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31. Fraeulein Else
—
V
n Oprschrags schieden.
ind erklärt, sie
Mädchen aufwacht. Sie hat den Zauber der Hilflosigkeit,
sie wirkt hinreißend in der eindringlichen Kraft, mit der sie
zu tun haben.
völliges Preisgegebensein glaubhaft erscheinen läßt. Sie
britz besorgt und
hat die Gewalt leidenschaftlicher Ausbrüche und das Er¬
Man sieht ihre
chütternde der in letzter Desperation versagenden und ver¬
derbare Schnee¬
löschenden Kräfte. Ob die Szene, da Fräulein Else das
Skisprünge,
Veronal nimmt, daran sie stirbt, überhaupt nicht gefilmt
dazwischen den
oder nachträglich weggeschnitten wurde, weiß ich nicht. Aber
n. Aber es ent¬
diese Szene fehlt, und sie wäre ein Höhepunkt im Film,
er dennoch der
wäre ein Höhepunkt der Leistung von Elisabeth Bergner ge¬
,dramatisch zu
wesen. Daß sie bei Erhalt jener Schicksalsdepesche so lange
Schnitzlers hoch¬
und so heftig weint, ist wohl ein Versehen des Regisseurs,
vielleicht ihr eigener Irrtum. In diesem Moment hätte sie
t
sich, gerade
erstarren müssen, ganz still werden, ganz besinnungslos.
vorüberflitzen
Nur durch die allerknappsten schauspielerischen Mittel war
s Kino reichlich
da jenes Zerschmettertsein wirksam zu machen, aus dem sich
losen Regisseuren
der Entschluß emporringt. Heftig weint Else ja dann nach¬
deses Films sind
her in der Unterredung mit Dorsday. Wie ergreifend der
chlmarkt durchs
Augenblick, in dem sie seine Bedingung versteht: nackt!
Landschaften, die
Und nachher fehlt wieder — ob nie gefilmt oder geschnitten?
at ein virtuoser
die Szene, in der sie sich selbst das Opfer abnötigt,
Ohne Zweifel.
nackt vor Dorsday hin zu treten, in der sie den Einfall hat,
Nomente hat er
der Prostituierung von ihr fernhält: fehlt die Szene, in der
sehen begehrt, ist
ie die Kleider ablegt und zum Gift greift, wie zu einer
enug sehen kann
Rettung. Dann der letzte Augenblick, da sie in Gegenwart
sabeth Bergner,
Dorsdays und aller Leute den Pelzmantel von ihrem
e Herr Dorsday
nackten, jungfräulichen Leib niedergleiten läßt. Lieber
stler dargestellt,
wirklich nackt sehen. Wenn sie, wie jetzt, uns den Rücken
Hier auf der
kehrt, wenn eine Großaufnahme zeigte, wie der geöffnete
ebendigen. Daß
Mantel ihr von den Schultern gleitet, eine Großaufnahme
flechten kann,
Dorsdays begreifendes Entsetzen merken ließe, die Hand¬
Technik, die ja
lung wäre in ihre höchste Erfüllung gehoben. Statt dessen
hat der Sprech¬
umnebelt sich die Leinwand schamhaft und einfallslos —
ages wird er sie
vielleicht beides, vielleicht auch nur als Objekt einer gar
ge an wird kein
zu eifrigen Schere — und man sieht nachher nur einen
jetzt schon, im
Wirbel durcheinanderstürzender Statisten, als gelte es
tlebenden Stein¬
einem Feueralarm. Sinnreich und poetisch wirkt, nach Elses
enigen, die ihn
Sterben, das Schlußbild: die mondbeglänzte, schneebedeckte
harten Fäusten
Berglandschaft in ihrer imposanten Gleichgültigkeit gegen
n. So wuchtig,
alles Menschenschicksal. Dieser Film bleibt sehenswert, weil
ühsam gezügelter
Elisabeth Bergner so stark ist wie der Dichter. Und weil es
g ist sein Spiel.
sich auch hier wieder einmal zeigt, daß der Dichter stärker
Mädchen, oder,
ist, als die Filmmacher von heute.
