I, Erzählende Schriften 31, Fräulein Else, Seite 218

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roßer Abend in der
Josefstadt
Großer Abend in der Josefstadt —
Schnitzler und dach nicht ganz Schnitzler. Man
mcgen Worte von Ernst Lothar,
Musik von Schnitzler. Jene zarte Musik der
seelischen Schwingungen, jenes von leiser
Wehmut, sanfter Ironis und dem Wissen um
die Dinge des Lebens überschattete Etwas,
das zum Wesen des großen Oesterreichers
Schnitzler gehört. Dies alles ist in der
Bühnenbearbeitung Lothars ganz wunder¬
bar erhalten geblieben, jene undefinierbare,
unendlich feine Schnitzlersche Atmosphäre,
dieses bezaubernde Spiel mit Menschen, die¬
ses Durchsichtigmachen menschlicher Seelen ist
auch Lothar restlos gelungen, wenn er auch
um der Bühnenwirksamkeit willen die Fi¬
guren schärfer konturieren, härter profi¬
lieren mußte. Dieser Vater Elses, in dem
meisterhaft=ergreifenden Monolog Schnitzlers
ein Spieler und Zyniker, wandelt sich bei
Lothar — wohl Bassermann zuliebe — in
einen Edelmenschen, der an seinen Idealen,
an seiner Güte beinahe scheitert. Aber diese
Gestalt, durch Bassermann zu unerhörter
Höhe gespielt, ist so wie sie ist, einfach gran¬
dios.
Es wird kaum ein Theater geben, laum
ein Ensemble, das Schnitzler so spielen kann,
wie die Schauspieler der Josefstadt. Und
kaum eine Aufführung von solcher Dichte,
von solch fast liebevollem Eingehen in die
geringsten Einzelheiten, wie diese. Da geht
keine Ruance verloren, weil jede Rolle von
der Persönlichkeit des Darstellers bis in die
letzten Winkel ausgefüllt wird. Es liegt
Schnitzlerscher Geist über dem Theater, alles
ist von einer ganz wunderbaren Gelöstheit
und Beschwingtheit.
Ein darstellerisches Dreigestirn gibt dem
Abend lebendigen Ausdruck: Bassermann,

31. Fraeulein Else
DrhuLm
Rose Stradner und Kaspar Brandhofer.
Rose Stradner ist Fräulein Else. Ihre ein
wenig spröde, herbe Art paßt ganz ausge¬
chen von heute, wissend und doch von einer
rührenden, unendlich zarten, scheuen Keusch¬
heit. Ergreifend in der großen Szene mit
Dorsday in der sie, zerrissen von der jagen¬
den Angst um den Vater und der inner¬
lichen Abwehr einer mädchenhaften Seele
gegen ein unerhörtes Opfer, Momente
großen tragischen Ausdrucks findet. Und
Bassermann! Welche Größe, diese in ihrer
Einfachheit grandiose Szene zwischen Sein
und Nichtsein.
Eine besondere Ueberraschung ist der
Debütant Kaspar Brandhofer. Wenn er die
Bühne betritt, dann weiß man, hier steht
ein Mann. Kantig, wuchtig, rauh wie seine
Stimme, eine prachtvolle Einheitlichkeit von
Wesen und Gestalt, echt und wahr in jeder
Sn
Regung, spielt Brandhofer seinen Dorsday
sie werden von so vollendeten Künstlern wie
so, daß man ihm die Gestalt bedingungslos
glaubt
Adrienne Geßner, Else Bassermann, Lilia
Die Randfiguren sind dem Niveau der
Skalla und Lina Wyiwode ganz ausgezeich¬

drei Hauptdarsteller yöllig angepaßt, denn 1 net gespielt.
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