VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 201


solche hier die allein Schuldigen sind. Allerdings haben
sie den alten Geisteslastern der Deutschen neue eingeimpft,
doch es muß stets betont werden, daß die deutsche Literatur
verloren wäre, an materieller und akademischer Auszehrung
stürbe, wenn nicht die Juden mit ihren starken geistigen Be¬
dürfnissen und ihrer Emotionsfähigkeit, die auf künstlerische
Reize reagirt, das Stagniren hinderten. Und bei einer Nation,
wo tüchtige Volksschriftsteller, wie Rosegger, Ganghofer u. dgl.
oder tiefer hinab gar ein Tanera oder May zu den allergelesensten
Autoren zählen, kann man im Verhältniß hierzu die vom Juden¬
thum inscenirten Modegrößen noch als wenigstens „literarisch“
begrüßen. Die erste Phase der Herrschaft des Judenthums
in Literatur und Presse brachte die Aera Lindau=Blumenthal:
die Theetischeleganz der Heyse und Ebers. Nachdem dies
Regiment durch die „Revolution der Literatur“ gebrochen,
bemächtigte sich das tonangebende Judenthum der realistischen
Bewegung. Zuerst stellte die Mosse=Clique den schönbärtigen
Sudermann als Messias auf, dann schuf Brahm, der hierfür
das gesammte Salonjudenthum mobil machte, den Haupt¬
mann, nebenbei auch ein kleines Nachahmertalent wie G. Hirsch¬
feld einschmuggelnd. Sobald neuerdings diese Gattung in
Mißcredit kam, schlug man „intime" und symbolistische Töne
an und proclamirte, — Liliencron und den kraftvoll fau¬
nischen Dehmel bei Seite schiebend, die schon in Sinnlichkeit
und „Plastik" das Feld geebnet hatten — vier weihevolle
Eklektiker, (sämmtlich Juden), Schnitzler, Hofmannsthal, Beer¬
Hofmann, Stephan George, als Messiasse. Nun soll die Be¬
gabung all dieser Literaten nicht verkannt werden. Doch die
maßlose Ueberschätzung insbesondere Hauptmanns als eines
Ganzgroßen beruht nur auf einer künstlichen Schwindelmache.
Jede diese literarischen strebungen, kleinbürgerliche Epik des
Pseudor
kann, französischer Hautgout Suder¬
manns
eine Form lege der Werner, mit un=
mischen
muß aus vollem Halse lachen, wenn schon die jüngsten Bürsch¬
chen ihr Rotznäschen über Männer rümpfen, die im Kampfe
standen, als sie noch in den literarischen Windeln lagen. Bei
den jüngsten weihevollen Kunsttiftelern versteht man kaum
mehr unter einem Wust von orakelhaften Redensarten, was
sie eigentlich wollen, indem sie in Verstiegenheiten eines Hoff¬
mannsthal einen wunderbaren Höhenaufstieg besingen.
Das
alles klingt so weise und förmlich hegelianisch tiefsinnig, in
Frankreich und England ist man
Wenn
mans so hört, möchts leidlich scheinen! meint das arme Grei¬
chen, das Aschenbrödel gesunder Menschenverstand. Ach, man
lasse sich keinen Bären aufbinden! Worte, Worte, Worte und
nichts dahinter. Neuer Styl der Decadents? Welchen denn?
Den der großspurigen Impotenz. Und selbst den nicht mal!
