33.
raunnovelle
box 5/
n a K e e e
Dr. Max Goldschmidt
47
Süro für Zeitungsausschnltte
TBBRLIN N 4
Telelon Norden 3051
—.—
Aussehnitt aus:
Prager Presse, Pras
6 Mal 1926
Titeratur
X Arthur Schnitzlers=Traumnovelle“ (S. Fi¬
scher, Verlag, Berlin) ereignet sich zwischen zwei
Aussprachen eines im landläufigen Sinne glücklichen
Ehepaars. Mit halben Geständnissen über halbe
Wünsche und Erfüllungen der Vergangenheit setzt,
das erste Gespräch ein, das letzte münde in nach¬
denkliche Feststellungen: „.. daß die Wirklichkeit
einer Nacht, ja, daß nicht einmal die eines ganzen
Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahr¬
heit bedeutet. „Und kein Traum ist völlig Traum.“
Was sich zwischen diesen Gesprächen, diesen Doppel¬
monologen von Mann und Frau ereignet, betttigt
die Erkenntnis, daß auch keine Wirklichkeit völlig
Wirklichkeit si. Ein Fünfminutenroman begibt sied.
de Film eines Männerlebens mit allen erotischen
Miglichkeiten, Erfüllungen und Enttäuschungen rollt
sich vor uns ab. Der Gatte, der gleichsam nur einen
Gang vors Tor getan, gerat, von Schicksalshand
geleitet, in einen abenteuerlichen, der Traumlogik
nicht entbehrenden, vielfach an Vergangenheits¬
erinnerungen orientierten Wirber von Begegnungen,
Annäherungen und Abstoßungen hinein und der
Zauberbann wird erst durchbrochen, als die Rückkehr
in das eheliche Schlafgemach den Wachsräumer mit
der Wirklichkeit der Lebensgefährtin konfrontiert. Noch
sind nicht alle Zweifel gewichen, aber es naht die
Erkenntnis, daß es besser sei, „niemals in die Zu¬
kunft zu fragen.“ Die „Traumnovelle“ entpuppt sich
als eine tiefgründige Ehe= und Liebesnovelle, eine
Prosadichtung, die, so zart sie verschleiert und eni¬
hüllt, wagemutig an die ewigen Geheimnisse eroti¬
v. p.
scher Gemeinschaft rührt.
Stenhhol im Tvial. #.l1
eine andere i Forina inn Näfien, Mial es Wissen. D2
der Gene¬
Romantiker Mann wahrt aber ihr Geheimnis.
1. Aber es
lismus und
„Traumnovelle.“’ Von Arthur Schnitzler.
ht doch bei
Berlin, S. Fischer. 136 Seiten. Geb. = 5.50.
nd Haltung
Nach der künstlich aus der Symbol-Retorte
wieder aus¬
destillierten Romantik Heinrich Manns wirkt die
losphäre, in
phantastische „Traumnovelle“ Schnitzlers wie
uralistische
die reellste Berichterstattung. Nicht mit Sehn¬
# und die
sucht nach dem Unbekannten wie Gide, nicht mit
iese doch in
Gespensterei wie Mann erzeugt sich Schnitzler
tische Kon¬
das romantische Fluidum; sondern als Medi¬
lschen zwi¬
zinel und Psychoanalytiker benützt er zur Ver¬
ellung, zwi¬
bannung der Realität den Traum. Das ist die
den Traum
nüchternste Methode zum Tammel ins Roman¬
Poesie und
tische.
Ein Wiener Arzt unterhält sich nach einer
Ballnacht mit seiner Frau über die im Neben
Uebersetzt
versäumten Liebesmöglichkeiten. Geständnisse
ionen von
und Wünsche erwecken die Ressentiments der
pacth. 165
Eifersucht und des Geschlechtsneides bis zum
Haß. Aber die Feindschaft bricht nicht offen
aus; sondern ihre Regungen schleichen sich in
e meisten
den Schlaf der beiden Seelen und alle unerfüllte
; er zeich¬
erotische Sehnsucht lebt sich in den Traum
er setzt
hinein. Die Dame, das Dirnchen, die Braut des
#1
direkten
andern tanzen einen wirren Reigen der Maskier¬
gehört zu
ten und der Nackten. Wirklichkeit der Erleb¬
Flauberts
nisse und Ueberschwang der träumenden Phan¬
Dinge zu
tasie vermischen sich, bis keine Logik mehr
#fgründiger
befiehlt als die der psychischen Assoziationen.
