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13. Miscellaneous
Studienjahres an eine gereizte Stimmung, die bei geringen Anlässen über Stiegen ist für
Nichts liegt nach
entzückende Aussicht nach dem Kahlen= und dem Leopoldsberg ge¬
Bei der delle Grazie,
währen, wirkt wie ein Wahrzeichen ernster Arbeit und ästhetischer Dichter.
Auch hier zeig
Ordnungsliebe. Das alles umfängt den Besucher mit warmer
Von
Dichterische auf die Di
Harmonie. Die delle Grazie ist in ihrer Ausdrucks
Ilka Horowitz-Barnay.
hält Schnitzlerfü¬
weise hochinteressant. Jede Frage, die sie beschäftigt,
Als ich beschlossen hatte, die delle Grazie
mehr vermöchte, als er
der nimmt sie mit gespannter Aufmerksamkeit in sich auf, sie ant¬
ich hier die gesellschaftliche Titulatur von „Fräulein" rc. ebens¬
für einen echten, beden
wortet nicht gleich. Man sieht förmlich, wie sie darüber nach
wenig geben kann, wie etwa der Duse oder der Rosa denkt, wie sie in die Tiefe taucht, wie sie sich konzentriert, um
bach entzückt sie
Bonheur — aufzusuchen, um ihre nähere Bekanntschaft zu
Humoristen, als der sie
die Summe ihrer Gedankenarbeit fertig herauszuholen. Wenn sie
machen, da wurde es mir plötzlich klar, daß ich einer richtigen
dann spricht, so geschieht das mit fast südlicher Lebhaftigkeit, aus gewürdigt wird. Wenig
wirklichen Dichterin noch niemals Aug in Aug gegenüber
Hauptmann. Si
einem schön=bewegten Temperament heraus, das ihrer Rede einer
gestanden war. Es gab mir förmlich einen Ruck. Und sofor
Schulbeispiel und „Han
durchwegs kräftigen Rhythmus verleiht. Sie lacht laut und herzlich
begann meine Phantasie zu arbeiten, und ich war bemüht, mi
und hat eine merkwürdig charakteristische Beweglichkeit der rechten sie hält Hauptmann ni¬
eine Vorstellung zu machen von Wesen und Eigenart eine
Hand, die ihrer Rede ausdrucksvoll sekundiert. Aber es fliegen kennen muß, daß er
Dichterin, von ihrer Lebensführung und ihrem Temperament, auch tiefe, melancholische Schatten über ihre beweglichen Züge,
schaffen weiß.
Vor allem beschäftigte mich die Frage: Würde sie aus ihre
Ich war neugier
namentlich wenn sie davon spricht, daß sie seit ihrer frühesten
Welt in die meine herüberkommen? Würde sich ein Gedanken
Kindheit fast immer einsam gelebt, daß sie sich nur schwer an halte Ibsen", meint sie
austausch herstellen, der beiden Genuß und Bereicherung böte
seinen frühesten Werken
Menschen angeschlossen und niemals eine Freundin besessen hat.
„Ich habe mich im Wesen und auch morphologisch seit „Kronprätendenten, al
Und Fragen realistischer Art drängten sich auf: Wie lebt
späteren partikulär nor
wie wohnt, wie kleidet sich eine Dichterin? Bis in die meiner Kindheit kaum verändert", sagt sie und in der Tat zeigt
Haizingergasse hinaus rumorten Fragen und Zweifel in meinem eine ihrer Photographien als siebenjähriges Mädchen vollkommene Tolstoi in keinem
„Anna Karenina". D
Aehnlichkeit in den kindlichen Zügen, den Ausdruck schwermütigen
Gedankenapparat, und siehe, als ich bei der delle Grazie eintrat
werk. Aber für den Ge¬
als sie mir warm und herzlich entgegenkam, mir kräftig die Hand Ernstes, ja einen über das Kindesalter hinaus gereiften forschender
jewsky, den Seel=
drückte, — da lachte ich mich und alle meine Skrupel sofort sehnsüchtigen Blick.
sagte: „Daß er von ih
Ich bin überzeugt, daß dieses merkwürdige Gemisch von
innerlich herzhaft aus. Dichterin? Jawohl, innerlich fraglos
habe." Die delle Grazi¬
Jeder Gedanke, jede Sensation! Aber äußerlich? Gottlob, nein! Licht und Schatten, von hellem Temperament und dunkler Ge
Denkerin, der kein ge¬
dankentiefe in einer Ausgesprochenen Rasseneigentümlichkeit wurzelt.
