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Miscellaneous
„OBSERVER
1. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Wr. Allgemeine Zeitung
vom
30. Okt. 1932
Eugen Fensen- unerschütterlicher Theateroptimis
Eugen Jensen, der bekannte Re¬
mit einem und demselben Theater weder den
gisseur, hält sich seit kurzem in Wien
Schauspieler noch dem Publikum zuträglich
aufer erzählt einem unserer Mit¬
sind. Der Schauspieler soll mit dem Publikum
arbeiter:
nicht verheiratet sein, sondern er soll die Ge¬
Auf dem „Katzensprung“ von Kopen¬
liebte des Publikums sein, und die wechselt
hagen nach Belgrad halte ich mich nach
man ja erfahrungsgemäß auch manchmal ...
fast siebenjähriger Abwesenhei
Wie ich über die Krise des Theaters und
wieder ein paar Tage in Wien auf. Sieben
deren Beilegung denke? Ich bin uner¬
lange Jahre war ich fort und nichts hat sich
schütterlicher Optimist und glaube an
hier verändert. Jeder sitzt auf seinem gewohn¬
eine Renaissance des Theaters. Das Theater
ten Kaffeehausplatzer und man hat
müßte entbürgerlicht werden, sowohl
vielleicht nur oberflächlicher Betrachtung
oben als auch unten. Der Erfolg eines Stückes
hier gar nicht das Gefühl, daß die Welt aus
hängt keineswegs nur von der Qualität des
den Fugen gegangen ist. Glückliche Menschen!
Stückes und der Darstellung ab, sondern auch
Glückliche Menschen?
vom Publikum, von der Empfangsfreudigkeit
und der Empfangswilligkeit. Ein Parkett ge¬
Viel habe ich in diesen sieben Jahren er¬
hetzter, ermüdeter, blasierter Zuschauer kann
lebt; ganz Europa habe ich durchquert, habe
dem Künste nichts geben.
in Frankreich gefilm,
Meine Pläne? Vorerst absolviere ich mit
in Paris, im Theater Champs Elysees,
dem Ensemble des Deutschen Volks¬
Arthur Schnitzler und Ferdinand Bruckner
theaters ein kurzes Gastspiel, dann gehe
in deutscher Sprache gespielt,
ich für vier Wochen mit Albert und Else Bas¬
habe in London gefilm, war in Holland,
sermann auf eine Tournee, die uns
Belgien, Dänemark, in der Tschecho¬
durch Deutschland, die Tschechoslowakei und
slowakei und kam bis Belgrad.
Jugoslawien führen wird, und dann will ich
Vielfach werde ich gefragt, warum ich ein
ein bißchen ausruhen von meinen Kreuz= und
so unstetes Leben führe. Mir liegt Seßhaftig¬
Querfahrten. Später möchte ich, um auf
keit ganz und gar nicht. Sie deckt sich auch
früher Gesagtes anzuspielen, mit dem Wiener
nicht mit meiner Einstellung zu meinem Be¬
Publikum ein Verhältnis anfangen; ich möchte
zeigen, daß meine Wanderjahre auch Lehrjahre
Uebrigens wird es einem bei den gegebe¬
waren. Sind wir dann einander vielleicht
nen Verhältnissen heute auch nicht gar so leicht
wieder überdrüssig, so werde ich eben zum
gemacht, sich irgendwo festzusetzen. Gerne bin
soundsovielten Male mein Bündel schnüren
ich ja seinerzeit von Wien, der Stadt, in der
und auf die Wanderschaft gehen...
