VII, Verschiedenes 12, Schnitzlers Tod, Seite 795

maae der da mer do dae aoge unne mrd maae der da mer do dae aoge unne mrd
lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be lich ein tiefernster, ringender Künstler und ein Mensch von be
gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer de gnadetem Reichtum der Seele und des Herzens ist, einer de
immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien immer seltener werdenden Mischungen von Kavalier des ancien
regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht regime und Boheme, wie sie bezaubernder nicht gedacht
werden kann. werden kann.
Nun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien, Nun ist er nach fast zweijähriger Abwesenheit von Wien,
das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum das er so ins Herz geschlossen hat, wieder da, um bis zum
Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie Februar am Theater in der Josefstadt zu bleiben. Verliebt, wie
er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den er in die Umgebung Wiens schon einmal ist, benutzte er den
ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu ersten Nachmittag nach seiner Ankunft, um auf den Kobenzl zu
fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder fahren und auf diese Art die Stadt zu seinen Füßen wieder
ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein ganz in Besitz zu nehmen — da er aber in seiner Liebe kein
Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich Maß kennt, blieb er zu lange im Freien sitzen und holte sich
eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte. eine kleine Erkältung, die ihm einen Tag Bettruhe aufnötigte.
Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬ Heute aber fühlte er sich schon wieder so wohl, daß er pflicht¬
eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren eifrig ins Theater kam, um seine erste Probe zu absolvieren
und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen und vier Stunden auf der Bühne zu stehen. In einer kurzen
Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da Pause erzählt er mir, was er in diesen zwei letzten Jahren, da
wir ihn entbehrten, alles getrieben hat... wir ihn entbehrten, alles getrieben hat...
„Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser „Es ist schrecklich, wie ihr mir alle gefehlt habt in dieser
langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater langen Zeit!" versicherte er. „Der Wienerwald und das Theater
und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die und die Menschen, die Ringstraße und das Kaffeehaus, die
Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja Musik und der gute Wein und überhaupt alles... Ich war ja
so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen so gerührt, wie ihr hier alle meiner gedacht habt, als ich meinen
sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe sechzigsten Geburtstag feierte, wieviel Telegramme und liebe
Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb.. Briefe aus Wien gekommen sind..! Es war schrecklich lieb..
Wo ich inzwischen überall woar? In Berlin bei Reinhardt und Wo ich inzwischen überall woar? In Berlin bei Reinhardt und
in München. Hundertachtzehnmal hab ich in Berlin den in München. Hundertachtzehnmal hab ich in Berlin den
„Schwierigen" von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich „Schwierigen" von Hofmannsthal gespielt, und es war für mich
geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort geradezu überraschend, wie dieses Stück, das ich so liebe, dort
eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in eingeschlagen hat, weil es doch eigentlich so urösterreichisch in
seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten seinen Menschen und Geschehnissen, in seinem hochgezüchteten
Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬ Dialog und seiner gescheiten Dialektik ist, daß man hätte an¬
nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der nehmen können, ein nicht österreichisches Publikum würde der
Ja, Ja,
Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen... Sache mit mangelndem Verständnis gegenüberstehen...
also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner also dann hab' ich noch „Julien und Juliette" gespielt, ferner
den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der den Antoine im „Schwachen Geschlecht", in München in der
„Fee" von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt". „Fee" von Molnar und den Narren in „Wie es euch gefällt".