Keine Spur von Absonderlichkeit, von Unnatur. Eine liebens
lebt — wie nicht and
Die delle Grazie entstammt einer alten, bis ins XIII. Jahr
würdige, warmherzige, temperamentvolle, hochkultivierte weiblich
der citta¬ tüchtigkeit, jener sittliche
Erscheinung, einfach und natürlich, auch wenn sie die tiefsinnigsten hundert zurückreichenden venezianischen Familie —
scheint als die Fahnen
Dinge aussprach, ein reiner, großer Mensch, den man sofort dinanza originaria Veneziana — und sie erlebte ihre früheste
empfinden und verstehen mußte. Und so wurde denn die kurze Jugend bis zu ihrem neunten Jahre in Ungarisch=Weißkirchen, als wir von Nietzsche
Nach ihrer Schilderung war sie immer ein träumerisches, ein „ver starken geistigen Selbst¬
Plauderstunde für mich wie eine intime Aussprache mit einem
stiegenes Kind und ihr Blick schweifte schon damals in stiller nicht ohne weiteres
engbefreundeten Menschen, den man leider nur zu selten sieht.
Noch ehe ich erzähle, was wir miteinander gesprochen, Sehnsucht über die alten Römerstraßen, nach den sichtbaren Trajans aber sie verdammt es
muß ich als Frau und Hausfrau über das Wohnzimmer der tafeln jenseits des anderen Ufers. Die eigenartige Landschaft mit aus dem Grunde schie¬
interessante Entwicklung
Dichterin sprechen. In dem schönen, anheimelnden Raum, der ihrem melancholisch=tragischen Charakter, die rumänische Bevölkerung
ohne jene aufdringliche Pracht, aber mit wohltuender, bürgerlicher mit ihren klassischen und an die alten Lateiner gemahnenden Ge¬ weil er meist in Aphori¬
Eleganz ausgestattet ist, stört nicht die leiseste Dissonanz das stalten, ihren schönen Weibern, alles das prägte sich bildhaft in halten. Selbstverständlich
Auge. Keine Bohmegenialität, keine sogenannte künstlerische das phantasievolle Gemüt des begabten Kindes. So vereinigten für den hervorragendste
geahnten neuen Glanz
Unordnung, die bei der kultivierten Frau nur auf Nachlässigkeit sich altererbte Kunst= und Lebfreudigkeit des strahlenden vene
sondern für ein epochem
zinischen Elements mit den düsteren Jugendeindrücken und
schließen läßt; die Dichterin verschmäht es nicht, eine gute, sorg
Bei dieser Geleg¬
same Hausfrau zu sein, ohne daß ihr die leiseste Pedanterie nach befruchteten die hervorragenden dichterischen Fähigkeiten
dem Gedanken an einen
ginge. Ihr Schreibtisch, der zwischen zwei Fenstern steht, die eine delle Grazie.
13. Miscellaneous
Studienjahres an eine gereizte Stimmung, die bei geringen Anlässen über Stiegen ist für
Nichts liegt nach
entzückende Aussicht nach dem Kahlen= und dem Leopoldsberg ge¬
Bei der delle Grazie,
währen, wirkt wie ein Wahrzeichen ernster Arbeit und ästhetischer Dichter.
Auch hier zeig
Ordnungsliebe. Das alles umfängt den Besucher mit warmer
Von
Dichterische auf die Di
Harmonie. Die delle Grazie ist in ihrer Ausdrucks
Ilka Horowitz-Barnay.
hält Schnitzlerfü¬
weise hochinteressant. Jede Frage, die sie beschäftigt,
Als ich beschlossen hatte, die delle Grazie
mehr vermöchte, als er
der nimmt sie mit gespannter Aufmerksamkeit in sich auf, sie ant¬
ich hier die gesellschaftliche Titulatur von „Fräulein" rc. ebens¬
für einen echten, beden
wortet nicht gleich. Man sieht förmlich, wie sie darüber nach
wenig geben kann, wie etwa der Duse oder der Rosa denkt, wie sie in die Tiefe taucht, wie sie sich konzentriert, um
bach entzückt sie
Bonheur — aufzusuchen, um ihre nähere Bekanntschaft zu
Humoristen, als der sie
die Summe ihrer Gedankenarbeit fertig herauszuholen. Wenn sie
machen, da wurde es mir plötzlich klar, daß ich einer richtigen
dann spricht, so geschieht das mit fast südlicher Lebhaftigkeit, aus gewürdigt wird. Wenig
wirklichen Dichterin noch niemals Aug in Aug gegenüber
Hauptmann. Si
einem schön=bewegten Temperament heraus, das ihrer Rede einer
gestanden war. Es gab mir förmlich einen Ruck. Und sofor
Schulbeispiel und „Han
durchwegs kräftigen Rhythmus verleiht. Sie lacht laut und herzlich
begann meine Phantasie zu arbeiten, und ich war bemüht, mi
und hat eine merkwürdig charakteristische Beweglichkeit der rechten sie hält Hauptmann ni¬
eine Vorstellung zu machen von Wesen und Eigenart eine
Hand, die ihrer Rede ausdrucksvoll sekundiert. Aber es fliegen kennen muß, daß er
Dichterin, von ihrer Lebensführung und ihrem Temperament, auch tiefe, melancholische Schatten über ihre beweglichen Züge,
schaffen weiß.
