutest Saat in großen Mengen
Und durftest Weniges nur ernten. Und durftest Weniges nur ernten.
Die Frucht verdarb im Schnitt der Zeit. Die Frucht verdarb im Schnitt der Zeit.
Doch was du auch gelitten hast, Doch was du auch gelitten hast,
Du lebtest, littest wie ein Mensch Du lebtest, littest wie ein Mensch
Ina Pk. Ina Pk.
hat, die noch immer über den Straßen und Plätzen dieser hat, die noch immer über den Straßen und Plätzen dieser
Stadt, über den silbergrauen Nadeln ihrer Türme ruht, Stadt, über den silbergrauen Nadeln ihrer Türme ruht,
über ihren blauschimmernden Hügelketten, wer Ahnen über ihren blauschimmernden Hügelketten, wer Ahnen
und Beschwingtheit ihres Frühlings und den glühenden und Beschwingtheit ihres Frühlings und den glühenden
Farbenrausch ihres Herbstes kennt, weiß, wieviel unlösbare Farbenrausch ihres Herbstes kennt, weiß, wieviel unlösbare
Fäden uns mit der Vergangenheit verknüpfen, deren be¬ Fäden uns mit der Vergangenheit verknüpfen, deren be¬
rufenster Mittler uns Arthur Schnitzler war. Des¬ rufenster Mittler uns Arthur Schnitzler war. Des¬
halb ehren wir ihn. halb ehren wir ihn.
Aber es ist mehr als der sanft betäubende und ein Aber es ist mehr als der sanft betäubende und ein
wenig modrige Hauch des Gestern, der uns aus seinem Werk wenig modrige Hauch des Gestern, der uns aus seinem Werk
entgegenweht. Das Leben, an das wir Jungen uns suchend entgegenweht. Das Leben, an das wir Jungen uns suchend
und zögernd herantasten, hier pocht, atmet, fiebert es, viel¬ und zögernd herantasten, hier pocht, atmet, fiebert es, viel¬
gestaltig, reich und heiß. Sein Geheimnis, seine seltsame gestaltig, reich und heiß. Sein Geheimnis, seine seltsame
Süße, seine Schatten rühren uns an, immer wieder fesselt Süße, seine Schatten rühren uns an, immer wieder fesselt
uns sein Spiel von Lüge und Leid, von Liebe und Tod. Ver¬ uns sein Spiel von Lüge und Leid, von Liebe und Tod. Ver¬
borgene Gänge öffnen sich, Wege in unbekannte Weite tun borgene Gänge öffnen sich, Wege in unbekannte Weite tun
sich auf. Wie nie sonst, fühlten wir, wenn wir Schnitzler sich auf. Wie nie sonst, fühlten wir, wenn wir Schnitzler
lasen, ein sehnsüchtiges Brennen, ein dunkles Fragen. Unsere lasen, ein sehnsüchtiges Brennen, ein dunkles Fragen. Unsere
ersten, unsere versunkensten Träume gehören diesem Magier ersten, unsere versunkensten Träume gehören diesem Magier
der Seele. Deshalb lieben wir ihn. der Seele. Deshalb lieben wir ihn.
Nie wurde er von wohlfeiler Volkstümlichkeit, von Nie wurde er von wohlfeiler Volkstümlichkeit, von
billiger Massenzuneigung getragen. Um so einsamer war er billiger Massenzuneigung getragen. Um so einsamer war er
in dieser entgötterten und verstörten Zeit. Aber trotzdem in dieser entgötterten und verstörten Zeit. Aber trotzdem
ging er seinen Weg unbeirrt, ohne das geringste Zugeständ¬ ging er seinen Weg unbeirrt, ohne das geringste Zugeständ¬
nis. Gerade in seinen letzten Werken, dem „Spiel der nis. Gerade in seinen letzten Werken, dem „Spiel der
Sommerlüfte" und dem „Gang zum Weiher", die erfüllt sind Sommerlüfte" und dem „Gang zum Weiher", die erfüllt sind
von wehmütiger und verzeihender Güte, zeigt sich sein tiefes von wehmütiger und verzeihender Güte, zeigt sich sein tiefes
Wissen um seine Sendung. Und die schönsten und er¬ Wissen um seine Sendung. Und die schönsten und er¬
greifendsten Stellen dieses seines Abschiedes sind an die greifendsten Stellen dieses seines Abschiedes sind an die
Jugend gerichtet. Das wollen wir nicht vergessen. Jugend gerichtet. Das wollen wir nicht vergessen.
