VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 25

13. Miscellaneous
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der jedenfals ange¬
gesprochen hat!“ Das ist die Forderung, die jetzt von
Erklärung. Denn sie soll nicht den Rechtszustand de¬
den verschiedensten Seiten erhoben wird.
früheren Königreichs Hannover ändern, sondern nur
Ja, wie denkt man sich denn eigentlich diesen Ver¬
das Welfenhaus verpflichten, den gegenwärtigen
zicht? So möchte ich dagegen fragen.
Rechtszustand nicht anzufechten.
heit für immer verleidete Speise von uns stießen. Die
Import Paris und Wien.
beleidigten Anhänger des großen Pariser Gaukelspiels
Von
lächelten — sie bekamen noch lange recht. Immer
til
wieder hörte man es: das Theater lebt von den Fran¬
Georg Hirschfeld.
zosen — die Franzosen bleiben unerreicht. Man wies
Das eine ist gewiß, wenn man auf der optimistischen
sie sogar im germanischen Ringen nach, man fand
Reise durchs europäische Drama wieder einmal
Ibsens Bühnenkenntnis in französischer Schule. Wer
in Frankreich Station macht: der deutsche Reisende
offenkundig oder heimlich bei uns Deutschen das alt¬
überzeugt sich, daß dieser Aufenthalt unausstehlich ist.
bewährte Franzmann-Muster okkuperte, hatte ja ge¬
Es tut not, es von Zeit zu Zeit zu konstatieren. So
wiß den breiten Erfolg für sich. Dennoch — unsere
überwindet man es doch einmal ganz. Sich völlig zu
gute, starre Michelabwehr hatte recht. Es war kein
entwöhnen, d. h. urteilslos zu werden, wäre nicht der
Gewinn bei dem ganzen Import. Gar kein Gewinn.
richtige Weg. Man muß vielmehr noch einmal gläubig
Jetzt vielleicht erst, da man feinhöriger und vor allem
vor dem Zaubertheater der Gallier sitzen, kindisch in
respektvoller geworden ist für deutsche Art, sieht man
all den bunten Flimmer starren, beinahe hinein¬
es ein. Aber man bedenkt nicht, wieviel deutsches
fallen, um dann wahrhaft dreinhauen und ungemütlich
Geistesblut vergeudet worden ist, bis ein Theaterpubli¬
beschließen zu können: Nein, Herr Nachbar — Sie
kum sein Spannungsbedürfnis von den seelischsten
gehen mich nichts an.
Dramen Hauptmanns, von den formlosen Feuern
Pariser Dramatik ist ein Versucher, der nur durch
Wedekinds und Eulenbergs Träumen befriedigt erhielt.
Lächerlichkeit seine Macht verliert. Hier heißt es an¬
Sei es drum — wir sind so weit. Eine sanfte Lächer¬
setzen, und es wird gelingen, den Zauber zu brechen.
lichkeit haftet an den gallischen Explosionen, und er¬
Ich liebe Paris, aber ich weiß, seitdem ich es kenne, daß
griffen ist nur noch die gute, immer gläubige Madam.
seine Dichtkunst das Epos ist. Wir Deutschen sind von
Aber die weiß auch nicht mehr, was sie eigentlich er¬
Kindheit auf durch eine seltsame Fälschung beirrt wor¬
griffen hat, sobald sie um ihre Garderobe kämpft.
den. Wir sahen den Spiegel des Pariser Lebens (falsch
Leicht gemacht wird es einem freilich nicht, das Ab¬
sahen wir ihn doch immer mächtiger auf der Bühne
wirtschaften. Der Pariser Theaterpraktikus baut vor.
als im Roman. Großeltern und Eltern fütterten uns
Besonders, wenn er Henri Bernstein heißt, dessen Name
mit dem Meyerbeer, und es gab einen wesentlichen
ja schon so klug zwischen französischem Charme und
Konflikt, als wir den Meyerbeer wie eine in der Kind¬
deutscher Schwere verhandelt. Henri Bernstein weiß,
gemeint hat, durch die Aussohn
sern Welf und Hohenzollern das
tum mit einem Schlage kurze
schaffen zu können, der hat sich
daß die künstlerische Forderung
mählich zum bürgerlichen Gesch
ist an seinem neuen Schauspiel
kürzlich in den Münchener Kan¬
worden, lustig zu beobachten, wo
unbekümmerte Franzos, losgega
Blick auf die Nachbarschaft, das
packt hat. Eigentlich ist auch die
ehrwürdigen Rezept in der Apo
Sardou hergestellt. Ein freun¬
verdächtiger Harmlosigkeit, die
weilen darf. Dann plötzlich
„mächtiger Aufstieg, die Entlad
Im dritten endlich ein beruht
klopfen des erfolgsicheren Kenne
noch auf die Kosten kommen, b
ich habe selbstverständlich, abge¬
noch eine überraschende Wendt
das Rezept. Aber der wahrhafte
sichtigt, daß auch die Medizin
mithin auch ihre Rezepte. Er
kenntnis hinein, er liefert neu¬
Doch während er sich nach der
entblößt er sich nach der andere
machen, denn ein tieferer Dia¬
lingen: die Berechnung. Ger¬
haben den unmittelbaren Dran
Aus dem dargebrachten Ganzen
weisheit. Aber der geistig man