VII, Verschiedenes 13, 1936 undatiert, Seite 51

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werden die Stücke berühmter Autoren nur dann von den Judenwirtschaft ein Ende nehme und das Christentum wohltätiges Schaffen im antisemitisch¬
Agenten an die Theaterdirektoren abgegeben, wenn sie auch
endlich zur Geltung komme. (Großer Beifall.
wendig ist auch der laute Anti¬
noch einen großen Schund mit dazunehmen. Wenn wir ein
Reichsratsabgeordneter Direktor Kemetter bemerkte
notwendig, um das antisemitische
Besserung der gegenwärtigen Theaterverhältnisse anstreben
er sei gerne in einen Verein gekommen, der sich ausdrücklich
zurufen, denn wenn dieses einmal
müßten wir dazu schreiten, jene Theaterstück
ein antisemitischer Verein nennt. (Beifall.) Ich gehöre, sagte Massen unserer Bevölkerung, ist es
boykottieren, die unser Empfinden beleidigen können. Wir Redner, unserer Bewegung an, seit ich überhaupt politisch
und dem verschämten Antisemitism
müßten einfach einigemal 50 Galeriesitze, aber die billigsten
denken gelernt habe. Ich war nie etwas anderes als ein uns ins Gedächtnis rufen: Du
kaufen und die Aufführung eines unser Gefühl beleidi¬
Antisemit durch und durch. Ich habe schon als junger Recht, sondern die sittlich
digenden Stückes de facto unmöglich machen. Als Beispie
Student — heute kann ich es sagen, ohne zu fürchten, ge¬ gehöriger unseres Volke
hiefür kann die Verhinderung der weiteren Aufführungen maßregelt zu werden — in der Leopoldstadt agitiert, al¬
sein. Durch den Antisemitismus
der „Bismarck Eiche gelten. Die wenigen Deutsch
unsere ersten Kandidaten angeschlagen waren, als die Plakate
sellschaftlicher Beziehung bekämpft,
nationalen, die in Wien zu finden sind, haben es durch
lauteten: „Arier, sammelt euch zum Kampfe gegen die dringen in der Gesellschaft erschwe¬
Juden!“ Damals hat man das Wort Arier noch nicht ver
wiederholte Demonstrationen dahin gebracht, daß das Stück
eine Begleiterscheinung des Judentu
standen und von einem Kampfe gegen die Juden noch
von Repertoire des Bürgertheaters abgesetzt wurde
judentum, das sich überall breit ma¬
nichts gehört. Da haben die jüdischen Blätter geschrieben, jede Zentralstelle, überall finden
Eines der wichtigsten Machtmittel aber, der Verindung
in Theater, Kunst und Literatur entgegenzutreten, liegt ein Unkenruf ertönt aus den dunklen Höhlen eines licht
Ganzjudentum auch in erschrecke
scheuen Gesindels. Damals bin ich schon bis Zwischen¬
in der Unterstützung der christlichantisemitischen Presse. In
judentum. Das ist noch gefährliche
dem Momente, wo es keine Judenpresse mehr gibt, gibt es brücken agitieren gegangen. Ich erinnere mich noch an die Wo das Judentum nicht einzudring
großen Versammlungen, wo der Antisemitismus geboren dieses Halbjudentum ein, welches der
keine jüdischen Theateragenturen, keine jüdischen Direktoren
wurde, wie in diesem Bezirke beim Dreher, und ich kann
und auch keine jüdische Einflußnahme auf dem Gebiete der
vorbereitet. Ich bitte Sie alle, an
Kunst mehr. Dadurch eben, daß die Judenpresse so viel ge¬
mich noch erinnern an die kolossale Begeisterung, die damals der Bewegung festhalten zu wollen
lesen wird, hat sie den furchtbaren Einfluß gewonnen und geherrscht hat. Glauben Sie, daß es soweit besser geworden
semitischen Fahne zu stehen. Der
ist, daß wir keinen Grund mehr haben, Antisemiten zu so kostbares Gut, daß er uns nicht
daher ist es unsere Pflicht, vor allem die christlichantisemi¬
sein? Im Gegenteile, auf wirtschaftlichem und geistig kul= Wir müssen antisemitische Arbeit leis
tische Presse zu unterstützen.
Gebiete gibt es noch viel
Es ist richtig, daß es auf wirtschaftlichem Gebiete noch turellen
tun. Antisemitismus treiben, denn nur
Juden haben nicht nur nicht abgenommen, uns auf dem Gebiete der Literatu
viel zu leisten gibt, aber wegen der wirtschaftlichen Fragen
sondern an Einfluß noch gewonnen. Eine Bewegung kann werden. Wir müssen aber auch den
dürfen wir die geistigen Bedürfnisse nicht gänzlich ver¬
nur so lange gesund genannt werden, hoffnungsvoll genannt predigen, um ein weiteres Vordring¬
nachlässigen. Wir können verlangen, daß auch unsere christ
werden, so lange sie noch auf den alten Wurzeln ihres Be¬
lichen Schriftsteller und Künstler zum Durchbruche gelangen
erschweren. Der Jude ist ja sehr
standes bleibt, und eine der wichtigsten dieser Wurzeln ist einem Rout hat sich ein jüdischer
Es ist daher zu hoffen, daß, wenn der Ruf zur Abwehr
der Antisemitismus. Diesen Standpunkt dürfen wir niemals einem bekannten Abgeordneten geäus
ergehen wird, alles die ganzen Kräfte einsetzen wird, vor
dem Gedanken beseelt: „Dem deutschchristlichen Volke eine aufgeben. Ich will aber auch sagen, es gibt nur einen denn von Ihrem Antisemitismus,
deutschchristliche Kunst!“ (Langanhaltender, stürmischer logischen Antisemitismus, das ist der Rassenantisemitismus
ausrichten; schauen Sie dorthin, da
(Stürmischer Beifall.) Die Konfession und Religion hat die Vertreter des Judentums." Lasse
Beifall.
