I, Erzählende Schriften 35, Therese. Chronik eines Frauenlebens, Seite 38

Therese
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Totengräber“, wo eine märche #te#tigur Tod und Heldin „Therese“ im Untertitel „Chronik eines
Frauenlebens“. Wenn diese Therese Fabiani, Tochter
Leben im Schicksal eines jungen Mädchens und
ahe und Schnitzlers
des im Irrenhaus verstorbenen Oberstleutnants Fa¬
ihr eines von der Pest heimgesuchten Dorfes zusam¬
biani am Ende eines deprimierend ewig ziellosen
menbindet. Rilke kann gar keinen Humor aufbrin¬
späte Prosa.
vierzigjährigen Lebensweges von ihrem mißratenen
gen, lustige Geschichten mißlingen ihm auch hier wie
unehelichen Sohn ermordet wird, dann ist ein solches
sachlich geschriebene Episoden. Seine Heiterkeit ist
von Rudolf K. Goldschmit.
Schicksal in seinen äußeren Geschehnissen gewiß nicht
immer sanft mit Schwermut oder doch mit Wissen
Rilke guts kannten, schildern mir
typisch, ja so singulär, daß man die ganze Schilde¬
ums Ende getönt. Einmal sagt er in der größten Er¬
ce Wirkung, die dieser
rung als Chronik eines merkwürdigen, außer¬
er
zählung dieses Bandes, die bezeichnend „Am Leben
#: dis Wirkung der Ruhe nicht
gewöhnlichen Frauenlebens lesen müßte. Aber
hin“ betitelt ist: „Der Tod ist ein Nummerwechsel“.
Schnitzler hat in keiner seiner Geschichten ungewöhn¬
licher verborgener Todesnähe. Das
Für Rilke nichts Erschütterndes, immer Begreifliajes,
liche Endstationen interessiert: ein Leben in schwer¬
lich ihn sah, beobachtete ich einen
nur oft die Lebenswege so merkwürdig und donn
wütigem Nichtstun endend, ein Leben in tapferer
ch mude schien: nicht im Gang, der
romanhaft lenkend: wie in der phantastischen tschech¬
Arbeit schwebend, ein Leben in krimineller Anekdote
er Geste, die knapp und ruhig war,
schen Bohèmengeschichte vom „König Bohusch“, der
oder in gesetzmäßig empfundenem Tode auslaufend
chreibbaren Rhythmus des ganzen
seine Enttäuschung über Volk und Welt im Tode er¬
all das ist für Schnitzler gleichgültig. Auch hier
aristokratischen Persönlichkeit, die
tränkt. Der Band bringt Geschichten, ohne lange In¬
in dieser Geschichte. Aber diese Einschränkung „Chro¬
nie, sondern über das Leben mit
troduktionen von Landschaft= und Seelenstimmung,
nik eines Frauenlebens“ ist nur ein stiller, klu¬
wie ein Sammler über kostbares
sachlich berichtet, fast anekdotisch gerundet, aber vie¬
ger Vorbehalt, durch den er neben den gewöhnlichen
giemand unter den Freunden wun¬
les schon in einer Sicherheit des Stiles, der den spä¬
Episoden auch die romanhaften und verschnörkelten
nVorjahr die Todesnachricht emp¬
#ten Meister ankündet, noch nicht ausgereift, aber für
Lebensstationen und das fragwürdige Ende dieser
dem Leben wie sein Cornett Rilke:
die Freunde des Dichters willkommen als Stilübung
Frau zu rechtfertigen sucht.
tverfallenen Geschlechtes. Aus der
voll starker Wirkungen. Den anderen wird man frei¬
Zwischen solchem Anfang und Ende dieser Therese,
Schreibtisches hat man jetzt ein
lich schon die reife Prosa Rilkes, seine späten Bücher,
dte geholt, gedruckte und ungedruckte
zwischen dem Irrenhause des Vaters und ehrer
eher empfehlen müssen.
Jugendzeit zwischen 1898 und 1903,
Tolengruft geschehen die Dinge, um derentwille der
4jährigen und des 29jährigen Dich¬
Dichter dieses Buches schreibt. Und in diesen rund
hundert kleinen Kapiteln leuchtet der alte Schnitzler
te wohl seine Gründe, weshalb er
Wie Rilke gehört auch Schnitzler zu den Dich¬
durch alle gefährliche Schlaffheit eines in seiner Ele¬
Lebzeiten vorenthielt. Dieser pein¬
tern des Müden; auch in seinen Geschichten hallt die
ganz fast ermüdenden Stiles durch. Diese Therese
Arbeiter und Former der Prosa,
Melancholie durch alle Heiterkeit hindurch und Todes¬
ist in den Inhalten ihrer Lebensepisoden für Schnitz¬
gewerblichen Fanatismus eines ini¬
nähe, Morbides, Brüchiges sind Lebensdinge, die er
ler ein durchaus typisches Schicksal; das ist die Chro¬
Mönches an diesen Sätzen und
immer besonders fein gestaltet hat. Da seine Kunst
nik der Frau von ehedem und heute, und wenn die
Perioden deutscher Sprache feilte,
nach einem klugen Worte Hermann Bahrs immer
Geschichte auch vor dem Kriege spielt, so ist dieses
zu diesen Arbeiten stehen. Von
Glacé=Handschuhe trug und in der aristokratischen
Schicksal so von aller Zeitbedingtheit zu lösen ver¬
hichten, die in diesen Band aufge¬
Ruhe des Stiles alles Laute, Grelle, freilich auch
sucht, daß es gar nicht historisch empfunden wird.
