VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 51

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Dritter — und schließlich
wird geheiratet. Aber in all diesen Liebeleien
Frauen brauchen nicht erst großen Toilettenauf¬
gibt sie sich nicht aus, sondern bringt in die Ehe
wand, Fesch und nett sein, das ist die Haupt¬
sache. Ein Tuchkostüm, eine Seiden= und eine
immer noch so viel mit, daß sie ihrem Mann eine
brave Hausfrau wird. Und das schlanke Mädel
Batistluse — das ist bei so mancher Frau der
ganze Toilettestaat. Aber wie sie den anzieht, wie
von einst wird rund, kocht und näht und flickt und
erzieht seine Kinder.
sie den tragt, das macht ihr keine Frau der Welt
nach.
Das ist das Mädel aus dem Volk. Bei Bür
Wenn es wahr ist, daß die Frauen ihren
gertum und Aristokratie ist der Lebenslauf der
Städten gleichen, so trifft das vor allem bei Wien
Mädchen wohl ein etwas anderer, aber sein Zie
und der Wienerin zu. Sie ist wirklich so wie ihre
ist das gleiche: die gute Hausfrau. Das Mädchen
Stadt. Anspruchslos und heiter, nicht hyper¬
aus „guter Familie darf nicht mit jemandem
elegant, aber fesch und schön, und je länger man¬
sehen, und die Emanzipation hat auf diesem
sie kennt, desto mehr liebt man sie, und beste be¬
Gebiete gerade im lebenslustigen Wien sehr
haglicher fühlt man sich bei ihr.
kurze Beine. Aber es kann trotzdem seine Jugend
in vollen Zügen genießen. Da ist im Winter der
Fasching mit seinen zahllosen Ballen, Kränzchen
und den dazugehörigen Komiteesitzungen, da ist
der Sommer mit seinen Parkfesten und Schön¬
heitskonkurrenzen.
Da sind im Winter der
Semmering mit seinen Bobsleighbahnen, im Som¬
mer Ischl und Baden mit ihren Parks und Aus¬
flügen — so eine junge Dame der Wiener Gesell¬
schaft kommt eigentlich nie so recht aus dem Ver¬
gnügen heraus.
Und wird dann, wenn die Zeit da ist, doch
eine gute Hausfrau. Selbst wenn ihr Mann
nicht ganz dem Ideal ihrer Jugendräume ent¬
spricht. Man weiß ja, im Mittelstand und
beim Adel wird nicht immer das Herz um Rat
bei einer Eheschließung befragt. Mitunter, wenn
zwei so gar nicht zusammen passen wollen, geht
ja die Sache schief, aber meistens hat die Wienerin
kein Talent zum Unglücklichsein. Wien ist ja
auch die Stadt, in der man am wenigsten von
großen Eheskandalen und Ehekonflikten hört. In¬
folge ihres heiteren, der wirklichen Traurigkeit
abholden Temperaments ist die Wienerin wie
keine zweite Frau geeignet, sich in alle Verhält¬
nisse hineinzufinden. Sie bringt es sogar fertig.
in einer Ehe zufrieden zu sein, in der ihr Herz
nicht auf seine Rechnung kommt, und dem Mann
ein behagliches, gemütliches Heim zu schaffen.
Behaglich, gemütlich — das sind die beiden
Worte, auf die die Wiener Hausfrau ihre Kunst
stellt. In ihrer Stadt kennt man wenigstens
im großen Mittel= und Bürgerstande — nicht das
rauschende, geld- und zeitraubende Gesellschafts¬
leben wie etwa in Berlin. Vesper und Abend¬
het ersetzen hier Spielpartie und Souper. Und
alles ohne Prunk. Sie haben bei uns schon von
vornherein zu wenig Geld dazu. Wer bei einer
Wiener Familie eingeladen ist, braucht nicht erst
großartig in seinen Frack zu klettern. Nichts ist
einer echten Wiener Hausfrau verhaßter als
Zeremonie und Förmlichkeit. Sie nimmt die
Leute, wie sie sind, und gibt sich selbst, wie sie ist.
Sie zwingt ihre Gäste nicht und zwingt sich nicht.
Wenn sie Hunger haben, können sie essen, wenn
sie keinen haben, können sie zuschauen, wie es
den anderen schmeckt. Wenn ein Fremder ins
Haus der Wienerin tritt und sie mit seiner
schönsten Verbeugung begrüßt, nimmt sie ihm
mitten in dieser schönsten Verbeugung den Hut
aus der Hand und sagt ihm: „Setzen Sie sich
Sie sind da z' Haus!
Sie hat ein kluges Lebensprinzip, die Wiene¬
rin. Sie weiß sich einzurichten. Mit allem. Mit
dem Geld und mit dem Herzen. Sie fügt sich,
denn sie ist viel zu weich für Konflikte. Wenn
sie Geld hat, gibt sie es aus. Und wenn sie
sparen muß, spart sie. Nicht umsonst wurde die
Bluse gerade in Wien erfunden, dieses Allerwelts¬
kleidungsstück, das man fast bei jeder Gelegen¬
heit anziehen kann, im Hause, auf der Straße,
im Theater wie beim Begräbnis. Sie weiß, sie
ist hübsch, und als der Herrgott sie geschaffen hat,
war er besonders gut aufgelegt. Und hübsche
Saisonbeginn in den
Berliner Theatern.
Nicht weniger als acht Berliner Bühnen der
erschiedensten Art haben gestern (Freitag) der
neuen Spielzeit ihre Pforten aufgetan. Andere
waren ihnen ohne Sang und Klang mit der Auf¬
führung ihrer Repertoirestücke vorangegangen,
und nur wenige gibt es, die unentwegt an die
Fortdauer ihrer Sommererfolge glauben, trotz¬
dem die Abende uns schon leite an den Herbst