I, Erzählende Schriften 34, Spiel im Morgengrauen. Novelle, Seite 9

Die
im Morgendrauen
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de

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dieser Novelle aufsteigt, in das „weite Land“ der Seele
Literaturblatt.
hinüber
Eißlag
Eine Offiziers= und Spielergeschichte mit tragischem
milder
Ausklang — man ist eigentlich erstgunt, daß Schnitzler die
damali
Arthur Schnitzlers neue Novelle.
Geschichte des zum Selbsimord durch eine Spielschuld ge= tausen
(Spiel im Morgengrayen.“ (S. Fischer=Verlag, Berlin, 1927.)
nötigten Offiziers bisher noch nicht geschrieben hat. Aber
„tause
Von Pahl Wertheimer.
dann erinnert man sich: der Oberleutnant Karinski im
„Freiwild“
Das alte Oesterreich mit seiner Buntheit der Stände,
.. hier ist dieses Schicksal schon angedeutet —
der Geschicke, der Seelen, diese Erde, klirrend von histo¬
und hat nicht auch der Leutnant Gustl vergnüglichen An¬
gedenkens Schulden?“
rischen Erinnerungen, leise überall umweht von Musik, um¬
Il.
rauscht von Festen der Lebensfreudigkeit, umhangen von
Er ist ihm auch sonst ähnlich, der Leutnant Willi dieser
Ao
Malancholien — hier sind noch immer di festen Wurzeln
neuen Novelle, artverwandt, nur alltäglicher. Ein Leutnant,
kampf
von Arthur Schnitzlers großer, reicher unb ehrlicher,
wie man sie kannte, „die Leutnants rosenrot und braun“ wie
formender Kraft.
Detlev v. Lilieneron sang, nur österreichischer schattiert.
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Wie nah, wie greifbar nah es unserem Empfinden noch
Chevaleresk, liebenswürdig, wie es ja auch der Leutnant
Cemi
immer geblieben, dieses alte, in uns noch unverblaßte Wien,
Gustl gewesen, und auch er hat den point d'honneur. Er
spürt man aus der Macht, mit der es uns hier, noch gesteigert
Möglic
kennt nur die Sorge, wie man mit der Gage auskommt, keine
durch den Reiz des Gewesenen, in dieser neuen Novelle
andere. Und die Karriere. Und das Spiel. „Und dann die
Arthur Schnitzlers ergreift, wiedergespiegelt von einem Geist
kleinen Mädchen? ...
etabli
voll Klarheit und spielerischem Tiessinn.
Aber eines, das ernstere, hat er vor seinem windigen
Dies also ist der Hintergrund: Das frühere Wien und
Vetter, dem Gustl, voraus. Er hat das selbstverständlich
das frühere Baden mit den Waldhängen, den gelben Land¬
Kameradschaftliche des Offiziers, die Hilfsbereitschaft, selbst
an
häusern der Kaiser=Franz=Zeit, dem Kurpark, der Ruine im
ber
dem gewesenen, dem abgeirrten Kameroden gegenüber und
Hintergrund.
immer
so repräsentiert er, nicht wie jener Gustl, in satirischer,
Weil es eine Geschichte aus dem früheren Oesterreich
sondern in rein menschlicher Weise den Geist der alten öster¬
Herr n
ist — wo es am farbig=österreichischesten gewesen
— ist es
reichischen Armee. Diese Hilfsbereitschaft in ihm lockt erst
eine Offiziersgeschichte geworden, wie der „Leutnant Gustl“
den Spielteusil herbei, sie wird Veranlassung seines frühen
schließ
aber ohne dessen ironische Färbung, gütiger, wärmer. Und
Unterganges.
im
weil es eine Geschichte von Arthur Schnitzler ist, spielen auch
Ein ehemalig.: Kamerad, v. Bogner, ein Ober¬
exotisch
hier Leben und Tod geheimnisvoll ineinander, glüht auch
leutnant a. D., der gen Schulden den Dienst quittieren
Geld¬
hier, wie im „Ruf des Lebens“ der altösterreichischen Offi¬
mußte, komimt zu ihm. Er ist irgendwo Beamter geworden —
rischen,
zierstragödie, vor dem Sterben noch eine Liebesnacht auf —
da ist es ihm wie dem Vater des „Fräulein Else“ erglangen,
schmein
man lieft die Novelle atemlos gespannt, durch die Geschehnisse,
dem berühmten Advokaten — Werke eines dichterischen
ist um
die äußeren und die seelischen — und wenn man zögernd das
Organismus sind wie Zellen eines Gewebes geheimmisvoll sie töd
letzte Blatt beendet, sinnt man dem Falken nach, der aus miteinander verbunden.
Ehrenn
I.