I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 18

Badearzt
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Doktor Graesler
29.
Lenter Grdester Baachrac
1. Beiblatt.
Druck und Verlag von Rudolf Mosse in Berlin.
Berliner Tageblatt.
Fgungen #.
auf ein festes Sinz Mrus in Sharwranburg. Dr. Alfred Kasser und Dr. Josef Kauf¬
dig, die Besoldungs= mann. Durch Verleihung des Titels Sanitätsrat sind ausge¬
Sechs Monate Gesängnis für einen Lebensmittelhändler.
zeichnet worden die Aerzte Dr. Max Bayer in Schönebere Dr. Max
Eine empfindliche Gefängnisstrafe verhängte gestern die erste Straf¬
#er einer Revision zu
Beese, Dr. Martin Bentscher, Dr. Leopold Bernhard, Dr. Karl Borne¬
kammer des Landgerichts 1 über den Kaufmann Otto Schröder,
iten aus Sparsam¬
mann in Charlottenburg, Dr. Gustav Brock in Charlottenburg, Dr.
dem ein Verstoß über das gegen ihn verhängte Verbot des Handels
1Karl Davidsohn, Dr. Max Feldmann in Charlottenburg, Dr. Richard
; Versammlungen
mit Lebensmitteln zur Last gelegt wurde. Dem Angeklagten sowohl
Friedländer in Charlottenburg, Dr. Friedrich Gisevius, Dr. Alfred
Der Redner kam
wie seiner Frau war im Juni 1916 auf Grund seiner Unzuver¬
Goldschmidt in Wilmersdorf, Dr. Alfred Hayn in Charlottenburg,
pfahl, daß die Ge¬
lässigkeit verboten worden, sein Lebensmittelgeschäft weiter zu
Dr. Georg Hennig in Wilmersdorf Dr. Friedrich Herrmann, Dr.
eisbildend auf
betreiben. Trotzdem wurden dort nach wie vor Lebensmittel ver¬
Eugen Herzfeld in Schöneberg, Dr. Otto Heusler in Charlottenburg
üsse überhaupt eine
kauft, allerdings unter der Angabe, daß das Geschäft nebst Waren¬
Dr. Jonathan Hirsch. Dr. Richard Jutrosinski, Dr. Paul Kruczkowski
lager in den Besitz eines Dritten käuflich übergegangen sei. Das
Politik eintreten.
in Charlottenburg, Dr. Friedrich Kühne in Neukölln, Dr. Fritz Lam¬
Gericht sah aber diesen Besitzwechsel nut als einen Scheinkauf
im Kriege geleistet
mers, Dr. Leo Lehnsen, Dr. Erich Lewek, Dr. Georg Leiser, Dr. Adolf
und den angeblich neuen Inhaber nur als eine vorgeschobene Person
derungen für ein Lilienthal in Charlottenburg, Dr. Max Loewenberg in Wilmersdorf,
fühlte, wie ganz flüchtig ein Fuß den seinen berührte erschrak
lisch, sondern ein ganz unzweifelhaftes Wienerisch gesprochen
er beinahe. Sabine? Nein, die war es gewiß nicht. Auch
habe. Der Doktor gab die eine Amerikanerin preis, die ohne¬
adearzt
hätte er das selbst nicht gewünscht; eher war es wohl das
dies in der Behandlung eines Kollegen stand, hatte aber dafür
lustige kleine Fräulein, das ihm gegenüber saß und ein so be¬
mit einem französischen Ehepaar aufzuwarten, das schon die
sonders unschuldiges Gesicht machte. Da die sanfte Berührung
ganze Welt bereist hätte und es nirgends schöner fände als
INachdruck verboten.)
sofort wieder aufhörte, ronnte sie freilich auch zufällig ge¬
gerade hier. Nun begann die ältere Schwester ernsthaft die
wesen sein, und in Dr. Gräslers Natur lag es sowohl, daß er
schöne Wald= und Hügellandschaft zu preisen und die behag¬
sich dieser Annahme zuneigte, als auch, daß er sich darum
liche Freundlichkeit ihres Städtchens, das sich erst dann in
ß auch
eint abe
keineswegs befriedigter fühlte. Allzu große Bescheidenheit,
seiner ganzen Anmut entfalte, wenn die Fremden über alle
ng ver¬
Befrieb
ja, eine gewisse Selbstunterschätzung, die war zeitlebens sein
Berge wären. Und Frau Schleheim, sich an den Doktor
enn ich
aufgab,
schlimmster Fehler gewesen: sonst säße er wohl heute nicht als
wendend, bekräftigte: „Sie sollten wirklich einmal einen Winter
Badearzt in diesem lächerlichen kleinen Kurstädtchen, sondern
hier verbringen, da wüßten Sie erst, wie schön es hier sein
“erwiderte Schle¬
in Wiesbaden oder Ems als Geheimer Sanitätsrat. Und
kann.“ Dr. Gräsler erwiderte nichts; doch alle konnten merken,
ien, mit
nArzt k
trotzdem Sabine manchmal mit offenbarer Freundlichkeit die
daß in seinen Augen sich Fernen spiegelten, die den übrigen
st, wie
junge
Augen auf ihn gerichtet hielt, ihm sogar einmal lächelnd zu¬
sich bisher noch nicht aufgetan hatten und kaum jemals auf¬
echtigte.