Die größte Freude aber hat mir mein Erfolg als alter Weyring Die größte Freude aber hat mir mein Erfolg als alter Weyring
in der „Liebelei" gemacht — ich hab' mich ja so darauf gefreut, in der „Liebelei" gemacht — ich hab' mich ja so darauf gefreut,
wieder mit Schnitzler zusammenzukommen, den ich so verehrt wieder mit Schnitzler zusammenzukommen, den ich so verehrt
habe, ihm von dem großen Eindruck zu erzählen, den sein un¬ habe, ihm von dem großen Eindruck zu erzählen, den sein un¬
sterbliches Werk, das immer wieder so wirkt, als ob es heute sterbliches Werk, das immer wieder so wirkt, als ob es heute
geschrieben worden wäre, in München gemacht hat — und jetzt geschrieben worden wäre, in München gemacht hat — und jetzt
ist dieser große und wundervolle Dichter und geliebte Mensch ist dieser große und wundervolle Dichter und geliebte Mensch
aus der Welt gegangen, ohne daß ich ihm noch einmal hätte die aus der Welt gegangen, ohne daß ich ihm noch einmal hätte die
Hand drücken und in seine gütigen, alles verstehenden Augen Hand drücken und in seine gütigen, alles verstehenden Augen
hätte schauen können... hätte schauen können...
Gustav Waldau hat plötzlich sein heiteres Lächeln ver¬ Gustav Waldau hat plötzlich sein heiteres Lächeln ver¬
loren und sieht wehmütig irgendwohin ins Parkettdunkel.. loren und sieht wehmütig irgendwohin ins Parkettdunkel..
Dann setzt er sich neben mich und erzählt mir lange von den Dann setzt er sich neben mich und erzählt mir lange von den
vielen Jahren, da ihn herzliche Freundschaft mit dem großen vielen Jahren, da ihn herzliche Freundschaft mit dem großen
Wiener Dichter verbunden hat, der für ihn die Inkarnation Wiener Dichter verbunden hat, der für ihn die Inkarnation
des geistigen Lebens dieser Stadt bedeutete, das er in seinen des geistigen Lebens dieser Stadt bedeutete, das er in seinen
Werken sestgehalten hat wie koiner. Werken sestgehalten hat wie koiner.
„Was ich in Wien alles spielen werde? Nach den letzten, „Was ich in Wien alles spielen werde? Nach den letzten,
haule hier eingetroffenen Dispositionen Reinhardts soll am haule hier eingetroffenen Dispositionen Reinhardts soll am
neunten Novomber die Premiere von „Was Ihr wollt“ statt¬ neunten Novomber die Premiere von „Was Ihr wollt“ statt¬
finden, in der ich bereits spielen soll. Montag sollen die Vor¬ finden, in der ich bereits spielen soll. Montag sollen die Vor¬
proben unter der Leitung Dr. Stephan Hocks beginnen. proben unter der Leitung Dr. Stephan Hocks beginnen.
Dann wird Fodors „Roulette“ drankommen, ein reizendes Dann wird Fodors „Roulette“ drankommen, ein reizendes
Stück, in dem ich eine liebenswürdige ältere Bonviantrolle Stück, in dem ich eine liebenswürdige ältere Bonviantrolle
spielen werde, dann ist ein reiferer Liebhaber in Aussicht, den spielen werde, dann ist ein reiferer Liebhaber in Aussicht, den
ich in einer französischen Komödie „Eva hat keinen Papa“ ich in einer französischen Komödie „Eva hat keinen Papa“
darstellen soll — und auf einmal wird diese schöne Wiener Zeit darstellen soll — und auf einmal wird diese schöne Wiener Zeit
wieder um soin und ich werde wieder in meine andere Heimat¬ wieder um soin und ich werde wieder in meine andere Heimat¬
Stedt nech München, fahren messen. Stedt nech München, fahren messen.
Dort werde ich aber dan etuas spie Dort werde ich aber dan etuas spie
len, des mich riesig frent; den len, des mich riesig frent; den
Valentin im "Verschwenler!. Wenn ich Valentin im "Verschwenler!. Wenn ich
den dann einmel id Wien spielen den dann einmel id Wien spielen
könnte, wäre ich sehr glücklich, könnte, wäre ich sehr glücklich,
hoffentlich wird es möglich, sein, hoffentlich wird es möglich, sein,
dess ich wenigstens den alten Weyring dess ich wenigstens den alten Weyring
meinen Wiener Freunden werde vorfüh. meinen Wiener Freunden werde vorfüh.
ren können. ren können.
