I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 179

matisieren. Was in der Novelle noch psychologisch
verfeinert sich ausnimmt, das wird nun in diesem
von posthumer Hand gedrechselten siebenbildrigen
Theaterstück in plumper Art breitgewalzt. Trotzdem
bleibt auch jede äußere Sensation aus, denn der Be¬
arbeiter läßt sich viel zu früh in die Karten sehen;
schon nach dem zweiten Bild wird der weitere Ver¬
lauf und das Ende sichtbar. Die Kinowalze dieses
Reißers, der einer sein möchte und keiner ist, läuft
leer. Sie läuft leer zum größten Teil auch für un¬
sere Darsteller. Wohl bewundert man diese pracht¬
volle Menschendarstellerin Schwanneke, der das
Leichte und Schwere mit gleicher Treffsicherheit von
den Lippen fließt und die manchmal an die junge
Bergner erinnert in der Frische und Echtheit ihres
Spiels; man ließ sich auch von dem sorgsam abge¬
dämpften, in seiner Vieldeutigkeit raffiniert ausge¬
klügelten Spiel Kalsers als Geldgeber überzeugen.
Aber in den andern Rollen schimmerten die brüchi¬
gen Stellen dieses Wiener Bilderbuches hartnäcki¬
ger durch, als es ihren Inhabern auf der Bühne
lieb sein möchte, wenn sie auch alle ihr bestes gaben.
Der Vollblutkünstler Horwitz trug die unmögliche
Figux des Vaters, der am Frühstückstisch seine eigene
Verkeidigung ausprobiert, mit Mut und Anstand zu
Grabe, während Traute Carlsen als schwache Mut¬
ter, Marta Hartmann als geschwätzige Tante, Josy
Holsten als eleganter Hotelgast und Emil Stöhr als
treuherziger verliebter Junge alles taten, um das
nach verschiedenen Seiten zweifelhafte Geschehen mit
dem Mantel einer von Steckel wohlausgewogenen
In.
Aufführung zu decken.
Theater-und Konzerte.
Stadttheater. Heute Samstag abend wird Paul
Burkhards diesjähriger großer Operettenerfolg „3
X Georges“ wiedetholt. Am Sonntag nachmittag
zum letztenmal Verdis Oper „Fallstaff“. Sonn¬
tag alend Wiederholung der Operette „Grete im
Glück“ von Victor Reinshagen. Das Weihnachts¬
märchen „Hampelpeters Abenteuer“ wird zusam¬
men mit der „Puppenfee“ heute Samstag 3 Uhr
wiederholt, und ferner alle Mittwoch und Samstag
im Dezember, sowie am Heiligabend. — „Heid!“
kommt noch einmal zurück ins Stadttheater Zürich,
nur für eine einzige Vorstellung am Montag, den
14. Dezember, nachm. 5 Uhr. Fünfzig Mal ist „Heid!“
nun in verschiedenen Städten der Schweiz gespielt
worden, und überall mit dem größten Erfolg und
vor ausverkauften Häusern. Gegenwärtig feiert das

„Heidi“ im Stadttheater Basel seine Triumphe.
Die Vorstellung in Zürich am kommenden Montag
wird als 50. Festaufführung herausgebracht.
Schauspielhaus. Heute, 8¼ Uhr, „Fräulein Else“,
Schauspiel nach der gleichnamigen Novelle von Ar¬
thur Schnitzler, von Ernst Lothar. Am Sonntag, 3
Uhr, Shakespeures „Hamlet“. Am Sonntag, abends
8 Uhr, Maxim Gorkis packendes Schauspiel „Nacht¬
asyl“.
31. Fraeulein EIse
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L. österr. behördl. konzessioniertes Unternlehmen für

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„Fräulein Else“ in Zürich.
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Mit Ellen (Schwanneke in der Titelrolle.
Zürich, 15. Dezember.
Artur Schnitzlers von Ernst Lothar dramatisierte Novelle
„Fräulein Else“ gelangte kurz nach der Wiener Premiere
im Züricher Schauspielhaus zur Erstaufführung. In
ausgezeichneter Besetzung errang das Werk auch hier starken Er¬
folg. Die Titelrolle fand in der auch dem Wiener Publikum
bestens bekannten Ellen Schwanneke eine ganz hervor¬
ragende Vertreterin. Kalser als Dorsday war der vorzügliche
Gegenspieler der Schwanneke. Er gestaltete seine Rolle à la
Scarpia mit weltmännischen Zügen aus. Ausgezeichnete
Leistungen boten auch Horwitz (Vater) und Traude Carlsen
(Mutter). Regisseur Leonharb Stekel sorgte für raschen Ablauf
der Handlung.