VII, Verschiedenes 13, 1934–1935, Seite 19

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13. Miscellaneous
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus

.
vom
6 UN 1934
alten Krachern von Hofschauspielern, die sich gern vor mann und Bernhard
dankbar abhorchte,
dem Souffleurkasten aufpflanzten, in neunzehnjährigen
Feuilleton
Natürlichkeit. Die N.
Frische und pausbäckiger Unverbrauchtheit zu er¬
scheinen, ein köstliches Gefühl. Thimig wurde aber der glaubt, sie spiele sich
Hugo Thimig.
vier Vierteln Ang
verklärte Kasperle des Burgtheaters und sehr rasch
Technik, denn der Sch
eine Unersetzlichkeit, weil es Handschuhmachersöhn¬
Zum achtzigsten Geburtstag.
gibt, die geborne Schauspieler, und Schauspielersöhne, Geschöpf, besteht
junger Künstler
die geborne Schuster sind....
Kasperle.
„Schauspielerei"
Endymion.
Als ihn seine Eltern einmal in ein Marionetten¬
bardus spielen und
theater mitnahmen, stellte sich der kleine Hugo während
langen Bart tragen.
Obwohl ein „Neuer“ unter der alten Garde mit
der Vorstellung auf die Bank und begann mit dem Eiskellerkälte behandelt zu werden pflegte, denn Ein= rasiert, deklamiert de
Kasperle zu debattieren. Der oben merkte bald, daß
tritt ins Burgtheater war mehr als Eintritt in einen täuschte Dichter Lau¬
unten auch einer stehe, und so entwickelte sich ein Steg
Orden, setzt sich Hugo Thimig doch rasch in Beliebtheit. Bart? —, er läßt si¬
reifdialog zwischen oben und unten, bis die beiden
Seine Naturburschen, seine Dümmlinge, die es
jeder angehende Se.
Eltern rot bis unter die Kopfhaut wurden und nicht
faustdick hinter den Ohren hatten, seine pfiffigen ausrupfe, daß kein
wußten, wohin mit der Verlegenheit. Das war die
„Langobarde“ — die
Tröpfe, seine shakespearischen Hirten, Diener, Schäfer
Geburtsstunde des Schauspielers Hugo Thimig. Er
seine bürgerlichen Schüchterlinge erweckten Heiterkeit und Laube, der au
hatte einen bürgerlichen Handschuhmacher zum Vater
oder Mitgefühl, und alles kam aus dem Innern eine
Meister kann auch v.
der selbst schon Vereinsgröße war und seinem
Menschen von junger Froheit, verläßlicher Freude
Ueberhaupt muß
Podiumsglück seine Gattin, eine Seitenverwandte des
kraft und fleckenreiner Seele, kurz aus einer Endymion
zu können, die Figur
großen Dresdner Musiktheoretikers Moritz Haupt¬
natur. Das entschied. Dem jungen Künstler hatte Zeus
dem inneren Auge,
mann, verdankte. Als nun August Thimig eines Tages
die Gabe ewigen Jungseins verliehen. Nur wa
hört, daß sein guter Sohn Hugo weder zum Material
Thimig kein Schläfer, sondern ein Erweckter, ein geschaute Gestalten
die Gebärde der Fi¬
warenhändler, noch zum Kommerzialrat und künftigen
Morgengeschöpf und Gramwolkenverscheucher, lebendig
Gebärde dann die sti
Handelsminister Lust habe, sondern unter „Theater¬
munter, queck. Er bleibt am Burgtheater, er bleibt nich
„Rosenkranz.
velkchn“ wolle, war er völlig ahnungslos und voll¬
weniger als neunundvierzig Jahre, vom neunzehnten
bis zum achtundfünfzigsten Lebensjahr, er wird dessen Schmählich erschien
kommen im Bilde. Nu äbn, da ließ sich nicht machen
Hugo pilgert denn zu Ferdinand Dessoir; und Ferdinand
Regisseur, er wird dessen Direktor, und er durchläuft ist Schmählich,
Dessoir, des großen Ludewig Sohn, erklärt nach zwölf
alle Chargengrade, die diese Kulturstätte zu vergeben vielmehr ein unverge
unnachahmlichen Ka¬
Stunden: „Ich habe dir gezeigt, was du nicht machen
hatte, vom Novizen bis zum Leiter, um dann als
kommen instrument
sollst; was du machen sollst, wird die der liebe Got¬
deutscher Mann, echt goethisch, noch einmal von vorn
Thimig auf die Ges¬
zeigen.
zu beginnen: als Meister Lehrling zu werden, bei Rein¬
hardt in Freiheit, bei Reinhardt mit seiner Familie zu sogar den großen Ad
Außer dieser Lehre gibt er ihm ein paar Ritter¬
spielen und heute mit achtzig Jahren auf dem Rücken nicht tadeln ließ,
stiefel, ein violettes Trikot und eine Pleureuse und
Henschel auf der
schickt ihn zu Schimangen, das ist Direktor Schimang, derselbe zu sein, der er vor sechzig war. Ein wunder¬
nahm das Branntwe
der der Max Reinhardt von Sachsen war, soweit es bares Los: Endymion.
Finger, Hoftheaterm
zwischen Bautzen, Zittau, Kamenz und Freiberg liegt
Gesehene Rollen.
schlesische Fuhrmann
Von dort kommt Hugo Thimig nach Breslau, und von
Realismus fehlte die
Aber auch für einen gebornen Meister ist des
Breslau umweglos nach Wien, von Schimang also
Thimigs eigene
stracks zu Dingelstedt, vom Lobe ans Burgtheater. Lernens kein Ende, und so lernte Hugo Thimig von
Sittig, sein Biblioth
Es muß ein köstliches Gefühl gewesen sein, unter den seinen großen Kollegen, namentlich von Helene Hart¬