I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 19

Badearzt
raesler
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29. Doktor
Suhter Grausier Suaaarzt
Nr. 94.
Mittwoch, den 21. Februar 1917.
Berliner Tageblatt.
Druck
M
100
u drm Vermert Krunk: Der Einsender dieser Nollz rugte, daß eine Höhe von 324 Mete
genügt, seine Gläubiger durch sein verschwenderisches
den erkrankten Empfängern die Pakete nicht nachgesandt würden und
hoch) und für die ganze
Leben zu schädigen, sondern auch durch die Befriedigung seiner
bezeichnete die Art der Zustellung an den Absender mit dem Vermerk
Eitelkeit. Als er schon völlig bankrott war, habe er noch
aneinandergereihten Kart#
„Empfänger krank“ als „barbarisch lieblos". Dazu erfahren wir von
12000 Mark für einen Orden der „Großmacht“ Montenegro
[meter in der Woche
und für einen serbischen und einen japanischen Orden
maßgebender Seite: Jeder Truppenteil erhält zwar über die Auf¬
für Groß=Berlin
gleichfalls eine größere Summe verschwendet. Schiffmann sei ein
nahme seiner Angehörigen in ein Lazarett möglichst bald eine Be¬
Das ist mehr als der E
Schädling auf dem Hypothekenmarkt gewesen, er
nachrichtigung, doch wird immerhin in besonderen Fällen, z. B. wäh¬
meter beträgt.
R.=A. Dr. Kurt Alexan¬
sei gemeingefährlich.
rend des Bewegungskrieges in Rumänien, eine gewisse Zeit vergehen,
Das Gewicht der Kar
der erklärt, daß das Gutachten die den Sachverständigen
bis er über den Verbleib des Einzelnen unterrichtet ist. Der Auf¬
auf rund 100 Zentner, fü
gezogenen Grenzen doch überschritten habe und sich als ein
enthaltsort des Erkrankten wechselt häufig infolge norwendig werden¬
20000 Zentner oder 100
Urteil und Plaidoyer zur Schuldfrage darstelle. Der Verteidiger
der Verlegungen aus einem Lazarett in ein anderes (Feld-, Kriegs¬
wendete Papiermenge en
sucht die Kritik des Sachverständigen durch eine große Reihe von
Etappen= und schließlich Heimatlazarett). Die Verbindung zwischen
durch Beschneiden nur ge
Fragen zugunsten des Angeklagten zu entkräften.
dem Erkrankten und dem Truppenteil geht dadurch zeitweise verloren.
Da die einzelnen Ab
Will man die Pakete nicht ins Ungewisse nachleiten, bleibt nur übrig,
Kontrolle auf dem Umw
Eine Versammlung des Verbandes Groß=Berlin wird
sie an den Absender zurückzusenden, falls er nicht auf das Paket zu¬
wieder zurückströmen, so
von dem Vorsitzenden Oberbürgermeister Wermuth auf Montag,
ST
von dem kleinen Balkon aus, der zu der Privatwohnung des
mit dem Doktor wie si
Direktors gehörte die Augen über den Garten und weiter
allee, die vom Haus zu
Doktor Gräsler, Badearzt
Sie hatte allerlei klug
hinaus über das freundliche Tal bis zu den gelind aufstreben¬
den und etwas umnebelten Hügeln schweifen ließ, an deren
alten Gebäudes bereit
Erzählung
Rand er das Forsthaus ahnte, da fühlte er sich plötzlich von
sich mit dieser Frage
von
[Nachdruck verboten.]
19. Fortsetzung.]
einer so heißen Sehnsucht nach Sabinen erfaßt, daß er sein
erläßlich hielt sie übri
Arthur Schnitzler.
Gefühl für sie zum ersten Male mit völliger Sicherheit als
wirklichen Dame wie
Liebe erkannte und es wie ein wunderbares Ziel vor sich sah,
walterin, denn offenba
Und als nun diesmal ungewöhnlich früh und mit be¬
gewissermaßen gesellsch
sonderer Macht der Herbst einbrach, die meisten Kurgäste vor bald mit Sabinen eng umfaßt auf der gleichen Stelle zu stehen
und ihr den ganzen Besitz erneut und verschönt als seiner
Laufe der letzten Jahre
der Zeit entflohen und für Dr. Gräsler alle Stunden, die
legen.
