I, Erzählende Schriften 30, Casanovas Heimfahrt, Seite 7

30. Casanovas Heimfahrt
50.
eineritaenstnaste.
lt ihm, und Amalia! ein von uns wird diesen Platz verlassen!
ina habe alle weib¬
Nähli sechten sie miteinander im ersten Morgen¬
och ein paar männliche
res und Casonova ersticht den Gequer. Seine
Liebe. Sie schlage jed¬
#####tere Flucht über Mantua nach Venedig ge¬
die des Leutnan
#ngt, er kommi dort an, und während er den
verkehre und sie z..
ersten Antrag des Senats, sein Spion zu
olle. Casanova lernt
werden, als empörende Demütigung emp¬
lickt in dem schönen
funden hat, scheint er sich dennoch in das Los
Jugend, so war
seiner Altersversorgung zu finden und ein
war. Ein Ver¬
ruchloses, ober doch nicht glanzloses Leben ganz
in Gemeinheit zu beschließen.
mit der Gattin
Marchese, der gleich¬
Das ist die Geschichte von Casanovas
spielabenden im Hause
Ende, wie Schnitzler sie uns erzählt. Er er¬
eden weniger scharfen
zählt sie im vornehmsten und edelsten
—4
In einer Nacht aber,
Chronistenstil, mit künstlerischer Freude an
va den Schlaf nicht
jeder Einzelheit, an der satten Vollständig¬
Morgengrauen zum
keit der Formen und Farben jeden Bildes.
eicht, öffnet sich dieses,
Aber wir werden nicht froh und nicht frei
n. Halb toll vor Liebe
dabei, denn wir wissen nicht, wozu er sie uns
asanova, sich zu rächen,
erzählt. Der Abentener voll Lüsternheit und
nun besitzt, für seine
Gemeinheit stehen im Original=Casanova ge¬
e Gelegenheit ist ihm
rade genug für alle, die danach Verlangen
ewinnt er, während
tragen. Sie sind weit weniger künstlerisch er¬
erliert, die er dem
zählt, aber das ist vielleicht kein Fehler und
Der Marchese, dem das
kein Nachteil. Denn um das klingen sie ur¬
zu Lorenzi bekannt
wüchsiger, haben stärker die Kontur des Er¬
um Lorenzi zu insul¬
lebnisses, tragen versöhnlicher die Tracht ihrer
r ist ein Verlorener,
Zeit. Ein Memoirenstil verträgt kaum eine
nächsten Morgen seine
Veredelung, und Casanovas Erlebnisse ver¬
ese begleichen kann.
langen nicht nach erlesener Sprachkunst. Zu¬
weifelt fortstürzenden
dem hat Schnitzler zwar den Ich=Ton fallen
ihm die gewonnenen
gelassen, aber die Konstruktion der Ich=Er¬
jung, wenn er ihn diese
zählung beibehalten, so daß nichts geschildert
an seiner Stelle zu
wird, wobei der Held nicht anwesend wäre,
zi muß einwilligen.
also nichts gesehen, was er nicht sieht, nichts er¬
ab, entkleidet sich im
klärt, was sich nicht ihm enthüllt. Was wir
el Lorenzis um, wird
von Schnitzler erhofften, fehlt hier: die Zu¬
n, erlebt und bereitet
sammenfassung des Casanova=Lebens und die
Morgengrauen will er
Auseinanderlegung des Marcolina=Rätsels. Der
versäumt den Augen¬
Memoirenschreiber hätte diese Marcolina nicht
des Morgens erkennt
verstehen müssen, wenn er sie erlebt hat, aber
als Ekel vor dem
Schnlitzler mußte sie uns verständlich machen.
in ihren enisenten wenn# sie Casanova erleben läßt.
der draußen erw#tet
„ H. Leister.
en in der Hand: Nur
box 4/10
Breslauer Zeitung
Ein neuer Schnitzler.?
# berühmte Und berüchtigte galante Abenkeilk, der
die Frauen betört, verführt nach seinem nunmehr
Jahre zurückliegenben Tode##die Männer. Die Zahl
Dichtungen, dramatischer #ie ereühlender, die den
Her seinen Persönlichkeit einzüsangen gund wider¬
fahlen versuchen, mehrt sich beständig. Und der an einem Don
I. Münchhausen und anderen Menschheitstoren offenbar ge¬
dene Hang unserer Zeit zur Antitheie, zur Umkehrung, der sich
#essinnige Originalität aufspielt, hat auch an Casanova seine
ebüßt. Ein deutscher Novellist der Gegenwart hat uns Casa¬
a in den letzten Ruhejahren stünes Lebens auf Schloß Dur, als
aurige menschliche Ruine, als das verspottete, ohnmächtige
lb seiner einstigen Kapalierherrlichkeit vorgeführt; Arthur
itzler hingegen, der nicht der Dichter der krassen Gegensätze,
sondern der feinen Uebergänge, des reizvollen und melencholischen
Zwielichts ist, erblickt den kühnen und fessellosen Abenteurer an
dem herbstlichen Wendepunkt des Lebens, das noch im letzten
Glanze seiner lachenden Siegerschönheit dem Fremden entgegen¬
strahlt und doch schon unter dem Hauch des herandammernden!
speudelosen und demütigenden Abends erschauert. Cakanzva, jen¬
seits der Fünfzig angelangt, fühlt das Nahen des Alters, das
Schwinden der Macht, die ihm die Menschen unterwarf; die Ze##
der leichten Triumphe, der mühelos gepflückten Früchte ist vorbei;
rten, sehnt er sich nach seinen
der Unrast der Abente
verbannt hat. Und er darf
rstadt Ver
tehrung; als Geheimagent
um den P
die Kreise, die ihn nach seiner
n Regien
en aufnehmen würden, über¬
t als Gesinnung
und an ihnen zum Verräter werden. Casanova nimmt den
blichen Antrag an; doch ehe er dem Rufe folgt, genießt er
etzten Mal den Rausch des Lebens: die Wirkung seiner Per¬
chkeit, die freilich gera####ord versagt, wo er ihrer am meisten
rf, die Aufregungen des Spiels, der Liebe, der Gefahr. Mit
undernswerter Meisterschaft gibt Schnitzber in dem enge
hmen seiner Novelle den ganzen Gehalt, alle Merkmale dieses
enteurerdaseins, entwickelt er in dem raschen Ablauf einer Be¬
ebenheit das ganze schillernde Wesen seines Helden — und zwar
ohne aufdringliche psnchologische Analose, die vielmehr durchaus
in Handlung umgesetzt ist, und ohne jedes philssophische Reflek¬
tieren, dem hier nur als Eigenheit des Hel#n zur Abrundung
seines Charakterbildes Raum gegönnt ist. So bewundernswer
hat Schnitzler sich dessen Art und Stil zu eigen gemacht, daß mnd
seine Novelle, wäre sie in der Ichform gehalten, als ein
Kapitel den Erinnerungen Casanovas anfügen könnte. Aberol
daß er durch ausgesprochene Moral de Eindruck der Treue und
ruhigen Objektivität trüßt, spürt man die über seinem Gegenstand
thronende menschliche und sittliche Ueberlegenbeit des Dichiers, der
zugleich Richter ist und in dem kläglichen Ergebnis eines äußerlich
reichen und freien Lebens, dessen würdelose Hohlheit und Morsch¬
heit aufdeckt.
*) Arthur Schnitzler. „Casanovas H####
S. Fischer Verlag, Berlin.