Neue Freie Preste Neue Freie Preste
Nr. 24104 Nr. 24104
22. Oktober 1931 22. Oktober 1931
Der Cod Arthur Der Cod Arthur
Icnitzlers. Icnitzlers.
Die Testamentseröffnung. Die Testamentseröffnung.
Heute vormittag ist der Sohn Arthur Heute vormittag ist der Sohn Arthur
Schnitzlers letzte Burgtheaterproben. Schnitzlers letzte Burgtheaterproben.
Schnitzlers, Heinrich Schnitzler, der in Berlin Schnitzlers, Heinrich Schnitzler, der in Berlin
Von Ebba Johaunsen. Von Ebba Johaunsen.
als Schauspieler und Regisseur tätig ist, mit seiner Frau als Schauspieler und Regisseur tätig ist, mit seiner Frau
Die Hauptdarstellerin des letzten Schnitzlerschen Werkes, Die Hauptdarstellerin des letzten Schnitzlerschen Werkes,
in Wien eingetroffen. Um die Mittagszeit wurde im Beisein in Wien eingetroffen. Um die Mittagszeit wurde im Beisein
Ebba Ebba
das am Burgtheater aufgeführt wurde, Frau das am Burgtheater aufgeführt wurde, Frau
von Hofrat Professor Dr. Julius Schnitzler, dem von Hofrat Professor Dr. Julius Schnitzler, dem
Johannsen, stellt uns nachstehende Eindrücke zur Ver¬ Johannsen, stellt uns nachstehende Eindrücke zur Ver¬
Bruder des verstorbenen Dichters, und der beiden Söhne Bruder des verstorbenen Dichters, und der beiden Söhne
fügung: fügung:
Hans und Karl von Rechtsanwalt Dr. Norbert Hoff¬ Hans und Karl von Rechtsanwalt Dr. Norbert Hoff¬
Schnitzler war über alle Maßen geduldig und hatte ein Schnitzler war über alle Maßen geduldig und hatte ein
mann die Testamentseröffnung vorgenommen. mann die Testamentseröffnung vorgenommen.
unerhörtes Feingefühl für den Zustand nervöser Unsicherheit unerhörtes Feingefühl für den Zustand nervöser Unsicherheit
Das Testament enthält neben einer Reihe von Das Testament enthält neben einer Reihe von
und Ungeduld des Schauspielers auf den ersten Proben — so¬ und Ungeduld des Schauspielers auf den ersten Proben — so¬
rein familiären Bestimmungen auch Ver¬ rein familiären Bestimmungen auch Ver¬
lange er noch sucht. Ich kann mich an Worte kaum mehr lange er noch sucht. Ich kann mich an Worte kaum mehr
fügungen betreffs des literarischen Nach¬ fügungen betreffs des literarischen Nach¬
erinnern, die er gesagt hat. Darum um so mehr an die erinnern, die er gesagt hat. Darum um so mehr an die
lasses des Dichters, die in den wesentlichen Einzel¬ lasses des Dichters, die in den wesentlichen Einzel¬
rührende, mich manchmal fast erschütternde Macht seiner rührende, mich manchmal fast erschütternde Macht seiner
heiten jedoch erst später veröffentlicht werden sollen. heiten jedoch erst später veröffentlicht werden sollen.
bloße Anwesenheit. Stundenlang saß er ganz still da und ich bloße Anwesenheit. Stundenlang saß er ganz still da und ich
Ein Nachsatz zum Testament behandelt die Verfügungen Ein Nachsatz zum Testament behandelt die Verfügungen
hatte oft das unheimliche Gefühl, als gehöre er gar nicht mehr hatte oft das unheimliche Gefühl, als gehöre er gar nicht mehr
des Dichters, betreffend sein Leichenbegängnis, doch werden die des Dichters, betreffend sein Leichenbegängnis, doch werden die
zu den Lebenden, sei unmerkbar erloschen und könne noch zu den Lebenden, sei unmerkbar erloschen und könne noch
endgültigen Dispositionen von der Familie erst im Laufe des endgültigen Dispositionen von der Familie erst im Laufe des
nicht fort von seinem Werk. Nie werde ich die unveränderliche nicht fort von seinem Werk. Nie werde ich die unveränderliche
heutigen Nachmittags getroffen werden. heutigen Nachmittags getroffen werden.
Schwermut dieses Gesichtes vergessen. Schwermut dieses Gesichtes vergessen.
