12. Schnitzle 12. Schnitzle
s Death s Death
box 44/4 box 44/4
DOBSERVER DOBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus; Ausschnitt aus;
Neu es Wianer Journal, Neu es Wianer Journal,
23.10.1931. 23.10.1931.
vom: vom:
sasind Wardiia wieder sasind Wardiia wieder
Wien Wien
Gespräch mit dem Künstler. Gespräch mit dem Künstler.
An Gustav Waldau denken ist gleichbedeutend mit der Er¬ An Gustav Waldau denken ist gleichbedeutend mit der Er¬
innerung an unvergeßliche Stunden künstlerischen Genusses und innerung an unvergeßliche Stunden künstlerischen Genusses und
ebensoviele andere vergnügtester Laune, losgelöst von allem Druck ebensoviele andere vergnügtester Laune, losgelöst von allem Druck
des sorgenumschatteten Tages, wenn man mit ihm und seiner des sorgenumschatteten Tages, wenn man mit ihm und seiner
Frau im Kreise von Freunden saß und bis in die frühen Frau im Kreise von Freunden saß und bis in die frühen
Morgenstunden heitere Gelage feierte. Wenn dann in vorge¬ Morgenstunden heitere Gelage feierte. Wenn dann in vorge¬
rückter Stunde „Gustl“ das Glas hob und eine seiner berühmt rückter Stunde „Gustl“ das Glas hob und eine seiner berühmt
gewordenen italienischen Tischreden hielt, mußte auch der misel¬ gewordenen italienischen Tischreden hielt, mußte auch der misel¬
süchtigste Raunzer seine schlechte Laune beurlauben und den süchtigste Raunzer seine schlechte Laune beurlauben und den
Ausflug ins Land des Lachens mitmachen. Wer aber Gustav Ausflug ins Land des Lachens mitmachen. Wer aber Gustav
Waldau wirklich kennt, weiß auch, daß dieses ewige Kind inner¬ Waldau wirklich kennt, weiß auch, daß dieses ewige Kind inner¬
lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be¬ lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be¬
gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer der gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer der
immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien
regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht
werden kann. werden kann.
keun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien, keun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien,
das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum
Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie
er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den
ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu
fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder
ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein
Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich
eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte. eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte.
Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬ Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬
eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren
und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen
Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da
wir ihn entbehrten, alles getrieben hat ... wir ihn entbehrten, alles getrieben hat ...
„Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser „Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser
langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater
und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die
Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja
so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen
sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe
Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb..! Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb..!
Wo ich inzwischen überall war? In Berlin bei Reinhardt und Wo ich inzwischen überall war? In Berlin bei Reinhardt und
in München. Hundertachtzehnmal hab' ich in Berlin den in München. Hundertachtzehnmal hab' ich in Berlin den
„Schwierigen“ von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich „Schwierigen“ von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich
geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort
eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in
seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten
Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬ Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬
nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der
Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen... Ja, Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen... Ja,
also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner
den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der
„Fee“ von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt". „Fee“ von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt".
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I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
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23.10.1931. 23.10.1931.
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sasind Wardiia wieder sasind Wardiia wieder
Wien Wien
Gespräch mit dem Künstler. Gespräch mit dem Künstler.
An Gustav Waldau denken ist gleichbedeutend mit der Er¬ An Gustav Waldau denken ist gleichbedeutend mit der Er¬
innerung an unvergeßliche Stunden künstlerischen Genusses und innerung an unvergeßliche Stunden künstlerischen Genusses und
ebensoviele andere vergnügtester Laune, losgelöst von allem Druck ebensoviele andere vergnügtester Laune, losgelöst von allem Druck
des sorgenumschatteten Tages, wenn man mit ihm und seiner des sorgenumschatteten Tages, wenn man mit ihm und seiner
Frau im Kreise von Freunden saß und bis in die frühen Frau im Kreise von Freunden saß und bis in die frühen
Morgenstunden heitere Gelage feierte. Wenn dann in vorge¬ Morgenstunden heitere Gelage feierte. Wenn dann in vorge¬
rückter Stunde „Gustl“ das Glas hob und eine seiner berühmt rückter Stunde „Gustl“ das Glas hob und eine seiner berühmt
gewordenen italienischen Tischreden hielt, mußte auch der misel¬ gewordenen italienischen Tischreden hielt, mußte auch der misel¬
süchtigste Raunzer seine schlechte Laune beurlauben und den süchtigste Raunzer seine schlechte Laune beurlauben und den
Ausflug ins Land des Lachens mitmachen. Wer aber Gustav Ausflug ins Land des Lachens mitmachen. Wer aber Gustav
Waldau wirklich kennt, weiß auch, daß dieses ewige Kind inner¬ Waldau wirklich kennt, weiß auch, daß dieses ewige Kind inner¬
lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be¬ lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be¬
gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer der gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer der
immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien
regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht
werden kann. werden kann.
keun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien, keun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien,
das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum
Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie
er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den
ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu
fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder
ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein
Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich
eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte. eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte.
Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬ Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬
eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren
und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen
Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da
wir ihn entbehrten, alles getrieben hat ... wir ihn entbehrten, alles getrieben hat ...
„Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser „Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser
langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater
und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die
Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja
so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen
sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe
Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb..! Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb..!
Wo ich inzwischen überall war? In Berlin bei Reinhardt und Wo ich inzwischen überall war? In Berlin bei Reinhardt und
in München. Hundertachtzehnmal hab' ich in Berlin den in München. Hundertachtzehnmal hab' ich in Berlin den
„Schwierigen“ von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich „Schwierigen“ von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich
geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort
eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in
seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten
Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬ Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬
nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der
Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen... Ja, Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen... Ja,
also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner
den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der
„Fee“ von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt". „Fee“ von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt".