VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 713

12. Schnitzler's Deatl 12. Schnitzler's Deatl
SLRLIEXE BOISEN-OOURIKN SLRLIEXE BOISEN-OOURIKN

26. Oktober 1931 26. Oktober 1931
Nebenbel Nebenbel
Hofmannsthal telegraphiert Hofmannsthal telegraphiert
Schnitzler hatte mit seinem Freunde Hugo Schnitzler hatte mit seinem Freunde Hugo
von Hofmanstda von Hofmanstda
dieser, der einige Tage, vor den Festspielen dieser, der einige Tage, vor den Festspielen
nach Salzburg fuhr, dort für Logis und nach Salzburg fuhr, dort für Logis und
Theatersitze Sorge-tragen sollte. Theatersitze Sorge-tragen sollte.
Hofmannsthal führte den Auftrag auch ge¬ Hofmannsthal führte den Auftrag auch ge¬
wissenhaft durch und telegraphierte seinem wissenhaft durch und telegraphierte seinem
Freund: Freund:
„Sitze besorgt. Europäischer Hof Salzburg. „Sitze besorgt. Europäischer Hof Salzburg.
Hofmannsthal. Hofmannsthal.
Und Schnitzler, der vollständig die Ab¬ Und Schnitzler, der vollständig die Ab¬
machung vergessen hatte, depeschierte zurück; machung vergessen hatte, depeschierte zurück;
„Lieber Hugo, warum sitzest du besorgt „Lieber Hugo, warum sitzest du besorgt
europäischer Hof Salzburg Schnitzler“. europäischer Hof Salzburg Schnitzler“.
OBSERVER OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
PCE PAEE PCE PAEE
LLOKT. 193 LLOKT. 193

