I, Erzählende Schriften 33, Traumnovelle, Seite 25

Traunnovell
33.
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Aneamnereile
V „ „
Grenge .
dem Ljuba Jovanovic, der bekanntlich der schärfste
er schwarz¬
Die Verhandlungen der Volkspartei mit den
Gegner Pasic’ ist, diese Stelle niedergelegt hatte. Die Radic¬
ener Schild
Partei stimmte zusammen mit der Opposition für Jovanovic,
Deutschnationalen.
Reichsflagge
der auch mit knapper Mehrheit wiedergewählt
Die „Welt am Montag“ schreibt: Es könnte kommen,
Verfassung
flagge eine daß am Dienstag im Reichstag nur die Demokraten wurde.
dem Heimgekehrten erzählt, enthüllt ihm ihre letzten seelischen
Aufgeregteren Gemütes als er sich selbst bekennt, ver¬
verhängnis¬
Heimlichkeiten. Die Seele ist ein weites, ein wildes Land.
läßt Fridolin das Haus, irrt durch die nächtlichen Gassen,
müßte auch
Sie war im Traum schuldiger als er in dem, was man
über den Rathausplatz, gerät in einen Studentenschwarm,
hätte: die
Wirklichkeit nennt. Albertine schwelgte in ihrem Traum in
wird fast von einem Burschenschafter kontrahiert und ist auf
r zu seinem
fremden Umarmungen, sie sah mit grausamem Lachen zu,
einmal — er weiß selbst kaum, wie er dahingekommen — im
espräch, das
wie Fridolin — so zeigte es ihr der Traum — gekreuzigt
Zimmer einer Strußendirne. Rasch entläuft er ihr, will in
führt. Ein
und gegeißelt ward. Da will er sich, wie der Dichter Philippo
einem Café zur Ruhe kommen und begegnet dort — ein
Gesellschaft:
Loschi, von Beatrice, der „Dirne ihres Traumes“, für immer
erstes Abenteuer — seinem verbummelten Kommilitonen von
ber lächelnd.
lösen, bis er erkennt, daß wir alle nur Maskenspieler sind,
einst, einem Herrn Nachtigall, der jetzt in geheimnisvollen
hter=Seelen¬
daß Traum und Wirklichkeit ineinander gleiten und, was
„Salons“ verpönten Gesellschaften aufspielt. Nachtigall ist
ten Stellen.
uns Wirklichkeit dünkt, noch immer nicht Wahrheit ist. Er
eben in einer schwarzverhangenen Kutsche auf der Fahrt zu
nicht seiner
hat in das Geheimnisland einer Frauenseele gespäht und
einer solchen maskierten Lastergeselligkeit.
vorgefallen.
zieht, verstehend geworden, den Schleier darüber.
den heißen
Fridolin begehrt, abenteuergierig, in der Unruhe seines
Taucht man hier, geführt von diesem ebenso geistreichen
der Redoute
Blutes, mitgenommen zu werden. Ein nicht ungefährliches
wie ernst besonnenen Deuter, in Lebens= und Traumtiefen
Bräutigams¬
Beginnen, doch Nachtigall kennt das Losungswort, Fridolin
hinab, so erinnert man sich des großen Seelenerforschers,
en mit dem
beschafft sich noch in der Nacht bei dem Maskenverleiher
dessen Ruhm in diesen Tagen weithin durch Euro#a hallte.
gab eine be¬
Gibiser ein Mönchskostüm, erlebt beinahe wieder ein neues
Aber nur Unverstand könnte Schnitzlers herrlich ursprüng¬
en, hübschen
Abenteuer mit Gibisers Tochter, einem Dirnchen — ist sie
liche Novellenkunst „erzählte Psychoanalyse“ nennen. Er
nkeren, noch
wirklich wahnsinnig oder nur früh verdorben?
hat Freud so wenig nachgedichtet, wie Keller Feuerbachs
ibt unerfüllte
Nun führt ihn der Wagen zu dieser verborgenen
Untertan wurde. Wissenschaft und Kunst gehen ihre be¬
s zum ersten¬
Vorstadtvilla, die tagsüber mit ihren verhangenen Gardinen
sonderen Wege. Sie sind die Parallelen, die sich nur im
men sich in
so vornehm freundlich glänzt, aber in der Nacht ist hier der
Unendlichen berühren.
Tummelplatz des Verruchten. Kavaliere in gelbem und
Was uns, jenseits aller Seelenanalysen, zu dieser
Gespräch
scharlachrotem Habit tanzen mit nackten Frauen — sind es
Novelle zwingt, ist das Magische darin. In der Tat, sie
zuletzt fast
Damen, sind es Dirnen —, deren Gesichter und Nacken
der folgenden
entrückt uns magisch der Wirklichkeit. In diesen das Kunst¬
Masken und Schleier verhüllen.
werden, wie
werk manifestierenden Eindruck schließen sich die Figuren,
Fridolin ist ein Fremder, in die Mysterien nicht ein¬
Visionen, Stimmungen zusammen, die uns hier, von der
s“, wie im
geweiht — so droht seinem Leben auf geheimnisvolle Weise
Hand eines ungealterten Meisters geleitet, umgaukeln.
preßt. Letzte,
Gefahr, hier ist alles geheimnisvoll. Da rettet ihn eine un¬
es Todes, der,
Die „Traumnovelle“ ist, wie wir sagten, echtester
bekannte Frau und muß sich dafür — auch die Versamm¬
dlichen Haupt
Schnitzler, in der wunderschön farbig weichen Schnitzler=Weise
lungen der Laster haben ihre Gesetze — der entfesselten Gier
werden die Begebenheiten vor uns ausgebreitet.
aller anheimgeben. Nach diesen mit blendenden Farben, mit
Albertinens,
Er ist ein Meister vom Leben und Tod, wie man alt¬
loderndem Künstlertemperament gemalten Szenen kehri
Er findet einen
fränkisch von früheren Malern sagte. So gleitet auch hier
Fridolin noch in dieser Nacht in sein scheinbar so ruhevolles
frat, der einer
Leben und Sterben, Schicksale stürzen ineinander wie
Heim zurück.
Schatten aus
Würfel eines Taschenbechers, die Unsicherheit, das Masken¬
Aber dort erwarten ihn andere, noch schreckhaftere Ein¬
auch dieser
hafte unserer seelischen Eristenz, das Fließende unserer
blicke als diese grellphantastische Wirklichkeit — in
nde Marianne,
Gefühle dämmert uns, unheimlich lockend, auf. Und ein
die träumende, umuhig flackernde Seele seiner Frau.
arianne offen¬
Schimmer des vorigen Wien ist über dem Ganzen, ein
Während er so Wüstes durchlebte und doch eigentlich rein
Lebenslust ihr
geblieben, hat Albertine geträumt, und der Traum, den sie! Schimmer ferneher, von Festen und Farben. „.. —