reibt er: „Dieses Buch ist lauter
alles Naturhaft=Gesunde mied, so kommt — in seiner
Schnitzler will die angebliche erotische Emanzipation
Heimat und Kindheit — beide längst
Epik noch mehr wie in seinen Dramen — eine merk¬
der Frau unseres Jahrhunderts als Schwindel ent¬
Hintergrund. — Ich würde es heute
würdige geschlossene Uebereinstimmung von Inhalt
larven, weil die Frau mit der errungenen Freiheit
um wohl überhaupt nicht geschrieben
und Form heraus, eine harmonische Glätte, die ihm
nicht wagen kann, auch die Risikoprämie für solche
r eben ein Dichter, der wie alle
unter den Lebenden so leicht kaum einer nachmacht,
Emanzivation zu zahlen. Diese Prämie wird in allen
hicksalen nur das aus der Vergan¬
eine formale Ueberlegenheit, die um ihrer Gepflegt¬
Regel=Fällen zu hoch sein: denn — beweist Schnitz¬
berte, was er liebte. Nichts schien
heit willen respektiert und geschätzt wird, die aber
— die Summe der Erlebrisse — oder wie man
ler —
er und „lebendiger“ die Vergangen¬
doch nie zur Liebe zwingt. Er reicht immer mit einer
will, die Unbegrenztheit oder auch nur Grenzerwei¬
ieren, als der Tod. So machte er
Hand in die Bezirke des Nur=Kunstgewerblichen. Mit
terung der Freiheit der Frau, gefährdet ihre Posi¬
hten den Tod zum Bestandteil des
diesem Respekt vor ganz reifem Können, vor hoher
tion für die einmal doch nur notwendige sozial rich¬
Antinomie beider Kräfte erlebte er
Fähigkeit, die gefährlichsten und delikatesten Dinge
tige Ehe: entwertet sie nicht nur für andere Män¬
Auch durch diese Geschichte streift der
mit Geschmack zu erzählen, liest man auch den neuen
ner und andere Frauen, sondern nimmt ihr selbst
als Klang, als Farbe und legt sich
Roman des Dichters; freilich ein wenig auch mit Ent¬
den Mut und die Kraft, ihr Dasein klar, auf weite
ung über die erzählten Schicksale.
täuschung und Entzauberung. Nach langer Pause er¬
Sicht, auf langes Ziel, gegen die Tradition innerhalb
wird das in einer kleinen, im Stile
scheint wieder aus seiner Feder ein richtiger, großer,
der Gesellschaft zu formen. Schnitzler zeichnet leiden¬
kovellen geschriebenen Stizze „Der
breiter Roman.**) Er nennt die Geschichte seiner
schaftslos, kühl betrachtend und beobachtend, wie
diese Therese die dumpfe, manchmal stickige Abgrün¬
*) Therese. Chronik eines Frauenlebens, S. Fischer=Verlag, digkeit der Welt erlebt, wie sie von Stufe zu Stufe
#und Skizzen aus der Frühzeit. Von Rainer
steigt und sinkt, on Erlebnis zu Erlebnis, zu immer!
1 Leipzig.
nsel=Verlag, Leipzig.
01.82Z
NGi.lC
banateren Stationen der Liebe,
rakter und sozialem Schicksal schl
schreckenden Gleichgültigkeit komm
die Sehnsuchtsschreie ihrer Seele
durchläßt. Ein typisches Schicksal
telmäßige, belanglose Schicksale
Aber diese Frau, die sich bald r
als verführt wird, ist nur typi
Mit der Fingerfertigkeit des Tech
ler die verschiedenen Dienststellu
rese als Erzieherin oder Kinderm
Häuser und Familien, in denen
geht, die Kinder, die sie betreue
fast unübersichtliche Galerie von
zelporträts; vielfarbig, aber doch
Kopfe in der Erinnerung hafte
Schilderungen wirken auf die D
langweilig. Eine große dichterisch
ein Bilderbuch des ganzen sozi
können, hätte hier anekdotisch
Menschen die Verstricktheit diese
aufgezeigt, oder hätte sich begn
voll zu geben. Auch das wäre ei
ters gewesen. Aber bei Schnitzlers
sale die kaum interessieren, wei
terischer Gewalt, sondern mi
Routine aufgeschrieben sind. Die
werden zum Klischee. Nur gelege
tuationen, wenn Therese ihren
um die Liebe ihres mißratene
oder wenn ihre Mutter ihr am
Theresens Lebenswandel durchse
die Hand des Dichters auch in d
er gefährliche Dinge andeutet.
suchte Schnitzler zu gestalten, al
es blieb bei der Anekdotensamm
gemein schriftstellerssch gefungert
in ihrer kühlen Gekonntheit nich
falls nur interessiert, bis man
Schnitzler nur im Ahnen der
bleibt und nicht zur dichterisch
drang. Dem nur in Einzelheiten
im ganzen banalen Buche, in
rsychologische Spürfähigkeit ausz
das letzte: es interessiert gelegen
zeugt nicht. Und das wäre
Frauenschicksal schildert. Die g
Buches besteht nur in der Ern
im nächsien Kapitel der dichter
So wurtet man bis zum Schluß