31. Fraculein Else
Badgastem
Heilkräftigste
Radiumtherme der Well!
Verlangen Sie Prospekte
von der Kurkommission!
„OBSERVER
Erstes österreichisches be¬
hördlich konzessioniertes
Unternehmen
für Zeitungsausschnitte
WIEN, I.,
Wollzeile 11 4 Telephon R 23-0-43
Ausschnitt aus
Neue Püricher Zeituns. Vüriat
vom
12062.
„Fräulein Else“
Schauspielhaus (10. Dez.)
wti. Als man von einer Dramatisierung der
Schnitzlerschen Monolog=Novelle „Fräulein Else
durch Ernst Lothar hörte, dachte man an ein
Monodrama in der Art der „Voix humaine“ von Coc¬
teau, das mit Hilfe des Telephons zu dialogischen
Erweiterungen und Spannungen führen würde, oder
die Außenwelt ebenfalls drohend und beklemmend
gen. Er hat Schnitzlers Monolog in sieben Bilder
aufgeteilt, in denen eine Menge, zum Teil von Lothar
hinzugedichtete Menschen mit und um Else agieren.
Bedeutet das schon eine Vergröberung der von Ar¬
thur Schnitzler mit allen psychologischen Finest
sen durchleuchteten Zustandsschilderung seiner Heldin
und eine Zerdehnung der formal meisterhaft geballten
Novelle, so führt Lothars Verpflanzung des Bühnen¬
geschehens in unsere Gegenwart noch weiter von
Schnitzler weg. Die Novelle wächst aus der Welt des
kaiserlichen Vorkriegs=Wien, aus jener etwas wurm¬
stichigen „bessern" Gesellschaft, und wie die meisten
Gestalten Schnitzlers ist Else eine der Gleitenden, der
sich Fallenlassenden, ein Mensch, der ohne stärkern
Widerstand der Stunde und der Stimmung untertan
ist. Ihren Vater vor dem Zuchthaus zu bewahren,
bittet sie, auf Wunsch ihrer Eltern, einen ältern
Lebemann um finanzielle Hilfe. Sie wird gewährt
mit der Bedingung, daß sich der edle Helfer dafür
an Elsens schöner Nacktheit platonisch erfreuen dürfe.
box 5/3
56
„DBSERVE
6
I. Saterr. behördl. konzessioniertes Unternehmen für
Zeitungs-Ausschnitte
*
50
WIEN, I., WOLLZEILE 11
1
15
TELEPHON R 23-0-43
MIEUURIN
02
Ausschuftt,
gus: „NEUES WIENER JOURNAL“
8
6
6200
1. DEz. 936
—
5e
„Fräulein Else“ in Zürich.
Zürich, 30. November.
Das Züricher Schauspielhaus bringt als erste
Bühne nach der Wiener Uraufführung am 10. d. M. als nächste
Novität Artur Schnitzlers „Fräulein Else“, in der Bühnen¬
bearbeitet von Ernst Lothar, heraus. Direktor Rieser hat für die
Titelrolle Ellen Schwanneke verpflichtet.
Wie das Mädchen dieses Monna Banna=Opfer bringt,
Bilder zu verdichten — samos die Durcharbeitung
nachdem es vor dem unerträglichen Gang Gift ge¬
der filmisch geschauten table d’hôte=Szene mit ihren
nommen hat, schildert Schnitzler mit der feinen Ein¬
rasch wechselnden „Großaufnahmen“ von Tisch zu
ühlungsgabe des poetischen Seelenarztes als ein
Tisch — und wo ihm das mit den Mitteln der Regie
traumwandlerisches Geschehen. Lothar ist mit viel
nicht restlos gelingt, kommen die vorzüglichen Büh¬
Takt bemüht, ihm darin zu folgen, und es ist keines¬
nenbilder Teo Ottos zu Hilfe. Schade, daß das un¬
wegs das Peinliche des Vorwurfs, das seiner Büh¬
gemein reizvolle erste Bild mit der südtiroler Ge¬
nenfassung besondern Abbruch tut. Die Fehlerquelle
birgshotelterrasse schon nech ein paar Konversations¬
liegt, wie gesagt, viel mehr in der Zerdehnung
setzen wieder verschwinden muß. Die Besetzung könnte
der äußerlich=dramatisch schon reichlich dünnen
kaum glücklicher sein. Ellen Schwanneke, unvergessen
Vorlage und in deren Modernisierung. Was da zwi¬
als Manuela in den „Mädchen in Uniform“, ist
chen Tennisspiel und Cocktail ausgeknobelt wird, ist
viederum ein zartes, verängstigtes Geschöpf, das mit
zwar sehr unerfreulich, wirkt aber in unserer Zeit
großen, verwunderten Augen an den Widerwärtig¬
des Strandbadbetriebes und der Nacktballette denn
keiten des Daseins zugrunde geht. Die tapfer zurück¬
doch nicht so unerhört, daß es, begleitet von etwas
gedrängte Angst und das Gehetzte bringt die Künst¬
