I, Erzählende Schriften 35, Therese. Chronik eines Frauenlebens, Seite 3

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Therese
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Radikägozalisten und K#
gewisse
man Linksrepublikaner nennt, finden kein rechtes Ver¬
pichtigste
ständnis. Und zwar nicht etwa, wie man glauben könnte,
franzö¬
weil ihre Programme wesensverschieden sind, sondern weil
as man
ihre Organisationen und Wahlkomitees niemals zusammen¬
didaten
gearbeitet haben während in den vorangegangenen Wahl¬
heinlich,
kämpfen die Linksgruppen einander gegenseitig unter¬
e erzielt
stützten.
gestern,
hr als
Die Strömungen in der radikalen Partei.
mistisch
an am
Außerdem darf man nicht vergessen, daß sich für die
Stich=] Gesamtheit der radikalen Partei ein
außerordentlich schweres Problem erhebt. Hält
achdem
schreitende Erzählung die von Haus zu Haus Irrende, immer
der aus
wieder eine Stellung Suchende in Berührung bringt, und
scheint
macht auch andeutungsweise die Atmosphäre fühlbar, in der
erlassen
sie sich bewegen. Dann gibt er ihnen, meist auf Nimmer¬
wiedersehen, den Abschied, wie sie Therese den Abschied geben,
st recht
Lieb¬
und wendet sich einem neuen Hause zu, dessen Gesichter und
m, und
Atmosphäre die des früheren verdrängen. Selbstverständlich
hat diese Methode auch ihre Gefahren, die Schnitzler natürlich
an jetzt
der be¬
kennt. Ein Meister, auch der Form der Erzählung, weiß
rnante
er besser als alle seine Leser, daß Kunst zur Hälfte Abbrevia¬
hlungen
tur und zur anderen Hälfte Ueberschneidung, Vertiefung im
nädige
Raume ist. Wenn er auf beide Kunstmittel verzichtet, so ge¬
n einer
schieht es teils aus einem dichterischen Eigensinn, weil er
ch aus¬
nicht „Kunst machen“, sondern ganz kunstlos, eindimensional,
Die
wie in einem Polizeibericht oder in einer ärztlichen Anamnese
hat sie
Lebenstatsachen aneinanderreihen will; und in diesem Sinne
ist der Roman ein bewußter Nachzügler der naturalistischen
te der
Schule, wobei nur zu verwundern bleibt, daß Schnitzler vor
ß nicht
dreißig Jahren, als der Naturalismus in Blüte stand, bei¬
Therese
weitem so naturalistisch nicht war. Teils — und dies ist wohl
erlicher
der tieferliegende Grund — will Schnitzler die Trostlosigkeit
Breitler
des Lebensganges Theresens durch seine Einförmigkeit dem
be eng¬
Leser veranschaulichen, was ihm auch gelingt. Sie geht durch
den
eine Pappelallee von Leiden und wir mit ihr. Auf der einen
Seite sind die Pappeln ihre verschiedenen Dienstplätze, auf
egrenzt
sich
der andern ihre unterschiedlichen Liebschaften, die gleichfalls
regelmäßig mit einer Enttäuschung enden. Dennoch irrt sie
noch
von Baum. zu Baum. von Mann zu Mann, und keineswegs
will.
als
aus Luderhaftigkeit oder auch nur aus Treulosigkeit, sondern
Roman
ganz einfach, weil sie mit dem unrechten Fuß ausgetreten ist
Wiener
und ihr ganzes Leben infolgedessen aus einer fortlaufenden
elleicht
Reihe von Fehltritten besteht, bestehen muß. Einmal ist der
d hier
Begünstigte ein Student, ein andermal ein Freiwilliger,
dann wieder ein Sekundararzt, ein Ministerialrat, und ein¬
freilich
richen, oder das anderemal wohl auch der gnädige Herr. Alles in
fort= allem dürften es ebensoviel Männer sein als Dienstplätze,
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C
: Thalakte: ikum die er Kampagne ist,
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daß es nnicht mehr wie einst große Ideen= man na
kämpfe gibt, Ideenkämpfe, die Frankreich nach zwei für ein
ganz bestimmten Weltanschauungen trennten, von welchen
öffnet.