Die Totenmaske wurde vom akademischen Maler Leo Die Totenmaske wurde vom akademischen Maler Leo
Für mich wurde die Freude an der Probenarbeit zum Für mich wurde die Freude an der Probenarbeit zum
Delitz heute abgenommen. Kondolenzschreiben und Depeschen Delitz heute abgenommen. Kondolenzschreiben und Depeschen
„Gang zum Weiher" unter der Regie Albert Heines durch die „Gang zum Weiher" unter der Regie Albert Heines durch die
sind in großer Zahl im Trauerhause eingelangt. sind in großer Zahl im Trauerhause eingelangt.
Anwesenheit Schnitzlers geradezu in unheimlicher Weise ge¬ Anwesenheit Schnitzlers geradezu in unheimlicher Weise ge¬
steigert. So wurde für mich die Vorbereitung zu dieser Rolle steigert. So wurde für mich die Vorbereitung zu dieser Rolle
zu einem ganz großen künstlerischen Erlebnis. zu einem ganz großen künstlerischen Erlebnis.
„SCMIMNER „SCMIMNER
Heute kann ich es sagen — Heute kann ich es sagen —
da er nicht mehr lebt - da er nicht mehr lebt -
Der neue Strum.p! Der neue Strum.p!
ich hatte jeden Tag Angst, er würde am nächsten Morgen nicht ich hatte jeden Tag Angst, er würde am nächsten Morgen nicht
mehr kommen. Ich wollte immer sagen: „Eilt euch, eilt euch mehr kommen. Ich wollte immer sagen: „Eilt euch, eilt euch
bel ITTNERI bel ITTNERI
mit den Proben, wir müssen bald spielen, damit er es noch mit den Proben, wir müssen bald spielen, damit er es noch
Kärntnerstraße / Splegelgasse / Margaratenstraße Kärntnerstraße / Splegelgasse / Margaratenstraße
sieht. Er hat nur ein- oder zweimal längere Zeit mit mir ge¬ sieht. Er hat nur ein- oder zweimal längere Zeit mit mir ge¬
sprochen, und ich war unendlich glücklich, als er mir sagte, daß sprochen, und ich war unendlich glücklich, als er mir sagte, daß
Der literarische Nachlaß des Dichters. Der literarische Nachlaß des Dichters.
ich das Mädchen Leonilda genau so spiele, wie er es sich vor¬ ich das Mädchen Leonilda genau so spiele, wie er es sich vor¬
Ein zurückgelassenes Schauspiel: „Zug der Ein zurückgelassenes Schauspiel: „Zug der
gestellt hat. gestellt hat.
Schatten." Schatten."
Schnitzlers Werke an den Wiener Bühnen. Schnitzlers Werke an den Wiener Bühnen.
Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befindet sich ein Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befindet sich ein
Im Burgtheater sind in chronologischer Reihen¬ Im Burgtheater sind in chronologischer Reihen¬
Schauspiel, betitelt „Zug der Schatten“. Ob es Schauspiel, betitelt „Zug der Schatten“. Ob es
folge die nachstehenden Werke Arthur Schnitzlers zur Auf¬ folge die nachstehenden Werke Arthur Schnitzlers zur Auf¬
ganz vollendet ist, steht allerdings nicht fest. Daneben hat ganz vollendet ist, steht allerdings nicht fest. Daneben hat
führung gelangt: 1895: „Liebelei (Sonnenthal, Mitter¬ führung gelangt: 1895: „Liebelei (Sonnenthal, Mitter¬
Schnitzler in der letzten Zeit auch an einem Roman Schnitzler in der letzten Zeit auch an einem Roman
wurzer, Sandrock), „Das Vermächtnis" (Katharina Schratt); wurzer, Sandrock), „Das Vermächtnis" (Katharina Schratt);
gearbeitet, der vermutlich aber nur in gearbeitet, der vermutlich aber nur in
1899: „Die Gefährtin", „Paracelsus", „Der grüne Kakadu, 1899: „Die Gefährtin", „Paracelsus", „Der grüne Kakadu,
Fragmenten vorliegen dürfte. Fragmenten vorliegen dürfte.