Arthur Schnitzler im Krieg Arthur Schnitzler im Krieg
2 Deginn des Weltkriegs wurden in Pe¬ 2 Deginn des Weltkriegs wurden in Pe¬
tersburger Blättern angebliche abfällige tersburger Blättern angebliche abfällige
Aeußerungen des Dichters über Tolstoj, Mae¬ Aeußerungen des Dichters über Tolstoj, Mae¬
terlinck, Anatole France, Shakespeare u. a. terlinck, Anatole France, Shakespeare u. a.
veröffentlicht, was Schnitzler veranlaßte, veröffentlicht, was Schnitzler veranlaßte,
sich in einem Schweizer Blatt gegen solche sich in einem Schweizer Blatt gegen solche
Verhetzungsversuche zu wenden, die er als Verhetzungsversuche zu wenden, die er als
„eine besondere, und vielleicht die widerwär¬ „eine besondere, und vielleicht die widerwär¬
tigste Eigentümlichkeit dieses Krieges“ be¬ tigste Eigentümlichkeit dieses Krieges“ be¬
zeichnete. In diesem Protest, den Schnitzier zeichnete. In diesem Protest, den Schnitzier
im Dezember 1914 veröffentlicht hat, stehen im Dezember 1914 veröffentlicht hat, stehen
die folgenden bedeutsamen Sätze: „Es ist die folgenden bedeutsamen Sätze: „Es ist
freilich etwas beschämend für jemanden, der freilich etwas beschämend für jemanden, der
sich zeitlebens vom Pathos der Selbstver¬ sich zeitlebens vom Pathos der Selbstver¬
ständlichkeiten leidlich fernzuhalten gewußt ständlichkeiten leidlich fernzuhalten gewußt
hat, erst ausdrücklich versichern zu müssen, hat, erst ausdrücklich versichern zu müssen,
daß ihm das Schöne jederzeit schön, das daß ihm das Schöne jederzeit schön, das
Große jederzeit groß bleiben wird — auch Große jederzeit groß bleiben wird — auch
wenn es Nationen angehört, oder innerhalb wenn es Nationen angehört, oder innerhalb
von Nationen geworden und gewachsen ist, von Nationen geworden und gewachsen ist,
mit denen sein Vaterland eben in einen Krieg mit denen sein Vaterland eben in einen Krieg
verwickelt ist ... Doch später einmal. wenn verwickelt ist ... Doch später einmal. wenn
der Friede wieder da ist, wollen wir uns mir der Friede wieder da ist, wollen wir uns mir
schmerzlichem Staunen erinnern, daß es eine schmerzlichem Staunen erinnern, daß es eine
Zeit gab, in der wir genötigt waren, über die Zeit gab, in der wir genötigt waren, über die
Grenzen hinüber einander die Versicherung Grenzen hinüber einander die Versicherung
zuzurufen, daß wir zwar jeder unser Heimat zuzurufen, daß wir zwar jeder unser Heimat
geliebt haben, daß wir aber trotzdem Gerech¬ geliebt haben, daß wir aber trotzdem Gerech¬
tigkeit, Urteil und Dankbarkeit niemals ver¬ tigkeit, Urteil und Dankbarkeit niemals ver¬
lernt hatten." lernt hatten."
box 44/2 box 44/2
OBSERVER OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt auSSES WILXXE JOUENAS Ausschnitt auSSES WILXXE JOUENAS
27 OKT. 137 27 OKT. 137
vom: vom:
uoete Sandrock und Artur Schnitzler. uoete Sandrock und Artur Schnitzler.
„Artur Schnitzler lernte ich nach dem Tode seines Vaters „Artur Schnitzler lernte ich nach dem Tode seines Vaters
kennen, als er mir schüchtern einen Einakter zur Lektüre kennen, als er mir schüchtern einen Einakter zur Lektüre
brachte", erzählt Adele Sandrock im Berliner „Acht=Uhr=Blat brachte", erzählt Adele Sandrock im Berliner „Acht=Uhr=Blat
„An der Tür sagte er, als er sich verabschiedete: „Um Ge..s „An der Tür sagte er, als er sich verabschiedete: „Um Ge..s
willen, lassen Sie mich nicht auch warten!" Der Einakter h willen, lassen Sie mich nicht auch warten!" Der Einakter h
„Abschiedssouper“. „Abschiedssouper“.
Am nächsten Tag rief ich Schnitzler an und bat ihn zu mir. Am nächsten Tag rief ich Schnitzler an und bat ihn zu mir.
„Aber, Doktor, sagte ich, „was fällt Ihnen ein, ich bin doch „Aber, Doktor, sagte ich, „was fällt Ihnen ein, ich bin doch
Tragödin — wie kann ich ein Wiener Flitscherl spielen!“ Tragödin — wie kann ich ein Wiener Flitscherl spielen!“
sollen mir nur Ihr Urteil sagen. Seit einem halben Jahre laßt sollen mir nur Ihr Urteil sagen. Seit einem halben Jahre laßt
mich Blumenthal vom Berliner Lessing=Theater auf Antwort warten. mich Blumenthal vom Berliner Lessing=Theater auf Antwort warten.
Warten ist für einen Schriftsteller tödlich. Warten ist für einen Schriftsteller tödlich.
Am nächsten Tage brachte er mir sein Stück „Das Märchen. Am nächsten Tage brachte er mir sein Stück „Das Märchen.
Ich spielte es im Deutschen Volkstheater, wo ich es bei Direktor Ich spielte es im Deutschen Volkstheater, wo ich es bei Direktor
Bukovics durchgesetzt hatte. Der Erfolg war mäßig. Bukovics durchgesetzt hatte. Der Erfolg war mäßig.
Stets lag aber dem Dichter das „Abschiedssouper“ am Herzen, Stets lag aber dem Dichter das „Abschiedssouper“ am Herzen,
und weil er bei all seinen Besuchen immer darauf zurückkam, sagte und weil er bei all seinen Besuchen immer darauf zurückkam, sagte
ich ihm schließlich: „Also, zum Donnerwetter, dann werde ich es ich ihm schließlich: „Also, zum Donnerwetter, dann werde ich es
spielen — Ihr „Abschiedssouper“ hängt mir schon zum Hals heraus spielen — Ihr „Abschiedssouper“ hängt mir schon zum Hals heraus
Im Wiener Sophiensaal spielte ich dann in einer Matinee die Annie Im Wiener Sophiensaal spielte ich dann in einer Matinee die Annie
im „Abschiedssouper“. Der Erfolg war ganz groß. Schildkraut gab den im „Abschiedssouper“. Der Erfolg war ganz groß. Schildkraut gab den
Kellner. Die Presse war herzlich. Kellner. Die Presse war herzlich.
Darauf kam „Liebelei" im Burgtheater heraus — ich kreierte Darauf kam „Liebelei" im Burgtheater heraus — ich kreierte
die Christine. Die beiden ersten Akte fielen sozufagen ab. Schnitzler die Christine. Die beiden ersten Akte fielen sozufagen ab. Schnitzler
lief hinter der Szene traurig umher. Ich selbst war nicht minder lief hinter der Szene traurig umher. Ich selbst war nicht minder
verstört, aber plötzlich kam mir, als ich auf der Bühne stand, der verstört, aber plötzlich kam mir, als ich auf der Bühne stand, der
Einfall, den großen Ausbruch der Christine im letzten Akt ohne Einfall, den großen Ausbruch der Christine im letzten Akt ohne
jegliche Bewegung, auf einem Fleck stehend, in höchster Erschütterung jegliche Bewegung, auf einem Fleck stehend, in höchster Erschütterung
zu spielen. Nach dem Fallen des Vorhanges war der Jubel enorm. zu spielen. Nach dem Fallen des Vorhanges war der Jubel enorm.
Von da ab war Schnitzler der große Mann... Von da ab war Schnitzler der große Mann...
Bei all meinen Gastspielen in Oesterreich und Deutschland Bei all meinen Gastspielen in Oesterreich und Deutschland
spielte ich immer an einem Abend „Liebelei“ und „Abschiedssoupe spielte ich immer an einem Abend „Liebelei“ und „Abschiedssoupe
Viele Kolleginnen haben es mir nachgemacht. Schnitzler sagte mir al r Viele Kolleginnen haben es mir nachgemacht. Schnitzler sagte mir al r
oft und oft: „Keine hat dich erreicht... oft und oft: „Keine hat dich erreicht...
Das letztemal sah ich Artur Schnitzler bei meinem Gastspiel Das letztemal sah ich Artur Schnitzler bei meinem Gastspiel
in Wien im vergangenen Mai. Er saß in der ersten Parkettreihe im in Wien im vergangenen Mai. Er saß in der ersten Parkettreihe im
Deutschen Volkstheater. Ich spielte in „Bunbury". Schnitzler sa Deutschen Volkstheater. Ich spielte in „Bunbury". Schnitzler sa
traurig und gealtert aus. Schicksalsschläge mögen ihn gebrochen haben traurig und gealtert aus. Schicksalsschläge mögen ihn gebrochen haben