Eine große That in Worten kündigen sie prahlend an, und
besieht man sich dann die Mißgeburten, sind Bastard=Wechsel¬
bälge ältester Style, Romantik und Classicität unorganisch
verquickt. Ihre Kraft steckt lediglich im ästhetisch verzückten
Wort, mit dem die Jugend ja so bald fertig ist. Der naive
Leser kann es nicht anders leugnen wie Paula Erbswurst,
daß so geistreich klingt, was sie orakeln. Doch in diesem
neuen l’art pour l'art formkünstelt nur der antigermanische
Kult des Aeußerlichen. Soll man daneben das Aufblähen
der sogenannten Heimathkünstlerei als gesunderen Zug be¬
grüßen, der sich in den Provinzen gegen das herrschende
Berlino=Juderthum rührt? Nehmen wir Freussen als
beliebtestes Schnittmuster dieser Mode, so haben wir nur
Neuaufwärmung der seligen Bauerngeschichte, kein Jota
wahrer. Angebliches Hinabsteigen in Tiefen der Volks¬
seele darf nie zu moralisch-sentimentalen Lyrismen führen,
wenn noch ein Fünkchen Wahrheit angeblasen werden soll.
Dieser Volksseele harte Dürre und Nüchterne und kindlich
primitive Naivität allem Großgeistigen über kann nie
ein Object großer Kunst werden, hat überhaupt nur dann
stofflich Werth, wenn brutale Wahrheit wie in Zolas „La
Terre daran erläutert. Frenssen hat seinen Erfolg wohl
meist durch die Mischung von Sentimentalität und Lüstern¬
heit in seiner Erotik erschlichen, die aber dabei wieder nur
Halbwahrheiten austischt und nirgends Muth zu voller Wahr¬
heit findet. Das Geschwafel über einen „menschlichen" Christus
rennt theils offene Thüren ein, durch die schon drei Gene¬
rationen ein= und ausgingen, oder knabbert an unfaßbaren
Mysterien mit verständnißlosem Rationalismus herum. Der¬
Gemeinplatz ist ja für alle Gemeinplätzigen immer ein neues
Evangelium. Doch die Hunderttausende, die sich bei Freussen
grausam langweilten, opferten dem Modeschwindel nur, weil
eine unwissende Presse ihn schuf. Der Naive folgert immer
was so Viele anpreisen, muß doch einen Werth haben. Waltet
hier wenigstens Gegendruck wider frivolseichte Salonspielerei
vor? Schwerlich, diese verlogene Volks= und Heimatbehand¬
lung liefert nur neues Salongeschwätz. Nichts närrischer,
als dies als Neuaufleben germanischen Geistes auszugeben,
da die Genre=Pöselei vielmehr tiefinnerlich mit der Philister¬
moderne zusammenhängt. Germanisch ist das Heroische,
Historische, Gedankliche, mit einem Wort der große Styl,
die Heimathkunst aber bloße Seitenablagerung der modernen
Reportage, weit entfernt von der erlebten Naturpoesie eines
Gorki. Gleichwohl gebe ich zu, daß die „Revolution der
Literatur nicht ganz unfruchtbar im äußeren Erfolge blieb.
Wir „Alten“ erinnern uns unserer Jugendanfänge als einer
Zeit, wo die literarische Welt wüste und leer war und der
Geist alexandrinischer Ohnmacht über den Wassern schwebte.
Ja, es bleibt ein gewaltiger Unterschied, ob man einen Haupt¬
mann lächerlich überschätzt, der doch immerhin ein Jemand
ist, oder ob man des „Neides" verdächtigt wurde, weil man
Julius Wolff und Ebers nicht ernst nehmen und in den
Wildenbrüchigkeiten wohl markige Theatralik, aber nichts
Dichterisches erkennen wollte. Sonach wäre ein Fortschritt
unverkennbar. Im Verhältniß zu jenen Göttern unserer ge¬
ehrten Vorfahren, die gar nichts als akademische Zierbengel
man nennt das „Könner" — oder lackirte Nullen waren,
nimmt sich selbst das Neuwenden altenglischer oder griechischer
alten Hosen und anderer Elekticismus der Neusten, denen
die Poesie nur Liebelei und Formschnitzlerei bedeutet, besser
aus. Eine gewisse Weihe der Kunst brütet ja über ihrer
Aesthetenspielerei, leider nur keine Weihe der Kraft.