I, Erzählende Schriften 32, Die Frau des Richters. Novelle, Seite 6

32. Die Frau des Richters
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— I. en e e e e e enteneich eune ine e
Berliner Börsen-Courler
Schaffner, Schnitzler,
Heidenstam: Neue Bücher.
Umgreift man den Eindruck der neuen
Bücher dieser drei vortrefflichen Erzähler, so
bleiben Hochachtung und Zufriedenheit. Hoch¬
achtung vor ausgezeichneter, glatter Arbeit, Zu¬
friel
nheit mit glücklich gewählten und form¬
talteten Themen. Aber nicht eben mehr.
wa Erschütterung, nicht neue Aspekte,
freißen ungeahnter Horizonte. (Denn
dieses ist auch in der schmalsten Novelle, auch
in humorvoller Gestaltung möglich.) Es sind
Autoren, deren Werk beinahe schon historisch
zu überschauen ist, die in der Reife stehen, die
wir ruhig und beruhigt betrachten.
Aber gerade daran wird der Unterschied
zur Gegenwart klar. Man ruht sich an diesen
Büchern deswegen aus, weil die Schöpfungen
unserer
elbst im harmlosesten Stoff
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gleich setzen. Nur die
an Zuckmayers gewachsene Erzählungen, so
saust das Blut in der sinnlich gebauten „Ge¬
schichte einer Geburt“ so zittert die Luft bei
der Schilderung eines Insektenlebens. Und in
Bronnens „Novellen“ schießt eine kalte Flamme
steil empor. Die prachtvolle Vollendung der
Ruhe (Keller und C. F. Meyer) wird es so
bald nicht geben, aber neuer Atem stürmt neuen
Grenzen entgegen.
Jakob Schaffner: „Der Kreiselspie¬

ler“. Des 50jahrigen Liebesgabe an Berlin,
dem er in „guten und schlechten Jahren Gast¬
freundschaft verdankt“. Es sind Stimmungs¬
bilder, um eine Gestalt der Straße, um Indivi¬
duen aufgebaut, Bilder, die teilweise an die No¬
Er
velle heranreichen. Es ist die etwas verjayrte
Methode, alles beschreiben zu wollen und im
Detail die Plastik, die weiter ausladende Ge¬
bärde zu verlieren. Sympathisch, wenn Humor
hereinleuchtet wie im „Küken“ (das sich etwa
nach Thomas Mann hin orientiert). Sym¬
pathisch ebenfalls die Einfachheit der Novelette
„Abschied des Droschkenkutschers“ oder „Lemb¬
kes Weihnachten“. Im ganzen ein durchaus
liebenswürdiges, ein sehr gekonntes Buch, dem
wir freundlich begegnen.
Arthür Schnitzler: Die Fraudes Rich¬
ters. Man denkt ein bißchen an „Kabale
901
und Liebe“ und findet sich zeitlich richtig orien¬
tiert. Die Novelle von dem feigen Richter und
der Neigung seiner entschiedenen Frau zu dem
jungen, bestechenden, durchaus zeitbedingten
Herzog ist eine glänzend durchgeführte, über¬
zeugende Gestaltung, der wir mit aller Achtung
folgen. Der Oesterreicher sorgt dafür, daß ein
Duft Schärfen verwischt, daß alles ungetrübt
— Beide Bücher erschienen in der
bleibe.

Sammlung „Das kleine Propoläenbuch“:
Bunte, saubere Leinenbände umschließen sorg¬
fältig gewählten Inhalt.
Werner von Heidenstam hat in seinem Ro¬
man „Der heiligen Brigitta Pil¬
gerfahrt“ wieder einmal in die Geschichte
seiner schwedischen Heimat gegriffen und das