Ks.
a rührend zum
*
Ne
Krdus Suisse et intermnational de ie Presse 8. A.
23, Rue du Rhöne - GENEVE
Adr. télégr: Coupures-Genéve — Tél. 44.005
Bureau International de coupures de journaux.
Traductions de et en toutes langues.
Correspondants dans toutes les grandes villes
7
Extrait du journal:
0
Adresse:
—
Date
Fräulein Else.
(Schnitzlier=Filmpremiere der „Concordia“.
Im Rochmen einer Festvorstellung des Jour¬
nalisten= und Schriftsteller=Vereins „Concor¬
dia“ gelangte gestern abends im Busch=Kino
der nach) Artur Schnitzlers Novelle „Fräu¬
lein Cilse von Paul-Ezinner verfaßte und
nszenieerte und mit Elisabeth Bergner in
der Titelrolle besetzte Film zur erfolgreichen
Erstau fführung. Schnitzlerschen Gedanken¬
gängen ist ein würdig=prominentes Film¬
gewalnd umgetan, schon nach außen hin. Ein
Qua rtett deutscher Bühnengrößen trägt die
kostb are Rollenfracht des Films auf verant¬
wor tungsbewußten Schultern: Albert Basser¬
ma un, Albert Steinrück, Elisabeth Bergner,
Ad ele Sandrock. Und was an Interieurs sicht¬
ba#r wird, ist durchwegs von Gediegenheit.
Schnitzlers Meditation eines jungen, von
eftigen Lebenseindrücken verwirrten Wesens
n seltsame Ich=Form fassender Erzählung eine
filmische Parallele zu schaffen, zürfte dem
Autor=Regisseur des Films vielleicht nicht un¬
lösbar, wohl aber mit Rücksicht auf die schwie¬
rige Auffassung des breiten Publikums in¬
opportun erschienen sein. Die Klarheit der
Handlung hätte in der Tat darunter gelitten,
würde man das seelische und geistige Erleben
Elses und nur dieses — der Form der Novelle
folgend — in Filmbildvisionen ausgelöst haben.
Doch wäre dies ohne weiteres möglich gewesen.
Um so mehr, als Paul Czinner ein Aufnahme¬
techniker zur Seite stand, der, selbst schöpfe¬
risch, wiederholt bewiesen hat, daß er das
Vokabular der Filmbildersprache vollendet be¬
herrscht: Karl Freund hätte mit unzähligen
interessanten Einstellungen (die übrigens der
Film auch in seiner vorliegenden Fassung auf¬
weist) subjektiv=psychische Vorgänge
(also
Fräulein Elses Ich=Gedanken) lesbar gemacht.
Czinner schälte aus „Fräulein Elses“ Er¬
innerungsaufzeichnungen die geradlinige Hand¬
lung, die im Film chronologisch entwickelt
wurde Damit war ein Vorteil gesichert: die
Gestalten um Fräulein Else gewannen scharfe
Konturen. Man verfügte über Rollen, nicht
bloß für Elisabeth Bergner (die in ihren jüng¬
ten Filmen fast nur noch Solo spielte), son¬
dern auch für die anderen: für Bassermann
und Steinruck. Die ersten Akte des Films, die
flüchtig Fräulein Elses fröhlich=kindhaft=reines
Wesen zeichnen, füllt die Tragödie des mate¬
riell, physisch und seelisch zusammenbrechenden
Vaters, des Dr. Thalhoff, die Albert Basser¬
mann, ein Meister der stummen Übergange
auch auf der Bühne, ergreifend gestaltet. Ihm
assistiert, als stets mit=optimistisch gewesene,
von Enttäuschung und Unglück nun schwer
mitbetroffene Gattin, Else Heller.