mit dem Antisemitismus wenig zu tun, er ist eine nationale solche Reden nicht abschrecken und
Die nun folgende Diskussion gestaltete sich sehr inter
Pflicht, und wer sein Volk wahrhaft liebt und Verständnis möglich ist, das Judentum niederzuri
essant. Als erster Redner schilderte der Obmann der Orts
für sein Volksbewußtsein hat, muß Antisemit sein. Vielfach
gruppe des Vereines der Lehrer und Schulfreunde, Ober¬
sein, wenn das christliche Volk einig
lehrer Mayer, die Zurücksetzung österreichischer Erfinder geht man, es sei nicht nobel, Antisemit zu sein, man nennt treu hoch hält die alte Fahne des
den Antisemitismus die Schmach des XX. Jahrhunderts, anhaltender, stürmischer Beifall.
und Dichter im Unterrichtsplane selbst höherer Lehranstalten
Ich frage, kann man es als ein rohes Symptom der mangel
Allgemein w. gelehrt, daß Benjamin Franklin der Er
Professor Gottinger vom
finder des Blitzableiters sei, während derselbe eigentlich von haften Bildung betrachten, wenn Deutsche, Slawen oder Redevereine christlichdeutscher Studen
Romanen auf bedrohtem Gebiete Angriffe abwehren? Es
einem Prämonstratensermönche namens Prokop Tiwisch aus
führungen des Referenten und sord¬
ist allen erlaubt; nur dann, wenn es sich um den Juden haften Unterstützung der christlichen
Klosterbruck erfunden wurde. Aehnlich verhält es sich mit
der Erfindung der Nähmaschine, als welcher der Wiener handelt, ist es ein Zeichen mangelhafter Bildung. Wenn Chefredakteur Puchstein an der
Bürger und Schneidermeister Madersperger zu betrachten es dem Amerikaner gestattet ist, die gelbe Rasse abzu
die Unhaltbarkeit der Zustände an
ist, während allgemein gelehrt wird, der Erfinder derselben wehren, weil sie ihm schädlich ist, so ist es auch unsere
ihre sittlichen Gefahren darlegte. Nach
sei der Amerikaner Howe aus New-York. Aus diesen Fällen Pflicht, der sehr schädlichen Judenrasse Einhalt zu gebieten
gesprochen, begrüßte Abgeordneter
zeigt es sich deutlich, daß eine gewisse Tendenz darinnen Ich habe in den letzten Versammlungen immer über drei
anstaltung solcher Vortragsabende,
Arten des Antisemitismus gesprochen, den verschämten, den anregte. Schließlich beantragte ere
liegt, das Oesterreichertum möglichst zurückzusetzen. Aehnlich
stilten und den lauten. Der verschämte Antisemitismus ist welcher dem Reichsratsabgeordneten
ist es in der Literatur. Da gibt es viele Lehrbücher,
welchen die Gedichte erklärt werden, aber von Johann Nep. allenthalben vorhanden. Das antisemitische Schamgefühl is
mung zu seinem Antrage betreffen
Vogl und von Gabriel Seidl ist keine Rede. Bezüglich der auch im Abgeordnetenhause zu bemerken, denn wäre dieses ziffermäßigen Verhältnisses der für
Kompendien der Literaturgeschichte gilt dasselbe. Auf antisemitische Schamgefühl nicht vorhanden, säßen Hock, Mittelschüler ausgesprochen und
Goethe ist eine solche Anzahl von Seiten verschwendet, die Ofner und Kuranda nicht so still beieinander. (Heiterkeit Raum gegeben wird, daß die Mit¬
und Beifall.) Es ist das antisen sche Schamgefühl, das
trotz seiner Größe nicht notwendig sind, während auf Grilt
schusses, welche diesem Antrage zuge
parzer in demselben ganze fünf Zeilen entfielen. Es ist die Herren abweist. Damit dürfen wir es über nicht genug ihrem Standpunkte beharren werden
sein lassen. Der stille Antisemitismus ist derjenige, der
klar, daß da systematisch das christliche Oesterreich benach
einstimmig angenommen und, nachdem
teiligt wird. Man sieht also deutlich, wie auf dem Gebiete auf dem Wege der Gesetzgebung, des gesellschaftlichen Lebens
gesprochen, die Versammlung mit
der Kunst und Literatur gewirtschaftet wird. Unsere Aufgabe des literarischen und Kunstlebens gegen die Einflüsse des
einsobmannes Spuller geschlossen
ist es, in den politischen Vereinen aufklärend zu wirken Judentums ankämpfen, und da gibt es viele Arbeit zu tun
und mit Macht zu fordern, daß es anderes wird, daß die Das nenne ich den stillen Antisemitismus, der sich durch