die eine auf die Republik, die bürgerliche Freiheit, die
den Ra
Laienschule und den Antiklerikalismus, die andere auf den
nisse m
Respekt vor der Arme, auf den religiösen Geist und auf
die Annahn#
die intensive Vorbereitung der nationalen Verteidigung basiert
heftiger pe
war. Läßt man die Kommunisten beiseite, die ein klares
listen vom
und deutliches und für die Jugend leider sehr verführerisches
den Radika
Programm haben, so findet man nicht mehr scharf ab¬
republi
gegrenzte Farben, sondern nur Nuancen.
möglich
Der streitbare Sozialist Compère=Morel erklärt sich nun als
die Nat
Anhänger des Kleinbesitzes unter der Bedingung, daß man
fang wi
allein da, einem bürgerlichen Vorurteil zufolge, Frauen im
hang: Frah
gleichen Maße uninteressanter werden, als sich die Zahl ihrer
Satz von u
Liebhaber der Zweistelligkeit nähert, hört man bei acht oder
haftigkeit
neun zu zählen auf und verzeichnet nur noch die Tatsache,
mag wohl #
daß die Namen wechseln.
Mutter im
Aber ein Name bleibt, und auch dies ist künstlerische
bischof gew
Absicht. Es ist der Name Enzbach, des Oertchens, in dem
es damit be
Therese ihr lediges Kind bei Bauersleuten untergebracht hat.
Dichtung.
Erst nur ganz beiläufig erwähnt, gewinnt diese Oertlichkeit
Jugendnove#
im Weiterfließen der Erzählung immer mehr an Bedeutung,
erst, mit gef
immer größeren Umfang; denn wo immer auch Therese gerade
wohl auch
in Stellung ist und mit wem immer sie just ein Verhältnis
die dem Ein
hat, von Zeit zu Zeit fährt sie hinaus nach Enzbach, zu
literarhistor
ihrem Buben. Enzbach ist der Punkt, auf den die Pappelallee
scheint. Es
zielt; man spürt, dort wartet das Schicksal; und von dem
psychologisch
Augenblicke angefangen, wo sich dem Leser dieses im Anfang
Zola den
noch unbestimmte Gefühl mitteilt — etwa im letzten Dritter
Ibsenscher
des Buches — wird die scheinbar so kunstlos vorgetragene
Falle mehr
Erzählung auf eigentümliche Art spannend.
daß er das
Franz wächst heran. Er wächst wie eine Giftpflanze in
und seine R
sumpfigem Grund, oder wie ein bösartiges Neugebilde im
heimnisvoll
menschlichen Körper. Mit Schulstürzen und kleinen
und auf Ar
Schwindeleien fängt er an, später wird es schlimmer, die
zugezogen w
angeborne, vom Vater ererbte Minderwertigkeit tritt in
behaupteten,
seinem Charakterbilde deutlicher hervor, und da ihn Therese
hang, der dil
nicht zu halten vermag, sinkt er bald in jene Untergründe
einigen kan
des Großstadtlebens hinab, deren Kanäle ins Verbrechen
ein Philoso
münden. Hin und wieder taucht er noch empor, versteckt sich
wäre, unter
ein paar Tage lang bei seiner Mutter, verlangt Geld, erpreßt
hält seine zu
Geld, und verschwindet wieder. Eines Tages, da sie sich
Man
seinem räuberischen Ansturm zu spät widersetzt, die Nach¬
daß sein W
barn durch Geschrei herbeirufen will, drückt er ihr rabiat die
Welt, deren
Keyle zu, bis sie röchelnd verstummt. Sie stirbt erst einen
als der Di
Tag später an den erlittenen Verletzungen, und bevor sie
Buch, unter
verhaucht, erkennt sie in der Lucidität der Todesstunde,
eines übersin
fast versöhnt mit ihrem Schicksal, den tieferen Zusammen= bejahen; der