1905: „Zwischenspiel“ (Josef Kainz, Lotte Witt); 1910: 1905: „Zwischenspiel“ (Josef Kainz, Lotte Witt); 1910:
Hingegen birgt des Dichters Nachlaß zahlreiche Hingegen birgt des Dichters Nachlaß zahlreiche
„Der junge Medardus" (Bleibtreu, Wohlgemuth, Ernst Hart¬ „Der junge Medardus" (Bleibtreu, Wohlgemuth, Ernst Hart¬
Aufzeichnungen, die sich zu einer Autobio¬ Aufzeichnungen, die sich zu einer Autobio¬
mann, Treßler, Gerasch), „Das weite Land" (Korff); 1914: mann, Treßler, Gerasch), „Das weite Land" (Korff); 1914:
graphie werden zusammenfügen können. graphie werden zusammenfügen können.
„Literatur und „Der einsame Weg“ (Bleibtreu, Wohl¬ „Literatur und „Der einsame Weg“ (Bleibtreu, Wohl¬
Dr. Franz Horch literarischer Nachla߬ Dr. Franz Horch literarischer Nachla߬
gemuth, Walden, Devrient, Max Paulsen); 1915: „Komödie gemuth, Walden, Devrient, Max Paulsen); 1915: „Komödie
der Worte“ (Walden); 1920: „Die Schwestern, oder; der Worte“ (Walden); 1920: „Die Schwestern, oder;
verwalter. verwalter.
Casanova in Spaa" (Marberg, Retty, Wohlgemuth, Treßler, Casanova in Spaa" (Marberg, Retty, Wohlgemuth, Treßler,
Schnitzler hat schon vor Jahren Dr. Franz Horch, Schnitzler hat schon vor Jahren Dr. Franz Horch,
päter Romberg); 1924: „Komödie der Verführung päter Romberg); 1924: „Komödie der Verführung
den Dramaturgen der Berliner Reinhardt=Bühnen, der den Dramaturgen der Berliner Reinhardt=Bühnen, der
Wohlgemuth, Aslan); 1925: „Der Schleier der Beatrice“ Wohlgemuth, Aslan); 1925: „Der Schleier der Beatrice“
früher in gleicher Eigenschaft im Theater in der Josef¬ früher in gleicher Eigenschaft im Theater in der Josef¬
(Wagner); 1929: „Komtesse Mizzi", „Der Puppenspieler" (Wagner); 1929: „Komtesse Mizzi", „Der Puppenspieler"
stadt tätig war, zu seinem literarischen Nachla߬ stadt tätig war, zu seinem literarischen Nachla߬
1931: „Der Gang zum Weiher" (Johannsen, Balser, Onno, 1931: „Der Gang zum Weiher" (Johannsen, Balser, Onno,
verwalter bestimmt. verwalter bestimmt.
Heine). Heine).
Dr. Horch ist noch gestern abend auf die Nachricht von Dr. Horch ist noch gestern abend auf die Nachricht von
Am Deutschen Volkstheater wurden seit Am Deutschen Volkstheater wurden seit
dem plötzlichen Tode des Dichters von Berlin abgereist und dem plötzlichen Tode des Dichters von Berlin abgereist und
dem Bestand dieser Bühne die nachfolgenden Werke dem Bestand dieser Bühne die nachfolgenden Werke
trifft heute hier ein, um sich sofort an die Sichtung des trifft heute hier ein, um sich sofort an die Sichtung des
Schnitzlers zur Aufführung gebracht: 1893 „Das Schnitzlers zur Aufführung gebracht: 1893 „Das
Nachlasses zu machen. Nachlasses zu machen.
Märchen", 1900 „Freiwild" (Gastspiel Otto Brahm), Märchen", 1900 „Freiwild" (Gastspiel Otto Brahm),
Eine Trauerfahne auf dem Giebel des Eine Trauerfahne auf dem Giebel des
1903 „Lebendige Stunden", 1905 „Freiwild“ 1903 „Lebendige Stunden", 1905 „Freiwild“
Burgtheaters. Burgtheaters.
(eigenes Ensemble) und „Der grüne Kakadu (eigenes Ensemble) und „Der grüne Kakadu
(60 Aufführungen), 1909 „Liebelei", „Anatol" (60 Aufführungen), 1909 „Liebelei", „Anatol"
Burgtheaterdirektor Anton Wildgans hat an¬ Burgtheaterdirektor Anton Wildgans hat an¬
(46 Aufführungen), „Ruf des Lebens", 1912 „Der (46 Aufführungen), „Ruf des Lebens", 1912 „Der
geordnet, daß auf dem Burgtheatergebäude anlä߬ geordnet, daß auf dem Burgtheatergebäude anlä߬
Puppenspieler, 1917 „Fink und Flieder¬ Puppenspieler, 1917 „Fink und Flieder¬
lich des Todes von Arthur Schnitzler die Trauerfahne lich des Todes von Arthur Schnitzler die Trauerfahne
busch", 1918 „Professor Bernhardi“ (100 Auf¬ busch", 1918 „Professor Bernhardi“ (100 Auf¬
gehißt wird, eine Ehrung, die sonst nur verstorbenen gehißt wird, eine Ehrung, die sonst nur verstorbenen
führungen); die letzten Vertreter der Titelrolle: Wilhelm führungen); die letzten Vertreter der Titelrolle: Wilhelm
Burgtheatermitgliedern zuteil wird. Burgtheatermitgliedern zuteil wird.