Vor allem beschäftigte mich die Frage: Würde sie aus ihre
Ich war neugier
namentlich wenn sie davon spricht, daß sie seit ihrer frühesten
Welt in die meine herüberkommen? Würde sich ein Gedanken
Kindheit fast immer einsam gelebt, daß sie sich nur schwer an halte Ibsen", meint sie
austausch herstellen, der beiden Genuß und Bereicherung böte
seinen frühesten Werken
Menschen angeschlossen und niemals eine Freundin besessen hat.
„Ich habe mich im Wesen und auch morphologisch seit „Kronprätendenten, al
Und Fragen realistischer Art drängten sich auf: Wie lebt
späteren partikulär nor
wie wohnt, wie kleidet sich eine Dichterin? Bis in die meiner Kindheit kaum verändert", sagt sie und in der Tat zeigt
Haizingergasse hinaus rumorten Fragen und Zweifel in meinem eine ihrer Photographien als siebenjähriges Mädchen vollkommene Tolstoi in keinem
„Anna Karenina". D
Aehnlichkeit in den kindlichen Zügen, den Ausdruck schwermütigen
Gedankenapparat, und siehe, als ich bei der delle Grazie eintrat
werk. Aber für den Ge¬
als sie mir warm und herzlich entgegenkam, mir kräftig die Hand Ernstes, ja einen über das Kindesalter hinaus gereiften forschender
jewsky, den Seel=
drückte, — da lachte ich mich und alle meine Skrupel sofort sehnsüchtigen Blick.
sagte: „Daß er von ih
Ich bin überzeugt, daß dieses merkwürdige Gemisch von
innerlich herzhaft aus. Dichterin? Jawohl, innerlich fraglos
habe." Die delle Grazi¬
Jeder Gedanke, jede Sensation! Aber äußerlich? Gottlob, nein! Licht und Schatten, von hellem Temperament und dunkler Ge
Denkerin, der kein ge¬
dankentiefe in einer Ausgesprochenen Rasseneigentümlichkeit wurzelt.
Keine Spur von Absonderlichkeit, von Unnatur. Eine liebens
lebt — wie nicht and
Die delle Grazie entstammt einer alten, bis ins XIII. Jahr
würdige, warmherzige, temperamentvolle, hochkultivierte weiblich
der citta¬ tüchtigkeit, jener sittliche
Erscheinung, einfach und natürlich, auch wenn sie die tiefsinnigsten hundert zurückreichenden venezianischen Familie —
scheint als die Fahnen
Dinge aussprach, ein reiner, großer Mensch, den man sofort dinanza originaria Veneziana — und sie erlebte ihre früheste
empfinden und verstehen mußte. Und so wurde denn die kurze Jugend bis zu ihrem neunten Jahre in Ungarisch=Weißkirchen, als wir von Nietzsche
Nach ihrer Schilderung war sie immer ein träumerisches, ein „ver starken geistigen Selbst¬
Plauderstunde für mich wie eine intime Aussprache mit einem
stiegenes Kind und ihr Blick schweifte schon damals in stiller nicht ohne weiteres
engbefreundeten Menschen, den man leider nur zu selten sieht.
Noch ehe ich erzähle, was wir miteinander gesprochen, Sehnsucht über die alten Römerstraßen, nach den sichtbaren Trajans aber sie verdammt es
muß ich als Frau und Hausfrau über das Wohnzimmer der tafeln jenseits des anderen Ufers. Die eigenartige Landschaft mit aus dem Grunde schie¬
interessante Entwicklung
Dichterin sprechen. In dem schönen, anheimelnden Raum, der ihrem melancholisch=tragischen Charakter, die rumänische Bevölkerung
ohne jene aufdringliche Pracht, aber mit wohltuender, bürgerlicher mit ihren klassischen und an die alten Lateiner gemahnenden Ge¬ weil er meist in Aphori¬
Eleganz ausgestattet ist, stört nicht die leiseste Dissonanz das stalten, ihren schönen Weibern, alles das prägte sich bildhaft in halten. Selbstverständlich
Auge. Keine Bohmegenialität, keine sogenannte künstlerische das phantasievolle Gemüt des begabten Kindes. So vereinigten für den hervorragendste
geahnten neuen Glanz
Unordnung, die bei der kultivierten Frau nur auf Nachlässigkeit sich altererbte Kunst= und Lebfreudigkeit des strahlenden vene
sondern für ein epochem
zinischen Elements mit den düsteren Jugendeindrücken und
schließen läßt; die Dichterin verschmäht es nicht, eine gute, sorg
Bei dieser Geleg¬
same Hausfrau zu sein, ohne daß ihr die leiseste Pedanterie nach befruchteten die hervorragenden dichterischen Fähigkeiten
dem Gedanken an einen
ginge. Ihr Schreibtisch, der zwischen zwei Fenstern steht, die eine delle Grazie.