Wenn sich der Abblendungsvorhang über
diesen Abschnitt der Handlung gesenkt hat,
dann erst tritt Fräulein Elses Drama in das
entscheidende Stadium, dann hebt die Schick¬
alstragödie des Mädchens an, das#s dem
Traum harmloser Winterfreuden
8=
artiger Wirklichkeit erweckt und b#
Mission übertragen wird, deren Schwere
B
31. Fraeulein Else
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n Oprschrags schieden.
ind erklärt, sie
Mädchen aufwacht. Sie hat den Zauber der Hilflosigkeit,
sie wirkt hinreißend in der eindringlichen Kraft, mit der sie
zu tun haben.
völliges Preisgegebensein glaubhaft erscheinen läßt. Sie
britz besorgt und
hat die Gewalt leidenschaftlicher Ausbrüche und das Er¬
Man sieht ihre
chütternde der in letzter Desperation versagenden und ver¬
derbare Schnee¬
löschenden Kräfte. Ob die Szene, da Fräulein Else das
Skisprünge,
Veronal nimmt, daran sie stirbt, überhaupt nicht gefilmt
dazwischen den
oder nachträglich weggeschnitten wurde, weiß ich nicht. Aber
n. Aber es ent¬
diese Szene fehlt, und sie wäre ein Höhepunkt im Film,
er dennoch der
wäre ein Höhepunkt der Leistung von Elisabeth Bergner ge¬
,dramatisch zu
wesen. Daß sie bei Erhalt jener Schicksalsdepesche so lange
Schnitzlers hoch¬
und so heftig weint, ist wohl ein Versehen des Regisseurs,
vielleicht ihr eigener Irrtum. In diesem Moment hätte sie
t
sich, gerade
erstarren müssen, ganz still werden, ganz besinnungslos.
vorüberflitzen
Nur durch die allerknappsten schauspielerischen Mittel war
s Kino reichlich
da jenes Zerschmettertsein wirksam zu machen, aus dem sich
losen Regisseuren
der Entschluß emporringt. Heftig weint Else ja dann nach¬
deses Films sind
her in der Unterredung mit Dorsday. Wie ergreifend der
chlmarkt durchs
Augenblick, in dem sie seine Bedingung versteht: nackt!
Landschaften, die
Und nachher fehlt wieder — ob nie gefilmt oder geschnitten?
at ein virtuoser
die Szene, in der sie sich selbst das Opfer abnötigt,
Ohne Zweifel.
nackt vor Dorsday hin zu treten, in der sie den Einfall hat,
Nomente hat er
der Prostituierung von ihr fernhält: fehlt die Szene, in der
sehen begehrt, ist
ie die Kleider ablegt und zum Gift greift, wie zu einer
enug sehen kann
Rettung. Dann der letzte Augenblick, da sie in Gegenwart
sabeth Bergner,
Dorsdays und aller Leute den Pelzmantel von ihrem
e Herr Dorsday
nackten, jungfräulichen Leib niedergleiten läßt. Lieber
stler dargestellt,
wirklich nackt sehen. Wenn sie, wie jetzt, uns den Rücken
Hier auf der
kehrt, wenn eine Großaufnahme zeigte, wie der geöffnete
ebendigen. Daß
Mantel ihr von den Schultern gleitet, eine Großaufnahme
flechten kann,
Dorsdays begreifendes Entsetzen merken ließe, die Hand¬
Technik, die ja
lung wäre in ihre höchste Erfüllung gehoben. Statt dessen
hat der Sprech¬
umnebelt sich die Leinwand schamhaft und einfallslos —
ages wird er sie
vielleicht beides, vielleicht auch nur als Objekt einer gar
ge an wird kein
zu eifrigen Schere — und man sieht nachher nur einen
jetzt schon, im
Wirbel durcheinanderstürzender Statisten, als gelte es
tlebenden Stein¬
einem Feueralarm. Sinnreich und poetisch wirkt, nach Elses
enigen, die ihn
Sterben, das Schlußbild: die mondbeglänzte, schneebedeckte
harten Fäusten
Berglandschaft in ihrer imposanten Gleichgültigkeit gegen
n. So wuchtig,
alles Menschenschicksal. Dieser Film bleibt sehenswert, weil
ühsam gezügelter
Elisabeth Bergner so stark ist wie der Dichter. Und weil es
g ist sein Spiel.