aufdringlich betonten Selbstmordvorbereitungen (das
lerin besonders fein verbunden zur Wirkung und
schlimme Veronal spielt eine markante Rolle in dem
gelegentlich vermag sie die Rolle fast ins Rührende
Stück), der Schaubühne aus zwingenden Gründen
zu steigern — was eine große schauspielerische
hätte zugeführt werden müssen. Wer die Novelle
Eigenleistung bedeutet. Elses Widerpart, der Geld¬
sie ist 1924 im Verlag Paul Zsolnay, Wien, erschie¬
nensch Dorsday, trägt in Kalsers fesselnder Gestal¬
nen — mit dem Theaterstück vergleicht, wird auch
tung — es ist wirklich Kalser und nicht Leo Reuß
eine zum Teil sehr willkürliche Umformung der Charak¬
eine Lüsternheit nicht zur Schau, sondern ist
tere feststellen. Es betrifft dies vor allem Else und
weltmännisch beherrscht, ein heimlicher Genießer, der
ihre Verwandten, unter denen z. B. der von Lothar
gegen bar alles zu bekommen glaubt. Eine rhetorisch
neu hinzugedichtete Vater in einer sehr starken Szene
ackende Leistung hietet Horwitz (der Vater) in seiner
mnenschlich so schön und wahr redet, daß man sich mit
imaginären Anklage der menschlichen Ungerechtigkeit,
einer Tochter fragt, warum denn dieser Ehrenmann
ein sekundiert von Traute Carlsen, die in dieser
die Geldverschaffung seinem Kinde überläßt, statt sich
Spielzeit so wenig hervortritt. Sehr amüsant die
elber darum zu bemühen.
wundersitzige Tante Martha Hartmanns, ungemein
Die Vermittlung der dramatisierten „Fräulein
sympathisch Emil Stöhr in einer leider engen Rolle
Else“ gesch. in unserem Schauspielhaus durch eine
und gut am Platz sind alle übrigen, von Josy Holsten
Aufführung, ie alle Merkmale bester Schauspielkunst
bis zu den vergnüglich magyarisch plauderaden Char¬
trägt. Leonhard Steckel ist mit findigem Eifer be¬
gen. — Der starke Beifall galt wohl besonders der aus¬
nüht, die zumeist etwas kurzatmigen und lockern
gefeilten Aufführung und ihren trefflichen Trägern.
Badgastem
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WIEN, I.,
Wollzeile 11 4 Telephon R 23-0-43
Ausschnitt aus
Neue Püricher Zeituns. Vüriat
vom
12062.
„Fräulein Else“
Schauspielhaus (10. Dez.)
wti. Als man von einer Dramatisierung der
Schnitzlerschen Monolog=Novelle „Fräulein Else
durch Ernst Lothar hörte, dachte man an ein
Monodrama in der Art der „Voix humaine“ von Coc¬
teau, das mit Hilfe des Telephons zu dialogischen
Erweiterungen und Spannungen führen würde, oder
die Außenwelt ebenfalls drohend und beklemmend
gen. Er hat Schnitzlers Monolog in sieben Bilder
aufgeteilt, in denen eine Menge, zum Teil von Lothar
hinzugedichtete Menschen mit und um Else agieren.
Bedeutet das schon eine Vergröberung der von Ar¬
thur Schnitzler mit allen psychologischen Finest
sen durchleuchteten Zustandsschilderung seiner Heldin
und eine Zerdehnung der formal meisterhaft geballten
Novelle, so führt Lothars Verpflanzung des Bühnen¬
geschehens in unsere Gegenwart noch weiter von
Schnitzler weg. Die Novelle wächst aus der Welt des
kaiserlichen Vorkriegs=Wien, aus jener etwas wurm¬
stichigen „bessern" Gesellschaft, und wie die meisten
Gestalten Schnitzlers ist Else eine der Gleitenden, der
sich Fallenlassenden, ein Mensch, der ohne stärkern
Widerstand der Stunde und der Stimmung untertan
ist. Ihren Vater vor dem Zuchthaus zu bewahren,
bittet sie, auf Wunsch ihrer Eltern, einen ältern
Lebemann um finanzielle Hilfe. Sie wird gewährt
mit der Bedingung, daß sich der edle Helfer dafür
an Elsens schöner Nacktheit platonisch erfreuen dürfe.
box 5/3
56
„DBSERVE
6
I. Saterr. behördl. konzessioniertes Unternehmen für
Zeitungs-Ausschnitte
*
50
WIEN, I., WOLLZEILE 11
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02
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gus: „NEUES WIENER JOURNAL“
8
6
6200
1. DEz. 936
—
5e
„Fräulein Else“ in Zürich.
