VII, Verschiedenes 13, 1934–1935, Seite 20

13.
box 447
Miscellaneous
niertes
schnitte
in

alten Krachern von Hofschauspielern, die sich gern vor mann und Bernhard Baumeister. Was er lernte und
dankbar abhorchte, war die größte aller Künste
dem Souffleurkasten aufpflanzten, in neunzehnjähriger
con
rische und pausbäckiger Unverbrauchtheit zu er= Natürlichkeit. Die Natürlichkeit, von der der Zuschauer
glaubt, sie spiele sich von selbst, sie bestehe nicht aus
scheinen, ein köstliches Gefühl. Thimig wurde aber der
vier Vierteln Angeborenheit und einem Viertel
himig.
verklärte Kasperle des Burgtheaters und sehr rasch
Technik, denn der Schauspieler, ein überdimensioniertes
eine Unersetzlichkeit, weil es Handschuhmachersöhne
Geburtstag.
Geschöpf, besteht selbst aus fünf Vierteln. Als ganz
gibt, die geborne Schauspieler, und Schauspielersöhne,
junger Künstler sollte Thimig einmal in Laubes
die geborne Schuster sind....
re.
„Schauspielerei" einen Theatereleven namens Lango¬
Endymion.
mal in ein Marionetten¬
bardus spielen und in dieser Rolle einen mächtigen,
der kleine Hugo während
langen Bart tragen. Er erscheint auf der Probe glatt
Obwohl ein „Neuer“ unter der alten Garde mit
und begann mit dem
rasiert, deklamiert den Hamlet, und schon will der ent¬
Eiskellerkälte behandelt zu werden pflegte, denn Ein
der oben merkte bald, daß
wo ist der
tritt ins Burgtheater war mehr als Eintritt in einen täuschte Dichter Laube grob werden
entwickelte sich ein Steg¬
Orden, setzt sich Hugo Thimig doch rasch in Beliebtheit.
Bart? —, er läßt sich aber von Thimig belehren, daß
unten, bis die beiden
Seine Naturburschen, seine Dümmlinge, die es
jeder angehende Schauspieler das winzigste Barthaar
pfhaut wurden und nicht
faustdick hinter den Ohren hatten, seine pfiffigen ausrupfe, daß kein Eleve mit dichter Matratze als
legenheit. Das war die
„Langobarde“ — dies sollte der Witz sein — erscheine,
Tröpfe, seine shakespearischen Hirten, Diener, Schäfer,
elers Hugo Thimig.
seine bürgerlichen Schüchterlinge erweckten Heiterkeit und Laube, der autoritäre Laube gibt nach. Ein
dschuhmacher zum Vater
oder Mitgefühl, und alles kam aus dem Innern eine
Meister kann auch vom Gesellen lernen.
röße war und seinem
Menschen von junger Froheit, verläßlicher Freude¬
Ueberhaupt mußte Thimig, um eine Rolle spielen
eine Seitenverwandte de¬
kraft und fleckenreiner Seele, kurz aus einer Endymion
zu können, die Figur zuerst sehen. Vor sich sehen mit
oretikers Moritz Haupt
natur. Das entschied. Dem jungen Künstler hatte Zeus
dem inneren Auge, ganz wie der Dramatiker, der un¬
August Thimig eines Tages
die Gabe ewigen Jungseins verliehen. Nur war
geschaute Gestalten nicht gestalten kann. Thimig sucht
go weder zum Material
Thimig kein Schläfer, sondern ein Erweckter, ein
die Gebärde der Figur zu sehen, weil er aus der
merzialrat und künftigen
Morgengeschöpf und Gramwolkenverscheucher, lebendig
Gebärde dann die stimmliche Färbung errät. Wenn er
sondern unter „Theater¬
munter, queck. Er bleibt am Burgtheater, er bleibt nicht
in „Rosenkranz und Guldenstern
als Justus
ahnungslos und voll¬
weniger als neunundvierzig Jahre, vom neunzehnten
Schmählich erschien und sich vorstellte: „Mein Name
da ließ sich nicht machen, bis zum achtundfünfzigsten Lebensjahr, er wird dessen
ist Schmählich," so stand nicht nur ein komischer,
id Dessoir; und Ferdinand
Regisseur, er wird dessen Direktor, und er durchläuft
alle Chargengrade, die diese Kulturstätte zu vergeben vielmehr ein unvergeßbarer Mensch da, denn mit der
Sohn, erklärt nach zwölf
unnachahmlichen Kadenz „Schmählich war er voll¬
gt, was du nicht machen
hatte, vom Novizen bis zum Leiter; um dann al¬
kommen instrumentiert. Auch als Regisseur hielt
wird dir der liebe Gott deutscher Mann, echt goethisch, noch einmal von vorn
Thimig auf die Geschautheit der Figur. Er tadelte
zu beginnen: als Meister Lehrling zu werden, bei Rein¬
hardt in Freiheit, bei Reinhardt mit seiner Familie zu sogar den großen Adolf Sonnenthal, der sich so leicht
er ihm ein paar Ritter¬
spielen und heute mit achtzig Jahren auf dem Rücken nicht tadeln ließ, den Adolf spielte den Fuhrmann
und eine Pleureuse und
derselbe zu sein, der er vor sechzig war. Ein wunder¬ Henschel auf der Probe als Salonfuhrwerker: er
as ist Direktor Schimang,
nahm das Branntweinglas mit weggespreiztem kleinen
bares Los: Endymion.
Sachsen war, soweit es
Finger, hoftheatermäßig an die Lippen.
menz und Freiberg liegt.
Gesehene Rollen.
schlesische Fuhrmann war gespielt, nicht geschaut, dem
g nach Breslau, und von
Realismus fehlte die realistische Gebärde.
Aber auch für einen gebornen Meister ist de¬
ien, von Schimang also
Thimigs eigene Figuren, sein Badekommissär
Lernens kein Ende, und so lernte Hugo Thimig von
Lobe ans Burgtheater
gewesen sein, unter den seinen großen Kollegen, namentlich von Helene Hart= Sittig, sein Bibliothekar Robert, der Reinhart Feld¬