VII, Verschiedenes 13, 1932–1933, Seite 60

box 4476
13.
Miscellanen
ist das bebend Ungewisse, Erregende, dämmernd Über¬
NEUE NOVELLEN
wältigende eines die gefahrvolle Grenze zwischen Freund¬
schaft und Liebe gerade überschreitenden Kinderverhältnisses
nicht mehr mit solcher Einfühlung, mit solch seelen¬
Sommer. Frundsberg¬
Erzähler befreundet sich mit einem fünfzehnjährigen
enthüllender Anteilnahme gestaltet worden wie in dieser
Knaben, der mit seinen Eltern in derselben Sommerfrische
vollkommenen Novelle Nable. Ohne Analyse, ohne
en Kunst zum Roman
weilt, er beobachtet das Erwachen einer ersten Zuneigung
Reflexionen, nur aus der Schilderung des Beobachteten er¬
erk zur Sinfonie. Si¬
zwischen diesem Knaben und einem zwei Jahre jüngern
wächst hier das Seelenbildnis und das Schicksal zweier junger
licht, dieselbe seelische
Mädchen, die von der stillen Schönheit eines frühen Blüten¬
Menschen, die seiner Verstrickung erliegen, ehe ihnen aus der
Dichtung, aber noch
tags erfüllt ist. Die Ankunft einer angeblichen Filmschau¬
Macht des Bewußtseins die Abwehrkräfte zur Verfügung
ner im Aufbau sein.
spielerin reißt den Jungen plötzlich in die erste, aus der stehen. Eine psychologische Novelle also? Wenn man den
müssen die Themen
Unschuld des Spiels heraustretende Jugendleidenschaft, der
ihr zugrunde liegenden „Fall" heranzieht, ja. (Und es be¬
und doch mit gleichen
er psychisch und schließlich auch physisch, durch einen Ab¬
dürfte nicht der österreichischen Umwelt, um aus der psycho¬
langt Satzkunst, und
sturz beim Blumenpflücken für die angeschwärmte Dame, logischen Kraft der Erzählung allein den österreichischen
ennoch wirken — wie erliegt. Die kleine Freundin des Toten wirft bei der Be¬
Autor zu erraten.) Aber der „Fall" ist nicht das Wichtige
oder, um berühmtere erdigung in kindlicher Verzweiflung, hinter der sich, ihr dieser Kindernovelle, sondern ihre gleichnishafte Gewalt, die
lose Novellen gibt es
selbst unbewußt, der Haß der Liebenden auf die Neben¬
um so stärker ergreift und erschüttert, als sie aus Worten
ein schriftstellerischen
buhlerin verbirgt, mit einem Stein nach der Frau, die an dem
und Sätzen von ruhiger Gelassenheit, aus einer Sprache von
daß die letzten Jahre
Verhängnis schuld ist. Eine in der tatsächlichen Wirkung Klarheit, Zucht und nie verletzter Ordnung strahlt. Auch
er jungen Generation
geringfügige, in der sinnbildlichen Größe um so stärkere dieses Buch zeigt, wie geschrieben werden muß, wenn wir zu
Bewegung.
blieben, den Roman.
einer neuen deutschen Novellenkunst kommen wollen.
während die Novelle Seit Colettes unvergeßlicher Meisternovelle „Phil und Vinca¬
K. H. Ruppel
Mann und Arthur
listen der Vorkriegs¬
mehr zu geben, dem
chen können
Gottfried Kölwel,
ende Aufgabe ist, ist
Pause wieder No¬
enerfinder von großer
licher Klarheit, als
Sein Buch Der
nische Zeitung seiner¬
tes zum Vorabdruck
Seiten im Leben länd¬
lel weis, daß die
darf, sondern Ge¬
Eintritt das Schicksal
der Novelle nicht von
und gedeutet wird
Seelenzustand ver¬
in den andern über
ständen durchlaufen
de Novelle
der Satz gilt, da¬
aus diesen Be¬
hen, als ob Köwel
an denen sich die
liente. Daß sie da¬
Gewicht für der
dem die Novelle
einzurücken scheint
landschaftliche
penetranten Muffig
jenem großen, au
überwehenden Aten
schweizerische No
t aus dem Oster
in der Kelwelschen
an, wenn man die
det, wie sie Kölne
Reiz" zu verfallen.
die Art, wie seine
sondern gewisser
urch charakterisiert
ch das Verhängni¬
eine elementaren
und ursprüngliche
bildlichen Klarheit
sind die wichtigsten
die gerade dadurch
de deutsche Prosa.
nalismus wie von
gelten hat.
Wunderlich-Verlag,
Kiwel