Dinge gar
Der Meister des „Fräulein Else“ zeigt sich im
Menschenkennerischen — nicht so im künstle¬
ien Buches
rischen Wort und Aufbau — auch in diesem
in einem
Dramolet der Seele.
ien; und er
Was ist Wirklichkeit, wenn die be¬
Alten, daß
gehrte fremde Maske auf dem Nacktball hinter
her ncch
der Larve doch die Züge der eigenen Frau trägt?
umer wie¬
Was ist romantische Traumerfüllung, wenn
ochter I8t.-
keines all dieser Liebesabenteuer den sexuellen
ar Stunden
Abschlußs bietet? Der Mediziner Schnitzler wacht
sucht: di
über dem Romantiker in ihm. Die wildesten
nen Türen
Abenteuer im Zirkel der Geheimen oder die
Nacht und
Schauer an der Leiche auf dem Anatomie-Tisch
# hat nur
erklären sich im Dämmerlicht der Seele als über¬
kennt nur
reizte Erinnerungen aus dem Alltagsleben. Nicht
Der Liebe
wie Pirandello uns zwischen Sein und Schein
sie liebte
unkontrollierbar hindurchschwindelt, sondern
in jener
mit verantwortlicher Kunst zeigt Schnitzler die
rde; und
Verbindungen zwischen Bewußt und Unbewußt.
ir erhielt.
Das Romantische ist mit Psychologie verwirkt
Ergrün¬
und verwirklicht — vom Dichter real verdichtet
sich dlieworden.
natürlich! Craf Mark und die Prinzessin von
Nassau-Usingen. Eine tragische Bio¬
iyon!
1
Von R
raunnovelle
box 5/
n a K e e e
Dr. Max Goldschmidt
47
Süro für Zeitungsausschnltte
TBBRLIN N 4
Telelon Norden 3051
—.—
Aussehnitt aus:
Prager Presse, Pras
6 Mal 1926
Titeratur
X Arthur Schnitzlers=Traumnovelle“ (S. Fi¬
scher, Verlag, Berlin) ereignet sich zwischen zwei
Aussprachen eines im landläufigen Sinne glücklichen
Ehepaars. Mit halben Geständnissen über halbe
Wünsche und Erfüllungen der Vergangenheit setzt,
das erste Gespräch ein, das letzte münde in nach¬
denkliche Feststellungen: „.. daß die Wirklichkeit
einer Nacht, ja, daß nicht einmal die eines ganzen
Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahr¬
heit bedeutet. „Und kein Traum ist völlig Traum.“
Was sich zwischen diesen Gesprächen, diesen Doppel¬
monologen von Mann und Frau ereignet, betttigt
die Erkenntnis, daß auch keine Wirklichkeit völlig
Wirklichkeit si. Ein Fünfminutenroman begibt sied.
de Film eines Männerlebens mit allen erotischen
Miglichkeiten, Erfüllungen und Enttäuschungen rollt
sich vor uns ab. Der Gatte, der gleichsam nur einen
Gang vors Tor getan, gerat, von Schicksalshand
geleitet, in einen abenteuerlichen, der Traumlogik
nicht entbehrenden, vielfach an Vergangenheits¬
erinnerungen orientierten Wirber von Begegnungen,
Annäherungen und Abstoßungen hinein und der
Zauberbann wird erst durchbrochen, als die Rückkehr
in das eheliche Schlafgemach den Wachsräumer mit
der Wirklichkeit der Lebensgefährtin konfrontiert. Noch
sind nicht alle Zweifel gewichen, aber es naht die
Erkenntnis, daß es besser sei, „niemals in die Zu¬
kunft zu fragen.“ Die „Traumnovelle“ entpuppt sich
als eine tiefgründige Ehe= und Liebesnovelle, eine
Prosadichtung, die, so zart sie verschleiert und eni¬
hüllt, wagemutig an die ewigen Geheimnisse eroti¬
v. p.
scher Gemeinschaft rührt.