Wort gesprochen —
Gefährtin und Frau gleichsam zu Füßen
er nicht im Forsthause verbringen durfte, leer und verödet
Er bedurfte einiger Selbstbeherrschung, um sich scheinbar un¬
Herzen —, an das er
waren, da überkam ihn eine solche Angst davor, sein einsames,
schlüssig von Direktor Frank zu verabschieden der übrigens
glaubte er sich dazu bei
sinn= und hoffnungsloses Wanderleben von neuem zu be¬
diese Haltung höchst gleichgültig aufnahm. Im Forsthause
daran verhindern wo
ginnen, daß er sich manchmal geradezu für entschlossen hielt,
machen Sie am besten
desselben Abends hielt er es für richtig, von seinem Besuch in
in aller Form um Sabine anzuhalten. Doch statt geradeaus
Stelle sogar eine Reise
der Anstalt keine Erwähnung zu tun; doch schon am nächsten
eine Frage an sie selbst zu richten, wozu er den Mut nicht
für diesen wichtigen P
Tage nahm er den Baumeister Adelmann, seinen täglichen
aufzubringen vermochte, kam er auf den Einfall, als wäre
Tischgenossen aus dem „Silbernen Löwen“, mit sich in das
eine ganze Menge Zeit
dies eine Art, sich beim Schicksal Rats zu erholen, Umfrage
Sanatoriun zu fachmännischer Aeußerung. Es erwies sich,
fast schon alle fort, n
.. Frank, von der Sabine
zu halten, ob die Heilanstalt des
daß wenige eingreifende und kostspielige Veränderungen
denn eigentlich abzurei
neulich zum zweitenmal flüchtig gesprochen hatte, ernstlich,
notwendig waren, als Dr. Gräsler gefürchtet hatte, ja der
und zu welchen Bedingungen sie zum Verkaufe stünde. Als
„In — vier bis fi
Baumeister wollte jede Verantwortung dafür übernehmen,
nichts Bestimmtes zu erfahren war, suchte er den Besitzer auf,
natürlich nach Hause,
daß sich die Anstalt am ersten Mai nächsten Jahres wie neu
der ihm persönlich bekannt war fand den verdrossenen alten
Schwester hat kein Test
präsentieren würde. Dr. Gräsler spielte weiter den Zögern¬
Mann mit schmutzigem, weißem Leinenanzug, eher einem bäue¬
sein, so schreibt mir au
den und entfernte sich mit dem Baumeister, der nun, unter
rischen Sonderling als einem Arzte ähnlich, eine Pfeise
schiedenes an Ort und
vier Augen, ihm mit noch größerer Entschiedenheit zu dem
rauchend, auf einer weißen Bank vor dem Sanatorium sitzend,
aber will ich die Ans
vorteilhaften Kaufe zuredete.
und fragte ihn gerade heraus, was es denn eigentlich mit
sichtigen. Eine endgüll
Am selben Abend noch, der heute wieder einmal von wahr¬
jenen Gerüchten auf sich hätte. Es zeigte sich, daß auch
treffen können, ehe ich
haft sommerlicher Wärme war, mit Sabine und ihren Eltern
Direktor Frank nur beiläufig da und dort seine Absicht ver¬
sprochen habe.“ Sor#
auf der Veranda des Forsthauses sitzend, begann er wie bei¬
raten und anscheinend auch seinerseits irgend etwas wie einen
her, vorsichtig und ung
läufig von seiner Unterredung mit Dr. Frank zu erzählen,
Schicksalswink erwartet hätte. Jedenfalls war er durchaus
zufrieden mit sich selbst
die er als eine zufällige darstellte, indem er nämlich mit dem
gesonnen, seinen Besitz je eher je lieber loszuschlagen, da er
heit und Bestimmtheit
Baumeister eben am Tor der Anstalt vorbeigegangen wäre,
die paar Jahre, die ihm noch beschieden wären, in möglichster
standen hätten. Da#
als der Besitzer heraustrat Herr Schleheim, dem die Kauf¬
Entfernung von wirklichen und eingebildeten Kranken zu ver¬
es für das Klügste sich
bedingungen höchst günstig schienen, riet geradezu, Dr. Gräsler
bringen und sich von den hunderttausend Lügen zu erholen
besuches zu verabschie
sollte schon für heuer auf die Winterpraxis im Süben ver¬
wünschte, zu denen ihn sein Beruf zeitlebens gezwungen hätte.
eine Weile gefaßt, führ
sichten, um eine so wichtige Angelegenheit gleich hier an Ort
und drückte einen lan
Sie können's auf sich nehmen,“ saate er, Sie sind noch
und Stelle weiter zu betreiben. Davon aber wollte Dr. Gräßler
jung" was Di. Gräsler zu einer melancholisch abwehrenden
schehen; und als er au
Mienen befriedigter, ja
durchaus nichts wissen. Er könne seine Verbindlichkeiten in
Handbewegung veranlaßte. Er besichtigte die Anstalt in allen
ihren Räumen, fand sie aber zu seinem Bedauern noch vernach¬
nun nichts mehr sprech
Lanzenicht so ohne weiteres lösen, und wenn er die Sache
den Wagen zog den P#
lässigter und verfallene:, als er gefürchtet hatte. Auch machten
hier einem tüchtigen Manne, wie es der Baumeister doch sei,
Und als er sich umsah,
die wenigen Patienten, denen er im Garten, auf den Gängen und
überließe, dürfe er sich wohl beruhigt fortbegeben. Nun erbot
Lichtschein, regungslos.
im Inhalationssaal begegnete auf ihn keineswegs den Ein¬
sich Sabine in ihrer einfachen Art während Gräslers Ab¬
wohin, in die Nacht. in
druck zufriedener oder hoffnungsvoller Menschen; ja es
wesenheit die Arbeiten zu überwachen und ihm regelmäßig
war ihm, als läge in den Blicken mit dem sie ihren Arzt über deren Fortgang Bericht zu erstatten. Die Eltern begaben in der er ihr allmähli
grüßten, Mißtrauen und Feindseligkeit. Aber als Gräsler sich bald, wie auf Verabredung, ins Haus, und Sabine ging!