sich auch hier wieder einmal zeigt, daß der Dichter stärker
Mädchen, oder,
ist, als die Filmmacher von heute.
Ks.
a rührend zum
*
Ne
Krdus Suisse et intermnational de ie Presse 8. A.
23, Rue du Rhöne - GENEVE
Adr. télégr: Coupures-Genéve — Tél. 44.005
Bureau International de coupures de journaux.
Traductions de et en toutes langues.
Correspondants dans toutes les grandes villes
7
Extrait du journal:
0
Adresse:
—
Date
Fräulein Else.
(Schnitzlier=Filmpremiere der „Concordia“.
Im Rochmen einer Festvorstellung des Jour¬
nalisten= und Schriftsteller=Vereins „Concor¬
dia“ gelangte gestern abends im Busch=Kino
der nach) Artur Schnitzlers Novelle „Fräu¬
lein Cilse von Paul-Ezinner verfaßte und
nszenieerte und mit Elisabeth Bergner in
der Titelrolle besetzte Film zur erfolgreichen
Erstau fführung. Schnitzlerschen Gedanken¬
gängen ist ein würdig=prominentes Film¬
gewalnd umgetan, schon nach außen hin. Ein
Qua rtett deutscher Bühnengrößen trägt die
kostb are Rollenfracht des Films auf verant¬
wor tungsbewußten Schultern: Albert Basser¬
ma un, Albert Steinrück, Elisabeth Bergner,
Ad ele Sandrock. Und was an Interieurs sicht¬
ba#r wird, ist durchwegs von Gediegenheit.
Schnitzlers Meditation eines jungen, von
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n seltsame Ich=Form fassender Erzählung eine
filmische Parallele zu schaffen, zürfte dem
Autor=Regisseur des Films vielleicht nicht un¬
lösbar, wohl aber mit Rücksicht auf die schwie¬
rige Auffassung des breiten Publikums in¬
opportun erschienen sein. Die Klarheit der
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würde man das seelische und geistige Erleben
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folgend — in Filmbildvisionen ausgelöst haben.
Doch wäre dies ohne weiteres möglich gewesen.
Um so mehr, als Paul Czinner ein Aufnahme¬
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weist) subjektiv=psychische Vorgänge
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Czinner schälte aus „Fräulein Elses“ Er¬
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lung, die im Film chronologisch entwickelt
wurde Damit war ein Vorteil gesichert: die
Gestalten um Fräulein Else gewannen scharfe
Konturen. Man verfügte über Rollen, nicht
bloß für Elisabeth Bergner (die in ihren jüng¬
ten Filmen fast nur noch Solo spielte), son¬
dern auch für die anderen: für Bassermann
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flüchtig Fräulein Elses fröhlich=kindhaft=reines
Wesen zeichnen, füllt die Tragödie des mate¬
riell, physisch und seelisch zusammenbrechenden
Vaters, des Dr. Thalhoff, die Albert Basser¬
mann, ein Meister der stummen Übergange
auch auf der Bühne, ergreifend gestaltet. Ihm
assistiert, als stets mit=optimistisch gewesene,
von Enttäuschung und Unglück nun schwer
mitbetroffene Gattin, Else Heller.
Wenn sich der Abblendungsvorhang über
diesen Abschnitt der Handlung gesenkt hat,
dann erst tritt Fräulein Elses Drama in das
entscheidende Stadium, dann hebt die Schick¬
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artiger Wirklichkeit erweckt und b#
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