Stenhhol im Tvial. #.l1
eine andere i Forina inn Näfien, Mial es Wissen. D2
der Gene¬
Romantiker Mann wahrt aber ihr Geheimnis.
1. Aber es
lismus und
„Traumnovelle.“’ Von Arthur Schnitzler.
ht doch bei
Berlin, S. Fischer. 136 Seiten. Geb. = 5.50.
nd Haltung
Nach der künstlich aus der Symbol-Retorte
wieder aus¬
destillierten Romantik Heinrich Manns wirkt die
losphäre, in
phantastische „Traumnovelle“ Schnitzlers wie
uralistische
die reellste Berichterstattung. Nicht mit Sehn¬
# und die
sucht nach dem Unbekannten wie Gide, nicht mit
iese doch in
Gespensterei wie Mann erzeugt sich Schnitzler
tische Kon¬
das romantische Fluidum; sondern als Medi¬
lschen zwi¬
zinel und Psychoanalytiker benützt er zur Ver¬
ellung, zwi¬
bannung der Realität den Traum. Das ist die
den Traum
nüchternste Methode zum Tammel ins Roman¬
Poesie und
tische.
Ein Wiener Arzt unterhält sich nach einer
Ballnacht mit seiner Frau über die im Neben
Uebersetzt
versäumten Liebesmöglichkeiten. Geständnisse
ionen von
und Wünsche erwecken die Ressentiments der
pacth. 165
Eifersucht und des Geschlechtsneides bis zum
Haß. Aber die Feindschaft bricht nicht offen
aus; sondern ihre Regungen schleichen sich in
e meisten
den Schlaf der beiden Seelen und alle unerfüllte
; er zeich¬
erotische Sehnsucht lebt sich in den Traum
er setzt
hinein. Die Dame, das Dirnchen, die Braut des
#1
direkten
andern tanzen einen wirren Reigen der Maskier¬
gehört zu
ten und der Nackten. Wirklichkeit der Erleb¬
Flauberts
nisse und Ueberschwang der träumenden Phan¬
Dinge zu
tasie vermischen sich, bis keine Logik mehr
#fgründiger
befiehlt als die der psychischen Assoziationen.
Dinge gar
Der Meister des „Fräulein Else“ zeigt sich im
Menschenkennerischen — nicht so im künstle¬
ien Buches
rischen Wort und Aufbau — auch in diesem
in einem
Dramolet der Seele.
ien; und er
Was ist Wirklichkeit, wenn die be¬
Alten, daß
gehrte fremde Maske auf dem Nacktball hinter
her ncch
der Larve doch die Züge der eigenen Frau trägt?
umer wie¬
Was ist romantische Traumerfüllung, wenn
ochter I8t.-
keines all dieser Liebesabenteuer den sexuellen
ar Stunden
Abschlußs bietet? Der Mediziner Schnitzler wacht
sucht: di
über dem Romantiker in ihm. Die wildesten
nen Türen
Abenteuer im Zirkel der Geheimen oder die
Nacht und
Schauer an der Leiche auf dem Anatomie-Tisch
# hat nur
erklären sich im Dämmerlicht der Seele als über¬
kennt nur
reizte Erinnerungen aus dem Alltagsleben. Nicht
Der Liebe
wie Pirandello uns zwischen Sein und Schein
sie liebte
unkontrollierbar hindurchschwindelt, sondern
in jener
mit verantwortlicher Kunst zeigt Schnitzler die
rde; und
Verbindungen zwischen Bewußt und Unbewußt.
ir erhielt.
Das Romantische ist mit Psychologie verwirkt
Ergrün¬
und verwirklicht — vom Dichter real verdichtet
sich dlieworden.
natürlich! Craf Mark und die Prinzessin von
Nassau-Usingen. Eine tragische Bio¬
iyon!
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Von R