O K. O K.
OBSI OBSI
RVER RVER
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus Ausschnitt aus
Vossische Zeitung, Berlin, Vossische Zeitung, Berlin,
24.10.1931. 24.10.1931.
vom: vom:
Kultusminister-Grimme, an. Schnitzlers Sohn. Kultusminister-Grimme, an. Schnitzlers Sohn.
Wie—der Amtliche- Preußische Pressedienst mitteilt, hat der Wie—der Amtliche- Preußische Pressedienst mitteilt, hat der
preußische Kultusminister Grimme an den Sohn Arthur Schnitz¬ preußische Kultusminister Grimme an den Sohn Arthur Schnitz¬
lers das folgende Beileidstelegramm gerichtet: „Anlößlich des lers das folgende Beileidstelegramm gerichtet: „Anlößlich des
Hinscheidens Ihres Herrn Vaters spreche Ihnen aufrichtige An¬ Hinscheidens Ihres Herrn Vaters spreche Ihnen aufrichtige An¬
teilnahme aus. Arthur Schnitzler wird fortleben als Dichter, teilnahme aus. Arthur Schnitzler wird fortleben als Dichter,
der — in der Liebenswürdigkeit seines Stils unübertroffen der — in der Liebenswürdigkeit seines Stils unübertroffen
einer sorgloseren und doch ihrer Fragwürdigkeit bewußten Welk einer sorgloseren und doch ihrer Fragwürdigkeit bewußten Welk
mit tiefer psychologischen Erkenntuis Ausdruck verlieh." mit tiefer psychologischen Erkenntuis Ausdruck verlieh."
TELEPHON R-23-9-43 TELEPHON R-23-9-43
Ausschnitt aus: Ausschnitt aus:
Der Kultusminister sum Tode Schnitzlers. Der preussische Der Kultusminister sum Tode Schnitzlers. Der preussische
Kultusminister Grimme hat an den Sohn Arthur Schnitzlers des Kultusminister Grimme hat an den Sohn Arthur Schnitzlers des
folgchdg Belleidstelegramm gerichtet: „Anlässlich des Hin¬ folgchdg Belleidstelegramm gerichtet: „Anlässlich des Hin¬
scheiflens Ihres Herrn Vaters sproche ich Ihnen meine auf¬ scheiflens Ihres Herrn Vaters sproche ich Ihnen meine auf¬
richtige Ahteilnahme aus. Arthur Schnitzler wird fortleben als richtige Ahteilnahme aus. Arthur Schnitzler wird fortleben als
Dichter, der — in der Liebenswürdigkeit seines Spiels unüber¬ Dichter, der — in der Liebenswürdigkeit seines Spiels unüber¬
troffen — einer sorgloseren und doch ihrer Fragwürdigkeit be¬ troffen — einer sorgloseren und doch ihrer Fragwürdigkeit be¬
wussten Welt mit tiefer psychologischer Erkenntnis Ausdruck wussten Welt mit tiefer psychologischer Erkenntnis Ausdruck
uellen uellen
RVER RVER
OBS OBS
I. österr. behördl. konzessioniertes I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehnen für Zeitungs-Ausschnitte Unternehnen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11 WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43 TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt ause PASBS Ausschnitt ause PASBS
7 5. 0KT. 1937 7 5. 0KT. 1937
vom: vom:
Arthur Schnitzler Arthur Schnitzler
Von Otokar Fischer Von Otokar Fischer
Sich Oktoberschleier wallen, Sich Oktoberschleier wallen,
Bängnis unsre Liebelei befiel, Bängnis unsre Liebelei befiel,
und das Weh, das bebend uns befallen, und das Weh, das bebend uns befallen,
ist ein Schauspiel, wie der Blätter Fallen ist ein Schauspiel, wie der Blätter Fallen
Spieler wir, für die selbst Tod ein Spiel. Spieler wir, für die selbst Tod ein Spiel.