2. Schnitzler's Death 2. Schnitzler's Death
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fati, trotzdem diesem Irdischen anzuhanger fati, trotzdem diesem Irdischen anzuhanger
und es nicht zu lassen. Dieser österreichische und es nicht zu lassen. Dieser österreichische
Mensch, der sich hinter allerhand Masker Mensch, der sich hinter allerhand Masker
versteckt, wurde in Schnitzlers Werk noch versteckt, wurde in Schnitzlers Werk noch
einmal lebendig — in all seinen Differen¬ einmal lebendig — in all seinen Differen¬
zierungen und Schattierungen, in seinen zierungen und Schattierungen, in seinen
Verspieltheiten und in seiner dämonischen Verspieltheiten und in seiner dämonischen
Nähe zu Grauen und Wahn. Nähe zu Grauen und Wahn.
Darum auch ist in Schnitzler Wien zu Darum auch ist in Schnitzler Wien zu
finden wie sonst nirgendwo. Er hat die finden wie sonst nirgendwo. Er hat die
Stadt kaum jemals beschrieben, aber ihr Stadt kaum jemals beschrieben, aber ihr
Dunstkreis mit Sauerstoff und Stickstoff ist Dunstkreis mit Sauerstoff und Stickstoff ist
da, kaum daß er von ihr zu sagen beginnt. da, kaum daß er von ihr zu sagen beginnt.
Er wußte um den Zauber der Stadt und Er wußte um den Zauber der Stadt und
ihre Gefahr. Er wußte, daß zu dieser Stadt ihre Gefahr. Er wußte, daß zu dieser Stadt
der Traum gehört, daß erst er ihr und ihren der Traum gehört, daß erst er ihr und ihren
Menschen die tiefere Deutung gibt. „Es Menschen die tiefere Deutung gibt. „Es
fließen ineinander Traum und Wachen, fließen ineinander Traum und Wachen,
Wahrheit und Lüge, Sicherheit ist nirgends, Wahrheit und Lüge, Sicherheit ist nirgends,
So spricht sein Paracelsus das wienerische So spricht sein Paracelsus das wienerische
Lebensgefühl aus, dem „Traum und Schick¬ Lebensgefühl aus, dem „Traum und Schick¬
sal“ eines sind. Ein andermal ließ er einen sal“ eines sind. Ein andermal ließ er einen
seiner Arzte sagen: „Dies Ineinander von seiner Arzte sagen: „Dies Ineinander von
Zurückhaltung und Frechheit, von feiger Zurückhaltung und Frechheit, von feiger
Eifersucht und erlogenem Gleichmut, von Eifersucht und erlogenem Gleichmut, von
rasender Leidenschaft und leerer Lust, wie rasender Leidenschaft und leerer Lust, wie
ich es hier sehe, das find' ich trübselig und ich es hier sehe, das find' ich trübselig und
grauenhaft. Das war das Cottage=Wien. grauenhaft. Das war das Cottage=Wien.
Aber zugleich gab er den Geschöpfen dieser Aber zugleich gab er den Geschöpfen dieser
Stadt, je näher sie dem Volk waren, je mehr Stadt, je näher sie dem Volk waren, je mehr
sie in ihm wurzelten, strahlende Helligkeit sie in ihm wurzelten, strahlende Helligkeit
eines in sich erfüllten und vollkommenen eines in sich erfüllten und vollkommenen
Lebens. Seine Mädchen, seine Väter — es Lebens. Seine Mädchen, seine Väter — es
sind einfache Wesen, es sind kleine Men¬ sind einfache Wesen, es sind kleine Men¬
schen —, aber wieviel Bezauberung ist in schen —, aber wieviel Bezauberung ist in
ihnen, wieviel Zuversicht von Seelen, die ihnen, wieviel Zuversicht von Seelen, die
eine Heimat haben. Und wie entsprechen sie eine Heimat haben. Und wie entsprechen sie
Zug um Zug dem Gehänge und Gebreite Zug um Zug dem Gehänge und Gebreite
von Flur und Hügeln. „Ringsherum glänzte von Flur und Hügeln. „Ringsherum glänzte
die Landschaft und tief unten in der Glut die Landschaft und tief unten in der Glut
des Mittags schwamm und zitterte die des Mittags schwamm und zitterte die
So endet eine seiner Wiener So endet eine seiner Wiener
Stadt. Stadt.