Klitsch, Fritz Kortner, Hans Hinrich, 1922 „Para¬ Klitsch, Fritz Kortner, Hans Hinrich, 1922 „Para¬
Der Mensch und der Dichter. Der Mensch und der Dichter.
celsus", 1925 „Der Schleier der Pierette", celsus", 1925 „Der Schleier der Pierette",
Von Hebwiz Bleibtreu. Von Hebwiz Bleibtreu.
„Das weite Land“ (Arnold Korff), „Dereinsame „Das weite Land“ (Arnold Korff), „Dereinsame
Arthur Schnitzler war ein Mensch von so hoher In¬ Arthur Schnitzler war ein Mensch von so hoher In¬
Weg“ (Albert Bassermann), 1929 „Im Spiel der Weg“ (Albert Bassermann), 1929 „Im Spiel der
telligen, auch im rein Schauspielerischen, daß er seinen Dar¬ telligen, auch im rein Schauspielerischen, daß er seinen Dar¬
Sommerlüfte" (Alexander Moissi, Johanna Terwin). Sommerlüfte" (Alexander Moissi, Johanna Terwin).
stellern durch seine Aufzeichnungen wertvollste Hilfe leisten stellern durch seine Aufzeichnungen wertvollste Hilfe leisten
konnte. Er gehörte zu den angenehmsten Autoren. Nichts lag konnte. Er gehörte zu den angenehmsten Autoren. Nichts lag
Tiefer Eindruck in Berlin. Tiefer Eindruck in Berlin.
im ferner, als durch allzu häufiges Dreinreden oder Unter¬ im ferner, als durch allzu häufiges Dreinreden oder Unter¬
Telegramm unseres Korrespondenten. Telegramm unseres Korrespondenten.
brechen die Stimmung zu zerstören, die Entwicklung einer brechen die Stimmung zu zerstören, die Entwicklung einer
Berlin. 22. Oktober. Berlin. 22. Oktober.
Szene zu hemmen. Von ihm bleibt das Bild einer Persön¬ Szene zu hemmen. Von ihm bleibt das Bild einer Persön¬
Auch in Berlin hat die Nachricht von dem Tode Arthur Auch in Berlin hat die Nachricht von dem Tode Arthur
lichkeit, die als Mensch wie als Dichter gleich anziehend war lichkeit, die als Mensch wie als Dichter gleich anziehend war
Schnitzlers, auf die niemand gefaßt war, bei allen seinen Schnitzlers, auf die niemand gefaßt war, bei allen seinen
und die unsere Schauspielerpsyche wundervoll verstanden hat. und die unsere Schauspielerpsyche wundervoll verstanden hat.
Verehrern, das heißt, im ganzen theaterbesuchenden und Verehrern, das heißt, im ganzen theaterbesuchenden und
Meine erste Schnitzler=Rolle war in dem Drama „Das Ver¬ Meine erste Schnitzler=Rolle war in dem Drama „Das Ver¬
bücherlesenden Publikum, schmerzlichste Bewegung hervor¬ bücherlesenden Publikum, schmerzlichste Bewegung hervor¬
mächtnis“ neben der Schratt. Dann spielte ich als Partnerin mächtnis“ neben der Schratt. Dann spielte ich als Partnerin
gerufen. Alle Berliner Blätter würdigen in Nachrufen die gerufen. Alle Berliner Blätter würdigen in Nachrufen die
Sonnenthals in Schnitzlers „Gefährtin“ und später in „Der Sonnenthals in Schnitzlers „Gefährtin“ und später in „Der
Redeutung des Dichters für die österreichische, für die deutsche Redeutung des Dichters für die österreichische, für die deutsche
einsame Weg", „Das weite Land" und die Frau Klähr im einsame Weg", „Das weite Land" und die Frau Klähr im
und für die Weltliteratur. und für die Weltliteratur.
