I, Erzählende Schriften 34, Spiel im Morgengrauen. Novelle, Seite 8

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im Morgendrauen
34 SS S nen Sdeen den eneen
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Schnitzler: Spiel im Morgesigrauen.
Die neue Arbeit Arthur Schnitzlers, die Novelle
„Spiel im Morgengrauen“ die soeben bei S. Fischer,
Berlin, herausgekommen ist, erinnert im Aufbau und auch
im Inhalt an ein Frühwerk des Dichters, an die virtuos
erzählte Skizze „Leutnant Gustl“. Da hatte sich in der
Geschichte einer Nacht das Schicksal eines Menschen vollenders
Nicht anders hier in Schnitzlers neuestem Werk. Inhalt
eines Menschenl bens drängt sich auch hier wieder in einen
Tag, in eines Daseins letzte Stunden zusammen. Nicht in
behaglich evischer Breite, sondern in präzifester Fixierung
erzählt Schnitzler, wie das Verhängnis einen jungen Offizier
tiefer und tüeser verstrickt, bis er schließt keinen Rat
mehr weiß und sich erschießt. Ein paar M####ten zu früh,
denn Rettung war schon unterwegs, mit ihr das Geld, die
Ehrenschuld einzulösen. Von neuem bewundert man bei
Schnitzler die subrile Kunst der Menschenzeichnung, der ein
paar zart andeutende Striche genügen, das Bild, den Cha¬
rakter der Personen zu entschleiern. Man bewundert nicht
weniger die Oekonomie der Mittel. Es ist eine Spieler¬
geschichte, ober nichts ist dick aufgetragen, die Spannung
wird nicht durch brutale Effette erhöht, sondern die Span¬
nung liegt in der Atmosphäre, in der Preisgabe an ein
unentrinnbares Fatum. So wirkt nichts zufällig, sondern
notwendig; alles hat so kommen müssen, hat diesen Weg
nehmen müssen. Erschüttert legt der Leser das Buch bei¬
seite, Mitgefüht ergreift ihn mit dem jungen Offizier, der
nicht eigentlich aus Lust am Spiel, sondern um einen
Kameraden zu retten, die Kraft nicht mehr besaß, den
Spieltisch zu verlassen und bis in den dämmernden Morgen
60.
sitzen blieb und Gut und Leben verspielte