Novellen. Seine aus dem Wienertum ge¬ Novellen. Seine aus dem Wienertum ge¬
griffenen Gestalten haben dieses Glänzende griffenen Gestalten haben dieses Glänzende
der Landschaft und das in der Sonne Zit¬ der Landschaft und das in der Sonne Zit¬
ternde der Stadt. ternde der Stadt.
Er hat auch das andere Wien gekannt und Er hat auch das andere Wien gekannt und
gestaltet, das Wien der Operette, das lange, gestaltet, das Wien der Operette, das lange,
ehebevor es eine Operette gab, schon da war. ehebevor es eine Operette gab, schon da war.
Er hat ihm Spott, Hohn, Heiterkeit, Zorn Er hat ihm Spott, Hohn, Heiterkeit, Zorn
entgegengesetzt, aber auch da war immer noch entgegengesetzt, aber auch da war immer noch
ein Rest Liebe spürbar. Er setzte neben ein Rest Liebe spürbar. Er setzte neben
Windbeutelei Biedersinn, neben Kriecherei Windbeutelei Biedersinn, neben Kriecherei
aufrechte Standfestigkeit, neben Gesinnungs¬ aufrechte Standfestigkeit, neben Gesinnungs¬
lumperei ehrliche Mannhaftigkeit. „Der lumperei ehrliche Mannhaftigkeit. „Der
junge Medardus" war ihm ein sinnbildlicher junge Medardus" war ihm ein sinnbildlicher
Sohn dieses Volkes und mußte darum zu¬ Sohn dieses Volkes und mußte darum zu¬
grunde gehen. Hier sah Schnitzler die Tra¬ grunde gehen. Hier sah Schnitzler die Tra¬
gödie eines Volkes, einer Stadt — auch ihm gödie eines Volkes, einer Stadt — auch ihm
war dies Erlebnis nicht erspart geblieben¬ war dies Erlebnis nicht erspart geblieben¬
daß sie für ihre Kraft, für ihre Jugend kein daß sie für ihre Kraft, für ihre Jugend kein
Ziel zu finden weiß. „Gott wollte ihn zum Ziel zu finden weiß. „Gott wollte ihn zum
Helden schaffen, der Lauf der Dinge machte Helden schaffen, der Lauf der Dinge machte
einen Narren aus ihm. So hieß es über einen Narren aus ihm. So hieß es über
den jungen Medardus. Und das war, worum den jungen Medardus. Und das war, worum
der stille, aber zähe Kampf Schnitzlers ging. der stille, aber zähe Kampf Schnitzlers ging.
daß er dieser geliebten Stadt ihr Heldentum, daß er dieser geliebten Stadt ihr Heldentum,
ihre Männlichkeit bewahrt wissen, daß er sie ihre Männlichkeit bewahrt wissen, daß er sie
nicht an die Narren, Müßiggänger und nicht an die Narren, Müßiggänger und
Plauderer verraten wissen wollte. Wien war Plauderer verraten wissen wollte. Wien war
der Kernpunkt des Schnitzlerschen Werkes. der Kernpunkt des Schnitzlerschen Werkes.
Von hier aus umfing es die „Masken und Von hier aus umfing es die „Masken und
Wunder“ der Welt. Und mag auch vor fünf Wunder“ der Welt. Und mag auch vor fünf
Jahren sein irdisches Leben dahingesunken Jahren sein irdisches Leben dahingesunken
sein, er lebt darum weiter, weil er aus dem sein, er lebt darum weiter, weil er aus dem
Herzen seiner Heimatstadt immer wieder zu Herzen seiner Heimatstadt immer wieder zu
uns kommt. uns kommt.
Und auch darum. Wie wir mitten im Und auch darum. Wie wir mitten im
Leben vom Tod umfangen sind, das zeigte Leben vom Tod umfangen sind, das zeigte
sein Werk — aber auch das Größere, weil sein Werk — aber auch das Größere, weil
es unserer menschlichen Existenz Mut und es unserer menschlichen Existenz Mut und
Sinn gibt: wie wir mitten im Tod vom Sinn gibt: wie wir mitten im Tod vom
Leben umfangen sind — vom Leben, das nie Leben umfangen sind — vom Leben, das nie
aufhört, das immer neu beginnt. Darum aufhört, das immer neu beginnt. Darum
kann eine Stimme wie die seine, die von kann eine Stimme wie die seine, die von
der Gnade des Lebens kündet, nicht ver¬ der Gnade des Lebens kündet, nicht ver¬
schallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬ schallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬
heit, sondern dem Künftigen. heit, sondern dem Künftigen.