„Jungen Medardus“ „Jungen Medardus“
Nr. 24104 Nr. 24104
22. Oktober 1931 22. Oktober 1931
Der Cod Arthur Der Cod Arthur
Icnitzlers. Icnitzlers.
Die Testamentseröffnung. Die Testamentseröffnung.
Heute vormittag ist der Sohn Arthur Heute vormittag ist der Sohn Arthur
Schnitzlers letzte Burgtheaterproben. Schnitzlers letzte Burgtheaterproben.
Schnitzlers, Heinrich Schnitzler, der in Berlin Schnitzlers, Heinrich Schnitzler, der in Berlin
Von Ebba Johaunsen. Von Ebba Johaunsen.
als Schauspieler und Regisseur tätig ist, mit seiner Frau als Schauspieler und Regisseur tätig ist, mit seiner Frau
Die Hauptdarstellerin des letzten Schnitzlerschen Werkes, Die Hauptdarstellerin des letzten Schnitzlerschen Werkes,
in Wien eingetroffen. Um die Mittagszeit wurde im Beisein in Wien eingetroffen. Um die Mittagszeit wurde im Beisein
Ebba Ebba
das am Burgtheater aufgeführt wurde, Frau das am Burgtheater aufgeführt wurde, Frau
von Hofrat Professor Dr. Julius Schnitzler, dem von Hofrat Professor Dr. Julius Schnitzler, dem
Johannsen, stellt uns nachstehende Eindrücke zur Ver¬ Johannsen, stellt uns nachstehende Eindrücke zur Ver¬
Bruder des verstorbenen Dichters, und der beiden Söhne Bruder des verstorbenen Dichters, und der beiden Söhne
fügung: fügung:
Hans und Karl von Rechtsanwalt Dr. Norbert Hoff¬ Hans und Karl von Rechtsanwalt Dr. Norbert Hoff¬
Schnitzler war über alle Maßen geduldig und hatte ein Schnitzler war über alle Maßen geduldig und hatte ein
mann die Testamentseröffnung vorgenommen. mann die Testamentseröffnung vorgenommen.
unerhörtes Feingefühl für den Zustand nervöser Unsicherheit unerhörtes Feingefühl für den Zustand nervöser Unsicherheit
Das Testament enthält neben einer Reihe von Das Testament enthält neben einer Reihe von
und Ungeduld des Schauspielers auf den ersten Proben — so¬ und Ungeduld des Schauspielers auf den ersten Proben — so¬
rein familiären Bestimmungen auch Ver¬ rein familiären Bestimmungen auch Ver¬
lange er noch sucht. Ich kann mich an Worte kaum mehr lange er noch sucht. Ich kann mich an Worte kaum mehr
fügungen betreffs des literarischen Nach¬ fügungen betreffs des literarischen Nach¬
erinnern, die er gesagt hat. Darum um so mehr an die erinnern, die er gesagt hat. Darum um so mehr an die
lasses des Dichters, die in den wesentlichen Einzel¬ lasses des Dichters, die in den wesentlichen Einzel¬
rührende, mich manchmal fast erschütternde Macht seiner rührende, mich manchmal fast erschütternde Macht seiner
heiten jedoch erst später veröffentlicht werden sollen. heiten jedoch erst später veröffentlicht werden sollen.
bloße Anwesenheit. Stundenlang saß er ganz still da und ich bloße Anwesenheit. Stundenlang saß er ganz still da und ich
Ein Nachsatz zum Testament behandelt die Verfügungen Ein Nachsatz zum Testament behandelt die Verfügungen
hatte oft das unheimliche Gefühl, als gehöre er gar nicht mehr hatte oft das unheimliche Gefühl, als gehöre er gar nicht mehr
des Dichters, betreffend sein Leichenbegängnis, doch werden die des Dichters, betreffend sein Leichenbegängnis, doch werden die
zu den Lebenden, sei unmerkbar erloschen und könne noch zu den Lebenden, sei unmerkbar erloschen und könne noch
endgültigen Dispositionen von der Familie erst im Laufe des endgültigen Dispositionen von der Familie erst im Laufe des
nicht fort von seinem Werk. Nie werde ich die unveränderliche nicht fort von seinem Werk. Nie werde ich die unveränderliche
heutigen Nachmittags getroffen werden. heutigen Nachmittags getroffen werden.
Schwermut dieses Gesichtes vergessen. Schwermut dieses Gesichtes vergessen.
