I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 157

Else
31. Fraeulein
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Extrait du Journal:
Arene mister Reie in¬
Date:
Immer Treu und Redlichkeit.
Die Bergner war in Arthur Schnitzlers (heut nicht genug
rkanntem) Seelenreich als „Fräülein Elss“ durch Trauer, An¬
gnut, Adei etwas Haftendes.
Diesen Film hat man auch in Breslau gestartet. Neulich,
mit Gross-Anzeigen in Blättern, 20X20 cmy sämt Bild. Was
wäre dawider einzuwenden? Nichts.
(das über den Bezirk der schle¬
Höchstens das Folgende
sischen, alten, hübschen, erinnerungsteuren Oderstadt hinaus¬
gebt).
Anzeigen zur Empfehlung eines Films, eines Stückes werden
kaum auszurotten sein. Das gehört zum Heut einer grossen
Menschensiedlung. Spiessig, dagegen zu raunzen.
Scheusslich ist es trotzdem.
Denn erstens kann, was ein Kritiker gesagt hat, durch
herausgerissene Stellen irgendeiner fremden Rezension ge¬
schwächt .. vielmehr: der Versuch dazu gemacht werden.
Zweitens wird bekanntlich durch Abdruck lobender Fetzen
(und Verschweigung wichtigen Tadels) bequem Irreführung er¬
zeugt. Drittens aber
IV.
Die dritte Möglichkeit ist mir zugestossen: wenn das Inserat
kurzweg eine Kritik in das Gegenteil fälscht. (Und so was in
der eigenen Valerstadt, hal)
Lehrreicher Fall. In der Kritik wurde der Film „Fräulein
Else“ mit der Erzählung „Fräulein Else“ verglichen; zugunsten
der Erzählung natürlich. Ich schrieb: „Sein (Schnitzlers) Werk
ist unendlich reicher. Unendlich zwischenstufiger. Unendlich
heutiger“,
Das Inserat lässt mich ausrüfen: „Der Film ist unendlich
reicher. Unendlich zwischenstufiger. Unendlich heutiger“
mit meinem Namen angeführt.
Theodor Fontane hätte geäussert: „Ist es zu gläuben? Nein,
es ist nicht zu glauben“. Doch! Es ist leider zu glauben. Hier
duftet kein Einzelvorgang.
Ein Freund schickte mir diesmal die Fälschung; doch wie oft
geschieht Verwandtes im Dunkel des ausgedehnten Vaterlands,
ohne dass man die Kerls erwischt?
V.
Gleich tüchtig ist bloss noch ein Mitarbeiter der deutsch¬
nationalen „München-Augsburger Abendzeitung“. Damals, nach
dem „Kaufmann von Berlin“ war die Szene, wo der Leichnam
eines Stahlhelmers auf den Müll geschleudert wird, in meiner
Kritik als „taktlos“ gerunelt worden; mit der Belfügung: „Hier
gab es Krach bei den Zuschauern. Mit Recht. Wollt ihr Kriegs¬
greuel ächten.. und seid nicht besser?“
Der deutschnationale Mitarbeiter schrieb daher folgerichtig
nach München-Augsburg, ich hätte für die „Leichenschändung“
„dankend quittiert“; ein „Herzenswunsch“ sei mir dadurch „er¬
füllt worden“.
Was ist gegen solche Burschen — dieser zeichnet mit „it“
zu tun? Arbeitshaus?
VI.
Und was bedeuten im Verhältnis dazu kleine Taten irgend¬
eines (sozialistischen?) Funk-Winkelkritikere obschon das
auch ganz nette Phänomenerln sind, die eine Betrachtung lohnen.
Der Spruch: „# immer Treu und Redlichkeit“ ist minder
pathetisch als das Jambenwort:
Stirb für die Wahrheit. Dieses ist ein Tod
Nicht für das Vaterland, nein: für die Welt.
Ah was — „stirb“? Leb für sie. Verdammt schwer.
Alfred Kers
Harte Zeiten.
In
X Kortner und das Theater am Schiffbauerdamm.
eit¬