Die nächsten Novitäten des Volks¬ Die nächsten Novitäten des Volks¬
ater ater
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fati, trotzdem diesem Irdischen anzuhanger fati, trotzdem diesem Irdischen anzuhanger
und es nicht zu lassen. Dieser österreichische und es nicht zu lassen. Dieser österreichische
Mensch, der sich hinter allerhand Masker Mensch, der sich hinter allerhand Masker
versteckt, wurde in Schnitzlers Werk noch versteckt, wurde in Schnitzlers Werk noch
einmal lebendig — in all seinen Differen¬ einmal lebendig — in all seinen Differen¬
zierungen und Schattierungen, in seinen zierungen und Schattierungen, in seinen
Verspieltheiten und in seiner dämonischen Verspieltheiten und in seiner dämonischen
Nähe zu Grauen und Wahn. Nähe zu Grauen und Wahn.
Darum auch ist in Schnitzler Wien zu Darum auch ist in Schnitzler Wien zu
finden wie sonst nirgendwo. Er hat die finden wie sonst nirgendwo. Er hat die
Stadt kaum jemals beschrieben, aber ihr Stadt kaum jemals beschrieben, aber ihr
Dunstkreis mit Sauerstoff und Stickstoff ist Dunstkreis mit Sauerstoff und Stickstoff ist
da, kaum daß er von ihr zu sagen beginnt. da, kaum daß er von ihr zu sagen beginnt.
Er wußte um den Zauber der Stadt und Er wußte um den Zauber der Stadt und
ihre Gefahr. Er wußte, daß zu dieser Stadt ihre Gefahr. Er wußte, daß zu dieser Stadt
der Traum gehört, daß erst er ihr und ihren der Traum gehört, daß erst er ihr und ihren
Menschen die tiefere Deutung gibt. „Es Menschen die tiefere Deutung gibt. „Es
fließen ineinander Traum und Wachen, fließen ineinander Traum und Wachen,
Wahrheit und Lüge, Sicherheit ist nirgends, Wahrheit und Lüge, Sicherheit ist nirgends,
So spricht sein Paracelsus das wienerische So spricht sein Paracelsus das wienerische
Lebensgefühl aus, dem „Traum und Schick¬ Lebensgefühl aus, dem „Traum und Schick¬
sal“ eines sind. Ein andermal ließ er einen sal“ eines sind. Ein andermal ließ er einen
seiner Arzte sagen: „Dies Ineinander von seiner Arzte sagen: „Dies Ineinander von
Zurückhaltung und Frechheit, von feiger Zurückhaltung und Frechheit, von feiger
Eifersucht und erlogenem Gleichmut, von Eifersucht und erlogenem Gleichmut, von
rasender Leidenschaft und leerer Lust, wie rasender Leidenschaft und leerer Lust, wie
ich es hier sehe, das find' ich trübselig und ich es hier sehe, das find' ich trübselig und
grauenhaft. Das war das Cottage=Wien. grauenhaft. Das war das Cottage=Wien.
Aber zugleich gab er den Geschöpfen dieser Aber zugleich gab er den Geschöpfen dieser
Stadt, je näher sie dem Volk waren, je mehr Stadt, je näher sie dem Volk waren, je mehr
sie in ihm wurzelten, strahlende Helligkeit sie in ihm wurzelten, strahlende Helligkeit
eines in sich erfüllten und vollkommenen eines in sich erfüllten und vollkommenen
Lebens. Seine Mädchen, seine Väter — es Lebens. Seine Mädchen, seine Väter — es
sind einfache Wesen, es sind kleine Men¬ sind einfache Wesen, es sind kleine Men¬
schen —, aber wieviel Bezauberung ist in schen —, aber wieviel Bezauberung ist in
ihnen, wieviel Zuversicht von Seelen, die ihnen, wieviel Zuversicht von Seelen, die
eine Heimat haben. Und wie entsprechen sie eine Heimat haben. Und wie entsprechen sie
Zug um Zug dem Gehänge und Gebreite Zug um Zug dem Gehänge und Gebreite
von Flur und Hügeln. „Ringsherum glänzte von Flur und Hügeln. „Ringsherum glänzte
die Landschaft und tief unten in der Glut die Landschaft und tief unten in der Glut
des Mittags schwamm und zitterte die des Mittags schwamm und zitterte die
So endet eine seiner Wiener So endet eine seiner Wiener
Stadt. Stadt.
Novellen. Seine aus dem Wienertum ge¬ Novellen. Seine aus dem Wienertum ge¬
griffenen Gestalten haben dieses Glänzende griffenen Gestalten haben dieses Glänzende
der Landschaft und das in der Sonne Zit¬ der Landschaft und das in der Sonne Zit¬
ternde der Stadt. ternde der Stadt.