nungen
trank, so spürte er auch diesmal wieder, daß er selbst mit jedem
tun würden.
nen zu
t, ihn
Tropfen immer nur melancholischer wurde. Seine sinkende
Als man sich eine Weile später zu einem Spaziergang be¬
vorbei¬
Karl eb
Laune schien sich dem ganzen Kreise allmählich mitzuteilen;
reit machte, erklärte der Hausherr, lieber daheim zu bleiben
ben.“
der gestor
die älteren Damen wurden sichtlich müde, das Gespräch der
und in einer Geschichte der französischen Revolution weiter¬
sich hin und ohne
jüngeren stockte; der Sänger, düster um sich blickend, rauchte
zulesen, für welche Epoche er sich ganz besonders zu interessieren
stumm eine schwere Zigarre, und als man sich endlich von¬
behauptele. Anfangs hielt sich die kleine Gesellschaft eng zu¬
Tannen der Kaffee
einander verabschiedete, fühlte sich Gräsler so einsam wie
sammen, später aber, wie mit Absicht, ließ man Gräsler mit
n den Garten, und
Sabine vorangehen, und heute fühlte er sich ihr gegenüber
estellt, einer Witwe
VI.
sicherer, überlegener und vertrauter als je vorher. Es erschien
jünger als Sabine,
ihm nicht unmöglich, daß Sabine mit jenem jungen Arzte, der
Die Schulferien gingen zu Ende, und Karl wurde von
hren, gleich wie er
ihr Bräutigam gewesen und gestorben war, in innigeren Be¬
seiner Mutter nach Berlin gebracht, von wo sie nach einigen
lld eine unbefangen
ziehungen gestanden hatte, als Vater und Mutter ahnen
Tagen und, wie nicht anders erwartet wurde, mit einer Magen¬
den Fräulein hatten
mochten. In diesem Falle durfte sie als junge Witwe gelten,
verstimmung zurückkehrte. Dr. Gräsler, nun auch wieder
Nachmittag um drei¬
was den Altersunterschied zwischen ihm und ihr immerhin ein
ärztlich gewünscht, erschien Abend für Abend im Forsthaus,
sie zu dieser Zeit
wenig ausglich.
wobei es auch verblieb, nachdem Frau Schleheim vollkommen
gt wären, aus dem
genesen war. Nun kam es vor, daß er stundenlang mit
Man beschloß den freundlichen Tag bei den Klängen des
ebehaupteten, ganz
Sabinen allein im Haus oder im Freien plauderte, da die
Badeorchesters auf der großen Terrasse des Kurhauses mit
ie, ans Ohr hielte,
Eltern, ein ihnen wahrscheinlich nicht unwillkommenes Ein¬
einem gemeinsamen Abendessen, zu dem sich auch Herr Schle¬
den Weg nach seiner
verständnis vermutend, sich gerne abseits hielten. Gräsler
heim einfand, so elegant, ja geckenhaft gekleidet, daß sich der
err Doktor daheim
sprach von seiner Jugend, von seiner alten wallumgebenen
Doktor ihn nicht recht aus den Unbilden der französischen Re¬
ngere mit lustigen
vielgetürmten Heimatstadt und von seinem Elternhaus mit
volution emportauchend vorstellen konnte. Die Freundinnen
chwohl ein Spaß!
der altväterischen Wohnung, die jahraus, jahrein geduldig
Sabinens gaben ihrer Bewunderung zwar scherzhaften, aber
Kurort. Der inter¬
wartete, um für ein paar Wochen oder Tage ihn — und bis
unverhohlenen Ausdruck, während Sabine selbst wenn der
tuhl zur Trinkhalle
vor kurzem auch die Schwester — zu kurzer Frühjahrs= oder
Doktor ihren Blick richtig deutete, mit dem Aufzug ihres
rwaltung engagiert,
Herbstrast zu beherbergen. Und wenn ihm Sabine aufmerk¬
Vaters nicht völlig einverstanden schien. Im übrigen war die
k, der in den Ferien¬
sam und manchmal nicht unbewegt zuhörte, so mußte er
Laune allerseits die beste, und das kleine Fräulein ließ es an
r den Kranken zu
sich vorstellen, wie das wohl wäre wenn er mit ihr zusammen
spaßig=boshaften Bemerkungen über die anderen Gäste nicht
ne mit den siebzehn
in jene Wohnung, die jetzt nur ihn allein zu erwarten hatte,
oder gar eine fehlen So hatte sie bald die Dame mit den siebzehn Hüten
sei
einkehrte, und was sein alter Freund, der einzige Mensch, der
entdeckt, die in Gesellschaft von drei jungen und einem älteren
tete, sondern so gut
noch eine gewisse lose Verbindung zwischen ihm und der
H#rn an einem Nebentisch saß und zu einem Wiener Walzer
gestern abend mit
esuch aus Eisenach! in einer in Australien sicher nicht üblichen Weise den Kopf hin] Vaterstabt aufrecht erhielt, der Rechtsanwalt Böhlinger, für
(Fortsetzung folgt.)
rten keineswegs eng= und her wiegte. Als Dr. Gräsler in irgendeinem Augenblick! Augen dazu machen würde!