Zürich, 30. November.
Das Züricher Schauspielhaus bringt als erste
Bühne nach der Wiener Uraufführung am 10. d. M. als nächste
Novität Artur Schnitzlers „Fräulein Else“, in der Bühnen¬
bearbeitet von Ernst Lothar, heraus. Direktor Rieser hat für die
Titelrolle Ellen Schwanneke verpflichtet.
Wie das Mädchen dieses Monna Banna=Opfer bringt,
Bilder zu verdichten — samos die Durcharbeitung
nachdem es vor dem unerträglichen Gang Gift ge¬
der filmisch geschauten table d’hôte=Szene mit ihren
nommen hat, schildert Schnitzler mit der feinen Ein¬
rasch wechselnden „Großaufnahmen“ von Tisch zu
ühlungsgabe des poetischen Seelenarztes als ein
Tisch — und wo ihm das mit den Mitteln der Regie
traumwandlerisches Geschehen. Lothar ist mit viel
nicht restlos gelingt, kommen die vorzüglichen Büh¬
Takt bemüht, ihm darin zu folgen, und es ist keines¬
nenbilder Teo Ottos zu Hilfe. Schade, daß das un¬
wegs das Peinliche des Vorwurfs, das seiner Büh¬
gemein reizvolle erste Bild mit der südtiroler Ge¬
nenfassung besondern Abbruch tut. Die Fehlerquelle
birgshotelterrasse schon nech ein paar Konversations¬
liegt, wie gesagt, viel mehr in der Zerdehnung
setzen wieder verschwinden muß. Die Besetzung könnte
der äußerlich=dramatisch schon reichlich dünnen
kaum glücklicher sein. Ellen Schwanneke, unvergessen
Vorlage und in deren Modernisierung. Was da zwi¬
als Manuela in den „Mädchen in Uniform“, ist
chen Tennisspiel und Cocktail ausgeknobelt wird, ist
viederum ein zartes, verängstigtes Geschöpf, das mit
zwar sehr unerfreulich, wirkt aber in unserer Zeit
großen, verwunderten Augen an den Widerwärtig¬
des Strandbadbetriebes und der Nacktballette denn
keiten des Daseins zugrunde geht. Die tapfer zurück¬
doch nicht so unerhört, daß es, begleitet von etwas
gedrängte Angst und das Gehetzte bringt die Künst¬
aufdringlich betonten Selbstmordvorbereitungen (das
lerin besonders fein verbunden zur Wirkung und
schlimme Veronal spielt eine markante Rolle in dem
gelegentlich vermag sie die Rolle fast ins Rührende
Stück), der Schaubühne aus zwingenden Gründen
zu steigern — was eine große schauspielerische
hätte zugeführt werden müssen. Wer die Novelle
Eigenleistung bedeutet. Elses Widerpart, der Geld¬
sie ist 1924 im Verlag Paul Zsolnay, Wien, erschie¬
nensch Dorsday, trägt in Kalsers fesselnder Gestal¬
nen — mit dem Theaterstück vergleicht, wird auch
tung — es ist wirklich Kalser und nicht Leo Reuß
eine zum Teil sehr willkürliche Umformung der Charak¬
eine Lüsternheit nicht zur Schau, sondern ist
tere feststellen. Es betrifft dies vor allem Else und
weltmännisch beherrscht, ein heimlicher Genießer, der
ihre Verwandten, unter denen z. B. der von Lothar
gegen bar alles zu bekommen glaubt. Eine rhetorisch
neu hinzugedichtete Vater in einer sehr starken Szene
ackende Leistung hietet Horwitz (der Vater) in seiner
mnenschlich so schön und wahr redet, daß man sich mit
imaginären Anklage der menschlichen Ungerechtigkeit,
einer Tochter fragt, warum denn dieser Ehrenmann
ein sekundiert von Traute Carlsen, die in dieser
die Geldverschaffung seinem Kinde überläßt, statt sich
Spielzeit so wenig hervortritt. Sehr amüsant die
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wundersitzige Tante Martha Hartmanns, ungemein
Die Vermittlung der dramatisierten „Fräulein
sympathisch Emil Stöhr in einer leider engen Rolle
Else“ gesch. in unserem Schauspielhaus durch eine
und gut am Platz sind alle übrigen, von Josy Holsten
Aufführung, ie alle Merkmale bester Schauspielkunst
bis zu den vergnüglich magyarisch plauderaden Char¬
trägt. Leonhard Steckel ist mit findigem Eifer be¬
gen. — Der starke Beifall galt wohl besonders der aus¬
nüht, die zumeist etwas kurzatmigen und lockern
gefeilten Aufführung und ihren trefflichen Trägern.