Die Totenmaske wurde vom akademischen Maler Leo Die Totenmaske wurde vom akademischen Maler Leo
Für mich wurde die Freude an der Probenarbeit zum Für mich wurde die Freude an der Probenarbeit zum
Delitz heute abgenommen. Kondolenzschreiben und Depeschen Delitz heute abgenommen. Kondolenzschreiben und Depeschen
„Gang zum Weiher" unter der Regie Albert Heines durch die „Gang zum Weiher" unter der Regie Albert Heines durch die
sind in großer Zahl im Trauerhause eingelangt. sind in großer Zahl im Trauerhause eingelangt.
Anwesenheit Schnitzlers geradezu in unheimlicher Weise ge¬ Anwesenheit Schnitzlers geradezu in unheimlicher Weise ge¬
steigert. So wurde für mich die Vorbereitung zu dieser Rolle steigert. So wurde für mich die Vorbereitung zu dieser Rolle
zu einem ganz großen künstlerischen Erlebnis. zu einem ganz großen künstlerischen Erlebnis.
„SCMIMNER „SCMIMNER
Heute kann ich es sagen — Heute kann ich es sagen —
da er nicht mehr lebt - da er nicht mehr lebt -
Der neue Strum.p! Der neue Strum.p!
ich hatte jeden Tag Angst, er würde am nächsten Morgen nicht ich hatte jeden Tag Angst, er würde am nächsten Morgen nicht
mehr kommen. Ich wollte immer sagen: „Eilt euch, eilt euch mehr kommen. Ich wollte immer sagen: „Eilt euch, eilt euch
bel ITTNERI bel ITTNERI
mit den Proben, wir müssen bald spielen, damit er es noch mit den Proben, wir müssen bald spielen, damit er es noch
Kärntnerstraße / Splegelgasse / Margaratenstraße Kärntnerstraße / Splegelgasse / Margaratenstraße
sieht. Er hat nur ein- oder zweimal längere Zeit mit mir ge¬ sieht. Er hat nur ein- oder zweimal längere Zeit mit mir ge¬
sprochen, und ich war unendlich glücklich, als er mir sagte, daß sprochen, und ich war unendlich glücklich, als er mir sagte, daß
Der literarische Nachlaß des Dichters. Der literarische Nachlaß des Dichters.
ich das Mädchen Leonilda genau so spiele, wie er es sich vor¬ ich das Mädchen Leonilda genau so spiele, wie er es sich vor¬
Ein zurückgelassenes Schauspiel: „Zug der Ein zurückgelassenes Schauspiel: „Zug der
gestellt hat. gestellt hat.
Schatten." Schatten."
Schnitzlers Werke an den Wiener Bühnen. Schnitzlers Werke an den Wiener Bühnen.
Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befindet sich ein Im Nachlaß Arthur Schnitzlers befindet sich ein
Im Burgtheater sind in chronologischer Reihen¬ Im Burgtheater sind in chronologischer Reihen¬
Schauspiel, betitelt „Zug der Schatten“. Ob es Schauspiel, betitelt „Zug der Schatten“. Ob es
folge die nachstehenden Werke Arthur Schnitzlers zur Auf¬ folge die nachstehenden Werke Arthur Schnitzlers zur Auf¬
ganz vollendet ist, steht allerdings nicht fest. Daneben hat ganz vollendet ist, steht allerdings nicht fest. Daneben hat
führung gelangt: 1895: „Liebelei (Sonnenthal, Mitter¬ führung gelangt: 1895: „Liebelei (Sonnenthal, Mitter¬
Schnitzler in der letzten Zeit auch an einem Roman Schnitzler in der letzten Zeit auch an einem Roman
wurzer, Sandrock), „Das Vermächtnis" (Katharina Schratt); wurzer, Sandrock), „Das Vermächtnis" (Katharina Schratt);
gearbeitet, der vermutlich aber nur in gearbeitet, der vermutlich aber nur in
1899: „Die Gefährtin", „Paracelsus", „Der grüne Kakadu, 1899: „Die Gefährtin", „Paracelsus", „Der grüne Kakadu,
Fragmenten vorliegen dürfte. Fragmenten vorliegen dürfte.
