I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 140

verwarrseres
erreennreret Vensschnchunet wene
ausgeeilt, und als es nun die Probe galt, wer stärker sei,
zeigte sich, daß die ewig Gestrigen dem Führer die Treue
versagten.
Man würde es verstehen, wenn Dr. Stresemann nach so
schmerzlichen Erlebnissen daran dächte, sich von den Fesseln
freizumachen, die ihm die Zugehörigkeit zu seiner Partei und
Fraktion immer wieder gerade dann anlegt, wenn er einen
Schritt vorwärts machen will. Aber die Gerüchte, die ihn in
Zusammenhang mit neuen Parteibildungen oder mit irgend¬
welchen Gruppen der jüngeren Generation gebracht haben,
sind wohl nur der Ausdruck mancher stillen Wünsche. Inner¬
lich gehört Dr. Stresemann schon längst nicht mehr zu einer
Partei oder Fraktion, die durch die Führung des Herrn Dr.
Scholz charakterisiert ist, ebenso wie auch in den anderen
Parteten und Fraktionen manche Leute sitzen, die innerlich in
eine andere Gruppe gehören. Wenn ein Blatt, wie die „Ham¬
burger Nachrichten“ meint, die Volkspartei selbst habe sich
von ihrem Führer losgelöst, und die Hoffnung aussprich
Stresemann werde den Weg zu den Demokraten finden un
so der Verschmelzung der Volkspartei und der Deutschnati
nalen den Weg ebnen, so ist hier wohl der Wunsch der Vat¬
des Gedankens; es mag wohl auch in der Volkspartei Kräft
geben, die eine solche Entwicklung gerne sähen, und Strese
mann gern über Bord gehen lie n, aber es fragt sich sehn
ob auf beiden Seiten die Reife zum Entschluß scho
erreicht ist.
Freilich kommt rielleicht eher, als man heute glaubt, ein
Gelegenheit, die Stresemann oder seine Fraktion zu eine
kluren Entscheidung zwingt. Daß die Fraktion selbst die Ent
cheidung herbeiführen werde, ist nicht zu erwarten, denn nodk
ist Dr. Stresemann der beste Trumpf im Spiel der Volkspartei
bei Neuwahlen ebenso wie beim Fraktionshandel um das Kabi
nett. Tritt er aber aus der Front der aktiven Politiker aus, in
dem er auf Ministeramt und Parteiführung verzichtet, wenn
auch nur für eine gemessene Zeit, dann ist schwer zu sehen, wer
ihn in seiner Partei ersetzen könnte. Die Außenpolitik
des Reiches wird schließlich auch ohne Dr. Stresemann
fortgeführt werden können, nachdem unter seiner Verantwor¬
tung die Grundlagen für eine stelige Entwicklung gelegt worden
sind. Aber die Volkspartei von heute steht und fällt mit
ihrem bisherigen Führer. Man kann wohl, wie manche empfeh¬
len, Herrn Curtius anstelle Stresemanns ins Auswärtige Amt
dirigieren — wobei die Frage offen wäre, ob es keinen besseren
Kandidaten gäbe — aber weder Herr Curtius noch Herr
Scholz können ihn an der Spitze der Partei ersetzen. Viel¬
leicht fühlt Dr Stresemann selbst, daß seine große Zeit an
1
der Spitze der Deutschen Volkspartei vorüber, daß die partei¬
politische Basis seines Wirkens allmählich zu schmal geworden
ist, aber über seinen weiteren Weg ist er sich wohl selbst'noch
nicht klar.
Glektrischer 2.4#t#1.
31. Fraeulein
Else
box 5/3

Ne.
M.
Argus Suisse et International de la Presse S.A
23, Rue du Rhöne - GENEVE
Adr. telg.: Coupures-Genére - Tel. Stand 40.05
Bureau international de coupures de journauz
Traductions do et en toutes langues
Correspondants dans toutes les grandes villes.
Eotrait du Journal:
Adresse:
16
Date:
1
Aus der Filmwelt.
Fräulein Else.
Die Filmvariante des bekannten Schnitzlerschen
Romans bestatigt die einfache Regel der Filmasthetik: nicht
die Motivenfülle, sondern die innere Spannung dey' Handlung
macht eine Fabel filmtauglich. In diesem von Paul Czin¬
mer meisterhaft adaptierten Film geschieht äußerlich sehr
wenig: daß Fräulein Else zum Schluß Selbstmord verübt, ist
ja ebenfalls ein mehr innerer, als anschaulicher Akt. Dennoch
gelingt es Czinner durch seine ökonomische Regie die Span¬
nung vom ersten bis zum letzten Bilde zu steigern.
Er ist als Spielwart virtuos, als Verfasser des Dreh¬
buchs klug und geschmackvoll. Seine Regie ist bildhaft,
er weiß, daß der psychologische Stoff nicht noch mehr be¬
tont, sondern eher ausbalanciert zu werden wünscht. So schafft
er einen wunderbaren, vom Leben pulsierenden Rahmen in
den Sankt Moritzer Aufnahmen, deren forsches Dempo und
schwungvolle Vitalität erst dem dramatischen Motiv einen
Kontrasthintergrund gewährt.
Andeutung, nicht Betonung der inneren Vorgänge ist die
Kunst Paul Czinners. Psychologische Darstellung ist Sache
der Schauspieler, nicht der Regie. In der Auswahl der
psychologisch besonders seinen Typen hatte aber Czinner
ebenfalls glückliche Hand. Vor allem freilich, weil die Berg¬
ner die Rolle des Fräulein Else übernahm. Die Bergner..
Kann man sich an diesem schmalen, grauen, ärmlichen Ge¬
sichtchen sattsehen, wenn es plötzlich von inneren Lichtern der
Freude durchstrahlt, sich der leuchtenden Schönheit der Seele
rschließt? Kann man die überirdische Traurigkeit dieser
Augen vergessen, die aus winzigen Mäuseäuglein sich plötzlich
in Hrennende Fackeln des Schmerzes und des Entsotzens ver¬
####deln? Und der nervöse, synkopenhafte Rhythmus der
beignerschen Bewegung: wie ist er harmonisch und künstlerisch
geformt, wie alles Hysterischen bar... Es gibt eine Szene,
in der sie Dorsday begegnen möchte, und ihn verfolgt: ihr
Versteckspiel ist eine Bewegungsstudie von bestrickend-mädchen¬
hafter Anmut und verführerisch=betörender Virtuosität. Den
Vater spielt Bassermann, hager, furchenreich, düster, in
seinem Stehkragen ein Monument erstarrter Lebensfreude.
Dorsday=Steinrück lutscht an frischen Kirschen im Januar
und hat ein Auge, eine zusammengekniffenes, schamloses, stets
auf der Bergner. Ein kubistischer Holzschnitt. Und all die
anderen, — die Sandrock an der Spitze —, lauter ausgezeich¬
nete Gestalten. Die herrlichen Sankt=Moritz=Belder sind eine
besondere Augenweide. Der Photograph kannte sein Hanzs
werk.
—0.—
p
h
n
v
2
0
U
C
b