In einer Epoche, in der Flachheit und betriebsamer In einer Epoche, in der Flachheit und betriebsamer
Lärm des Tages herrschen, hat er uns ein großes Beispiel Lärm des Tages herrschen, hat er uns ein großes Beispiel
gegeben, durch seine unbedingte Hingabe an die Kunst, durch gegeben, durch seine unbedingte Hingabe an die Kunst, durch
seinen heiligen Ernst, durch den unantastbaren Adel seiner seinen heiligen Ernst, durch den unantastbaren Adel seiner
Gesinnung. Gegenüber frisch fröhlicher Geschäftigkeit und Gesinnung. Gegenüber frisch fröhlicher Geschäftigkeit und
mutloser Kompromißbereitschaft hat er uns den Weg wahrer mutloser Kompromißbereitschaft hat er uns den Weg wahrer
Dichtung gewiesen: Immer wieder das weite Land der Dichtung gewiesen: Immer wieder das weite Land der
Seele zu durchwandern, ihrem Dunkel, ihren verlorenen, Seele zu durchwandern, ihrem Dunkel, ihren verlorenen,
umdämmerten, abwegigen Gegenden das gestaltende Wort umdämmerten, abwegigen Gegenden das gestaltende Wort
werden zu lassen, immer ein Suchender zu sein, ein Diener werden zu lassen, immer ein Suchender zu sein, ein Diener
schöpferischer Sehnsucht. Deshalb gehört ihm schöpferischer Sehnsucht. Deshalb gehört ihm
unsere Gefolgschaft. unsere Gefolgschaft.
Arthur Schnitzler ist nicht mehr. Aber die Flamme Arthur Schnitzler ist nicht mehr. Aber die Flamme
seines Werkes leuchtet vor uns, Nacht und Schweigen seines Werkes leuchtet vor uns, Nacht und Schweigen
besiegend. besiegend.
Sie wird nie erlöschen. Sie wird nie erlöschen.
Georg Beer. Georg Beer.
Dank an Schnitzler. Dank an Schnitzler.
Gerade weil Schnitzler so mit allen Fasern seiner Per¬ Gerade weil Schnitzler so mit allen Fasern seiner Per¬
sönlichkeit im österreichischen Boden wurzelt, gerade weil sönlichkeit im österreichischen Boden wurzelt, gerade weil
er so organisch der österreichischen Landschaft entwachsen er so organisch der österreichischen Landschaft entwachsen
ist, bleibt uns sein jähes Ableben doppelt unfaßbar. Un¬ ist, bleibt uns sein jähes Ableben doppelt unfaßbar. Un¬
faßbar, weil dieser Dichter eine große, glanzreiche Epoche faßbar, weil dieser Dichter eine große, glanzreiche Epoche
österreichischen Geisteslebens repräsentiert; österreichischen Geisteslebens repräsentiert;
weil seine weil seine
Dichtungen, dieses wunderbar gegliederte, weltanschauliche Dichtungen, dieses wunderbar gegliederte, weltanschauliche
Lebenswerk, gleichsam formgewordenes Oesterreichertum Lebenswerk, gleichsam formgewordenes Oesterreichertum
sind. Schnitzlers Menschenwelt, diese meisterhaft modellierte, sind. Schnitzlers Menschenwelt, diese meisterhaft modellierte,
bunte Gestaltenfülle, sie ist nur aus der geistigen Atmo¬ bunte Gestaltenfülle, sie ist nur aus der geistigen Atmo¬
sphäre des Donaudeutschtums heraus verständlich, aus der sphäre des Donaudeutschtums heraus verständlich, aus der
linienschöngeformten und gebuchteten Landschaft des linienschöngeformten und gebuchteten Landschaft des
deutschen Südens, die auch Grillparzer, Lenau und die deutschen Südens, die auch Grillparzer, Lenau und die
Ebner=Eschenbach inspiriert hat. Oesterreich heißt die natür¬ Ebner=Eschenbach inspiriert hat. Oesterreich heißt die natür¬
liche Bühne, auf der Arthur Schnitzlers Gestalten umher¬ liche Bühne, auf der Arthur Schnitzlers Gestalten umher¬
gehen und agieren. gehen und agieren.
Von seinen zahlreichen Werken hat auf mich immer der Von seinen zahlreichen Werken hat auf mich immer der
Anatol=Zyklus den größten Eindruck gemacht. Diese Dich¬ Anatol=Zyklus den größten Eindruck gemacht. Diese Dich¬
tung ist ein entzückendes, hauchzartes Luftgespenst, von einem tung ist ein entzückendes, hauchzartes Luftgespenst, von einem
Anflug von Schwermut und Melancholie leicht überschattet. Anflug von Schwermut und Melancholie leicht überschattet.