Er hat auch das andere Wien gekannt und Er hat auch das andere Wien gekannt und
gestaltet, das Wien der Operette, das lange, gestaltet, das Wien der Operette, das lange,
ehebevor es eine Operette gab, schon da war. ehebevor es eine Operette gab, schon da war.
Er hat ihm Spott, Hohn, Heiterkeit, Zorn Er hat ihm Spott, Hohn, Heiterkeit, Zorn
entgegengesetzt, aber auch da war immer noch entgegengesetzt, aber auch da war immer noch
ein Rest Liebe spürbar. Er setzte neben ein Rest Liebe spürbar. Er setzte neben
Windbeutelei Biedersinn, neben Kriecherei Windbeutelei Biedersinn, neben Kriecherei
aufrechte Standfestigkeit, neben Gesinnungs¬ aufrechte Standfestigkeit, neben Gesinnungs¬
lumperei ehrliche Mannhaftigkeit. „Der lumperei ehrliche Mannhaftigkeit. „Der
junge Medardus" war ihm ein sinnbildlicher junge Medardus" war ihm ein sinnbildlicher
Sohn dieses Volkes und mußte darum zu¬ Sohn dieses Volkes und mußte darum zu¬
grunde gehen. Hier sah Schnitzler die Tra¬ grunde gehen. Hier sah Schnitzler die Tra¬
gödie eines Volkes, einer Stadt — auch ihm gödie eines Volkes, einer Stadt — auch ihm
war dies Erlebnis nicht erspart geblieben¬ war dies Erlebnis nicht erspart geblieben¬
daß sie für ihre Kraft, für ihre Jugend kein daß sie für ihre Kraft, für ihre Jugend kein
Ziel zu finden weiß. „Gott wollte ihn zum Ziel zu finden weiß. „Gott wollte ihn zum
Helden schaffen, der Lauf der Dinge machte Helden schaffen, der Lauf der Dinge machte
einen Narren aus ihm. So hieß es über einen Narren aus ihm. So hieß es über
den jungen Medardus. Und das war, worum den jungen Medardus. Und das war, worum
der stille, aber zähe Kampf Schnitzlers ging. der stille, aber zähe Kampf Schnitzlers ging.
daß er dieser geliebten Stadt ihr Heldentum, daß er dieser geliebten Stadt ihr Heldentum,
ihre Männlichkeit bewahrt wissen, daß er sie ihre Männlichkeit bewahrt wissen, daß er sie
nicht an die Narren, Müßiggänger und nicht an die Narren, Müßiggänger und
Plauderer verraten wissen wollte. Wien war Plauderer verraten wissen wollte. Wien war
der Kernpunkt des Schnitzlerschen Werkes. der Kernpunkt des Schnitzlerschen Werkes.
Von hier aus umfing es die „Masken und Von hier aus umfing es die „Masken und
Wunder“ der Welt. Und mag auch vor fünf Wunder“ der Welt. Und mag auch vor fünf
Jahren sein irdisches Leben dahingesunken Jahren sein irdisches Leben dahingesunken
sein, er lebt darum weiter, weil er aus dem sein, er lebt darum weiter, weil er aus dem
Herzen seiner Heimatstadt immer wieder zu Herzen seiner Heimatstadt immer wieder zu
uns kommt. uns kommt.
Und auch darum. Wie wir mitten im Und auch darum. Wie wir mitten im
Leben vom Tod umfangen sind, das zeigte Leben vom Tod umfangen sind, das zeigte
sein Werk — aber auch das Größere, weil sein Werk — aber auch das Größere, weil
es unserer menschlichen Existenz Mut und es unserer menschlichen Existenz Mut und
Sinn gibt: wie wir mitten im Tod vom Sinn gibt: wie wir mitten im Tod vom
Leben umfangen sind — vom Leben, das nie Leben umfangen sind — vom Leben, das nie
aufhört, das immer neu beginnt. Darum aufhört, das immer neu beginnt. Darum
kann eine Stimme wie die seine, die von kann eine Stimme wie die seine, die von
der Gnade des Lebens kündet, nicht ver¬ der Gnade des Lebens kündet, nicht ver¬
schallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬ schallen, denn sie dient nicht der Vergangen¬
heit, sondern dem Künftigen. heit, sondern dem Künftigen.
Die nächsten Novitäten des Volks¬ Die nächsten Novitäten des Volks¬
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