I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 164

Mit großen Augen starrt sie tränenlos
in die Welt mitleidloser Tatsachen. Nie¬
mand spielt heute Erschütterung so gerad¬
linig wie sie, sparsam, mit solch linkischem
Verzicht auf die kleinen landläufigen Hand¬
und Kunstgriffe der Gefälligkeit. Und nie¬
mand ist mit solcher Kraft der Persönlich¬
keit unscheinbar.
Sie braucht, seltsames Naturspiel ihres
Rollenfachs, nicht einmal eine Messerspitze
Süße. Ihr strenges, ahnungslos straffes
Antlitz wird an holdem Schmelz von jeder
Durchschnitts=Beauté des Lichtspiels ge¬
schlagen. Kein Wimpernzauber tändelt mit
Männerherzen. Selbst ihre schmalen, hoch¬
mütig schüchternen Lippen scheinen (Täu¬
schung, die tiefe Wahrheit ist) ungeschminkt.
Ihre große, reine Leistung ist, ohne
Aufwand vorhanden zu sein. Keusch, weil
es die sachliche Selbstverständlichkeit einer
Mädchenseere von Format ist. Schön durch
die Flamme des Geistes, die in diesen ver¬
schreckten Blicken zuckt, in den knappen,
ähen, verräterischen Bewegungen. Es ist
schon grandios, wie sie ohne Aufhebens
ächelt, leidet und verlischt, ohne sich Zeit
zu nehmen zu einer einzigen tragischen
Attitüde. Wie ein Schatten schleicht sie,
schwebt sie hinüber.
Schnitzlers Novelle ist ein einziges,
leidenschaftlich verschlossenes Selbstgespräch.
Aber die ganze Flut gleichsam von der
Ewigkeit für immer verschluckter Worte
spiegelt sich auf diesem fast unbewegten Ant¬
litz, über das Sturm und Stille in sanft
limmerndemWiderschein hinziehen, Wetter¬
euchten eines spröden, einsam hilflosen
Herzen. Nur der tiefe heiße Schreck auf
diesem Kindergesicht spricht mit Flammen¬
zungen. Es ist ein Rausch des Ekels voll
erhabener Müdigkeit.
Die Regie dieser unwirsch schlichten
Seele ist mindestens ebenso präzis wie die
des Spielleiters Paul Czinner, der diese
hero'sche Anekdote in unauffällig packende
Bilder auflöst, mit sehr zarter Hand exakte
Details bringt, Kleinigkeiten, charakte¬
ristische, wie farbige, vorüberhuschen läßt,
nur so weit sie nötig sind.
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vorgeschriebenen Rahmen, so groß stellt er
einen kleinen Menschen dar, so bunt und
blühend schreitet er durch Szenen sehr
bürgerlichen Alltags.
Schauerlich entrückt wirkt, in seiner
wehmütig satten Grimasse die Gegenwart
des toten Albert Steinrück. Es weht
man zu
Finger
die durch
scheinen,
diesem 2#
legen, de