Größere als ich, weltberühmte Schriftsteller, wie Wild¬ Größere als ich, weltberühmte Schriftsteller, wie Wild¬
gans, Werfel und Stefan Zweig, haben in diesen Blättern gans, Werfel und Stefan Zweig, haben in diesen Blättern
Arthur Schnitzlers Verdienste gewürdigt. Trotzdem glaube Arthur Schnitzlers Verdienste gewürdigt. Trotzdem glaube
auch ich, ein unbekannter, junger Hochschüler, das Recht zu auch ich, ein unbekannter, junger Hochschüler, das Recht zu
haben, ihm diese Worte ins Grab zu senden. Eine Pflicht der haben, ihm diese Worte ins Grab zu senden. Eine Pflicht der
Dankbarkeit gegenüber einem Mann, der Millionen von Dankbarkeit gegenüber einem Mann, der Millionen von
Menschen genußreiche Stunden geschenkt hat. Menschen genußreiche Stunden geschenkt hat.
Felix Straub. Felix Straub.
kriege bestand und aus dem kriege bestand und aus dem
a de Tan a de Tan
gefallen — die heutige Stadt erwuchs. gefallen — die heutige Stadt erwuchs.
Und in der Folge erfährst du dann alles, was mit Und in der Folge erfährst du dann alles, was mit
Wien im Zusammenhang steht. Wien im Zusammenhang steht.
Alles, was sehenswürdig, was der Fremde immer be¬ Alles, was sehenswürdig, was der Fremde immer be¬
sichtigt und der Einheimische meistens nicht kennt, ist sichtigt und der Einheimische meistens nicht kennt, ist
säuberlich angeführt und mit mehrfachen Sternchen versehen. säuberlich angeführt und mit mehrfachen Sternchen versehen.
Ein Uebersichtsplan sowie einige Karten im Text er¬ Ein Uebersichtsplan sowie einige Karten im Text er¬
höhen die Vollständigkeit deiner Kenntnis von Wien. höhen die Vollständigkeit deiner Kenntnis von Wien.
Von Wien..? Von Wien..?
Nein! Nein!! Nein!!! Nein! Nein!! Nein!!!
Denn das sind nur Namen und Zahlen. Denn das sind nur Namen und Zahlen.
Es gibt noch ein anderes Wien als dieses systematisch Es gibt noch ein anderes Wien als dieses systematisch
erfaßte, erfaßte,
ein Wien, das sich nicht jedem öffnet, der hier polizeilich ein Wien, das sich nicht jedem öffnet, der hier polizeilich
gemeldet, sondern bloß dem, der zu schauen und fühlen gemeldet, sondern bloß dem, der zu schauen und fühlen
versteht! versteht!
O Leser, O Leser,
falls du nicht als Weichensteller, Untersuchungshäftling falls du nicht als Weichensteller, Untersuchungshäftling
oder Schalterbeamter an chronischem Zeitmangel leidest oder Schalterbeamter an chronischem Zeitmangel leidest
oder dein Asthma daran dich hindert, oder dein Asthma daran dich hindert,
dann ersteig eines beliebigen Vormittags im Herbst des dann ersteig eines beliebigen Vormittags im Herbst des
Kahlenbergs Gipfel und blick hinab auf den Dunstkreis der Kahlenbergs Gipfel und blick hinab auf den Dunstkreis der
Stadt Stadt
fahr hinaus nach Schönbrunn und wandle durch Taxus¬ fahr hinaus nach Schönbrunn und wandle durch Taxus¬
hechen, die, schnurgerad geschnitten, so vornehm sind, als hechen, die, schnurgerad geschnitten, so vornehm sind, als
wollten sie sagen: sieh her! hier wurde Europas Geschick wollten sie sagen: sieh her! hier wurde Europas Geschick
einst bestimmt einst bestimmt
oder such dir im Prater ein Plätzchen zwischen hundert¬ oder such dir im Prater ein Plätzchen zwischen hundert¬
jährigen Bäumen, schließe die Augen und atme die Luft von jährigen Bäumen, schließe die Augen und atme die Luft von
Wien, die einen ganz eigenen Duft hat, wie Veilchen im Wien, die einen ganz eigenen Duft hat, wie Veilchen im
März oder wie das Haar der Geliebten März oder wie das Haar der Geliebten
Möglicherweise wirst du dann plötzlich zu fühlen be¬ Möglicherweise wirst du dann plötzlich zu fühlen be¬
ginnen, daß Namen und Zahlen ginnen, daß Namen und Zahlen
Wien nicht erschöpfen ... Wien nicht erschöpfen ...