1905: „Zwischenspiel“ (Josef Kainz, Lotte Witt); 1910: 1905: „Zwischenspiel“ (Josef Kainz, Lotte Witt); 1910:
Hingegen birgt des Dichters Nachlaß zahlreiche Hingegen birgt des Dichters Nachlaß zahlreiche
„Der junge Medardus" (Bleibtreu, Wohlgemuth, Ernst Hart¬ „Der junge Medardus" (Bleibtreu, Wohlgemuth, Ernst Hart¬
Aufzeichnungen, die sich zu einer Autobio¬ Aufzeichnungen, die sich zu einer Autobio¬
mann, Treßler, Gerasch), „Das weite Land" (Korff); 1914: mann, Treßler, Gerasch), „Das weite Land" (Korff); 1914:
graphie werden zusammenfügen können. graphie werden zusammenfügen können.
„Literatur und „Der einsame Weg“ (Bleibtreu, Wohl¬ „Literatur und „Der einsame Weg“ (Bleibtreu, Wohl¬
Dr. Franz Horch literarischer Nachla߬ Dr. Franz Horch literarischer Nachla߬
gemuth, Walden, Devrient, Max Paulsen); 1915: „Komödie gemuth, Walden, Devrient, Max Paulsen); 1915: „Komödie
der Worte“ (Walden); 1920: „Die Schwestern, oder; der Worte“ (Walden); 1920: „Die Schwestern, oder;
verwalter. verwalter.
Casanova in Spaa" (Marberg, Retty, Wohlgemuth, Treßler, Casanova in Spaa" (Marberg, Retty, Wohlgemuth, Treßler,
Schnitzler hat schon vor Jahren Dr. Franz Horch, Schnitzler hat schon vor Jahren Dr. Franz Horch,
päter Romberg); 1924: „Komödie der Verführung päter Romberg); 1924: „Komödie der Verführung
den Dramaturgen der Berliner Reinhardt=Bühnen, der den Dramaturgen der Berliner Reinhardt=Bühnen, der
Wohlgemuth, Aslan); 1925: „Der Schleier der Beatrice“ Wohlgemuth, Aslan); 1925: „Der Schleier der Beatrice“
früher in gleicher Eigenschaft im Theater in der Josef¬ früher in gleicher Eigenschaft im Theater in der Josef¬
(Wagner); 1929: „Komtesse Mizzi", „Der Puppenspieler" (Wagner); 1929: „Komtesse Mizzi", „Der Puppenspieler"
stadt tätig war, zu seinem literarischen Nachla߬ stadt tätig war, zu seinem literarischen Nachla߬
1931: „Der Gang zum Weiher" (Johannsen, Balser, Onno, 1931: „Der Gang zum Weiher" (Johannsen, Balser, Onno,
verwalter bestimmt. verwalter bestimmt.
Heine). Heine).
Dr. Horch ist noch gestern abend auf die Nachricht von Dr. Horch ist noch gestern abend auf die Nachricht von
Am Deutschen Volkstheater wurden seit Am Deutschen Volkstheater wurden seit
dem plötzlichen Tode des Dichters von Berlin abgereist und dem plötzlichen Tode des Dichters von Berlin abgereist und
dem Bestand dieser Bühne die nachfolgenden Werke dem Bestand dieser Bühne die nachfolgenden Werke
trifft heute hier ein, um sich sofort an die Sichtung des trifft heute hier ein, um sich sofort an die Sichtung des
Schnitzlers zur Aufführung gebracht: 1893 „Das Schnitzlers zur Aufführung gebracht: 1893 „Das
Nachlasses zu machen. Nachlasses zu machen.
Märchen", 1900 „Freiwild" (Gastspiel Otto Brahm), Märchen", 1900 „Freiwild" (Gastspiel Otto Brahm),
Eine Trauerfahne auf dem Giebel des Eine Trauerfahne auf dem Giebel des
1903 „Lebendige Stunden", 1905 „Freiwild“ 1903 „Lebendige Stunden", 1905 „Freiwild“
Burgtheaters. Burgtheaters.
(eigenes Ensemble) und „Der grüne Kakadu (eigenes Ensemble) und „Der grüne Kakadu
(60 Aufführungen), 1909 „Liebelei", „Anatol" (60 Aufführungen), 1909 „Liebelei", „Anatol"
Burgtheaterdirektor Anton Wildgans hat an¬ Burgtheaterdirektor Anton Wildgans hat an¬
(46 Aufführungen), „Ruf des Lebens", 1912 „Der (46 Aufführungen), „Ruf des Lebens", 1912 „Der
geordnet, daß auf dem Burgtheatergebäude anlä߬ geordnet, daß auf dem Burgtheatergebäude anlä߬
Puppenspieler, 1917 „Fink und Flieder¬ Puppenspieler, 1917 „Fink und Flieder¬
lich des Todes von Arthur Schnitzler die Trauerfahne lich des Todes von Arthur Schnitzler die Trauerfahne
busch", 1918 „Professor Bernhardi“ (100 Auf¬ busch", 1918 „Professor Bernhardi“ (100 Auf¬
gehißt wird, eine Ehrung, die sonst nur verstorbenen gehißt wird, eine Ehrung, die sonst nur verstorbenen
führungen); die letzten Vertreter der Titelrolle: Wilhelm führungen); die letzten Vertreter der Titelrolle: Wilhelm
Burgtheatermitgliedern zuteil wird. Burgtheatermitgliedern zuteil wird.
