I, Erzählende Schriften 35, Therese. Chronik eines Frauenlebens, Seite 46

35. Therese
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JUEDISCHE RUNDSCHÄU
d Eileraruf
seiner Komödie lebensgetreu auf die Bühne gestellt, wenngleich
dem Stück stellenweise der logische Aufbau fehlt.
Gespielt wurde unter der Regie von Direktor John W.
Brunius teilweise recht gut. Vor allem Gösta Ekman (dem
deutschen Publikum vom Fülm her bekannt) als Joe Meng, der
in dieser Rolie wieder ville Register seines großen schauspiele¬
risches Können zog. Erschütternd-komisch 1 ollie Zellman
als „Stütze“ im Haus Rosenstein. Der bekannte jüdische Maler
Isaae Grünewald hatte milieugetren Bühnenbilder ge¬
schaffen.
Wie weit das Stück auf die schwedische Bühne paßt — in
einem Lande, wo es absolut kreine Judenfrage gibt — bleibt
abzuwarten. (in Deutschland wär't ein Kassenstück!) Das
Premierenpublikum zeigte sich jedenfalls sehr interessiert, und
der Autor konnte zum Schluß sein strahlendes Antlitz leuchten
der
Holger Ritter (Stockholm).
lassen
Arthur-Sehnitziers neuer-Frauenroman
uim
(Therese, Chronik eines Frauenlebens. S. Fischer, Verlag,
Berlin.)
— ist nicht die Therese aus dem „Weg ins Freie“: diese
noch so haltlose Vorläuferin der modernen Frau, Intellektuelle
und ein wenig Scharlatanin, Jlidin und vor dem Judentum auf der
Flucht. Es ist eine Therese aus dem alten Oesterreich, verarmte
Offizierstochter, angenehmer Durchscknittsmensch, das farblose
wei
Gouvernantenschicksal und zuletzt ein #####olles Mutter¬
älte
schicksal erleidend. Nichts auffallend mn ### als die in¬
sch
tensität eines seltsam schwülen und gleichsam amorphen Sinnen¬
auß
lebens, in welchem nichts verdrängt und nichts erkämpft wird,
me
nichts sich gestaltet und nichts sich kristallisiert. Der einzige
sch
in der langen Reihe ihrer erotischen Partner, zu dem sie Be¬
zichungen von schicksalhaftem Charakter hat, der in ihr so
ein
eiwes wie das Gefühl einer großen Liebe erweckt, welcher der
1
Vater ihres Kindes wird — er ist eine zerflatternde Gestalt von
der gespenstischen Unzuverlässigkeit des Großstadtb. bemiens,
und nicht einmal der Name, unter welchem Tharese mid der d
de
Leser im ke#ien, scheint sein wirklicher Name zu sein. ##gund¬
wo spät im Roman taucht eine mädchenhafte Erscheinung auf, un
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Tilda, Thereses Gegenool, ein Geschöpf von anmutiger Korrekt¬
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heit, distanzizrender Verhaltenheit mit dem Ziel, jede Lebens¬
h.
erscheinung rein zu kristallisieren, in schöne angemessene
Formen zu bringen. Thereses Beziehung zu ihr ist die schmerz¬
liche Sympatt., die wir für Eigenschaften haben, welche uns
fehlen.
Schnitzler schildert in diesem Buche mit einer trockenen
ne
Sachlichkeit, die bei ihm völlig neu und überraschend ist. Die
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spielerische Komponente seiner früheren Werke, die ihn oft
gleichsam gläserne Menschen erschaffen ließ und von vielen
irrtümlich für den grundlegenden Zug seiner künstlerischen
Eigenart gehalten wurde, scheint völlig geschwunden zu sein.
Der wahre Grundzug seiner Kunst aber blieb erhalten: das in
seiner Seitenheit so kostbare Verständnis für den anders¬
Bil
lenschen, die gleiche, jede Unterscheidung ver¬
geschlechtlichen
###
ng des rtännlichen sowohl als des weib¬
hannende
U
angelangen von „Märchen“ bis zu „Spiel
lichen Lie
und „Therese“, Sciinitzlers sexuelle Ge¬
im Morg
und
bleibendes Verdien“c, ist einer der wert¬
rechtigkei
in der Geschichte der menschlichen Ver¬
vollsten F
Ben-Geeriel.
kenischen
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Nathan Asch: Als die Firma verkrachte. Rütten 8 Loening,
Ch.
Frankfurt a. M.
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Ich weiß nicht, ob das Buch niederdrückend oder heiter
her —
ist, wie der Buchumschläg sagt. Ich habe mir darüber keine
brit
Gedanken gemacht, denn dieser Roman, der ja eigentlich gar
hat
kein Roman ist, erhebt sich stellenweise zu einem psycho¬
ben
logischen Meisterstück, zu einem außerordentlich schart kon¬
in
: 4 uf-f4 —