Paul Kriser. Paul Kriser.
Abschied von unserem Dichter. Abschied von unserem Dichter.
Verregnete Augusttage im reizend gelegenen Städtchen Verregnete Augusttage im reizend gelegenen Städtchen
Gmunden. Auf der Kurpromenade ist es trüb und kalt und Gmunden. Auf der Kurpromenade ist es trüb und kalt und
einsam und man hört nur das monotone Rauschen und einsam und man hört nur das monotone Rauschen und
Glucksen des unruhigen Sees. Doch einer geht trotz Wind Glucksen des unruhigen Sees. Doch einer geht trotz Wind
und Wetter unbehümmert um Sturm und Regen, den Wetter¬ und Wetter unbehümmert um Sturm und Regen, den Wetter¬
mantel nur lose übergeworfen, spazieren — Arthur Schnitzler. mantel nur lose übergeworfen, spazieren — Arthur Schnitzler.
Er sammelte in der Sommerfrische immer einen Kreis Er sammelte in der Sommerfrische immer einen Kreis
junger Menschen um sich, ließ uns junge Leute seine Freund¬ junger Menschen um sich, ließ uns junge Leute seine Freund¬
schaft fühlen und erwarb sich im Nu die unsere. Er nahm schaft fühlen und erwarb sich im Nu die unsere. Er nahm
Anteil an unserem Leben, führte mit uns und hatte für jeden Anteil an unserem Leben, führte mit uns und hatte für jeden
einen Rat und ein gutes, von Herzen kommendes Wort. Tage einen Rat und ein gutes, von Herzen kommendes Wort. Tage
wurden zu Stunden, Stunden zu Minuten — so rasch ver¬ wurden zu Stunden, Stunden zu Minuten — so rasch ver¬
ging die Zeit. Am Vormittag eines der letzten Augusttage ging die Zeit. Am Vormittag eines der letzten Augusttage
nahm er Abschied von uns und seinem geliebten Gmunden, nahm er Abschied von uns und seinem geliebten Gmunden,
und keiner ahnte, daß er seinen letzten Sommer hier ver¬ und keiner ahnte, daß er seinen letzten Sommer hier ver¬
bracht und uns zum letztenmal die Hand gedrückt hatte. Erst bracht und uns zum letztenmal die Hand gedrückt hatte. Erst
als wir von seinem Tode lasen, stieg die Abschiedsszene vor als wir von seinem Tode lasen, stieg die Abschiedsszene vor
unser geistiges Auge und wir fühlten noch einmal seinen unser geistiges Auge und wir fühlten noch einmal seinen
Händedruck. Händedruck.
Wir jungen Menschen haben einen geoßen Verlust er¬ Wir jungen Menschen haben einen geoßen Verlust er¬
litten, denn wir haben einen Freund verleren. litten, denn wir haben einen Freund verleren.
Hanspurges. Hanspurges.
Zu Arthur Schnitzlers Tod. Zu Arthur Schnitzlers Tod.
Ein großer Dichter ist nicht mehr Ein großer Dichter ist nicht mehr
Sonnenlicht ist ausgelöscht. Sonnenlicht ist ausgelöscht.
Angstvoll fragen die Menschen: Angstvoll fragen die Menschen:
Was wurde uns genommen? Was wurde uns genommen?
Menschenseele fand ihre Freiheit, Menschenseele fand ihre Freiheit,
Ging ein ins Reich des reinen Geistes. Ging ein ins Reich des reinen Geistes.
Auf Erden stehen wir verlassen, Auf Erden stehen wir verlassen,
Irren mutlosen Blicks. Irren mutlosen Blicks.
Zum Führer warst du ersehen, Zum Führer warst du ersehen,
Dein war das hohe Gotteszeichen, Dein war das hohe Gotteszeichen,
Die Allmacht Kunst war dir zu eigen, Die Allmacht Kunst war dir zu eigen,
Und viele lauschten deinem Wort. - Und viele lauschten deinem Wort. -
Du streutest Saat in großen Mengen Du streutest Saat in großen Mengen
Und durftest Weniges nur ernten. Und durftest Weniges nur ernten.
Die Frucht verdarb im Schnitt der Zeit. Die Frucht verdarb im Schnitt der Zeit.
Doch was du auch gelitten hast, Doch was du auch gelitten hast,
Du lebtest, littest wie ein Mensch Du lebtest, littest wie ein Mensch
Ina Pk. Ina Pk.