Klitsch, Fritz Kortner, Hans Hinrich, 1922 „Para¬ Klitsch, Fritz Kortner, Hans Hinrich, 1922 „Para¬
Der Mensch und der Dichter. Der Mensch und der Dichter.
celsus", 1925 „Der Schleier der Pierette", celsus", 1925 „Der Schleier der Pierette",
Von Hebwiz Bleibtreu. Von Hebwiz Bleibtreu.
„Das weite Land“ (Arnold Korff), „Dereinsame „Das weite Land“ (Arnold Korff), „Dereinsame
Arthur Schnitzler war ein Mensch von so hoher In¬ Arthur Schnitzler war ein Mensch von so hoher In¬
Weg“ (Albert Bassermann), 1929 „Im Spiel der Weg“ (Albert Bassermann), 1929 „Im Spiel der
telligen, auch im rein Schauspielerischen, daß er seinen Dar¬ telligen, auch im rein Schauspielerischen, daß er seinen Dar¬
Sommerlüfte" (Alexander Moissi, Johanna Terwin). Sommerlüfte" (Alexander Moissi, Johanna Terwin).
stellern durch seine Aufzeichnungen wertvollste Hilfe leisten stellern durch seine Aufzeichnungen wertvollste Hilfe leisten
konnte. Er gehörte zu den angenehmsten Autoren. Nichts lag konnte. Er gehörte zu den angenehmsten Autoren. Nichts lag
Tiefer Eindruck in Berlin. Tiefer Eindruck in Berlin.
im ferner, als durch allzu häufiges Dreinreden oder Unter¬ im ferner, als durch allzu häufiges Dreinreden oder Unter¬
Telegramm unseres Korrespondenten. Telegramm unseres Korrespondenten.
brechen die Stimmung zu zerstören, die Entwicklung einer brechen die Stimmung zu zerstören, die Entwicklung einer
Berlin. 22. Oktober. Berlin. 22. Oktober.
Szene zu hemmen. Von ihm bleibt das Bild einer Persön¬ Szene zu hemmen. Von ihm bleibt das Bild einer Persön¬
Auch in Berlin hat die Nachricht von dem Tode Arthur Auch in Berlin hat die Nachricht von dem Tode Arthur
lichkeit, die als Mensch wie als Dichter gleich anziehend war lichkeit, die als Mensch wie als Dichter gleich anziehend war
Schnitzlers, auf die niemand gefaßt war, bei allen seinen Schnitzlers, auf die niemand gefaßt war, bei allen seinen
und die unsere Schauspielerpsyche wundervoll verstanden hat. und die unsere Schauspielerpsyche wundervoll verstanden hat.
Verehrern, das heißt, im ganzen theaterbesuchenden und Verehrern, das heißt, im ganzen theaterbesuchenden und
Meine erste Schnitzler=Rolle war in dem Drama „Das Ver¬ Meine erste Schnitzler=Rolle war in dem Drama „Das Ver¬
bücherlesenden Publikum, schmerzlichste Bewegung hervor¬ bücherlesenden Publikum, schmerzlichste Bewegung hervor¬
mächtnis“ neben der Schratt. Dann spielte ich als Partnerin mächtnis“ neben der Schratt. Dann spielte ich als Partnerin
gerufen. Alle Berliner Blätter würdigen in Nachrufen die gerufen. Alle Berliner Blätter würdigen in Nachrufen die
Sonnenthals in Schnitzlers „Gefährtin“ und später in „Der Sonnenthals in Schnitzlers „Gefährtin“ und später in „Der
Redeutung des Dichters für die österreichische, für die deutsche Redeutung des Dichters für die österreichische, für die deutsche
einsame Weg", „Das weite Land" und die Frau Klähr im einsame Weg", „Das weite Land" und die Frau Klähr im
und für die Weltliteratur. und für die Weltliteratur.
„Jungen Medardus“ „Jungen Medardus“