ich beheimatet bin und Erfolge hatte, nicht
fortgegangen. Es war eben eines Tages kein
Lesen Sie: Den neuen Roman
Platz mehr für mich da und so war ich ge¬
des Artur Wof-Verlages
zwungen, ins Ausland zu gehen. Ueberdies ist
es meine unumstößliche Ueberzeugung, daß
Tragödie eines Tages
eine zu lange Bindung mit einer Stadt und
von Gustav Herrmann
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1. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Wr. Allgemeine Zeitung
vom
30. Okt. 1932
Eugen Fensen- unerschütterlicher Theateroptimis
Eugen Jensen, der bekannte Re¬
mit einem und demselben Theater weder den
gisseur, hält sich seit kurzem in Wien
Schauspieler noch dem Publikum zuträglich
aufer erzählt einem unserer Mit¬
sind. Der Schauspieler soll mit dem Publikum
arbeiter:
nicht verheiratet sein, sondern er soll die Ge¬
Auf dem „Katzensprung“ von Kopen¬
liebte des Publikums sein, und die wechselt
hagen nach Belgrad halte ich mich nach
man ja erfahrungsgemäß auch manchmal ...
fast siebenjähriger Abwesenhei
Wie ich über die Krise des Theaters und
wieder ein paar Tage in Wien auf. Sieben
deren Beilegung denke? Ich bin uner¬
lange Jahre war ich fort und nichts hat sich
schütterlicher Optimist und glaube an
hier verändert. Jeder sitzt auf seinem gewohn¬
eine Renaissance des Theaters. Das Theater
ten Kaffeehausplatzer und man hat
müßte entbürgerlicht werden, sowohl
vielleicht nur oberflächlicher Betrachtung
oben als auch unten. Der Erfolg eines Stückes
hier gar nicht das Gefühl, daß die Welt aus
hängt keineswegs nur von der Qualität des
den Fugen gegangen ist. Glückliche Menschen!
Stückes und der Darstellung ab, sondern auch
Glückliche Menschen?
vom Publikum, von der Empfangsfreudigkeit
und der Empfangswilligkeit. Ein Parkett ge¬
Viel habe ich in diesen sieben Jahren er¬
hetzter, ermüdeter, blasierter Zuschauer kann
lebt; ganz Europa habe ich durchquert, habe
dem Künste nichts geben.
in Frankreich gefilm,
Meine Pläne? Vorerst absolviere ich mit
in Paris, im Theater Champs Elysees,
dem Ensemble des Deutschen Volks¬
Arthur Schnitzler und Ferdinand Bruckner
theaters ein kurzes Gastspiel, dann gehe
in deutscher Sprache gespielt,
ich für vier Wochen mit Albert und Else Bas¬
habe in London gefilm, war in Holland,
sermann auf eine Tournee, die uns
Belgien, Dänemark, in der Tschecho¬
durch Deutschland, die Tschechoslowakei und
slowakei und kam bis Belgrad.
Jugoslawien führen wird, und dann will ich
Vielfach werde ich gefragt, warum ich ein
ein bißchen ausruhen von meinen Kreuz= und
so unstetes Leben führe. Mir liegt Seßhaftig¬
Querfahrten. Später möchte ich, um auf
keit ganz und gar nicht. Sie deckt sich auch
früher Gesagtes anzuspielen, mit dem Wiener
nicht mit meiner Einstellung zu meinem Be¬
Publikum ein Verhältnis anfangen; ich möchte
zeigen, daß meine Wanderjahre auch Lehrjahre
Uebrigens wird es einem bei den gegebe¬
waren. Sind wir dann einander vielleicht
nen Verhältnissen heute auch nicht gar so leicht
wieder überdrüssig, so werde ich eben zum
gemacht, sich irgendwo festzusetzen. Gerne bin
soundsovielten Male mein Bündel schnüren
ich ja seinerzeit von Wien, der Stadt, in der
und auf die Wanderschaft gehen...
ich beheimatet bin und Erfolge hatte, nicht
fortgegangen. Es war eben eines Tages kein
Lesen Sie: Den neuen Roman
Platz mehr für mich da und so war ich ge¬
des Artur Wof-Verlages
zwungen, ins Ausland zu gehen. Ueberdies ist
es meine unumstößliche Ueberzeugung, daß
Tragödie eines Tages
eine zu lange Bindung mit einer Stadt und
von Gustav Herrmann