VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 149

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13. Miscellaneous


im Berichte des W. erste ge¬
anfall am Schlusse hätte einen etwas mehr patho¬
se an die Reihe des Tales zu verlieren ungen riche es ist nur gut zu ernsten des
logischen Charakter tragen dürfen. Das „Du armer
Herr Groß in dieser Rolle ebenfalls ausgezeichnet
Narr!", das er dem Bruder entgegenschleudert,
rleugnet.
war, und daß er das hilflose: „Macht ja nix,
Im Gegensatze zu Bahrs „Armen Narren
war mit zu viel Bewußtsein gesprochen. Fräulein
igt Schönherr in den „Karnerleuten ein Stück Füchsel, daß Du's dem Gendarmen gesagt hat!“
May gefiel in der Rolle eines verschüchterten
an der Leiche des Kindes sogar noch etwas ergrei¬
eben von der Landstraße in streng naturalistische
Mädchens, Herr Dr. Krauß säuselte, daß man
fender gesprochen hat als Treßler. Aber dem könnte
bjektivität, ohne sentimentale Beimengungen
ihn auch in den vordersten Reihen des Parketts
man wieder manches andere Detail entgegenhalten
hne Einmischung einer Idee. Diesem sicheren und
nicht verstand.
sunden Betrachten des Menschenseins ist selbst das dem Gaste besser gelungen ist. Und wie präch¬
Ein Teil des Publikums schien nur mit Fulda
tig waren seine Masken! Im ersten Einakter er¬
nfache Parteinahme an den einzelnen Figuren
zufrieden. Hermann Bahr befremdete und Schön¬
zählte schon das etwas verdrossene Aussehen, der
emd. Den lustigen Gauner und den bärbeißigen
herrs „Karnerleute" fand man „entsetzlich“. Ent¬
etwas ungepflegte Bart: „Mann, der keinen großer
andjäger, beide zeichnet Schönherr mit gleichen
Wert auf Gesellschaften legt, der Ruhe und setzlich nicht im Sinne eines mitleidigen Grauens
Ruhe und Vorurteilslosigkeit. Jeder erhält sein
mit den Opfern dieser ergreifenden Elends¬
Gemütlichkeit eleganter äußerlichkeit vorzieht.
Gewicht an guten und an bösen Eigenschaften, un
geschichte, sondern im Sinne des Abscheus. Und
Im „Armen Narren“ war die Erscheinung, die
eide entschuldigt für die bösen ihre Stellung
Stimme, die eines schwer kranken und zugleich doch ist der arme Teufel, der hier aus Not stiehlt,
so viel sympathischer als in Bernsteins im Vor¬
innerhalb der Gesellschaft.
Herr Treßler wechselte gestern dreimal das von Mißtrauen und Mißgunst erfüllten Menschen
jahre so beifällig aufgenommenen Schauspiel „Der
und in den „Karnerleuten" las man dem „Vintsch¬
leid, die Maske, den Charakter. Jedesmal er¬
thien er als ein anderer und jedesmal vergaß gauer“ Treßlers das Vagabundentum und zu¬ Dieb die Heldin, die sich an fremdem Eigentum
gleich die Harmlosigkeit eines Menschen, der keiner vergreift, um seidene Unterwäsche zu kaufen, nach
an über der Aufgabe den Schauspieler. Ein
der das Auge ihres Gatten verlangt. Hat das
Roheit fähig ist, vom Gesicht ab.
höheres Lob läßt sich kaum spenden. Wie köstlich
Von unseren Darstellern erschienen im Lust= Repertoire unserer Bühnen wirklich Teile unserer
zeigte er in Fuldas Lustspiel das Schwinden der
Zuschauerschaft so verdorben, daß sie nur mehr dem
spiele Fräulein Fernau und die Herren
Perstimmung des jungen Ehemannes in
wachsenden Aussicht, seine Frau einmal allein be=Schroth und Großmann neben dem Gaste Heiteren gegenüber aufnahmsfähig erscheinen, für
Ernstes und Tragisches nur ein spöttisches Lächeln
gut am Platz. Im „Armen Narren“ konnte man
tzen zu dürfen. Wie häßlich-echt zeichnete er die
Reizbarkeit, Mißgunst und die hämische Schaden es mit Zufriedenheit sehen, daß der Gast Herrn oder ein unwilliges „entsetzlich übrig haben? Wir
finden den ewigen Blödsinn der Lustspielchen und
freude eines niederen, durch schwere Krankheit ge=Marlitz bei allen Beifallsstürmen mit vor die
Rampe brachte. Sein geisteskranker Komponist Schwänke viel entsetzlicher!
brüften und erbitterten Charakters im „Amen
Dr. Alfred Möller.
Narren“. Und was für ein lieber, gutmütiger war rührend in seiner stumpfen Gleichgiltigkeit
und seiner darauffolgenden Verklärung unter dem
Kerl war sein armer Teufel von Gauner in den
Karnerleuten". Wie prächtig sprach er dazu das Abglanze seliger Erinnerungen. Nur der Zorn¬